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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 12.04.2007
Aktenzeichen: OVG 5 S 24.07
Rechtsgebiete: VwGO, StVG, FeV


Vorschriften:

VwGO § 146 Abs. 4 Satz 1
VwGO § 146 Abs. 4 Satz 3
StVG § 3 Abs. 1 Satz 1
FeV § 46 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OVG 5 S 24.07

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 5. Senat durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Wolnicki, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Ehricke und den Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Raabe am 12. April 2007 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 22. August 2006 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Beschwerde trägt der Antragsteller.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 2 600 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO muss die Beschwerdebegründung u.a. die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe (vgl. Satz 6 der Vorschrift). Auf der danach allein maßgeblichen Grundlage der Beschwerdebegründung besteht für eine Änderung des angefochtenen Beschlusses kein Anlass.

Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass die unter dem 26. Mai 2006 verfügte, auf § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 FeV gestützte Entziehung der Fahrerlaubnis und die zugleich getroffenen Nebenentscheidungen (Abgabe des Führerscheins und Zwangsgeldandrohung) und in der Folge die entsprechende Gebührenbescheidung vom 29. Mai 2006 bei summarischer Prüfung offensichtlich rechtmäßig seien, weil der Antragsteller erheblich bzw. wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften verstoßen habe. Die Ungeeignetheit des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen ergebe sich vorliegend aus der für ihn im Verkehrszentralregister eingetragenen Geschwindigkeitsüberschreitung um 36 km/h sowie daraus, dass im Zeitraum Frühjahr 2004 bis Herbst 2005 u.a. 54 Parkverstöße registriert seien. Bereits im Zeitraum 2001/2002 seien 60 Verstöße mit einem Maserati B-M 1222 festgestellt worden, was zeige, dass die Verstöße im Zeitraum 2004/2005 keine neue Entwicklung, sondern die Fortsetzung eines bekannten Verhaltensmusters darstellten, ohne dass durch die zahlreichen Bußgeldverfahren eine Verhaltensänderung habe erreicht werden können. Die hiergegen sowie gegen die weiteren Ausführungen des Verwaltungsgerichts vorgebrachten Beschwerdegründe des Antragstellers greifen nicht durch.

Soweit der Antragsteller geltend macht, dass er "in der ganz überwiegenden Zahl gar keine Kenntnis von Parkverstößen hatte oder hätte haben können" bzw. dass ihm "Anhörungsschreiben oder Bußgeldbescheide ... zu einem großen Teil nicht zugestellt wurden oder nicht werden konnten", verkennt er die Darlegungsobliegenheiten des Beschwerdeführers im verwaltungsgerichtlichen Beschlussverfahren, wonach dieser im Einzelnen darzutun hat, warum die erstinstanzliche Entscheidung nicht richtig sein soll (§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO); folglich hätte er hier im Einzelnen vortragen müssen, von welchem genau bezeichneten, im Verwaltungsvorgang des Antragsgegners dokumentierten Verkehrsverstoß er keine Kenntnis gehabt haben will bzw. in welchen genau bezeichneten Fällen keine wirksame Zustellung erfolgt sein soll, und zwar jeweils unter Angabe der entsprechenden Gründe für die angeblich fehlende Kenntnis bzw. die angeblich nicht erfolgte Zustellung. Soweit er zum letztgenannten Gesichtspunkt mit Schriftsatz vom 27. Februar 2007 - und damit übrigens nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO - ebenfalls nur vage geltend macht, "größtenteils" seien "entsprechende Bescheide ... in einen Hausbriefkasten eingeworfen (worden), der nicht mehr zum Wohnsitz des Antragstellers gehörte und aufgrund der zutreffenden Meldung bei dem Einwohnermeldeamt dem Antragsteller auch nicht mehr zuzurechnen war", ist dies für sich genommen - ohne jede weitere Konkretisierung - ebenfalls zu unsubstantiiert, um die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung in Zweifel zu ziehen. Auch das von dem Antragsteller als Anlage 3 hergereichte Schreiben des Polizeipräsidenten in Berlin vom 3. August 2006 kann nicht als Beleg dafür dienen, dass dem Antragsteller Bescheide "zu einem großen Teil" nicht hätten zugestellt werden können. In dem vorgenannten Schreiben heißt es zu einem Kostenbescheid vom 3. Mai 2006, dass dieser "laut Rechtsprechung als zugegangen" gelte; wie man dem sollte entnehmen können, dass der Antragsgegner - wie es in der Beschwerdebegründung heißt - damit einräume, "eine ordnungsgemäße Bekanntgabe habe nicht stattgefunden", vermag der Senat nicht ansatzweise nachzuvollziehen. Dass der Antragsteller im Übrigen davon habe "ausgehen" können, dass "sein eigenes Fahrverhalten ordnungsgemäß sei", ist deswegen schon im Ansatz verfehlt; derartiges folgt auch unabhängig davon weder aus der - dafür überhaupt nichts hergebenden - als Anlage 1 beigefügten Ausnahmegenehmigung vom 17. März 2005 noch aus dem von dem Antragsteller "beispielhaft" als Anlage 2 hergereichten Einstellungsbescheid vom 11. Juli 2006 zu einem Vorgang vom 25. April 2006. Insbesondere "bestätigt" letzterer dem Antragsteller keineswegs - wie es in der Beschwerde heißt - "sein ordnungsgemäßes Verhalten im ruhenden Verkehr"; der Einstellungsbescheid betrifft lediglich einen (Einzel-) Vorgang, der außerdem noch nicht einmal nicht in den fraglichen Zeitraum fällt, in dem die Parkverstöße begangen wurden, auf die die Behörde die Fahrerlaubnisentziehung gestützt hat (Frühjahr 2004 bis Herbst 2005).

Soweit der Antragsteller unter Bezugnahme auf die von ihm als Anlage 4 hergereichte Verwarnung vom 3. August 2006 und die als Anlage 5 zur Akte gegebene (auf ihn bzw. auf seine Firma lautende) Mietwagenrechnung vom 31. August 2006 fernerhin geltend macht, er selbst habe insoweit keine Fahrzeuge (mehr) geführt und ihm solle "offenkundig jeder mögliche Verkehrsverstoß zugeordnet werden", hat bereits das Verwaltungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass sich auch derjenige als ungeeignet erweist, der als Halter - bzw. hier Mieter - eines Kraftfahrzeuges durch ihm zugehende Bußgeldbescheide erfährt, dass Personen, die sein Fahrzeug benutzen, laufend gegen Verkehrsvorschriften verstoßen, und der dagegen nichts unternimmt (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 1976 - VII C 57.75 -, DÖV 1977, 602, 603); dies entspricht auch der Rechtsprechung des Senats (zuletzt Beschluss vom 3. April 2007 - OVG 5 S 16.07 -, S. 4 des Beschlussabdrucks). Soweit der Antragsteller im Übrigen sinngemäß geltend macht, das Verwaltungsgericht bzw. der Antragsgegner seien zu Unrecht davon ausgegangen, er sei zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet, greift auch dies im Hinblick auf die Vielzahl der dem Antragsteller nach alledem zuzurechnenden Verkehrsverstöße nicht durch. Zwar ist in der Rechtsprechung geklärt, dass die durch die Nichterfassung im Verkehrszentralregister dem Bagatellbereich zuzurechnenden Verkehrsordnungswidrigkeiten grundsätzlich bei der Prüfung der Fahreignung außer Betracht zu bleiben haben (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 18. Mai 1973 - VII C 12.71 -, BVerwGE 42, 206, 207); ebenso ist jedoch geklärt, dass es von diesem Grundsatz Ausnahmen gibt. Eine solche Ausnahme hat das Bundesverwaltungsgericht angenommen, wenn der Inhaber der Fahrerlaubnis die Rechtsordnung über den ruhenden Verkehr nicht anerkennt, und ausgeführt, dass ein Kraftfahrer, der offensichtlich nicht willens ist, auch bloße Ordnungsvorschriften, die im Interesse eines geordneten, leichten und ungefährdeten Verkehrs geschaffen sind, einzuhalten, und der solche Vorschriften hartnäckig missachtet, wenn dies seinen persönlichen Interessen entspricht, zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht geeignet ist (BVerwG, Beschluss vom 15. November 1976 - VII B 121.76 -, DÖV 1977, 602, 603; s. ferner OVG Lüneburg, Beschluss vom 2. Dezember 1999 - 12 M 4307/99 u. 4601/99 -, NJW 2000, 685; OVG Berlin, Beschluss vom 28. April 2005 - 1 S 8.04 -, S. 4 des Beschlussabdrucks; OVG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 25. Oktober 2005 - 1 S 96.05 -, S. 6 des Beschlussabdrucks, und vom 21. September 2006 - 1 S 47.06 -, S. 4 des Beschlussabdrucks; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18. Januar 2006 - 16 B 2137/05 -, juris). So liegt es im Falle des Antragstellers. U.a. 54 Verstöße gegen Bestimmungen des ruhenden Verkehrs innerhalb eines Zeitraums von gerade eineinhalb Jahren machen deutlich, dass er die Rechtsordnung über den ruhenden Verkehr nicht anerkennt und offensichtlich auch bloße Ordnungsvorschriften hartnäckig missachtet; nach der Rechtsprechung kann bereits eine deutlich geringere als die bei dem Antragsteller zu verzeichnende Anzahl von Verstößen gegen den ruhenden Verkehr geeignet sein, eine Fahrerlaubnisentziehung zu tragen bzw. mitzutragen (s. etwa OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21. September 2006, a.a.O.: etwa 35 Verstöße in gut vier Jahren; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18. Januar 2006, a.a.O.: 27 Verstöße innerhalb von zwei Jahren). Dem steht vorliegend auch nicht entgegen, dass dem Antragsteller - wie er mit Schriftsatz vom 27. Februar 2007 geltend macht - durch die Fahrerlaubnisentziehung "ganz erheblicher wirtschaftlicher Schaden" entstanden sei, weil die Sicherheit des Straßenverkehrs und das öffentliche Interesse an der Einhaltung der dem dienenden straßenverkehrsrechtlichen Bestimmungen höher zu bewerten sind.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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