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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 13.09.2005
Aktenzeichen: OVG 60 PV 13.05
Rechtsgebiete: PersVG, BPersVG, KSchG, StellenpoolG, RVG, ZPO


Vorschriften:

PersVG § 44
PersVG § 99 c
BPersVG § 9
BPersVG § 9 Abs. 1
BPersVG § 9 Abs. 2
BPersVG § 9 Abs. 3
BPersVG § 31
BPersVG § 47 Abs. 2
BPersVG § 108
KSchG § 15
KSchG § 15 Abs. 2
KSchG § 16
StellenpoolG § 1 Abs. 2 Satz 1
RVG § 23 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 547 Nr. 1
ZPO § 547 Nr. 2
ZPO § 547 Nr. 3
ZPO § 547 Nr. 4
ZPO § 547 Nr. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERVERWALTUNGSGERICHT BERLIN-BRANDENBURG BESCHLUSS

OVG 60 PV 13.05

In der Personalvertretungssache

hat der 60. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg - Fachsenat für Personalvertretungssachen des Landes Berlin - auf Grund der Sitzung vom 13. September 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Wolnicki, die ehrenamtliche Richterin Dr. Dreher sowie die ehrenamtlichen Richter Steinke, Hundt und Berger

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Der Gegenstandswert wird auf 4.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragsteller machen geltend, dass die Versetzung des Antragstellers zu 2) zum Zentralen Personalüberhangmanagement (Stellenpool) wegen Verletzung von § 44 Personalvertretungsgesetz des Landes Berlin (PersVG) unzulässig sei.

Bei den Personalratswahlen im Jahre 2000, die bei dem Beteiligten stattgefunden haben, kandidierte der Antragsteller zu 2) auf der Liste der Angestellten, die im 11-köpfigen Personalrat sieben Sitze erlangte. Der Antragsteller zu 2) war zunächst vierter und seit dem 1. Januar 2004 dritter Nachrücker. Zwischen dem 11. Februar und zuletzt dem 23. Juni 2004 nahm der Antragsteller zu 2) an insgesamt sieben Sitzungen des gewählten Personalrats als Ersatzmitglied teil.

Mit Schreiben vom 19. Januar 2004 hatte der Beteiligte dem Antragsteller zu 2) mitgeteilt, dass die von ihm innegehabte Stelle einen kw-Vermerk erhalten habe und er von daher dem Zentralen Personalüberhangmanagement (Stellenpool) nach Maßgabe des Stellenpoolgesetzes vom 9. Dezember 2003 (GVBl. S. 589, 604) zugeordnet worden sei. Mit Schreiben vom 26. Februar 2004 hörte der Beteiligte den Antragsteller zu 2) zur beabsichtigten Versetzung an den Stellenpool an. Der Antragsteller zu 2) widersprach dem unter dem 11. März 2004. Mit Schreiben vom 6. April 2004 beteiligte die Dienststelle den Antragsteller zu 1); dieser verweigerte unter Hinweis auf § 44 PersVG seine Zustimmung. Mit Bescheid vom 28. Juni 2004 sprach der Beteiligte die Versetzung des Antragstellers zu 2) aus; der Versetzungsbescheid ging dem Antragsteller zu 2) am 9. Juli 2004 zu.

Am 1. Juli 2004 haben die Antragsteller bei dem Verwaltungsgericht beantragt festzustellen, dass die Versetzung des Antragstellers zu 2) unzulässig sei. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Der Antragsteller zu 2) sei nach dem 23. Juni 2004 - im Zeitpunkt der Versetzung - nicht mehr Ersatzmitglied gewesen. Der Versetzungsschutz nach § 44 PersVG solle die Ausübung des Personalratsamtes sicherstellen, nicht aber den Schutz von vorübergehend als Ersatzmitglieder tätig gewesenen Beschäftigten; dies entspreche der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu den entsprechenden Regelungen im Bundespersonalvertretungsrecht.

Hiergegen richtet sich die rechtzeitig erhobene Beschwerde. Die Antragsteller machen darin geltend, der Versetzungsschutz müsse wenigstens die ersten drei Nachrücker, die Ersatzmitglieder werden könnten, erfassen. Der Arbeitgeber bzw. Dienstherr könne sonst durch Versetzungen in die (mögliche zukünftige) Zusammensetzung des Personalrats eingreifen. Jedenfalls müsse der Versetzungsschutz dann greifen, wenn der betreffende Nachrücker bereits als Ersatzmitglied tätig gewesen sei; gerade wenn der Betreffende besonders engagiert tätig geworden sei, würde der Arbeitgeber durch dessen Versetzung nach Wegfall des Status als Ersatzmitglied ein solches erneutes "hartes Engagement" des Betreffenden verhindern können. Erst recht müsse dies alles mit Blick auf das Stellenpoolgesetz gelten, auf dessen Grundlage in den Jahren 2005 und 2006 etwa 6000 Versetzungen beabsichtigt seien. Im Übrigen zeige die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu einem entsprechenden nachwirkenden Schutz nach § 9 Abs. 3 des Bundespersonalvertretungsgesetzes auch für ehemals tätig gewesene Ersatzmitglieder der Jugendvertretung, dass die mit der Beschwerde geltend gemachte Sicht der Dinge zutreffend sei.

Die Antragsteller beantragen,

unter Änderung des angefochtenen Beschlusses festzustellen, dass die Versetzung des Antragstellers zu 2) zum Zentralen Personalüberhangmanagement wegen Verletzung von § 44 PersVG unzulässig ist.

Der Beteiligte beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Beteiligte tritt dem Beschwerdevorbringen entgegen. Der angefochtene Beschluss sei, wie im Einzelnen weiter ausgeführt ist, rechtmäßig. Eine Erweiterung des Schutzes nach § 44 PersVG auf alle Nachrücker würde eine Nicht-Versetzbarkeit sämtlicher kandidierender Personen zur Folge haben. Im Übrigen unterlägen Versetzungen zum Stellenpool nunmehr den Regularien einer entsprechenden Verwaltungsvorschrift, an die er - der Beteiligte - gebunden sei und die "Versetzungen mit dem auch nur mittelbaren Ziel einer 'Disziplinierung' von Beschäftigten" ausschließe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Beschwerden haben in der Sache keinen Erfolg.

Das Verwaltungsgericht hat zu Recht festgestellt, dass die Versetzung des Antragstellers zu 2) zum Zentralen Personalüberhangmanagement nicht die Zustimmung des Antragstellers zu 1) nach § 44 PersVG vorausgesetzt hat. Nach der genannten Bestimmung dürfen über den Kündigungsschutz nach § 108 BPersVG und § 16 KSchG hinaus Mitglieder des Personalrats gegen ihren Willen nur versetzt und abgeordnet werden, wenn dies auch unter Berücksichtigung der Mitgliedschaft im Personalrat aus wichtigen dienstlichen Gründen unvermeidbar ist und der Personalrat zustimmt. Auf das Vorliegen dieser Voraussetzungen kam es vorliegend nicht an, weil der Antragsteller zu 2) im Zeitpunkt des Ausspruchs der Versetzung durch den am 9. Juli 2004 zugestellten Versetzungsbescheid vom 28. Juni 2004 nicht mehr Mitglied - hier Ersatzmitglied (vgl. § 28 PersVG) - des Personalrats bzw. Antragstellers zu 1) war. Das Bundesverwaltungsgericht hat für die entsprechenden Regelungen in §§ 31, 47 Abs. 2 des Bundespersonalvertretungsgesetzes (BPersVG) festgestellt, dass zu den Mitgliedern des Personalrats zwar auch dessen Ersatzmitglieder zählten; diese seien aus den nicht gewählten Beschäftigten der Vorschlagslisten zu entnehmen, der das zu ersetzende Personalratsmitglied angehöre. Ersatzmitglied des Personalrats werde ein solcher Beschäftigter freilich erst in dem Zeitpunkt, zu dem er für ein gewähltes Mitglied in den Personalrat eintrete, und bleibe dies nur so lange, wie das gewählte Personalratsmitglied, das er ersetze, nicht imstande sei, sein Personalratsamt wieder selbst auszuüben. Mit der Beendigung seiner so zu verstehenden Ersatzmitgliedschaft verliere der Betreffende auch die Stellung eines Ersatzmitgliedes des Personalrats wieder. Er trete danach in den Stand eines auf einer Wahlvorschlagsliste aufgeführten, aber nicht gewählten Beschäftigten zurück, der lediglich die - je nach seinem Listenplatz auf der Wahlvorschlagsliste größere oder geringere - Chance habe, im Fall der (erneuten) Verhinderung oder des Ausscheidens von gewählten Personalratsmitgliedern (wiederum) als Ersatzmitglied in den Personalrat einzutreten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. September 1984 - 6 P 38/83 -, NJW 1985, 2842, 2843).

Diesen erstinstanzlich zutreffend hervorgehobenen Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts folgt der Senat entsprechend auch in Bezug auf das Personalvertretungsrecht des Landes Berlin. Für eine über das Vorgenannte hinausgehende Erstreckung des Schutzes des § 44 PersVG auf ehemals als Ersatzmitglieder tätig gewesene Beschäftigte besteht danach kein Raum. Der Versetzungsschutz nach § 44 PersVG soll die ungestörte Ausübung des Personalratsamtes sicherstellen und den Mitgliedern des Personalrats die für ihre Arbeit notwendige Unabhängigkeit gegenüber dienstlichen Maßnahmen geben, welche sie dauernd oder vorübergehend an der Ausübung ihres Personalratsamtes hindern können; dass der amtierende Personalrat dadurch vor dauernden oder vorübergehenden Änderungen in seiner Zusammensetzung geschützt wird, die der Dienstherr oder Arbeitgeber anderenfalls gegen den Willen der Personalratsmitglieder durchsetzen könnte, ist lediglich eine mittelbare Folge des durch die Vorschrift begründeten Schutzes (vgl. BVerwG, a.a.O.). Die Auffassung der Antragsteller, § 44 PersVG müsse vor der Gefahr schützen, dass der Arbeitgeber durch Versetzungen von - bereits etwa besonders engagiert tätig gewesenen - Nachrückern in die mögliche zukünftige Zusammensetzung des Personalrats eingreifen könne, vermag deswegen nicht durchzugreifen. Der Gefahr, dass ein Arbeitgeber oder Dienstherr bewusst Versetzungen vornimmt, um Einfluss auf die zukünftige Zusammensetzung des Personalrats zu nehmen, kann im Übrigen in gewissem Umfang auch im Rahmen des allgemeinen Beteiligungsverfahrens (vgl. hier § 99 c PersVG, dazu noch nachfolgend) begegnet werden; dabei geht der Senat davon aus, das eine solche bewusste Einflussnahme eines um eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der Personalvertretung bemühten Arbeitgebers oder Dienstherrn ohnehin regelmäßig nicht vorkommen wird und eine solche jedenfalls vorliegend schon deswegen kaum möglich sein wird, weil - wie der Beteiligte ausgeführt hat - Versetzungen zum Stellenpool nunmehr den Regularien einer entsprechenden Verwaltungsvorschrift unterlägen.

Soweit die Antragsteller fernerhin auf einen entsprechenden nachwirkenden Kündigungsschutz nach § 15 Abs. 2 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) auch für Ersatzmitglieder hinweisen, führt auch dies nicht zu einer diesbezüglichen Ausdehnung des Versetzungsschutzes nach § 44 PersVG. Der Gesetzgeber des Personalvertretungsgesetzes hat, wie der Wortlaut der Bestimmung zeigt, gerade § 15 KSchG ausdrücklich erwähnt, so dass er die in Bezug auf die Kündigung eines Mitglieds einer Personalvertretung geltenden Rechtsfolgen des Kündigungsschutzgesetzes vor Augen hatte, ohne entsprechendes auch für den Versetzungsschutz vorzusehen. Im Übrigen greift eine Kündigung weitaus stärker in die Rechte eines Personalratsmitglieds ein als eine bloße Versetzung, so dass bei einer Kündigung auch eine andere Schutzbedürftigkeit gegeben ist als bei einer (bloßen) Versetzung. Anderes ergibt sich schließlich auch nicht daraus, dass das Bundesarbeitsgericht einen nachwirkenden Schutz des Ersatzmitglieds einer Jugendvertretung im Rahmen von § 9 Abs. 3 des Bundespersonalvertretungsgesetzes (BPersVG) vorsieht (vgl. Urteil vom 13. März 1986 - 6 AZR 207/85 -, BAGE 51, 261). Nach § 9 Abs. 1 und 2 BPersVG gilt - kurz gefasst - ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Arbeitgeber und dem Jugend- und Auszubildendenvertreter auf unbestimmte Zeit als begründet, wenn der Jugend- und Auszubildendenvertreter innerhalb bestimmter Fristen ein entsprechendes Übernahmeverlangen an den Arbeitgeber richtet. In diesen Schutz auch ein ehemaliges Ersatzmitglied der Jugendvertretung einzubeziehen mag deswegen gerechtfertigt sein, weil § 9 BPersVG auch einen gewissen Ausgleich dafür schaffen will, dass der Jugendvertreter infolge seines Engagements in der Jugendvertretung sich weniger auf seine Ausbildung hat konzentrieren können als andere Auszubildende, die keine personalvertretungsrechtliche Tätigkeit übernommen haben (vgl. zu diesem Schutzzweck des § 9 BPersVG nur BVerwG, Beschluss vom 17. Mai 2000 - 6 P 9.99 -, PersR 2000, 421, 422); dieser besondere Schutzzweck greift freilich - schon abgesehen von der gegenüber § 44 PersVG andersartigen Rechtsfolge - bei § 44 PersVG nicht.

Schließlich vermag der Versetzungsschutz nach § 44 PersVG auch nicht etwa deswegen zu greifen, weil insoweit - wie von den Antragstellern in der mündlichen Verhandlung zu bedenken gegeben - nicht auf die Versetzung, sondern auf die Zuordnung des Antragstellers zu 2) zum Stellenpool abzustellen wäre. Zwar ist den Antragstellern insoweit zuzugeben, dass sich die Frage der Zuweisung eines Beschäftigten zum Stellenpool der Sache nach nicht erst mit der Versetzung, sondern bereits mit der Zuordnung entscheiden dürfte (vgl. insoweit § 1 Abs. 2 Satz 1 Stellenpoolgesetz einerseits und Satz 3 Stellenpoolgesetz andererseits). Dies ist allerdings dem Gesetzgeber des Personalvertretungsgesetzes nicht verborgen geblieben. Er hat nämlich in Bezug auf das Stellenpoolgesetz mit § 99 c PersVG eine Sondervorschrift geschaffen, der zufolge (bereits) die "Zuordnung" der Dienstkraft zum Personalüberhang der Mitwirkung unterliegt (vgl. § 99 c Abs. 2 Satz 1 PersVG). Von einer darüber hinausgehenden Beteiligung bei der Zuordnung zum Stellenpool hat der Gesetzgeber des Personalvertretungsgesetzes damit bewusst abgesehen und es insbesondere in § 44 PersVG auch mit Blick auf das Stellenpoolgesetz bei der - an die Versetzung anknüpfenden - Zustimmungsbedürftigkeit belassen. Damit hat er bewusst eine Regelung auch gerade in Anbetracht der - wie von den Antragstellern geltend gemacht - für die Jahre 2005 und 2006 anstehenden 6000 Versetzungen zum Stellenpool geschaffen. Ein Anknüpfen nicht an die Versetzung, sondern an die Zuordnung zum Stellenpool hätte im Übrigen jedenfalls im Falle des Antragstellers zu 2) zu keinem anderen Ergebnis in Bezug auf § 44 PersVG geführt, weil dieser erst seit dem 11. Februar 2004 als Ersatzmitglied des Personalrats tätig geworden, seine Zuordnung zum Stellenpool aber schon im Januar 2004 erfolgt war, wie ihm der Beteiligte mit Schreiben vom 19. Januar 2004 mitgeteilt hat.

Die Rechtsbeschwerde war mangels Zulassungsgrundes nicht zu eröffnen.

Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 23 Abs. 2 Satz 2 RVG.

Ende der Entscheidung

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