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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 04.05.2006
Aktenzeichen: OVG 5 N 17.05
Rechtsgebiete: VwVfG, 2. ZwVbVO, VwGO, MRVerbG, BelegG, VwGO


Vorschriften:

VwVfG § 43 Abs. 2
2. ZwVbVO § 1 Abs. 1
2. ZwVbVO § 1 Abs. 1 Satz 2
2. ZwVbVO § 2 Abs. 1 Satz 1
2. ZwVbVO § 2 Abs. 6
2. ZwVbVO § 2 Abs. 7
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1
MRVerbG Art. 6 § 1
MRVerbG Art. 6 § 1 Abs. 1 Satz 1
MRVerbG Art. 6 § 1 Abs. 2 Satz 1
MRVerbG Art. 6 § 3
BelegG § 9
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OVG 5 N 17.05

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 5. Senat durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Wolnicki, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Ehricke und den Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Raabe am 4. Mai 2006 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag derKlägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 23. Februar 2005 wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 6.202,99 EUR festgesetzt.

Gründe:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen auf der Grundlage der insoweit allein maßgeblichen Ausführungen der Klägerin (§ 124 a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) nicht.

a) Der Einwand der Klägerin, entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei die ihr erteilte Genehmigung zur Zweckentfremdung von Wohnraum vom 3. April 1991 unwirksam geworden und habe sich gem. § 43 Abs. 2 VwVfG auf andere Weise erledigt, weil das Gesetz über die Gewährleistung von Belegungsrechten im kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungswesen vom 22. Juli 1990 - Belegungsrechtsgesetz - BelegG - (GBl. DDR. I S. 894) am 31. Dezember 1995 außer Kraft getreten sei, begründet keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils. Grundsätzlich führt der Wegfall der Rechtsgrundlage eines Verwaltungsakts nicht zu seiner Gegenstandslosigkeit (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 43 Rn. 44, a. A. offenbar Schultz/Bujewski-Crawford, Das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum in Berlin und Brandenburg, 1997, S. 25). Gem. § 43 Abs. 2 VwVfG bleibt ein Verwaltungsakt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist. Diese Bestimmung erfasst den Fallbereich, in dem die dem Verwaltungsakt ursprünglich zukommende steuernde Funktion des Verwaltungshandelns nachträglich entfällt (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 27. März 1998 - 4 C 11.97 -, NVwZ 1998, 729 f.). Der Verwaltungsakt muss entsprechend im Zusammenhang mit den gesetzlichen Vorschriften, auf denen er beruht, daraufhin ausgelegt werden, was er regelt und ob diese Regelung ohne Aufhebung entfallen soll, um beurteilen zu können, ob er sich gem. § 43 Abs. 2 VwVfG auf andere Weise erledigt hat (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 43 Rn. 43).

Auf der Grundlage des Vortrags der Klägerin bestehen keine ernstlichen Zweifel, dass das Verwaltungsgericht den Genehmigungsbescheid vom 3. April 1991 danach zutreffend ausgelegt hat. Die Klägerin beruft sich insoweit zu Unrecht darauf, dass entsprechend der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 27. November 1973 - BVerwG I C 74.67 -, DÖV 1974, 677) die ihr erteilte Erlaubnis erloschen sei, weil für die vordem erlaubnispflichtige gewerbliche Nutzung eine Erlaubnis mit dem Außerkrafttreten des Belegungsrechtsgesetzes nicht mehr erforderlich gewesen sei. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass der vorliegend zu beurteilende Sachverhalt von dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall abweiche, da die Erlaubnispflicht der Zweckentfremdung von Wohnraum für die von der Klägerin genutzten Räume nicht entfallen war, nachdem das Belegungsrechtsgesetz nicht mehr galt. Denn für die streitgegenständlichen Räume galt das in § 1 Abs. 1 2. Zweckentfremdungsverbot-Verordnung - 2. ZwVbVO - geregelte Zweckentfremdungsverbot, so dass die Genehmigung nicht sinnlos geworden war. Inwiefern die Auslegung des Verwaltungsgerichts trotz des von ihm aufgezeigten Unterschieds nicht im Einklang mit der zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts stehen soll, ist den Ausführungen der Klägerin zu § 43 Abs. 2 VwVfG nicht zu entnehmen.

Im Übrigen greift § 43 Abs. 2 VwVfG vorliegend auch deswegen nicht, weil Fallgestaltungen der Erledigung in sonstiger Weise dadurch gekennzeichnet sind, dass die Erledigung unvorhergesehen und unabhängig von der Regelungsintention der Behörde eintritt (vgl. Ruffert, BayVBl. 2003, S. 33, 36). Vorliegend war jedoch bereits zum Zeitpunkt des Erlasses des Genehmigungsbescheids vom 3. April 1991 bekannt, dass das Belegungsrechtsgesetz am 31. Dezember 1995 außer Kraft treten würde (vgl. Anlage II, Kap. XIV, Abschn. III des Einigungsvertrages vom 31. August 1990, BGBl. II S. 889, 1230), so dass keine unvorhergesehene Änderung der Rechtslage vorliegt. Der Umstand, dass bereits im Einigungsvertrag verbindlich bestimmt war, dass das Belegungsrechtsgesetz nur noch bis zum 31. Dezember 1995 galt, hätte erwarten lassen, dass die den Genehmigungsbescheid erlassende Behörde die der Klägerin erteilte Genehmigung entsprechend befristet hätte, wenn diese zu dem genannten Zeitpunkt ohne Aufhebung hätte entfallen sollen. Dies gilt erst recht, da zum Zeitpunkt des Erlasses des Genehmigungsbescheides die Zweckentfremdungsverbot-Verordnung im Ostteil Berlins bereits galt. Letzteres legt es nahe, dass die erteilte Genehmigung zur Zweckentfremdung von Wohnraum von vornherein Geltung auch über den 31. Dezember 1995 hinaus haben sollte.

b) Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass Nebenbestimmungen ohne Grundbescheid "keine eigene Daseinsberechtigung" hätten. Da der Genehmigungsbescheid vom 3. April 1991 entsprechend dem zuvor Gesagten über den 31. Dezember 1995 hinaus Wirkung hatte, bestand ein Verwaltungsakt, mit dem die angefochtenen Zahlungsauflagen verbunden werden konnten. Insoweit überzeugt auch die nicht weiter erläuterte Schlussfolgerung der Klägerin in diesem Zusammenhang, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts stehe im Widerspruch zu dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. November 1979 (- BVerwG 3 C 103.79 -, Juris), bereits im Ansatz nicht. Im Übrigen bezog sich das zitierte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts nicht auf die Voraussetzungen für den Erlass einer Auflage, sondern auf die Frage, wie es sich bei einem der Anfechtung unterliegenden belastenden Verwaltungsakt ohne Dauerwirkung auswirkt, wenn eine nachträgliche Rechtsänderung ohne rückwirkende Kraft auch bereits vorher verwirklichte Sachverhalte erfasst (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 29. November 1979 - BVerwG 3 C 103.79 -, Juris Rn. 72 ff.). Inwiefern diese Frage im vorliegenden Zusammenhang erheblich sein soll, ergibt sich aus dem schlichten Hinweis der Klägerin auf das zitierte Urteil nicht.

c) Soweit die Klägerin ferner geltend macht, dass für die angefochtenen Auflagen keine Rechtsgrundlage bestanden habe, da das Belegungsrechtsgesetz zum Zeitpunkt ihres Erlasses nicht mehr gültig gewesen sei, begründet dies ebenfalls keine ernstlichen Zweifel i. S. v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Das Verwaltungsgericht hat in Art. 6 § 1 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes zur Verbesserung des Mietrechts und zur Begrenzung des Mietanstiegs sowie zur Regelung von Ingenieur- und Architekturleistungen - MRVerbG - und § 2 Abs. 7 bzw. Abs. 6 der 2. ZwVbVO zutreffend eine hinreichende gesetzliche Grundlage für die Bemessung der Ausgleichszahlungen gesehen. Dies steht entgegen der Auffassung der Klägerin nicht im Widerspruch dazu, dass ihr eine Zweckentfremdungsgenehmigung auf der Grundlage des Art. 6 § 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 MRVerbG ursprünglich nicht erteilt worden war. Es spricht bereits vieles dafür, dass eine "Genehmigung" i. S. v. § 2 Abs. 7 2. ZwVbVO auch eine solche ist, die auf der Grundlage des Belegungsrechtsgesetzes erteilt worden war. Das Belegungsrechtsgesetz entsprach vom Regelungsgehalt her auch der späteren 2. ZwVbVO. Das ergibt sich aus Folgendem:

Das Belegungsrechtsgesetz war an die Stelle der Verordnung über die Lenkung des Wohnraumes vom 16. Oktober 1985 (GBl. DDR I S. 301) getreten. Zweck des Belegungsrechtsgesetzes war es, die Entwicklung eines Wohnungsmarktes einzuleiten und Freiräume für individuelle und unternehmerische Initiativen zu schaffen (vgl. Bellinger, in: Fischer-Dieskau/Pergande/Schwender, Wohnungsbaurecht, Bd. 3. 1, BelBindG Einführung 1.). Es galt entsprechend nur für kommunale bzw. volkseigene und genossenschaftliche Wohnungen und nicht für Wohnungen im privaten Eigentum (§ 1 Abs. 1 BelegG, Anlage II, Kap. XIV, Abschn. III des Einigungsvertrages vom 31. August 1990, BGBl. II S. 889, 1230). Es war anders als das Wohnungsbindungsgesetz entsprechend dem von der Klägerin zitierten Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Februar 1975 (- 2 BvL 5.74 -, NJW 1975, 727) nicht darauf beschränkt sicherzustellen, dass von mit bestimmten öffentlichen Mitteln gefördertem Wohnraum nur ein dem Förderungszweck entsprechender Gebrauch gemacht wird. Das Belegungsrechtsgesetz enthielt insoweit nicht ausschließlich wohnungsbindungsrechtliche Bestimmungen und war keinesfalls nur Vorläufer des Wohnungsbindungsgesetzes. Es enthielt vielmehr Besonderheiten (so schon BT-Drucks. 11, 175). Das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum in § 9 BelegG sollte - vergleichbar dem Zweck des allgemeinen Wohnraumzweckentfremdungsverbots - auch dazu dienen, die Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen versorgen zu können, nachdem der Wohnungsmarkt für Wohnungen im privaten Eigentum geöffnet war. Das Gesetz bot in Gebieten mit erhöhtem Wohnungsbedarf eine Grundlage für Belegungsrechte an kommunalen bzw. volkseigenen und genossenschaftlichen Wohnungen (§ 2 BelegG). Die Wohnberechtigung war zudem nicht an bestimmte Einkommensgrenzen gebunden, wie es die Zweckrichtung des Wohnungsbindungsgesetzes bedingt. Wohnberechtigt war vielmehr jeder volljährige Wohnungssuchende (§ 5 BelegG). Das Gesetz galt darüber hinaus für Wohnungen im Kommunal - bzw. Volkseigentum unabhängig davon, ob die Wohnungen tatsächlich mit öffentlichen Mitteln gefördert worden waren (§ 1 Abs. 1 1. Spiegelstrich BelegG, Anlage II, Kap. XIV, Abschn. III des Einigungsvertrages vom 31. August 1990, BGBl. II S. 889, 1230). Da die Genehmigung der Zweckentfremdung von Wohnraum nach dem Belegungsrechtsgesetz auch keinen geringeren Anforderungen unterlag als die Zweckentfremdungsgenehmigung nach der in Ostberlin ab dem 3. Oktober 1990 geltenden Zweckentfremdungsverbot-Verordnung (vgl. §§ 9 Abs. 3 BelegG, 2 Abs. 1 Satz 1 2. ZwVbVO), liegt die Annahme nahe, dass die der Klägerin erteilte Genehmigung nach dem Außerkrafttreten des Belegungsrechtsgesetzes einer Genehmigung nach der 2. ZwVbVO ohne weiteres entsprach. Auch der Wortlaut des Art. 6 MRVerbG § 3 i. d. F. des Gesetzes vom 24. August 1993 (BGBl. I S. 1525) begründet insoweit keine überzeugenden Zweifel. Er macht in Bezug auf die Einschränkungen des Wohnungsmarktes durch das Belegungsrechtsgesetz lediglich deutlich, dass diese unabhängig von der Möglichkeit gelten, eine Rechtsverordnung gem. Art. 6 § 1 MRVerbG zu erlassen.

Auch abgesehen davon, dass die Genehmigung der Klägerin vom 3. April 1991 nach dem Ausgeführten eine solche nach Maßgabe von § 2 Abs. 7 der 2. ZwVbVO sein dürfte, bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils. Das Gericht und die Behörde sind grundsätzlich nicht gehindert, andere Rechtsgründe, als sie die Verwaltungsbehörde bei Erlass eines Bescheides angegeben hat, einem Verwaltungsakt zu Grunde zu legen, sofern aus der Sicht dieser anderen Rechtsgründe an dem Spruch des Verwaltungsakts etwas Wesentliches nicht geändert zu werden braucht (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteile vom 4. Juni 1993 - BVerwG 8 C 55.91 -, Juris Rn. 11, und vom 19. August 1988 - BVerwG 8 C 29.87 -, Juris Rn. 13; Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., § 113 Rn. 63 ff). Vorliegend war es danach möglich, den Genehmigungsbescheid jedenfalls nachträglich auf Art. 6 § 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 MRVerbG, §§ 1 Abs. 1 Satz 2, 2 Abs. 1 Satz 1 2. ZwVbVO zu stützen. Die Behörde hat von dieser Möglichkeit in hinreichender Weise Gebrauch gemacht. Sie hat die Klägerin mit dem angefochtenen Bescheid vom 6. Januar 1997 darauf hingewiesen, ihre zweckentfremdete Wohnung unterliege "nach dem Auslaufen des BLRG nunmehr der Zweiten Verordnung über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (2. Zweckentfremdungsverbot - Verordnung - 2. ZwVbVO - vom 15. März 1994, GVBl. S. 91)." Eine Wesensänderung erfuhr der Bescheid vom 3. April 1991 dadurch nicht. Das Verwaltungsgericht hat insofern zutreffend darauf hingewiesen, dass das allgemeine Zweckenfremdungsverbot auch die vormals nach § 9 BelegG genehmigungspflichtigen Sachverhalte erfasst (vgl. dazu Böhle, Zweckentfremdung von Wohnraum Rn. 130) und die der Klägerin erteilte Genehmigung im Tenor dasselbe ausspricht, was auch Inhalt einer Zweckentfremdungsgenehmigung nach der Zweckentfremdungsverbot-Verordnung gewesen wäre. Eine von der Klägerin unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Oktober 1979 (- BVerwG 5 C 12.79 -, Juris). angenommene Verpflichtung des Beklagten, keine Rechte mehr aus dem Genehmigungsbescheid vom 3. April 1991 abzuleiten, bestand unter den gegebenen Umständen nicht.

Soweit die Klägerin darauf hinweist, die Behörde hätte prüfen müssen, ob die streitgegenständlichen Räume dem Verbot der Zweckentfremdung der 2. ZwVbVO unterfielen und sie im Rahmen eines entsprechenden Genehmigungsverfahrens anhören müssen, waren ihre Interessen hinreichend durch den Hinweis der Behörde auf die aktuelle Rechtsgrundlage der Genehmigung berücksichtigt (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., § 113 Rn. 63). Dieser ermöglichte es der Klägerin, die zweckfremde Nutzung im Hinblick auf die Rechtsansicht des Beklagten zu beenden oder Ersatzwohnraum anzubieten.

Der Vollständigkeit halber sei schließlich darauf hingewiesen, dass der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide das Fehlen einer Zweckentfremdungsgenehmigung nach der 2. ZwVbVO auch dann nicht entgegen stehen würde, wenn die Grenzen der Zulässigkeit des Auswechselns von Rechtsgründen überschritten wären. Ein Nachschieben von Gründen, durch das die Identität des Verwaltungsakts in Frage gestellt wird, ist i. d. R. als Neuerlass zu werten (vgl. Schenke, VerwArch 1999, 248, 262 m. w. Nachw.). Dem entspräche es, vorliegend jedenfalls mit dem Auswechseln der Rechtsgrundlage durch die Behörde (Bescheid vom 6. Januar 1997) den Erlass einer Zweckentfremdungsgenehmigung nach der 2. ZwVbVO zu sehen.

d) Ernstliche Zweifel i. S. v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO begründet schließlich nicht die Annahme der Klägerin, die Wohnraumeigenschaft der streitgegenständlichen Räume sei auf Grund ihrer Nutzung als Zahnarztpraxis während der Geltungsdauer des Belegungsrechtsgesetzes aufgehoben worden. Unter den zweckentfremdungsrechtlichen Wohnraumbegriff fallen diejenigen Räume, die geeignet und bestimmt sind, auf Dauer bewohnt zu werden (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 3. Oktober 1990 - BVerwG 8 B 129.90 -, Juris Rn. 2). Für eine Ausgliederung aus dem Wohnungsbestand von Wohnräumen ist es erforderlich, dass sie dauerhaft anderen als Wohnzwecken zugeführt werden (vgl. OVG Berlin, Beschluss vom 8. Dezember 1998 - 5 N 21.98 -, S. 2 des Entscheidungsabdrucks; Böhle, a. a. O. Rn. 40, vgl. zur Umwidmung von Gewerberaum in Wohnraum auch Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 7. September 1984 - BVerwG 8 C 48.83 -, Juris Rn. 13 ). Das Verwaltungsgericht hat insoweit zutreffend darauf hingewiesen, dass die Zweckentfremdungsgenehmigung vom 3. April 1991 nicht die dauerhafte Entwidmung der Wohnung erlaubte, sondern an die Dauer des Mietverhältnisses gebunden war und die Klägerin verpflichtet war, die Eignung der Wohnung zu Wohnzwecken nach Beendigung der zweckfremden Nutzung wieder herzustellen. Die insoweit allein maßgeblichen Ausführungen der Klägerin (vgl. § 124 a Abs. 5 Satz 2 VwGO) haben sich mit diesen Gründen der Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht auseinandergesetzt. Ihr Hinweis, für die streitgegenständlichen Räume sei eine unbefristete Baugenehmigung zu Praxiszwecken erteilt worden und die Räume seien vor dem Außerkrafttreten des Belegungsrechtsgesetzes subjektiv zu anderen als Wohnzwecken bestimmt gewesen, lässt die von dem Verwaltungsgericht berücksichtigte Befristung der Zweckentfremdungsgenehmigung sowie die Verpflichtung der Klägerin, die Eignung der streitgegenständlichen Räume zu Wohnzwecken nach Beendigung des Mietverhältnisses wieder herzustellen, unberührt. Ihr Einwand, das Mietrechtsverbesserungsgesetz bezwecke lediglich den Bestandsschutz von Wohnraum, steht der Begründung des Verwaltungsgerichts für die Annahme, dass die streitgegenständlichen Räume zum geschützten Wohnungsbestand gehörten, bereits im Ansatz nicht entgegen.

2. Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) ist ebenfalls nicht gegeben. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn sie eine für das erstrebte Rechtsmittelverfahren erhebliche Rechtsfrage aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit oder Fortbildung des Rechts obergerichtlicher Klärung bedarf (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 21. März 1995 - BVerwG 1 B 211.94 -). Eine solche Rechtsfrage zeigt die Antragsschrift nicht auf. Die von der Klägerin für grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO gehaltene Frage, ob nach dem Wegfall des Belegungsrechtsgesetzes bis dahin nicht rückgewidmeter zweckentfremdeter Wohnraum dem in § 1 Abs. 1 2. ZwVbVO geregelten allgemeinen Zweckentfremdungsverbot und dem dort normierten Genehmigungsvorbehalt unterfalle, ist entsprechend den u. a. vom Oberverwaltungsgericht Berlin aufgestellten Voraussetzungen für eine Umwidmung von Wohnräumen ohne weiteres zu beantworten (siehe oben 1. c).

Die Sache hat auch im Übrigen keine grundsätzliche Bedeutung. Die Frage, ob auf der Grundlage des Belegungsrechtsgesetzes erteilte Zweckentfremdungsgenehmigungen zum 1. Januar 1996 unwirksam geworden sind, lässt sich zum einen anhand des Gesetzes und der zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 43 Abs. 2 VwVfG beantworten (siehe oben 1. a). Zum anderen kommt es vorliegend auf die Frage nicht an, da jedenfalls in der Mitteilung des Beklagten, dass die Zweckentfremdungsgenehmigung vom 3. April 1991 mit dem Außerkrafttreten des Belegungsrechtsgesetzes auf der 2. ZwVbVO beruhe, eine Zweckentfremdungsgenehmigung nach der 2. ZwVbVO zu sehen wäre (siehe oben 1. c). Zumindest aus diesem Grund stellt sich auch die weitere von der Klägerin aufgeworfene Frage nicht, ob Ausgleichsabgabenbescheide auf der Grundlage der 2. ZwVbVO erlassen werden durften, wenn ein Grundgenehmigungsbescheid nach dem Belegungsrechtsgesetz erteilt worden war.

3. Soweit sich die Klägerin auch auf den Zulassungsgrund der Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) beruft, hat sie dazu über ihre unter vorstehend 1. gewürdigten Ausführungen hinaus Weiteres nicht geltend gemacht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2, § 47 Abs. 1 und 3 des Gerichtskostengesetzes - GKG -.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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