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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 29.01.2007
Aktenzeichen: OVG 4 S 8.06
Rechtsgebiete: BRRG, StPG, PersVG Bln, VwVfG


Vorschriften:

BRRG § 126 Abs. 3 Nr. 3
StPG § 1 Abs. 2 Satz 3
StPG § 1 Abs. 2 Satz 1
PersVG Bln § 73
PersVG Bln § 84
PersVG Bln § 99 c Abs. 2 Satz 1
VwVfG § 46
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OVG 4 S 8.06

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 4. Senat durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Buchheister, den Richter am Oberverwaltungsgericht Lehmkuhl und den Richter am Verwaltungsgericht Schaefer am 29. Januar 2007 beschlossen:

Tenor:

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 14. Februar 2006 wird mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert.

Der Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 26. Januar 2005 anzuordnen, wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge trägt die Antragstellerin.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 2.500 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners ist begründet. Der angefochtene Beschluss kann keinen Bestand haben. Der Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage (VG 7 A 56.05) gegen die Versetzung zum Stellenpool mit Bescheid des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin vom 26. Januar 2005 anzuordnen, muss ohne Erfolg bleiben.

1. Die Klage hat keine aufschiebende Wirkung. Zwar ist die Versetzung zum Stellenpool ein Verwaltungsakt (vgl. Senatsurteil vom 14. November 2006 - OVG 4 B 15.04 - S. 6 f. UA), jedoch entfällt die mit der Klage gegen einen Verwaltungsakt grundsätzlich eintretende aufschiebende Wirkung (§ 80 Abs. 1 VwGO) wegen eines durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Falles (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, 1. Alternative VwGO). Nach § 126 Abs. 3 Nr. 3 BRRG - der gemäß Artikel 125 b Abs. 1 Satz 1 und 2, Artikel 74 Abs. 1 Nr. 27 GG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006 (BGBl. I S. 2034) weiter gilt - haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Abordnung oder die Versetzung keine aufschiebende Wirkung.

Es kann dahinstehen, ob die Versetzung zum Stellenpool eine "Versetzung" im Sinne von § 126 Abs. 3 Nr. 3 BRRG ist. Hierfür könnte sprechen, dass die Zuordnung der Dienstkraft zum Personalüberhang, die Versetzung der Personalüberhangkraft von der bisherigen Dienststelle zum Stellenpool sowie ihre Versetzung zur neuen Dienststelle als einheitlicher Gesamtvorgang zu werten sind (so der für Personalvertretungsrecht zuständige Senat des Bundesverwaltungsgerichts mit Beschluss vom 2. August 2005 - BVerwG 6 P 11.04 - ZBR 2006, 49, der allerdings zugleich ausgeführt hat, dass die Versetzung zum Stellenpool keine Versetzung im Sinne des "einschlägigen Beamten- und Tarifsrechts" sei; offen gelassen für die Versetzung ehemaliger Postbeamter zu der Personalserviceagentur Vivento von dem für das Beamtenrecht zuständigen Senat des Bundesverwaltungsgerichts mit Urteilen vom 22. Juni 2006 - BVerwG 2 C 26.05 und 1.06 - ZBR 2006, 344). Denn jedenfalls lägen die Voraussetzungen für eine entsprechende Anwendung der Vorschrift vor. Das Beamtenrechtsrahmengesetz enthielte eine (unbewusste) Regelungslücke, die Vorschrift ist keine Ausnahmebestimmung und es besteht eine vergleichbare Interessenlage.

a) Das Beamtenrechtsrahmengesetz enthielte eine Regelungslücke hinsichtlich Versetzungen, bei denen dem Betroffenen - wie bei der Versetzung zum Stellenpool - allein sein bisheriges abstrakt-funktionelles Amt entzogen wird, ohne dass ihm gleichzeitig ein neues abstrakt-funktionelles Amt übertragen wird (vgl. hierzu Senatsurteil vom 14. November 2006, a.a.O., S. 8 ff. UA). Es ist auch nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber bei derartigen Versetzungen ein Entfallen der aufschiebenden Wirkung bewusst ausschließen wollte. Der Gesetzgeber hatte vielmehr ausweislich der Gesetzesmaterialien (vgl. BT-Drs. 13/3994, S. 35 zu Nummer 18) bei Einfügung der Vorschrift mit dem Gesetz zur Reform des öffentlichen Dienstrechts vom 24. Februar 1997 (BGBl. I S. 322) - Dienstrechtsreformgesetz - derartige Versetzungen nicht im Blick.

b) § 126 Abs. 3 Nr. 3 BRRG ist auch keine Ausnahmebestimmung. Die Regelung bezweckt, die Verwaltung in die Lage zu versetzen, personelle Planungen unabhängig von der Ungewissheit über die Dauer der Erledigung eines Rechtsmittels umzusetzen (vgl. BT-Drs. 13/3994, a.a.O.; Ziekow, DÖD 1999, 7, 19). Sie dient dem allgemeinen Ziel des Dienstrechtsreformgesetzes, das öffentliche Dienstrecht zeitgemäß und anforderungsgerecht zu erneuern, insbesondere den Personaleinsatz zu optimieren, indem die Instrumente Abordnung und Versetzung ausgebaut und die Mobilität und Flexibilität in der öffentlichen Verwaltung erhöht werden (vgl. BT-Drs. 13/3994, Vorbemerkungen zu A. und B. sowie S. 27 zu 3.). Insoweit enthält die Vorschrift einen verallgemeinerungsfähigen Rechtsgedanken. Die Dienstkräfte sollen entsprechend den Personalplanungen des Dienstherrn ohne Verzögerung durch Rechtsbehelfe eingesetzt werden (können).

c) Es besteht eine vergleichbare Interessenlage. Auch wenn mit der Versetzung zum Stellenpool als solcher der Beamte nach der rechtlichen Konstruktion des Stellenpoolgesetzes nicht den bis dahin wahrgenommenen Dienstposten verliert und er beim Stellenpool selbst grundsätzlich keine Beschäftigung ausüben soll, besteht das Bedürfnis, die personellen Planungen betreffend die zum Stellenpool versetzten Beamten ohne Verzögerung durch Rechtsbehelfe umzusetzen. Der Stellenpool soll die Personalüberhangkräfte effizient auf finanzierte Aufgabengebiete vermitteln und damit trotz des Stellenabbaus deren amtsangemessene Beschäftigung gewährleisten (vgl. Abg.-Drs. 15/1564, S. 6, sowie § 2 Abs. 1 Satz 1 StPG). Er soll relevante Daten sammeln und bündeln, die Personal- und Finanzverantwortung für die Personalüberhangkräfte übernehmen sowie Überhangkräfte vermitteln, mobilisieren, qualifizieren, informieren und beraten (so die Gesetzesbegründung a.a.O.). Solange der Stellenpool den zu ihm versetzten Beamten nicht - im Wege der Versetzung - eine freie Stelle bei anderen Behörden vermittelt hat (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StPG), organisiert er Fortbildungsmaßnahmen (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 StPG) oder - im Wege der Abordnung oder Umsetzung - Übergangseinsätze bei anderen Behörden (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StPG). Diese Aufgaben der Personalplanung kann der Stellenpool nur effektiv wahrnehmen, wenn er durch den sofortigen Vollzug der Versetzung als Dienstbehörde und Personalstelle die zu ihm versetzten Dienstkräfte ohne zeitliche Verzögerung einsetzen kann und nicht Rechtsbehelfe mit ungewisser Dauer abwarten muss.

2. Der angefochtene Beschluss ist auch nicht aus anderen Gründen und damit im Ergebnis zu Recht ergangen. Dem privaten Interesse der Antragstellerin an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung kommt kein Vorrang vor dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung zu, weil keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der streitigen Versetzungsverfügung bestehen und keine gewichtigen persönlichen Belange der Antragstellerin der sofortigen Vollziehung entgegenstehen.

a) Es bestehen keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Versetzung der Antragstellerin zum Stellenpool mit Bescheid des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin (im Folgenden: Bezirksamt) vom 26. Januar 2005. Rechtsgrundlage hierfür ist § 1 Abs. 2 Satz 3 StPG. Diese Regelung ist mit höherrangigem Recht vereinbar, wie der Senat mit Urteil vom 14. November 2006 ausgeführt hat (a.a.O., S. 8-20 UA). Nach der Vorschrift werden die Personalüberhangkräfte zum Stellenpool versetzt. Diese Voraussetzung liegt vor. Die Antragstellerin ist Personalüberhangkraft im Sinne der Vorschrift. Gemäß der Legaldefinition des § 1 Abs. 2 Satz 1 StPG sind Personalüberhangkräfte Dienstkräfte, die von den Dienstbehörden oder Personalstellen dem Personalüberhang zugeordnet worden sind. Dies ist bei der Antragstellerin der Fall. Das Bezirksamt hat sie mit Bescheid vom 29. Dezember 2004 mit Wirkung vom 1. Februar 2005 dem Personalüberhang zugeordnet.

Die vom Senat mit dem genannten Urteil (a.a.O., S. 21 ff. UA) aufgezeigten weiteren rechtlichen Anforderungen an eine Versetzung zum Stellenpool (einschließlich der Zuordnung zum Personalüberhang) sind bei der Antragstellerin eingehalten worden:

aa) Die Zuordnung der Antragstellerin zum Personalüberhang ist rechtmäßig. Sie ist sachlich berechtigt, weil für die Antragstellerin nach der Aufhebung ihrer Zuweisung zu der (landeseigenen) Vivantes Netzwerk für Gesundheit GmbH (im Folgenden: Vivantes) keine geeignete freie Stelle im Bezirksamt vorhanden war. Das Bezirksamt verfügt, da es keine technischen Assistenten im medizinischen Bereich ausbildet, nicht über Stellen für Fachlehrerinnen für technische Assistenten im medizinischen Bereich. Die Beschäftigung der Antragstellerin in ihrer Dienstbehörde war daher nicht möglich (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 2 StPG).

Auf die zwischen den Beteiligten streitige Frage, ob die Entscheidung, die Antragstellerin bei Vivantes nicht mehr weiter zu beschäftigen und ihre Zuweisung zu Vivantes zu beenden, zu Recht ergangen ist, kommt es im vorliegenden Verfahren nicht an. Die Aufhebung der Zuweisung ist sofort vollziehbar, weil das Bezirksamt insoweit mit Bescheid vom 29. Dezember 2004 die sofortige Vollziehung angeordnet hat. Über den Widerspruch der Antragstellerin sowie ihren Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung (VG 7 A 33.05) ist noch nicht entschieden. Im Übrigen dürfte Überwiegendes dafür sprechen, dass die Aufhebung der Zuweisung materiell nicht zu beanstanden ist. Die Weiterbeschäftigung der Antragstellerin bei der zu Vivantes gehörenden Ausbildungsstätte war auf Grund der schrittweisen Aufgabe des Ausbildungsganges für medizinisch-technische Assistentinnen und Assistenten - seit 2003 wurden nur noch zwei Jahrgänge und seit 2004 nur noch ein Jahrgang (bis Juli 2005) ausgebildet - und der Auswahl der entbehrlichen Lehrkräfte (vgl. dazu den Widerspruch von Vivantes vom 12. August 2004 gegen die zunächst abgelehnte Aufhebung der Zuweisung) nicht nur nicht mehr erforderlich, sondern nicht mehr möglich (vgl. zum Wegfall des dringenden öffentlichen Interesses nach § 123 a Abs. 2 BRRG und den insoweit zu stellenden Anforderungen OVG Berlin, Beschluss vom 27. Mai 2003 - OVG 4 S 7.03 -).

Es kann dahinstehen, ob die Personalvertretung bei der Entscheidung des Bezirksamtes über die Zuordnung zum Personalüberhang ordnungsgemäß beteiligt worden ist. Zweifel hieran könnten bestehen, weil der Personalrat ausweislich des im Verwaltungsvorgang befindlichen Formulars lediglich nach § 73 PersVG Bln informiert worden ist, der Personalrat jedoch seit Inkrafttreten des Stellenpoolgesetzes am 1. Januar 2004 bei der Zuordnung zum Personalüberhang nach § 99 c Abs. 2 Satz 1 PersVG Bln ein Mitwirkungsrecht hat. Denn nach dem in § 46 VwVfG zum Ausdruck kommenden allgemeinen Rechtsgedanken kann auch die Aufhebung einer dienstlichen Maßnahme ausgeschlossen sein, die wegen eines Fehlers des personalvertretungsrechtlichen Beteiligungsverfahrens rechtswidrig ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Dezember 1999 - BVerwG 2 C 4.99 - BVerwGE 110, 173, 180 und dritter Leitsatz). Dies wäre hier bei einem (unterstellten) Fehler des Mitwirkungsverfahrens der Fall. Es wäre ausgeschlossen, dass der Antragsgegner von der Zuordnung der Antragstellerin zum Personalüberhang abgesehen hätte, weil das Bezirksamt über keine Stellen für Fachlehrerinnen für technische Assistenten im medizinischen Bereich verfügt(e).

bb) Bei der Versetzung der Antragstellerin zum Stellenpool ist der Personalrat des Bezirksamtes, der bisherigen Dienststelle der Antragstellerin, ordnungsgemäß im Sinne von § 84 PersVG Bln beteiligt worden. Ihm wurde Anfang Januar 2005 ein Doppel des Anhörungsschreibens an die Antragstellerin sowie am 11. Januar 2005 der Vorgang mit der Bitte um Zustimmung zur Versetzung der Antragstellerin zum Stellenpool zugeleitet. Er hat die Sache in seiner Sitzung am 20. Januar 2005 behandelt und dem Bezirksamt daraufhin seine Einwendungen schriftlich mitgeteilt. Dabei hat er nicht zum Ausdruck gebracht, dass er eine unmittelbare Erörterung wünscht. Vielmehr ergab sich aus seiner Mitteilung - die wie ein Standardschreiben wirkt -, dass er allein grundsätzliche Bedenken gegen die Konstruktion des Stellenpools und die damit verbundene bloße Mitwirkungsbefugnis des Personalrates hatte; auf den Einzelfall bezogene Einwendungen machte er nicht geltend. Das Bezirksamt hat auf die Einwendungen des Personalrates Ende Januar 2005 erwidert. Soweit das Bezirksamt dabei im Wesentlichen auf das Stellenpoolgesetz verwiesen hat, war dies hier jedenfalls deswegen ausreichend, weil der Personalrat seine Einwendungen allein auf grundsätzliche Bedenken gegen das Stellenpoolgesetz gestützt hatte.

b) Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass es der Antragstellerin unzumutbar wäre, vorläufig bis zur Rechtskraft des Hauptsacheverfahrens dem Stellenpool zugewiesen zu sein.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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