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Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 19.04.2007
Aktenzeichen: OVG 5 S 15.07
Rechtsgebiete: VwGO, StVG, FeV
Vorschriften:
VwGO § 146 Abs. 4 Satz 3 | |
StVG § 3 Abs. 1 Satz 1 | |
FeV § 46 Abs. 1 |
OVG 5 S 15.07
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 5. Senat durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Wolnicki, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Ehricke und den Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Raabe am 19. April 2007 beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 28. Juli 2006 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Beschwerde trägt der Antragsteller.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 2 500 EUR festgesetzt.
Gründe:
Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO muss die Beschwerdebegründung u.a. die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe (vgl. Satz 6 der Vorschrift). Auf der danach allein maßgeblichen Grundlage der Beschwerdebegründung besteht für eine Änderung des angefochtenen Beschlusses kein Anlass.
Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass die unter dem 2. März 2006 verfügte, auf § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 FeV gestützte Entziehung der Fahrerlaubnis und die zugleich getroffenen Nebenentscheidungen (Abgabe des Führerscheins und Zwangsgeldandrohung) bei summarischer Prüfung offensichtlich rechtmäßig seien, weil der Antragsteller erheblich bzw. wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften verstoßen habe. Ausweislich des Verwaltungsvorgangs des Antragsgegners habe der Antragsteller mit insgesamt vier Kraftfahrzeugen seit dem Jahr 2000 zahlreiche Verkehrsverstöße - insbesondere Parkverstöße und Verstöße gegen die Gurtpflicht - begangen. Zuletzt habe der Antragsteller im Jahr 2004 insgesamt 38 Verkehrsverstöße - 34 Parkverstöße, 4 Verstöße gegen die Gurtpflicht - begangen, von denen zwei - ein Parkverstoß, ein Verstoß gegen die Gurtpflicht - in das Verkehrszentralregister eingetragen worden seien, und im Jahr 2005 weitere 31 Parkverstöße; in das Verkehrszentralregister seien noch weitere drei Verstöße gegen die Gurtpflicht aus dem Jahre 2003 eingetragen worden. Die zum Teil in dichter zeitlicher Abfolge und beharrlich begangene Missachtung von Park- und Halteverboten - 65 aktenkundige Parkverstöße in zwei Kalenderjahren - rechtfertige bereits für sich genommen die Annahme, dass der Antragsteller zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet sei. Die hiergegen sowie gegen die weiteren Ausführungen des Verwaltungsgerichts vorgebrachten Einwände des Antragstellers greifen nicht durch.
Der Antragsteller macht zunächst geltend, es sei auf den vorliegenden Fall bezogen nicht nachvollziehbar, inwieweit sich das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung aus der erhöhten Gefahr im Straßenverkehr ergebe, die von nicht geeigneten Kraftfahrern ausgehe. Es gehe vorliegend in erster Linie um Parkverstöße, die sich in einem Parkverbotsbereich ereignet hätten, in dem das Parken zum Zwecke des Be- und Entladens gestattet sei. Er sei Inhaber eines am Vorfallsort befindlichen Fernsehgeschäfts; seine Berufstätigkeit sei zwangsläufig mit einer täglichen Be- und Entladetätigkeit verbunden. Selbst wenn er sein Fahrzeug "nicht immer sogleich" nach Beendigung der Be- und Entladetätigkeit wieder weggefahren haben sollte, erschienen die Parkverstöße doch in einem anderen Licht; ein Gefährdungspotential sei hierin nicht zu erkennen. Dieser Sicht der Dinge kann nicht gefolgt werden. Denn die Hartnäckigkeit, mit der der Antragsteller gegen Parkvorschriften verstößt, ist auch im Hinblick auf sein Verhalten im fließenden Verkehr aussagekräftig (vgl. entspr. etwa OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18. Januar 2006 - 16 B 2137/05 -, juris). Soweit er sein Verhalten unter Hinweis darauf zu verharmlosen versucht, dass es sich hier "in erster Linie" um Parkverstöße gehandelt habe, die sich in einem Parkverbotsbereich ereignet hätten, in dem das Parken zum Zwecke des Be- und Entladens gestattet sei, setzt er sich entgegen § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO schon nicht mit den weiteren Ausführungen des Verwaltungsgerichts auseinander, denen zufolge das Fahrzeug in den fraglichen Fällen jeweils mindestens 10 Minuten beobachtet worden sei, ohne dass eine Ladetätigkeit erkennbar gewesen sei, und wonach der Antragsteller in den Jahren 2004 und 2005 insgesamt 18 Mal, also in einer erheblichen Zahl der Fälle, auf Sonderfahrstreifen, Sperrflächen, dem Gehweg oder im Kreuzungsbereich geparkt habe.
Soweit der Antragsteller im Weiteren geltend macht, dass das Verwaltungsgericht mit seiner Entscheidung den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verletzt habe, greift auch das nicht durch. Zwar ist in der Rechtsprechung geklärt, dass die durch die Nichterfassung im Verkehrszentralregister dem Bagatellbereich zuzurechnenden Verkehrsordnungswidrigkeiten grundsätzlich bei der Prüfung der Fahreignung außer Betracht zu bleiben haben (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 18. Mai 1973 - VII C 12.71 -, BVerwGE 42, 206, 207); ebenso ist jedoch geklärt, dass es von diesem Grundsatz Ausnahmen gibt. Eine solche Ausnahme hat das Bundesverwaltungsgericht angenommen, wenn der Inhaber der Fahrerlaubnis die Rechtsordnung über den ruhenden Verkehr nicht anerkennt, und ausgeführt, dass ein Kraftfahrer, der offensichtlich nicht willens ist, auch bloße Ordnungsvorschriften, die im Interesse eines geordneten, leichten und ungefährdeten Verkehrs geschaffen sind, einzuhalten, und der solche Vorschriften hartnäckig missachtet, wenn dies seinen persönlichen Interessen entspricht, zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht geeignet ist (BVerwG, Beschluss vom 15. November 1976 - VII B 121.76 -, DÖV 1977, 602, 603; s. ferner OVG Lüneburg, Beschluss vom 2. Dezember 1999 - 12 M 4307/99 u. 4601/99 -, NJW 2000, 685; OVG Berlin, Beschluss vom 28. April 2005 - 1 S 8.04 -, S. 4 des Beschlussabdrucks; OVG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 25. Oktober 2005 - 1 S 96.05 -, S. 6 des Beschlussabdrucks, und vom 21. September 2006 - 1 S 47.06 -, S. 4 des Beschlussabdrucks; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18. Januar 2006, a.a.O.). So liegt es im Falle des Antragstellers. Die von dem Verwaltungsgericht aufgezeigten, vorstehend genannten Verkehrsverstöße - u.a. 65 Parkverstöße in zwei Kalenderjahren - machen deutlich, dass der Antragsteller die Rechtsordnung über den ruhenden Verkehr nicht anerkennt und offensichtlich auch bloße Ordnungsvorschriften hartnäckig missachtet; nach der Rechtsprechung kann bereits eine deutlich geringere als die bei dem Antragsteller zu verzeichnende Anzahl von Verstößen gegen den ruhenden Verkehr geeignet sein, eine Fahrerlaubnisentziehung zu tragen bzw. mitzutragen (s. etwa OVG Berlin, Beschluss vom 28. April 2005, a.a.O.: 60 Verstöße innerhalb von zehn Monaten; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21. September 2006, a.a.O.: etwa 35 Verstöße in gut vier Jahren; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18. Januar 2006, a.a.O.: 27 Verstöße innerhalb von zwei Jahren). Soweit der Antragsteller in diesem Zusammenhang auf ein angebliches Tolerieren anderer Verkehrsverstöße - Parken "in zweiter Spur" - hinweist, gibt dies für die Bewertung seines Falles nichts her, weil nicht aufgezeigt ist, in welchen Fällen mit welcher Häufigkeit die genannten Verstöße anderer Verkehrsteilnehmer im Einzelnen angeblich toleriert werden bzw. worden sind; im Übrigen würde auch dies nicht dazu berechtigen, Verkehrsverstöße zu begehen. Soweit der Antragsteller schließlich hervorhebt, er sei zur Ausübung seines Berufes auf die Fahrerlaubnis zwingend angewiesen, hat bereits das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt, dass (auch) das berufliche Interesse des Antragstellers gegenüber dem Schutz der Allgemeinheit vor ungeeigneten Fahrzeugführern zurücktreten müsse; im Übrigen berechtigt auch die Ausübung der Berufstätigkeit nicht zum Verstoß gegen straßenverkehrsrechtliche Vorschriften. Darauf, ob - wie der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 9. November 2006 ausgeführt hat - der Antragsteller zwischenzeitlich zwei Mal wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis aufgefallen ist, kommt es nach alledem nicht an.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Ende der Entscheidung
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