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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 04.07.2007
Aktenzeichen: OVG 60 PV 3.06
Rechtsgebiete: PersVG


Vorschriften:

PersVG § 79 Abs. 4
PersVG §§ 80 ff.
PersVG § 85 Abs. 2 Nr. 2
PersVG § 85 Abs. 2 Nr. 2, 1. Alternative
PersVG § 85 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alternative
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OVG 60 PV 3.06

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 60. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg - Fachsenat für Personalvertretungssachen des Landes Berlin - auf Grund der Sitzung vom 4. Juli 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Wolnicki sowie die ehrenamtlichen Richter Hennings, Hoffmann, Köchlin und Dr. Hansel beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt die Feststellung, dass der Beteiligte verpflichtet sei, infolge eines Initiativantrags ein Einigungsverfahren bzw. ein Mitbestimmungsverfahren durchzuführen.

Der Beteiligte legt regelmäßig "Richtlinien für die Lehrerstundenzumessung" zur Mitwirkung vor, in denen u.a. Anrechnungs- und Ermäßigungsstunden für besondere Belastungen geregelt sind. Nach Vorlage solcher Richtlinien im Frühjahr 2005 beschloss der Antragsteller am 31. Mai 2005 einen Initiativantrag, wonach unter Ziff. 3.3. ("Allgemeines Entlastungskontingent für alle Schularten") ein weiterer (Entlastungs-)Tatbestand aufgenommen werden sollte, und zwar mit folgendem Wortlaut: "2 % der anerkannten Unterrichtsstunden für Schulentwicklung und Qualitätssicherung"

Zur Begründung heißt es in dem Antrag auszugsweise wie folgt:

"Mit den bildungspolitischen Neuerungen des Schulgesetzes im Zusammenhang von Qualitätssicherung, Evaluation, Profil- und Programmarbeit, Ganztagsschule und flexibler Schulanfang sind eine Reihe von neuen und arbeitsintensiven Aufgaben auf die Lehrkräfte der Berliner Schule zugekommen. Beispielhaft seien hier nur aufgeführt:

...

Diese vielfältigen Belastungen, die in den letzten zwei, drei Jahren und insbesondere seit und durch die Einführung des neuen Schulgesetzes entstanden, sind so differenziert, dass ein zentral und fein geregelter Ausgleich als nicht sinnvoll erscheint. Stattdessen beantragt der Hauptpersonalrat - um flexible und entsprechend den besonderen Bedingungen der Einzelschule entsprechende (Teil-) Ausgleiche zu bewirken - dies als Pool an die Schule zu geben, über den diese nach Maßgabe der von der Gesamtkonferenz ... beschlossenen Grundsätze entscheidet".

Bezug genommen war insoweit auf § 79 Abs. 4 PersVG (Initiativrecht der Personalvertretung) und § 85 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alternative PersVG (Mitbestimmung bei Maßnahmen zur Erleichterung des Arbeitsablaufs).

Der Beteiligte trat dem entgegen; die Durchführung eines Einigungsverfahrens lehnte er ab, weil ein mitbestimmungspflichtiger Tatbestand nicht gegeben sei.

Hierauf hat der Antragsteller am 26. August 2005 das Verwaltungsgericht angerufen und die Feststellung begehrt, dass der Beteiligte verpflichtet sei, hinsichtlich seines Initiativantrages das Einigungsverfahren durchzuführen. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 24. Januar 2006 zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, er sei unbegründet, weil der Initiativantrag vom 31. Mai 2005 mangels Bezuges zu einem erkennbaren Mitbestimmungstatbestand unbeachtlich sei. § 85 Abs. 2 Nr. 2 PersVG betreffe ausdrücklich nur Maßnahmen des Dienstherrn zur Hebung der Arbeitsleistung und zur Erleichterung des Arbeitsablaufs. Der vorliegende Initiativantrag ziele aber nicht auf eine Hebung, sondern auf eine Entlastung und damit Senkung der Arbeitsleistung, was nicht der Mitbestimmung unterliege. Auch das Initiativrecht nach § 79 Abs. 4 PersVG weite bestehende Mitbestimmungsrechte nicht aus. Auch von einer Maßnahme zur Erleichterung des Arbeitsablaufs könne man vorliegend nicht sprechen; hier gehe es nicht um eine zeitliche und räumliche Aufeinanderfolge von Arbeitsvorgängen zur Erzielung bestimmter Arbeitsergebnisse, sondern um eine Erleichterung der Arbeitsleistung, was von der vorgenannten Bestimmung nicht erfasst werde. Auch unabhängig davon würde der genannte Mitbestimmungstatbestand nicht greifen, weil die pauschale Zuweisung eines erhöhten Stundenpools an Entlastungsstunden sich nur mittelbar auf die Arbeitsbelastung der Beschäftigten auswirken würde.

Hiergegen hat der Antragsteller rechtzeitig Beschwerde erhoben. Er macht geltend, die Schutzfunktion des Mitbestimmungsrechts schließe auch Maßnahmen zur Senkung der Arbeitsleistung ein. Bei den positiv gefassten Mitbestimmungstatbeständen sei eine Beteiligung zugleich bei negativen Maßnahmen vorgesehen. In diesem Zusammenhang sei auf eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 26. Januar 2005 hinzuweisen, wonach nicht nur die Zahlung einer Funktionszulage, sondern auch der Entzug einer Funktionszulage als so genannter actus contrarius vom Mitbestimmungsrecht erfasst sei.

Der Antragsteller beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 24. Januar 2006 abzuändern und festzustellen, dass der Beteiligte verpflichtet ist, hinsichtlich des Initiativantrages des Antragstellers vom 31. Mai 2005 bzgl. eines Entlastungspools für die durch das Schulgesetz neu entstandenen Belastungen das Verfahren gem. §§ 80 ff. PersVG durchzuführen.

Der Beteiligte beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er tritt der Beschwerde im Einzelnen entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde des Antragstellers bleibt ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Feststellungsantrag auch in Ansehung des Beschwerdevorbringens zu Recht zurückgewiesen. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend festgestellt, dass ein Mitbestimmungstatbestand - namentlich § 85 Abs. 2 Nr. 2 PersVG (Maßnahmen zur Hebung der Arbeitsleistung und zur Erleichterung des Dienstablaufs) - hier nicht gegeben sei. Insoweit nimmt der Senat auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug (§ 91 Abs. 2 PersVG i.V.m. § 87 Abs. 2 und 69 Abs. 2 ArbGG) und weist im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen ergänzend auf das Folgende hin: § 85 Abs. 2 Nr. 2, 1. Alternative PersVG spricht von einer "Hebung", nicht von einer "Senkung" der Arbeitsleistung. Die von dem Antragsteller geforderte Auslegung würde damit bereits gegen die Wortlautgrenze des Gesetzes verstoßen, so dass es an sich weiterer Ausführungen nicht bedarf. Soweit der Antragsteller unbeschadet dessen meint, auch der "actus contrarius" der im Gesetz geregelten Maßnahme sei von der Mitbestimmung erfasst, lässt sich diese pauschale Sicht auch damit nicht vereinbaren, dass der Gesetzgeber nur bestimmte, von ihm kataloghaft geregelte Tatbestände für beteiligungspflichtig erklärt hat, und andere eben nicht. Aber selbst ein "actus contrarius" zu dem in der genannten Bestimmung geregelten Tatbestand liegt hier nicht vor. Ein solcher "actus" würde ein Aktivwerden der Dienststelle voraussetzen, wie es etwa in der Streichung einer Funktionszulage im Gegensatz zur Gewährung einer Funktionszulage zu sehen wäre (vgl. insoweit das von dem Antragsteller herangezogene Urteil des BAG vom 26. Januar 2005 - 10 AZR 331/04 -, Juris-Ausdruck Rdn. 30); daran fehlt es, weil der Beteiligte in diesem Sinne nicht aktiv geworden ist, sondern lediglich einem Anliegen der Personalvertretung nicht nachkommt. Aus demselben Grund kann hier auch von einer Maßnahme zur Erleichterung des Arbeitsablaufs (§ 85 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alternative PersVG) nicht gesprochen werden, zumal das Verwaltungsgericht zu Recht darauf abgestellt hat, dass es hier nicht - wie freilich erforderlich - um die zeitliche und räumliche Aufeinanderfolge von Arbeitsvorgängen zur Erzielung eines bestimmten Arbeitsergebnisses gehe (vgl. insoweit auch Germelmann/Binkert, PersVG Berlin, 2. Aufl. 2002 § 85, Rdn. 223), sondern um eine die Arbeitsleistung insgesamt betreffende Angelegenheit.

Zu Recht hat das Verwaltungsgericht schließlich hervorgehoben, dass auch unabhängig von den vorgenannten Erwägungen sich eine pauschale Zuweisung eines erhöhten Stundenpools nur mittelbar auf die Arbeitsbelastung der Beschäftigten auswirken würde. Wie sich aus der eingangs zitierten Begründung des Initiativantrages vom 31. Mai 2005 ergibt, soll das Entlastungskontingent als Pool zur dortigen weiteren Verwendung an die Schulen gegeben werden, sodass danach völlig unbestimmt bleibt, wo und zu Gunsten welches Beschäftigten sich welche konkrete Arbeitsleistung verändern soll. Für das Entstehen des Mitbestimmungsrechtes ist freilich im Einzelnen darzulegen, durch welche konkrete organisatorische Maßnahme eine Erhöhung - bzw. hier mit der Argumentation des Antragstellers eine Senkung - der Arbeitsbelastung der betroffenen Dienstkräfte eintreten bzw. wie die Erleichterung der Arbeitsabläufe erkennbar werden soll (vgl. Germelmann/Binkert, a.a.O., Rdn. 226). Auch daran fehlt es offenkundig.

Die Rechtsbeschwerde war mangels Zulassungsgrundes nicht zu eröffnen.

Ende der Entscheidung

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