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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 12.04.2006
Aktenzeichen: OVG 6 S 4.06
Rechtsgebiete: SchulG Berlin, SGB VIII


Vorschriften:

SchulG Berlin § 19 Abs. 6
SGB VIII § 5
SGB VIII § 24 Abs. 1
SGB VIII § 24 Abs. 2
Eltern von Grundschulkindern, für die ein Platz in dem ihrer Grundschule angegliederten Hort zur Verfügung steht, haben weder nach § 19 Abs. 6 Berliner SchulG noch nach § 24 Abs. 2 SGB VIII einen Anspruch darauf, dass der öffentliche Träger ein Platzgeld entrichtet, damit die Kinder einen privaten Schulhort besuchen können.

Auch den betroffenen Kindern steht grundsätzlich kein entsprechender Anspruch zu.


Aktenzeichen: OVG 6 S 4.06

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 6. Senat durch ... am 12. April 2006 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 2. Februar 2006 wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens zweiter Instanz.

Gründe:

I.

Die Antragsteller sind die Eltern zweier Grundschulkinder. Der Antragsgegner hat anerkannt, dass die beiden Kinder Sander R. und Michelle G. tagesbetreuungsberechtigt sind. Die Eltern möchten die Kinder - wie im Vorschulalter - in dem von einem Elternverein gegründeten "M----- F----- e.V." (Schülerladen) betreuen lassen. Der Antragsgegner verweist sie auf das ihrer Grundschule angegliederte Angebot zu ergänzender Förderung und Betreuung (schulisches Angebot nach § 19 Abs. 6 SchulG in der Fassung des Kindertagesbetreuungsreformgesetzes vom 23. Juni 2005 - GVBl. S. 322). Ein Kooperationsvertrag nach § 19 Abs. 6 Satz 5 SchulG zur - weiteren - Sicherung eines solchen Angebots ist mit dem privaten Schülerladen nicht abgeschlossen worden.

Die Antragsteller haben bei dem Verwaltungsgericht Berlin Klage erhoben und mit Schriftsatz vom 5. Dezember 2005 beantragt, den Antragsgegner im Wege einstweiliger Anordnung zu verpflichten, die Kosten für die Hortbetreuung ihrer Kinder im Schülerladen (das sogenannte Platzgeld) entsprechend der Rahmenvereinbarung über die Leistungserbringung und Finanzierung der ergänzenden Betreuungsangebote an Grundschulen durch freie Träger der Jugendhilfe (SchulRV), ersatzweise entsprechend dem bis zum 1. August 2005 gültigen Kinder- und Tagesbetreuungsgesetz zu übernehmen. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 2. Februar 2006 abgelehnt. Dagegen wenden sich die Antragsteller mit der Beschwerde.

II.

Die Beschwerde ist unbegründet. Die von den Antragstellern gemäß § 146 Abs. 4 Satz 1 und 3 VwGO dargelegten Gründe, die gemäß Satz 6 dieser Vorschrift allein zu prüfen sind, rechtfertigen die beantragte Änderung der angefochtenen Entscheidung nicht.

Das Verwaltungsgericht hat mit Recht ausgeführt, dass die Eltern der beiden in der Sache als betreuungsbedürftig anerkannten Grundschulkinder keinen Anspruch auf die von ihnen allein beantragte, vom Antragsgegner zu übernehmende Leistung von Platzgeldern an den Schülerladen haben, wie sie die SchulRV in Verbindung mit § 19 Abs. 6 SchulG vorsieht bzw. die vorherige Regelung des § 24 KitaG vorgesehen hat. Einen Zahlungsanspruch des Trägervereins dieser Einrichtung können die Eltern für die Unterbringung ihrer beiden Kinder nicht mit Erfolg geltend machen, auch wenn sie zu den dem Trägerverein angeschlossenen Eltern gehören. Ebenso wenig könnten sie einen Anspruch des Trägervereins auf Abschluss einer die Zahlungspflicht auf ein Platzgeld auslösenden Kooperationsvereinbarung nach der SchulRV in Verbindung mit § 19 Abs. 6 Satz 5 SchulG gerichtlich durchsetzen. Die Rechte des Trägervereins stehen ihnen nicht zu.

Ein Anspruch der Antragsteller auf finanzielle Förderung eines Platzes ihrer schulpflichtigen Kinder in der privaten Einrichtung ergibt sich auch nicht aus den bundesrechtlichen Vorschriften der Kinder- und Jugendhilfe, hier aus § 24 SGB VIII. Diese Vorschrift sieht unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf den Besuch einer Tageseinrichtung vor. Dieser Anspruch steht jedoch nach § 24 Abs. 1 SGB VIII nicht den Eltern, sondern den Kindern selbst zu. Dasselbe gilt für den Anspruch für Schüler der Jahrgangsstufen 1 bis 4 nach § 19 Abs. 6 SchulG.

Auch wenn das Rechtsschutzbegehren der anwaltlich vertretenen Antragsteller dahin ausgelegt werden könnte, dass sie - jedenfalls hilfsweise - als gesetzliche Vertreter Ansprüche ihrer Kinder geltend machen wollen, wäre ein Anordnungsanspruch auf Kostenübernahme für die Unterbringung der Kinder im Schülerladen nicht dargetan. § 24 SGB VIII sieht einen subjektiven Anspruch von Kindern auf Tagesbetreuung nur für die Altersgruppe vom 3. Lebensjahr bis zum Schuleintritt vor (Abs. 1 Satz 1 der Bestimmung). Für Kinder im schulpflichtigen Alter werden in § 24 Abs. 2 SGB VIII in Verbindung mit der Übergangsregelung des § 24 a SGB VIII nur objektivrechtliche Pflichten des öffentlichen Trägers begründet, ein bedarfsgerechtes Angebot an Plätzen in Tageseinrichtungen vorzuhalten. Ein subjektives Recht dieser Kinder folgt daraus nicht (so auch BVerwGE 110, 320, 324 zu einer früheren, in der hier maßgeblichen Regelung jedoch unveränderten Fassung des § 24 SGB VIII). In Betracht kommt nur ein Vergabeermessen des Trägers der Jugendhilfe.

Davon abgesehen ist der Träger der Jugendhilfe auch objektiv nur verpflichtet, Plätze in einer Tageseinrichtung für Schulkinder zur Verfügung zu stellen, soweit ein Bedarf besteht. Wenn dieser Bedarf bereits in anderer Weise - hier vom Schulträger - erfüllt wird, so ist Jugendhilfe grundsätzlich nachrangig (vgl. zum Nachrang § 10 Abs. 1 SGB VIII sowie Wiesner/Mörsberger/Oberloskamp/Struck, SGB VIII, 2. Aufl., § 10 Rdnrn. 1 und 2, Hauck-Mrozynski, SGB VIII, § 10 Rdnr. 3 i.V.m. Rdnr. 19).

Die Kinder der Antragsteller haben Anspruch auf Förderung durch ergänzende Betreuungsangebote nach § 19 Abs. 6 SchulG. Dieser Anspruch wird gemäß Satz 5 dieser Vorschrift - wie hier - durch die öffentliche Schule oder die Bereitstellung eines Platzes bei Trägern der freien Jugendhilfe erfüllt. Ansprüche aus dem mit Art. VIII Abs. 1 S. 2 des Kindertagesbetreuungsreformgesetzes seit dem 1. August 2005 außer Kraft gesetzten Kindertagesbetreuungsgesetz (Fassung vom 4. September 2002, zuletzt geändert durch Gesetz vom 27. Januar 2005, GVBl. S. 92) können weder die Antragsteller noch ihre Kinder im Anordnungszeitraum (Beginn mit der Antragstellung am 6. Dezember 2005) geltend machen.

Besteht nach alledem kein jugendhilferechtlicher Anspruch der Kinder Sander R. und Michelle G., ihnen mit öffentlichen Mitteln den andernfalls etwa gefährdeten Besuch des Schülerladens zu ermöglichen, so ist auch kein Raum für ein Wunsch- und Wahlrecht nach § 5 SGB VIII.

Selbst wenn man in Ergänzung zum Angebot nach dem Schulgesetz von einem Anspruch der Kinder auf gleichmäßige und ermessensgerechte Entscheidung bei der Vergabe von Plätzen nach § 24 Abs. 2 SGB VIII ausginge, so ließe sich hier nicht feststellen, dass das Ermessen des Antragsgegners auf die allein richtige Entscheidung reduziert wäre, ihnen anstelle eines Platzes in dem der Schule angegliederten Hort durch Abschluss einer Kooperationsvereinbarung mit dem privaten Schülerladen und Übernahme eines entsprechenden Geldbetrages einen andernfalls etwa nicht zu sichernden Platz in der privaten Einrichtung zu gewährleisten. Insbesondere hält sich der Antragsgegner mit seiner Entscheidung, nur noch Kinder in dem privaten Schulhort zu fördern, die bereits vor dem Inkrafttreten der Neuregelung dort einen Hortplatz innehatten, in den durch Art. 3 Abs. 1 GG gezogenen Grenzen. Auch aus Art. 6 GG ließe sich kein Anspruch der Eltern oder des jeweiligen Kindes auf Gewährung staatlicher Finanzhilfen für einen privaten Schülerladen bestimmter pädagogischer Prägung herleiten. Ein solcher Anspruch könnte nur gegeben sein, wenn er - anders als hier - aus einfachem Recht folgen würde (BVerwG, Urteil vom 25. Februar 1997 - BVerwG 8 B 24/97 -, Buchholz 415.1 Nr. 140).

Fehlt es nach alledem an der Darlegung eines Anordnungsanspruchs, so ist die Beschwerde mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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