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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Urteil verkündet am 31.08.2006
Aktenzeichen: OVG 5 B 2.06
Rechtsgebiete: AMG


Vorschriften:

AMG § 1
AMG § 22 Abs. 3
AMG § 22 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1
AMG § 22 Abs. 3a
AMG § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4
AMG § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 2. Alt.
AMG § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5a
AMG § 105 Abs. 4
AMG § 105 Abs. 4 f Satz 2
AMG § 105 Abs. 5 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OVG 5 B 2.06

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 5. Senat auf die mündliche Verhandlung vom 31. August 2006 durch die Richterin am Oberverwaltungsgericht als Vorsitzende, die Richter am Oberverwaltungsgericht und sowie die ehrenamtlichen Richter und

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 18. Dezember 2003 geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Nachzulassung des von der Klägerin zur Behandlung von "Wechseljahrbeschwerden" vertriebenen homöopathischen Altarzneimittels C_____ (Tabletten) - Ordn.-Nr. - , das die arzneilich wirksamen Bestandteile Lachesis muta D 12 (10 mg) - Lachesis - und Sepia officinalis D 5 (10 mg) - Sepia - enthält. Zur Begründung ihres Verlängerungsantrags vom Dezember 1989 nahm die Klägerin auf die Angaben in den für die arzneilich wirksamen Stoffe bestehenden Einzelmonographien der Kommission D der Beklagten Bezug. Für das Gesamtpräparat verwies sie ergänzend auf "anderes wissenschaftliches Erkenntnismaterial", insbesondere auf eine 1992 unter dem Titel "Multizentrische Feldstudie zur Wirkung von C_____ Tabletten bei klimakterischen Beschwerden" veröffentlichte Anwendungsbeobachtung an 65 Frauen.

Das damals zuständige Bundesgesundheitsamt rügte in seiner mit Schreiben vom 10. März 1993 übersandten fachlichen Stellungnahme verschiedene Mängel, zu deren Abhilfe es der Klägerin eine Frist von drei Jahren setzte. In der dem Schreiben beigefügten fachlichen Stellungnahme hieß es u. a., dass die Kombinationsbegründung nicht ausreiche, da Sepia und Lachesis in der hömöopathischen Literatur als feindliche Mittel beschrieben würden. Die Klägerin trat dem mit der ebenfalls auf Literatur gestützten Auffassung entgegen, dass es sich bei beiden Bestandteilen um typische "Frauenmittel" handele, die sich sinnvoll ergänzten. Sie reichte zudem 65 Erfahrungsberichte von Heilpraktikern und 146 Erfahrungsberichte von Ärzten ein.

Nachdem sich die Kommission D am 3. Juli 1996 mit 10 Stimmen bei einer Enthaltung gegen die Verlängerung der Zulassung ausgesprochen hatte, wies das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) den Verlängerungsantrag mit Bescheid vom 22. Juli 1998 zurück: Die Verlängerung der Zulassung sei nach § 105 Abs. 4 AMG zu versagen, weil die angegebene therapeutische Wirksamkeit nach dem gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse unzureichend begründet worden sei und eine ausreichende Begründung dafür fehle, dass jeder arzneilich wirksame Bestandteil einen Beitrag zur positiven Beurteilung des Arzneimittels leiste. Die eingereichte Anwendungsbeobachtung an 65 Frauen sei ebenso wenig wie die übersandten Erfahrungsberichte von Ärzten und Heilpraktikern geeignet, die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der im Arzneimittel enthaltenen feindlichen Mittel Lachesis und Sepia zu belegen.

Mit der dagegen erhobenen, auf Neubescheidung zielenden Klage hat die Klägerin geltend gemacht, dass sie die angegebene therapeutische Wirksamkeit nach dem gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse hinreichend dargetan habe. Die Beklagte habe vielmehr den ihr obliegenden Beweis für das Vorliegen eines Versagungsgrundes nicht angetreten. Sie habe weder dargelegt, dass die Begründung des Verlängerungsantrags unschlüssig, unvollständig oder inhaltlich unrichtig sei, noch habe sie fehlende oder fehlerhafte Schlussfolgerungen aufgezeigt oder abweichende Forschungsergebnisse benannt, zu denen sich die Klägerin nicht geäußert habe. Ferner sei nicht beachtet worden, dass der Gesetzgeber für besondere Therapierichtungen erleichterte Zulassungsbedingungen geschaffen habe. Hinsichtlich der allein streitigen Frage der Feindlichkeit der Wirkstoffe Lachesis und Sepia folge die Beklagte einer Mindermeinung. Ergänzend hat sich die Klägerin auf das Vorbringen der Klägerin in der Verwaltungsstreitsache VG 14 A 281.98 zur Kombinierbarkeit von Sepia und Lachesis sowie die in jenem Verfahren eingereichten Unterlagen bezogen.

Die Beklagte ist dem Vorbringen der Klägerin mit dem klarstellenden Hinweis entgegengetreten, dass die Zulassung nicht versagt worden sei, weil die Wirksamkeit der Einzelbestandteile in Bezug auf die beanspruchte Indikation in Frage gestellt werde, sondern weil in der Kombination Mittel enthalten seien, die in der homöopathischen Literatur als in feindlicher Beziehung zueinander stehend beschrieben würden. Nach den Bewertungskriterien der Kommission D für fixe Kombinationen homöopathischer Arzneimittel sei der positive Beitrag solcher Bestandteile daher präparatespezifisch durch wissenschaftliches Erkenntnismaterial zu belegen. Diesen Anforderungen genügten die von der Klägerin eingereichten Unterlagen nicht. Insbesondere erlaube die Anwendungsbeobachtung wegen gravierender Mängel im Studiendesign keine Aussage zu Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der Kombination. Im Übrigen stehe der Zulassungsverlängerung aufgrund der zwischenzeitlich geänderten Rechtslage entgegen, dass die Klägerin keine Unterlagen zur Risikobewertung des tierischen Ausgangsmaterials von Lachesis und Sepia beigebracht habe.

Mit Urteil vom 18. Dezember 2003 hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben und die Beklagte unter Aufhebung des angefochtenen Bescheides verpflichtet, den Nachzulassungsantrag der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.

Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Nachzulassungsanspruch der Klägerin nicht am Fehlen einer zureichenden Kombinationsbegründung scheitere. Nach der in den Bewertungskriterien der Kommission D getroffenen Grundregel, dass in der Komplexmittel-Homöopathie bei deckungsgleichen Arzneimittelbildern von einem positiven Effekt der Kombination auszugehen sei, habe die Klägerin durch die Bezugnahme auf die Einzelmonographien zu Lachesis und Sepia deren Beitrag zur positiven Beurteilung des Gesamtarzneimittels schlüssig begründet und belegt. Soweit die Beklagte die Forderung nach einer mehrarmigen Studie auf das in der homöopathischen Literatur verschiedentlich beschriebene feindliche Verhältnis von Sepia/Lachesis stütze, so sei es ihre Sache, den Beweis der "Feindlichkeit" dieser Mittel zu führen. Abgesehen davon, dass es in der Homöopathie offenbar schon keine einheitlichen Kriterien zur Beurteilung "feindlicher Mittel" gebe, sei fraglich, ob eine tragfähige Grundlage für die Annahme der Feindlichkeit der beiden Stoffe zueinander bestehe. Nach dem von der Klägerin des Verfahrens VG 14 A 281.98 eingereichten Gutachten von Dr. A_____ G_____ "Feindliche Arzneimittelbeziehungen in der Homöopathie unter besonderer Berücksichtigung der Beziehungen zwischen Sepia und Lachesis" gingen die in der homöopathischen Literatur referierten Angaben über die "Feindlichkeit" von Lachesis und Sepia vermutlich nur auf einen Autor, C_____ H_____, zurück. Soweit sich Autoren H_____ Ansicht angeschlossen hätten, könne nach G_____ nicht festgestellt werden, ob auch deren eigene Praxiserfahrungen eingeflossen seien. Ferner sei unklar, ob H_____ selbst sich primär auf theoretische Erwägungen gestützt oder auf eigene praktische Erfahrungen zurückgegriffen habe. Eine generelle feindliche Arzneimittelbeziehung zwischen Lachesis und Sepia halte nach G_____ einer Überprüfung in der Literatur nicht stand. Dieser Befund werde durch die Veröffentlichungspraxis der Kommission D bestätigt. In den Monographien zu Lachesis und Sepia heiße es unter der Rubrik "Wechselwirkungen mit anderen Mitteln" "nicht bekannt", während es in anderen Monographien erläuternde Hinweise gebe. Auch verwehre die Beklagte anderen Kombinationsarzneimitteln, die die Stoffe Lachesis und Sepia enthielten, nicht den Marktzugang.

Selbst wenn Lachesis und Sepia einander feindliche Mittel seien, sei zu berücksichtigen, dass nach Ziffer 3. der Bewertungsrichtlinien der Kommission D die Voraussetzungen für die fixe Kombination trotz darin enthaltener unverträglicher Einzelmittel erfüllt seien, wenn der positive Beitrag dieser Bestandteile präparatespezifisch durch wissenschaftliches Erkenntnismaterial belegt werde. An das jeweilige Erkenntnismaterial dürften im Hinblick darauf, dass die Beklagte sich lediglich auf "Anwendererfahrungen" stütze, die nicht durch dokumentierte Fallbeispiele untermauert seien, im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit keine zu strengen Anforderungen gestellt werden. Die von der Klägerin mit dem streitgegenständlichen Präparat gewonnenen Erfahrungen stünden der Annahme der "Unverträglichkeiten" der Wirkstoffe Sepia und Lachesis entgegen. Es sei weder nach den Anwendungsbeobachtungen noch im Zusammenhang mit dem jahrzehntelangen Vertrieb des Arzneimittels zu gemeldeten oder bekannt gewordenen Verschlimmerungen der Symptomatik oder gar Gesundheitsgefährdungen gekommen.

Wegen der fehlenden Unterlagen zur Risikobewertung der tierischen Ausgangsmaterialien Sepia und Lachesis könne eine Auflage erteilt werden, so dass die Zulassung wegen dieses Mangels nicht versagt werden könne.

Zur Begründung ihrer vom Senat zugelassenen Berufung wiederholt und vertieft die Beklagte ihr erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend trägt sie vor:

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts habe die Klägerin keine den Anforderungen der Bewertungskriterien der Kommission D genügende Kombinationsbegründung vorgelegt. Es sei Sache des pharmazeutischen Unternehmers darzulegen, dass die Kombination keine nach den Erfahrungen der Homöopathie unverträglichen (feindlichen, inkompatiblen) Einzelmittel enthalte. Dabei komme es nicht darauf an, in welcher Erscheinungsform die "Feindlichkeit" oder die "Inkompatibilität" zutage trete. Denn sowohl in dem Fall, dass sich die Mittel in ihrer Wirkung aufhöben, als auch dann, wenn die Mittel - gemeinsam gegeben - zu Komplikationen im Behandlungsverlauf führten, sei die Sinnhaftigkeit der Kombination nicht begründbar. Zum Beleg dafür, dass Lachesis und Sepia feindliche Mittel seien, habe sie - die Beklagte - auf die Veröffentlichungen verschiedener Autoren verwiesen. Gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass sich deren Äußerungen in abstrakten Behauptungen erschöpfe, spreche, dass sich die homöopathische Lehre als Erfahrungsheilkunde aus den dokumentierten Erfahrungen homöopathisch arbeitender Therapeuten der vergangenen 200 Jahre zusammensetze. Deshalb handele es sich auch um eine durch nichts als die Chronologie belegte Mutmaßung, wenn G_____ in seinem Gutachten zu der Feststellung gelange, dass allein H_____ als Quelle aller von Seiten des Amtes herangezogenen Literatur anzusehen sei. Aus der Tatsache, dass die Einzelmonographien keine Hinweise auf die Feindlichkeit von Sepia und Lachesis enthielten, könne nicht hergeleitet werden, dass sie nicht bestehe. Abgesehen davon, dass die Haltung der Kommission D zu feindlichen Mitteln bereits in der ersten Fassung der Bewertungskriterien zu fixen Kombinationen homöopathischer Einzelmittel deutlich zum Ausdruck gekommen sei, gehörten die betreffenden Aufbereitungsmonographien zu jenen, die - anders als die von der Klägerin herangezogenen - nach Inkrafttreten der 5. AMG-Novelle nicht mehr hätten überarbeitet werden können. Dass sich andere Arzneimittel mit den Bestandteilen Lachesis und Sepia im Verkehr befänden, sei ebenso irrelevant wie die Frage, ob sich bei deren Anwendung Unverträglichkeitsreaktionen gezeigt hätten. Bei ihnen handele es sich ausschließlich um solche der anthroposophischen Therapierichtung, um traditionelle oder registrierte Arzneimittel oder um Tierarzneimittel, bei denen dem für die Homöopathie charakteristischen Aspekt der Feindlichkeit von Einzelbestandteilen keine Bedeutung zukomme.

Die von der Klägerin vorgelegten Anwendungsbeobachtungen und Erfahrungsberichte seien entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts nicht geeignet, den Einwand der Feindlichkeit zu entkräften. Nach dem Selbstverständnis der Homöopathie seien Arzneimittelbeziehungen keine unbedingten, sondern im Einzelfall symptomabhängig auftretende Phänomene, die deshalb auch nur durch eine genaue Symptomerfassung beobachtet werden können. Demgegenüber werde die fixe Kombination mehrerer Einzelmittel mit der Möglichkeit begründet, ihre Anwendung an einer klinischen Indikation zu orientieren. Die indikationsbezogene Anwendung aber schließe das Erkennen symptombezogener Wechselwirkungen sowohl im Rahmen einer Anwendungsbeobachtung als auch bei einer Anwenderbefragung aus. Im Übrigen sei das von der Klägerin vorgelegte Erkenntnismaterial schon aus statistischen Gründen unzureichend. Soweit sich das Verwaltungsgericht auf das Fehlen gemeldeter oder sonst bekannt gewordener unerwünschter Arzneimittelwirkungen gestützt habe, habe es diesem Umstand unzulässigerweise den Status wissenschaftlichen Erkenntnismaterials beigemessen.

Der Nachzulassung stehe schließlich auch entgegen, dass die Klägerin erforderliche Unterlagen zur Risikobewertung der tierischen Ausgangsmaterialien Sepia und Lachesis nicht beigebracht habe. Dieser Mangel sei gravierend, so dass die fehlenden Unterlagen nicht im Rahmen einer Auflage nachgefordert werden könnten.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 18. Dezember 2003 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und tritt den Ausführungen der Beklagten entgegen. Die Beklagte verkenne, dass § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5a AMG nur eine ausreichende Begründung und keinen Nachweis dafür verlange, dass jeder arzneilich wirksame Bestandteil einen Beitrag zur positiven Beurteilung des Arzneimittels leiste. Dabei sei der Zusatz "ausreichend" bewusst gewählt worden, um die Schwelle der Begründbarkeit nicht zu hoch anzusetzen, anderenfalls der genannte Versagungsgrund mit Gemeinschaftsrecht nicht zu vereinbaren wäre. Im Hinblick auf die Eigentumsgarantie seien bei fiktiv zugelassenen Arzneimitteln zudem Vertrauensschutzgesichtspunkte zu berücksichtigen. Dem Erfordernis einer ausreichenden Kombinationsbegründung sei sie mit der Bezugnahme auf die Einzelmonographien zu den Bestandteilen Lachesis und Sepia nachgekommen. Es obliege daher der Beklagten darzulegen und ggf. zu beweisen, dass die Kombination Einzelmittel enthalte, die nach den Erfahrungen der Homöopathie unverträglich seien. Die behauptete Feindlichkeit sei jedoch weder empirisch noch praktisch dokumentiert. Auch die Monographien enthielten keine entsprechenden Hinweise. Die Beklagte habe nicht einmal dartun können, wie sich die angebliche feindliche Wirkung überhaupt äußere.

Selbst wenn zwischen Lachesis und Sepia ein feindliches Verhältnis bestünde, komme dieses wegen der geringen Mengen dieser Bestandteile in dem Arzneimittel offensichtlich nicht zum Tragen. Jedenfalls sei der Vorwurf der Inkompatibilität durch die von ihr vorgelegten Unterlagen und die jahrzehntelangen praktischen Erfahrungen mit C_____ widerlegt. Auch bei der mit dem Präparat "K_____" durchgeführten Beobachtungsstudie seien weder Wirksamkeitsdefizite noch Unverträglichkeitsreaktionen festgestellt worden, obwohl dieses Mittel ebenfalls Lachesis und Sepia enthalte. Die Beklagte habe im Übrigen noch im Februar 2003 eine Verlängerung für das in der stofflichen Zusammensetzung mit "C_____" vergleichbare anthroposophische Arzneimittel "m_____ s_____ c_____." in den Darreichungsformen "Globuli" sowie "flüssige Verdünnung zur Injektion" verfügt und im Februar 1999 eine Registrierung für das Mittel "S_____ H_____ F_____ 1_____", das ebenfalls Lachesis und Sepia enthalte, erteilt. Ferner sei das Präparat "A_____ c_____" im so genannten pauschalierten Nachzulassungsverfahren zugelassen worden, obwohl auch dieses Lachesis und Sepia enthalte.

Die Versagung der Zulassung könne auch nicht auf das Fehlen von Unterlagen zur Risikobewertung tierischen Ausgangsmaterials gestützt werden, da insoweit zumindest kein gravierender Mangel vorliege, der eine Versagung der Zulassung rechtfertige.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Streitakten, und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten sowie die Streitakten des Verfahrens VG 14 A 281.98/OVG 5 B 3.06 und die dazu gehörigen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen, die vorgelegen haben und - soweit wesentlich - Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf erneute Entscheidung über ihren Antrag auf Verlängerung der (fiktiven) Zulassung des Arzneimittels C_____. Der Versagungsbescheid des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte - BfArM - vom 22. Juli 1998 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Nach § 105 Abs. 5 Satz 2 des Arzneimittelgesetzes - AMG - vom 24. August 1976 (BGBl. I S. 2445, 2448) in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3394) ist die Zulassung nach Absatz 1 zu versagen, wenn der pharmazeutische Unternehmer Mängeln im Zulassungsantrag, die ihm von der zuständigen Bundesoberbehörde mitgeteilt worden sind, nicht fristgerecht abgeholfen hat. Die Beklagte hat in ihrem Mängelschreiben vom 10. März 1993 zu Recht Beanstandungen hinsichtlich der Kombinationsbegründung nach § 22 Abs. 3a AMG erhoben und die Vorlage weiterer Unterlagen zu Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des Arzneimittels in den beanspruchten Anwendungsgebieten gefordert. Den genannten Mängeln, die sich in den Versagungsgründen des § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, 2. Alt., und Nr. 5a AMG widerspiegeln, hat die Klägerin entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts innerhalb der seinerzeit geltenden gesetzlichen Frist von drei Jahren nicht abgeholfen.

Der von der Klägerin beanspruchten Verlängerung der fiktiven Zulassung ihres Kombinationsarzneimittels C_____ steht insbesondere der von den Beteiligten in den Vordergrund ihrer Auseinandersetzung gerückte Versagungsgrund des § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5a AMG entgegen. Danach ist die Zulassung bei einem Arzneimittel, das mehr als einen arzneilich wirksamen Bestandteil enthält, zu versagen, wenn eine ausreichende Begründung fehlt, dass jeder arzneilich wirksame Bestandteil einen Beitrag zur positiven Beurteilung des Arzneimittels leistet, wobei die Besonderheiten der jeweiligen Arzneimittel in einer risikogestuften Bewertung zu berücksichtigen sind. C_____ enthält mehr als einen arzneilich wirksamen Bestandteil, nämlich neben Cimicifuga und Lilium tigrinum die Bestandteile Lachesis und Sepia. Die Klägerin hat auch unter Berücksichtigung der Besonderheiten der homöopathischen Therapierichtung (vgl. § 105 Abs. 4f Satz 2 AMG) nicht ausreichend zu begründen vermocht, dass Sepia und Lachesis einen Beitrag zur positiven Beurteilung der Kombination in der beanspruchten Indikation "Wechseljahrbeschwerden" leisten.

Der Versagungsgrund des § 25 Abs. 2 Nr. 5a AMG dient der Gewährleistung des in § 1 AMG beschriebenen Zwecks des Arzneimittelgesetzes, im Interesse einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung für die Sicherheit im Verkehr mit Arzneimitteln, insbesondere für Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit zu sorgen. Die Prüfung der Unbedenklichkeit im Zulassungsverfahren verlangt eine Abwägung zwischen dem therapeutischen Nutzen des Arzneimittels und seiner möglichen Schädlichkeit (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Oktober 1993 - BVerwG 3 C 21.91 - Pharma Recht 1994, 77, 82). Da bei Kombinationsarzneimitteln jeder arzneilich wirksame Bestandteil die Gefahr zusätzlicher unerwünschter Wirkungen tendenziell erhöht (vgl. hierzu AMG-Erfahrungsbericht 1993, BT-Drs. 12/5226 S. 33 unter Ziff. 2.2.10.1), ist die Aufnahme jedes weiteren Wirkstoffs in das Arzneimittel nur gerechtfertigt, wenn dies insgesamt zu einer Verbesserung des Risiko-Nutzen-Verhältnisses führt, also etwa zur besseren Wirksamkeit in der beanspruchten Indikation beiträgt oder unerwünschten Effekten entgegenwirkt (vgl. BT-Drs. 10/5112 S. 17). Die Prüfung des Beitrags jedes Bestandteils zur positiven Beurteilung des Arzneimittels stellt sich mithin als ein bei Kombinationsarzneimitteln besonderer Teil der allgemeinen Prüfung des Arzneimittels auf Wirksamkeit und Unbedenklichkeit dar (vgl. hierzu Urteil des Senats vom 12. Juli 2001 - OVG 5 B 6.99 -, bestätigt durch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Oktober 2003 - BVerwG 3 C 28.02 - beide juris).

Bei diesem Verständnis steht § 25 Abs. 2 Nr. 5a AMG entgegen der Auffassung der Klägerin mit Gemeinschaftsrecht in Einklang. Denn (auch) nach Art. 26 Satz 1 der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel vom 6. November 2001 (ABl. Nr. L 311 S. 67) wird die Genehmigung für das Inverkehrbringen versagt, wenn das Arzneimittel bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädlich ist (Buchst. a) oder seine therapeutische Wirksamkeit vom Antragsteller unzureichend begründet ist (Buchst. b). Da die Begriffe "Schädlichkeit" und "therapeutische Wirksamkeit" auch nach Auffassung des Richtliniengebers nur in ihrer wechselseitigen Beziehung geprüft und beurteilt werden können, muss sich aus den Angaben und Unterlagen des Antragstellers ergeben, dass die therapeutische Wirksamkeit höher zu bewerten ist als das potentielle Risiko (vgl. hierzu die siebente Begründungserwägung der Richtlinie des Rates 75/318/EWG [ABl. Nr. L 147 S. 1]). Keinen anderen Maßstab sieht Gemeinschaftsrecht für fixe Kombinationen vor: Sie sind in Bezug auf Wirksamkeit und Unbedenklichkeit zu rechtfertigen, weil das Risiko-Nutzen-Verhältnis nur dann positiv bewertet werden kann, wenn die Vorteile der Kombination die mit der Aufnahme jedes weiteren Bestandteils verbundenen potentiellen Risiken zumindest aufwiegen (so schon die Empfehlung des Rates vom 26. Oktober 1983 [83/571/EWG], ABl. Nr. L 332, S. 11, Anhang V - Fixe Arzneimittelkombinationen, Hinweise zur Erläuterung des Anhangs der Richtlinie 75/318/EWG -; ersetzt durch die Empfehlung der EMEA vom 17. April 1996 "Fixed Combination Medicinal Products" [CPMP/EWP/240/95]).

Arzneimittelrechtliche Zulassungen sind aufgrund einer Prüfung der vom Antragsteller vorzulegenden Unterlagen zu erteilen (§ 25 Abs. 5 Satz 1 AMG). Folglich muss sich aus ihnen auch die Begründung für den Beitrag zur positiven Beurteilung des Kombinationsarzneimittels ergeben (§ 22 Abs. 3a AMG). Selbst wenn kein Nachweis im Sinne eines wissenschaftlichen Beweises verlangt werden kann, so muss die Begründung doch zumindest eine Wahrscheinlichkeitsaussage zulassen, die in objektivierbarer Weise auf ihre Richtigkeit überprüfbar ist. Sie ist daher nur dann ausreichend, wenn die vorgelegten Unterlagen nach dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse den geforderten Schluss zulassen. Die Klägerin kann sich dabei zwar, da ihr Kombinationspräparat mit den monographierten Bestandteilen bekannte Stoffe enthält und seit Jahrzehnten im Verkehr ist, anstelle der Ergebnisse der pharmakologischen, toxikologischen und klinischen Prüfung auf die Vorlage anderen wissenschaftlichen Erkenntnismaterials stützen (§ 22 Abs. 3 AMG). Weitergehende Erleichterungen in Bezug auf den Begründungsmaßstab als solchen lassen sich jedoch weder aus dem vom Verwaltungsgericht herangezogenen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz noch aus dem Postulat einer risikogestuften Bewertung herleiten. Der Sinn der §§ 22 Abs. 3, 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5a AMG besteht nicht darin, für bekannte Arzneimittel oder für Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen auf einen wissenschaftlichen Nachweis von Wirksamkeit und Unbedenklichkeit zu verzichten, sondern darin, unnötige Arzneimittelprüfungen zu vermeiden, soweit eine Aussage zu Nutzen und Risiko bereits durch anderweitig wissenschaftlich erhärtete Erkenntnisse gerechtfertigt ist. An die Aussagekraft des "anderen wissenschaftlichen Erkenntnismaterials" sind daher die gleichen materiellen Anforderungen wie nach § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 AMG zu stellen (vgl. Urteil des Senats vom 18. Februar 2005 - OVG 5 B 7.03 -).

Für die Beurteilung, ob die von der Klägerin eingereichten Unterlagen hinreichende Rückschlüsse auf die Sinnhaftigkeit der Kombination zulassen, sind im Hinblick darauf, dass nach §§ 22 Abs. 3 Satz 2, 105 Abs. 4 f Satz 2 AMG die medizinischen Erfahrungen der jeweiligen Therapierichtungen zu berücksichtigen sind, die von der Kommission D entwickelten Kriterien zur Bewertung von Kombinationen homöopathischer Einzelmittel vom 24. April 1997 (BAnz. Nr. 100 vom 5. Juni 1997, S. 6224) heranzuziehen. Danach ist davon auszugehen, dass jeder Bestandteil der Kombination einen Beitrag zur positiven Beurteilung des Arzneimittels leistet, wenn sich die Arzneimittelbilder der Einzelbestandteile hinsichtlich des Indikationsanspruchs gleichen oder ergänzen. Die Beurteilung bekannter Kombinationen kann zwar grundsätzlich unter Verwertung der Monographien der Einzelstoffe erfolgen. Hierfür reichen diese aber nur dann aus, wenn Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der Kombination über das Anwendungsgebiet hinaus auch nach Zusammensetzung, Dosierung und Darreichungsform bestimmbar sind. Ziff. 3 der Bewertungskriterien greift die Frage der Bestimmbarkeit des Risiko-Nutzen-Verhältnisses nach der Zusammensetzung unter einem besonderen Aspekt auf. Danach dürfen Kombinationen keine Einzelmittel enthalten, die nach den Erfahrungen der Homöopathie unverträgliche (feindliche, inkompatible) Mittel sind, es sei denn, der positive Beitrag dieser Bestandteile wird präparatespezifisch durch wissenschaftliches Erkenntnismaterial belegt.

An diesen Maßstäben gemessen ist der Beitrag der Bestandteile Lachesis und Sepia zur positiven Beurteilung des Arzneimittels C_____ nicht ausreichend begründet. Mit den Beteiligten und dem Verwaltungsgericht ist zwar davon auszugehen, dass die in Bezug genommenen Monographien (BAnz. Nr. 66 a vom 7. April 1989 [Lachesis], BAnz. Nr. 160 vom 28. August 1990 [Sepia]) den positiven Beitrag auch der genannten Bestandteile in Bezug auf das beanspruchte Anwendungsgebiet im Sinne der Ziff. 1 der Bewertungskriterien der Kommission D belegen, da sich die homöopathischen Arzneimittelbilder aller Wirkstoffe im wesentlichen gleichen bzw. ergänzen. Nicht gefolgt werden kann hingegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass dies auch hinsichtlich der stofflichen Zusammensetzung der fixen Kombination gilt.

Die Beklagte hat im Rahmen der medizinischen Stellungnahme, Phase I, unter Bezugnahme auf die Veröffentlichungen von Bo_____ und Ba_____ dargetan, dass Lachesis und Sepia in der homöopathischen Literatur als inkompatible, feindliche Mittel beschrieben werden. Sie hat damit entsprechend den Bewertungskriterien der Kommission D aufgezeigt, dass die Monographien der Einzelbestandteile nicht ausreichen, um das Risiko-Nutzen-Verhältnis der Kombination nach ihrer Zusammensetzung zu bestimmen, und ist deshalb zu Recht davon ausgegangen, dass die Kombinationsbegründung ohne die Vorlage von der wissenschaftlichen Bewertung zugänglichem Erkenntnismaterial oder von Studien unzulänglich ist. Dass die fraglichen Monographien unter der Rubrik "Wechselwirkungen" keine Hinweise auf feindliche Arzneimittelbeziehungen enthalten, ist ohne Belang. Abgesehen davon, dass die fachlichen Beurteilungen der Aufbereitungskommissionen ohnehin nur dann im Rahmen der Nachzulassung unmittelbar umsetzbar sind, wenn im jeweiligen Einzelfall die arzneimittelrechtlichen Vorgaben beachtet worden sind, bestätigen sowohl die Fassungen nach 1993 veröffentlichter Monographien als auch das in Vorbereitung der Nachzulassungsentscheidung eingeholte Votum der Kommission D den Vortrag der Beklagten, dass der Aspekt der Feindlichkeit im Zeitraum 1989/90 noch nicht als besonderer Punkt hervorgehoben und erst im Rahmen der - nach Inkrafttreten der 5. AMG-Novelle nicht fortgesetzten - Überarbeitung gesondert aufgeführt worden ist.

Dem Mangel der Bestimmbarkeit von Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der Zusammensetzung von C_____ hat die Klägerin nicht abzuhelfen vermocht. Sämtliche von den Beteiligten herangezogene Fachliteratur wie auch die literaturanalytischen Arbeiten von G_____ und S_____ belegen zwar, dass die Fragen, ob es zwischen Lachesis und Sepia feindliche Arzneimittelbeziehungen gibt, ob sie nur für den Fall der Mittelfolge im Sinne der klassischen Homöopathie oder auch bei gleichzeitiger Gabe anzunehmen sind und wie sich die Feindlichkeit ggf. äußert, innerhalb der homöopathischen Therapierichtung - wenn überhaupt - kontrovers beantwortet werden. Dass sich der Beitrag beider Bestandteile zur positiven Beurteilung der Kombination aber nur dann begründen ließe, wenn die Beurteilung feindlicher Arzneimittelbeziehungen im allgemeinen sowie der Beziehung zwischen Lachesis und Sepia im besonderen in der homöopathischen Lehre jedenfalls im wesentlichen unumstritten wäre, liegt auf der Hand. Denn solange nicht eingeschätzt werden kann, ob und in welchen "ungünstig" verlaufenen Behandlungsfällen tatsächlich die Feindlichkeit bestimmter Mittel wirksam geworden ist oder ob es sich um zufällige Einzelbeobachtungen handelt, die - wie von der Klägerin behauptet - lediglich unkritisch durch das homöopathische Schrifttum weitergeführt worden sind, muss es zwangsläufig an der Bestimmbarkeit des Risiko-Nutzen-Verhältnisses der Kombination nach ihrer Zusammensetzung fehlen.

Soweit das Verwaltungsgericht den Umstand des fehlenden Konsenses innerhalb der homöopathischen Therapierichtung dahin gewertet hat, dass es Sache der Beklagten sei, den Beweis der "Feindlichkeit" der Mittel zu führen, zumal der pharmazeutische Unternehmer grundsätzlich nicht die negative Tatsache des Fehlens von Erfahrungen zur Unverträglichkeit zu beweisen habe, widerspricht seine Auffassung der Beweislastverteilung nach dem Arzneimittelgesetz. Anders als beim Versagungsgrund der fehlenden therapeutischen Wirksamkeit des Arzneimittels, der in der Tat vom pharmazeutischen Unternehmer den Beweis einer "negativen" Tatsache verlangen würde, genügt für die Versagung nach § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5a AMG bzw. nach der zweiten Alternative der Nummer 4 allein die Tatsache einer unzureichenden Begründung. Eine gescheiterte Begründung aber ist - wie erwähnt - von der Zulassungsbehörde schon dann dargelegt und bewiesen, wenn die vom pharmazeutischen Unternehmer eingereichten Unterlagen nach dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse den geforderten Schluss auf die Sinnhaftigkeit der Kombination bzw. die beanspruchte therapeutische Wirksamkeit des Arzneimittels nicht zulassen. Es versteht sich von selbst, dass dann, wenn es innerhalb der besonderen Therapierichtung keinen einheitlichen, sondern - wie hier - bis heute umstrittenen Meinungsstand zur Frage der feindlichen Arzneimittelbeziehungen und ihrer etwaigen Folgen gibt, die von der Klägerin zu fordernde Begründung jedenfalls auf der Grundlage homöopathischen Schrifttums nicht gelingen kann.

Das von der Klägerin auf die Mängelrüge hin vorgelegte präparatespezifische Erkenntnismaterial - 146 bzw. 65 Erfahrungsberichte von Ärzten und Heilpraktikern - ist nicht geeignet, den Einwand der Feindlichkeit zu entkräften. Zwar können auch Sammlungen von Einzelfallberichten oder Anwendungsbeobachtungen "anderes wissenschaftliches Erkenntnismaterial" im Sinne von § 22 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AMG sein. Als medizinisches Erfahrungsmaterial muss es jedoch wissenschaftlich aufbereitet sein oder zumindest eine wissenschaftliche Auswertung ermöglichen (vgl. § 26 Abs. 2 AMG). Daran fehlt es. So etwa enthalten die Berichte - bis auf wenige Ausnahmen - keine Angaben zur Methode der Befunderhebung, die Beschreibungen der Beschwerdebilder lassen keine gesicherte Zuordnung zur beanspruchten Indikation zu, die Angaben zu Wirksamkeit und Verträglichkeit sind über das reine Dafürhalten oder fraglose Hinnehmen hinaus nicht nachvollziehbar begründet. Darauf, ob eine Anzahl von 211 Erfahrungsberichten nach den Regeln der Fallzahlabschätzung in Studien darüber hinaus aus statistischen Gründen unzureichend ist, kommt es unter diesen Umständen nicht an.

Weiteres präparatespezifisches Erkenntnismaterial hat die Klägerin nicht vorgelegt. Die mit dem Arzneimittel "K_____" durchgeführte Studie "Alternative Therapie akuter Wechseljahrsbeschwerden" und die im Parallelverfahren OVG 5 B 3.06 eingereichten Prüfbögen zur Anwendungsbeobachtung betreffend das Präparat "K_____-H_____", auf welche sich die Klägerin im gerichtlichen Verfahren ergänzend bezogen hat, scheiden als solches mangels Spezifität aus. Beide Kombinationsmittel enthalten zwar ebenfalls die Bestandteile Lachesis und Sepia, sind ansonsten jedoch nach Art und Menge der arzneilich wirksamen Bestandteile abweichend zusammengesetzt.

Dem Verwaltungsgericht kann schließlich auch nicht in der Auffassung gefolgt werden, die Klägerin habe "angesichts der geringen Substanz" der zu Grunde liegenden Materialien den "auf abstrakter Ebene verbleibenden" Vorwurf der Feindlichkeit oder Inkompatibiltät der in Rede stehenden Bestandteile - wenn es sie denn gäbe - durch die mit C_____ gewonnenen praktischen Erfahrungen überzeugend widerlegt. Selbst wenn es weder im Rahmen der Anwendungsbeobachtungen noch im Zusammenhang mit dem jahrzehntelangen Vertrieb des Präparats zu gemeldeten oder sonst erkennbar gewordenen Verschlimmerungen der Symptomatik oder gar zu Gesundheitsgefährdungen gekommen sein sollte, kann diesem Umstand keine entscheidungserhebliche Bedeutung zugemessen werden. Denn abgesehen davon, dass der Rückschluss vom Fehlen unerwünschter Arzneimittelwirkungen auf das Nichtbestehen feindlicher Arzneimittelbeziehungen im Hinblick auf die Eigenart der Komplexmittelhomöopathie, Arzneimittel statt nach der Simileregel nach der klinischen Indikation anzuwenden, fragwürdig erscheint, ist eine derartige Schlussfolgerung schon vom Ansatz her nicht geeignet, den mit der Kombinationsbegründung nach § 22 Abs. 3a AMG verfolgten Zweck zu erfüllen. Deren Zielsetzung erschöpft sich gerade nicht darin, die Unbedenklichkeit der Stoffkombination darzulegen, sondern geht mit der Forderung nach einer Verbesserung des Risiko-Nutzen-Verhältnisses zur Rechtfertigung der Aufnahme jedes weiteren homöopathischen Einzelmittels deutlich darüber hinaus. Solange sich jedenfalls wegen des offenen Diskussionsstandes innerhalb der homöopathischen Therapierichtung nicht ausschließen lässt, dass sich feindliche Arzneimittelbeziehungen auch in einer Behinderung der therapeutischen Wirksamkeit äußern, muss davon ausgegangen werden, dass die Aufnahme feindlicher Mittel in eine fixe Kombination nicht gerechtfertigt ist.

Ohne Erfolg wendet die Klägerin in diesem Zusammenhang ein, dass sich mit Billigung der Beklagten verschiedene Arzneimittel im Verkehr befänden, die ebenfalls die Bestandteile Lachesis und Sepia enthielten. Unabhängig davon, dass sich die Verkehrsfähigkeit der von ihr angeführten Präparate nach anderen arzneimittelrechtlichen Grundlagen beurteilt, könnte die Klägerin aus einer Zulassungs- oder Nachzulassungsentscheidung der Beklagten, bei der ohne sachlichen Grund von den Maßstäben, die von Rechts wegen an eine Kombinationsbegründung anzulegen sind, abgewichen worden sein sollte, nichts Günstiges für sich herleiten. Denn eine rechtswidrig erteilte Zulassung ließe weder den hier gegebenen Versagungsgrund der unzureichenden Kombinationsbegründung entfallen noch begründete sie den geltend gemachten Neubescheidungsanspruch der Klägerin.

Auf Vertrauensschutz kann sich die Klägerin ebenfalls nicht erfolgreich berufen. Entgegen ihrer Auffassung wird mit der Versagung der Zulassungsverlängerung nicht in eine nach Art. 14 GG geschützte Eigentumsposition eingegriffen (vgl. hierzu Urteil des Senats vom 7. April 2005 - OVG 5 B 8.03 - juris). Solange eine endgültige Entscheidung über den Nachzulassungsantrag ausstand, konnte und durfte sie auf den Fortbestand der fiktiven Zulassung von C_____ nicht vertrauen. Eine fiktive Zulassung ist nur hinsichtlich der prinzipiell uneingeschränkten Verkehrsfähigkeit einer vollgültigen Zulassung während der Dauer ihres fingierten Bestandes gleichzusetzen; im Übrigen steht sie unter dem Vorbehalt des Nachweises von Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit im Nachzulassungsverfahren, vermittelt also lediglich die Chance auf endgültige Zulassung. Damit unterscheidet sie sich in maßgeblicher Hinsicht von einer durch hohen Forschungs- und Entwicklungsaufwand erlangten Neuzulassung, die dem pharmazeutischen Unternehmer den Marktzugang erst eröffnet, und auf deren Bestand er zumindest für die Dauer der nächsten fünf Jahre vertrauen kann (§ 31 Abs. 3 AMG).

Der Senat lässt unter den gegebenen Umständen offen, ob der Nachzulassung von C_____ ferner entgegensteht, dass die erforderlichen Unterlagen zur Risikobewertung des tierischen Ausgangsmaterials von Lachesis und Sepia nach wie vor ausstehen und deshalb die nach den anerkannten pharmazeutischen Regeln angemessene Qualität des Arzneimittels nicht abschließend beurteilt werden kann (vgl. § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 AMG).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Ende der Entscheidung

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