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Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 14.03.2007
Aktenzeichen: OVG 5 S 21.07
Rechtsgebiete: VwGO, StVG, FeV
Vorschriften:
VwGO § 146 Abs. 4 Satz 3 | |
StVG § 3 Abs. 1 Satz 1 | |
StVG § 25a | |
FeV § 46 Abs. 1 |
OVG 5 S 21.07
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 5. Senat durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Wolnicki, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Ehricke und den Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Raabe am 14. März 2007 beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 11. Juli 2006 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Beschwerde trägt der Antragsteller.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 2.500 EUR festgesetzt.
Gründe:
Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO muss die Beschwerdebegründung u.a. die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe (vgl. Satz 6 der Vorschrift). Auf der danach allein maßgeblichen Grundlage der Beschwerdebegründung besteht für eine Änderung des angefochtenen Beschlusses kein Anlass.
Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass die unter dem 29. März 2006 verfügte, auf § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 FeV gestützte Entziehung der Fahrerlaubnis und die zugleich getroffenen Nebenentscheidungen (Abgabe des Führerscheins und Zwangsgeldandrohung) bei summarischer Prüfung offensichtlich rechtmäßig seien, weil der Antragsteller erheblich bzw. wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften verstoßen habe. Der Antragsgegner habe die Ungeeignetheit des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen zutreffend aus den für ihn im Verkehrszentralregister eingetragenen Verkehrsverstößen sowie daraus hergeleitet, dass im Zeitraum von März 2004 bis Februar 2006 insgesamt 45 Verstöße gegen Bestimmungen des ruhenden Verkehrs geahndet worden seien. Weiter hat das Verwaltungsgericht darauf abgestellt, dass zwischenzeitlich weitere Verstöße des Antragstellers in Gestalt von allein drei Geschwindigkeitsüberschreitungen binnen 11 Tagen im Januar 2006 bekannt geworden seien, die mit dem angefochtenen Bescheid noch nicht berücksichtigt gewesen seien, sowie darauf, dass die am 4. Oktober 2004 gegenüber dem Antragsteller ausgesprochene Verwarnung sich in der Zwischenzeit als völlig wirkungslos erwiesen habe. Die hiergegen sowie gegen die weiteren Ausführungen des Verwaltungsgerichts vorgebrachten Einwände des Antragstellers greifen nicht durch.
Soweit der Antragsteller zunächst geltend macht, neben einer offensichtlichen Rechtmäßigkeit des fraglichen Bescheides müsse ein besonderes Vollzugsinteresse hinzutreten, um eine Anordnung der sofortigen Vollziehung zu rechtfertigen, verkennt er, dass bei Maßnahmen der Gefahrenabwehr die den Erlass des Verwaltungsakts rechtfertigenden Gründe in der Regel - und so auch hier - zugleich die Dringlichkeit der Vollziehung belegen (s. zur Fahrerlaubnisentziehung bereits Beschluss des Senats vom 2. März 2007 - OVG 5 S 7.07 -, S. 2 des Beschlussabdrucks). Im Übrigen hat der Antragsgegner in seinem Bescheid vom 29. März 2006 hinreichend deutlich gemacht, dass sich ein besonderes Vollzugsinteresse aus der von dem Antragsteller ausgehenden Gefahr für die Sicherheit des Straßenverkehrs ergebe; wiewohl es mit Blick auf die bloße Warnfunktion des Begründungserfordernisses für die Anordnung der sofortigen Vollziehung (§ 80 Abs. 3 VwGO) darauf letztlich nicht ankommt, ist diese Begründung entgegen der Ansicht des Antragstellers auch in der Sache nicht zu beanstanden. Denn die Hartnäckigkeit, mit der der Antragsteller vorliegend gegen Parkvorschriften verstoßen hat, ist auch im Hinblick auf sein Verhalten im fließenden Verkehr aussagekräftig (vgl. entspr. etwa OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18. Januar 2006 - 16 B 2137/05 -, juris); die von dem Antragsteller im fließenden Verkehr begangenen Geschwindigkeitsüberschreitungen unterstreichen dies noch. Soweit die Beschwerde weiter geltend macht, das Verwaltungsgericht bleibe "jede Begründung schuldig, weshalb 45 Parkverstöße dem Antragsteller anzulasten seien, obwohl der Verursacher gerade nicht festgestellt werden konnte und die Verfahren mit Kostenbeschlüssen nach § 25a StVG [Anm.: Kostentragungspflicht des Halters bei Nichtfeststellbarkeit des Kraftfahrzeugführers] endeten", verkennt der Antragsteller die Darlegungsobliegenheiten des Beschwerdeführers im verwaltungsgerichtlichen Beschlussverfahren, wonach er im Einzelnen darzulegen hat, warum die erstinstanzliche Entscheidung nicht richtig sein soll (§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO); folglich hätte er hier im Einzelnen vortragen müssen, welcher genau bezeichnete Verkehrsverstoß nicht von ihm selbst, sondern von Dritten begangen worden sein soll. Unabhängig davon erweist sich im Übrigen auch derjenige als ungeeignet, der als Halter eines Kraftfahrzeuges durch zahlreiche ihm zugehende Bußgeldbescheide erfährt, dass Personen, die sein Fahrzeug benutzen, laufend gegen Verkehrsvorschriften verstoßen, und der dagegen nichts unternimmt (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 1976 - VII C 57.75 -, DÖV 1977, 602, 603). Die Beschwerde greift auch nicht durch, soweit der Antragsteller geltend macht, die festgestellten und registrierten Verstöße, die im Übrigen (lediglich) im Verwarnungsgeldbereich zu ahnden und nicht eintragungsfähig gewesen seien, könnten die Annahme einer charakterlichen Nichteignung nicht tragen. Zwar ist in der Rechtsprechung geklärt, dass die durch die Nichterfassung im Verkehrszentralregister dem Bagatellbereich zuzurechnenden Verkehrsordnungswidrigkeiten grundsätzlich bei der Prüfung der Fahreignung außer Betracht zu bleiben haben (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 18. Mai 1973 - VII C 12.71 -, BVerwGE 42, 206, 207); ebenso ist jedoch geklärt, dass es von diesem Grundsatz Ausnahmen gibt. Eine solche Ausnahme hat das Bundesverwaltungsgericht angenommen, wenn der Inhaber der Fahrerlaubnis die Rechtsordnung über den ruhenden Verkehr nicht anerkennt, und ausgeführt, dass ein Kraftfahrer, der offensichtlich nicht willens ist, auch bloße Ordnungsvorschriften, die im Interesse eines geordneten, leichten und ungefährdeten Verkehrs geschaffen sind, einzuhalten, und der solche Vorschriften hartnäckig missachtet, wenn dies seinen persönlichen Interessen entspricht, zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht geeignet ist (BVerwG, Beschluss vom 15. November 1976, a.a.O.; s. ferner OVG Lüneburg, Beschluss vom 2. Dezember 1999 - 12 M 4307/99 u. 4601/99 -, NJW 2000, 685; OVG Berlin, Beschluss vom 28. April 2005 - 1 S 8.04 -, S. 4 des Beschlussabdrucks; OVG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 25. Oktober 2005 - 1 S 96.05 -, S. 6 des Beschlussabdrucks, und vom 21. September 2006 - 1 S 47.06 -, S. 4 des Beschlussabdrucks; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18. Januar 2006, a.a.O.). So liegt es im Falle des Antragstellers. 45 Verstöße gegen Bestimmungen des ruhenden Verkehrs innerhalb von gerade knapp zwei Jahren machen deutlich, dass er die Rechtsordnung über den ruhenden Verkehr nicht anerkennt und offensichtlich auch bloße Ordnungsvorschriften hartnäckig missachtet; nach der Rechtsprechung kann bereits eine deutlich geringere als die bei dem Antragsteller zu verzeichnende Anzahl von Verstößen gegen den ruhenden Verkehr geeignet sein, eine Fahrerlaubnisentziehung zu tragen bzw. mitzutragen (s. etwa OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21. September 2006, a.a.O.: etwa 35 Verstöße in gut vier Jahren; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18. Januar 2006, a.a.O.: 27 Verstöße innerhalb von zwei Jahren). Dass der Antragsteller, wie er mit der Beschwerde weiter geltend macht, etwaige Verstöße wie etwa die Geschwindigkeitsüberschreitungen nicht bemerkt haben will, greift mit Blick auf die ihm bekannt gegebenen Bußgeldbescheide nicht durch. Dass fernerhin die Geschwindigkeitsüberschreitungen "angesichts des Verkehrsflusses im Berliner Stadtverkehr an der Tagesordnung und Folge schlichten Mitfahrens im Kolonnenverkehr" seien, entspricht weder den eigenen Erfahrungen des Senats noch würde dies die Verkehrsverstöße des Antragstellers - zumal in ihrer Häufigkeit - und schon gar nicht die zahlreichen Parkverstöße rechtfertigen können. Soweit der Antragsteller schließlich geltend macht, das sich die Verwarnung vom 4. Oktober 2004 keineswegs als wirkungslos erwiesen habe, weil er sich bis zum Januar 2006 beanstandungsfrei gehalten habe, widerspricht dies dem Verwaltungsvorgang des Beklagten, in dem zahlreiche Verkehrsverstöße des Antragstellers nachgewiesen sind, die dieser allein im Jahre 2005 begangen hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Ende der Entscheidung
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