Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 09.08.2005
Aktenzeichen: OVG 62 PV 2.05
Rechtsgebiete: BPersVG, SGB IX, RVG, ZPO


Vorschriften:

BPersVG § 9
BPersVG § 9 Abs. 2
BPersVG § 9 Abs. 4 Nr. 2
SGB IX § 81
RVG § 23 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 547 Nr. 1
ZPO § 547 Nr. 2
ZPO § 547 Nr. 3
ZPO § 547 Nr. 4
ZPO § 547 Nr. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERVERWALTUNGSGERICHT BERLIN-BRANDENBURG BESCHLUSS

OVG 62 PV 2.05

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 62. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg - Fachsenat für Personalvertretungssachen des Bundes - aufgrund der Sitzung vom 9. August 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht sowie die ehrenamtliche Richterin und die ehrenamtlichen Richter , und beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerden werden zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen. Der Gegenstandswert wird auf 4 000 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin erstrebt die gerichtliche Auflösung eines Arbeitsverhältnisses mit dem Beteiligten zu 1).

Der Beteiligte zu 1), der mit einem GdB von 50 % schwerbehindert ist, absolvierte bei der Antragstellerin aufgrund Berufsausbildungsvertrages vom 11. Juni 2001 eine Ausbildung als Sozialversicherungsfachangestellter. Er ist seit dem 1. Mai 2002 Mitglied der Haupt-, Jugend und Auszubildendenvertretung bei der Antragstellerin.

Am 26. Juli 2004 schloss der Beteiligte zu 1) die Ausbildung mit "ausreichend" (Note 4) ab. Zuvor - mit Schreiben vom 28. April 2004 - hatte die Antragstellerin den Beteiligten zu 1) sowie die anderen Teilnehmer seines Prüfungsdurchgangs darauf hingewiesen, dass nicht alle Prüflinge würden übernommen werden können, sondern - von den erfolgreichen Absolventen - nur bestimmte, und zwar nach folgenden Maßgaben: Alle Auszubildenden sollten zunächst einen Zeitvertrag für 6 Monate (Teilzeit zu 3/4) erhalten. Abweichend davon sollten Absolventen mit der Note 1 sogleich einen unbefristeten Arbeitsvertrag erhalten, ebenso Absolventen mit der Note 2, jedoch zu einer Teilzeit von 3/4. Absolventen mit der Note 3 sollten nach Ablauf der ersten 6 Monate einen auf weitere 6 Monate befristeten Arbeitsvertrag zu einer Teilzeit von 3/4 erhalten.

Mit Schreiben vom 13. Mai 2004 hatte der Beteiligte zu 1) bei der Antragstellerin Antrag auf (unbefristete) Weiterbeschäftigung gestellt. Dem kam die Antragstellerin - unter Bezugnahme auf § 9 Abs. 2 BPersVG, wonach zwischen dem Auszubildenden und dem Arbeitgeber im Anschluss an das erfolgreiche Berufsausbildungsverhältnis ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit als begründet gilt, wenn der Auszubildende vom Arbeitgeber seine Weiterbeschäftigung (nach näheren Maßgaben) verlangt - durch Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrages (Teilzteit zu 3/4) am 27. Juli 2004 nach.

Unter dem 4. August 2004 hat die Antragstellerin bei dem erstinstanzlichen Verwaltungsgericht Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach § 9 Abs. 4 Nr. 2 BPersVG gestellt und geltend gemacht, die Weiterbeschäftigung des Beteiligten zu 1) könne ihr bereits im Hinblick darauf, dass wesentlich bessere Bewerber vorhanden seien, nicht zugemutet werden. Der schwächste sonstige Bewerber, der in ein Dauerarbeitsverhältnis übernommen werde, weise die Note 2 auf. Die Übernahme eines demgegenüber deutlich schlechter qualifizierten Bewerbers sei ihr auch im Hinblick auf die angespannte Haushalts- und Stellensituation nicht zumutbar.

Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag mit Beschluss vom 12. Januar 2005 stattgegeben und das Arbeitsverhältnis aufgelöst. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Andere Bewerber seien objektiv wesentlich fähiger und geeigneter als der Beteiligte zu 1); dieser habe in der maßgeblichen Abschlussprüfung mit der Note 4 um mehr als eine volle Notenstufe schlechter abgeschnitten als der schwächste sonstige Bewerber, den die Antragstellerin sonst in ein Dauerarbeitsverhältnis übernommen und der die Note 2 aufgewiesen habe. Eine solche am Maßstab des Leistungsprinzips nach Art. 33 Abs. 2 GG orietentierte Einstellungspraxis, die auch im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts stehe, sei nicht zu beanstanden. Soweit die Antragstellerin Auszubildende mit der Note 3, die um eine Notenstufe besser abgeschnitten hätten als der Beteiligte zu 1), lediglich befristet - für insgesamt ein Jahr - weiterbeschäftigt habe, komme es hierauf nicht an. § 9 BPersVG enthalte einen Schutz des Jugendvertreters nur im Hinblick auf eine dauerhafte Weiterbeschäftigung. Auf die Frage, ob dem Arbeitgeber vorliegend noch besetzbare geeignete Stellen zur Verfügung gestanden hätten, komme es im Hinblick auf die am Leistungsgrundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG orientierten Erwägungen der Antragstellerin nicht an. Auch die Schwerbehinderung des Beteiligten zu 1) stehe der Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht entgegen, weil Kündigungsregelungen, die den Schutz Schwerbehinderter vorsähen, hier nicht anwendbar seien.

Gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts haben die Beteiligten zu 1) sowie zu 2) und 3) rechtzeitig jeweils Beschwerde eingelegt.

Die Beteiligten zu 2) und 3) tragen vor: Das Verwaltungsgericht habe zunächst unbeachtet gelassen, dass die Antragsgegnerin seit dem Jahr 2005 die Benotung der Abschlussprüfungen nach einem sog. Punktesystem vornehme. Ferner habe das Verwaltungsgericht die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Mai 2000 (- 6 P 9.99 -, PersR 2000, 421) nicht berücksichtigt, wonach für eine zulässige am Leistungsgrundsatz orientierte Einstellungspraxis nicht - wie vom Verwaltungsgericht angenommen - ein Qualifikationsvorsprung des schlechtesten eingestellten Bewerbers gegenüber dem Jugendvertreter von einer deutlich mehr als einer vollen Notenstufe schlechteren Abschlussnote maßgeblich sei, sondern ein solcher Vorsprung von dem 1,33-fachen der vollen Notenstufe. Außerdem müsse im Rahmen der Frage, ob der Antragstellerin eine Weiterbeschäftigung des Beteiligten zu 1) zugemutet werden könne, auch berücksichtigt werden, dass diejenigen Bewerber, die mit "befriedigend" (Note 3) abgeschlossen hätten und also nur eine glatte Notenstufe besser seien als der Beteiligte zu 1), immerhin noch einen Halbjahresvertrag bekommen hätten. Soweit dieser Gesichtspunkt zur Ablehnung des Auflösungsantrags der Antragstellerin führe, sei eine solche Besserstellung des Jugendvertreters vom Gesetz gewollt. Zumindest dürfe der Beteiligte zu 1), dem ein entsprechendes befristetes Weiterbeschäftigungsangebot nicht unterbreitet worden sei, nicht schlechter gestellt werden als die vorerwähnten Bewerber mit der Note 3. Im Übrigen sei schon zweifelhaft, ob die Einstellungspraxis der Antragstellerin - etwa mit Blick auf die Vergabe von Teilzeitbeschäftigungen - überhaupt in zulässiger Weise am Leistungsprinzip orientiert sei.

Der Beteiligte zu 1) macht darüber hinaus insbesondere geltend, dass seine Schwerbehingerung von dem Verwaltungsgericht zu Unrecht nicht berücksichtigt worden sei. Die Antragstellerin hätte insoweit prüfen müssen, ob das Prüfungsergebnis mit der Note "ausreichend" nicht im Zusammenhang mit der Behinderung gestanden habe. Im Übrigen weist der Beteiligte zu 1) auf § 81 SGB IX (Pflichten des Arbeitgebers und Rechte schwerbehinderter Menschen) hin.

Die Beteiligten zu 1), 2) und 3) beantragen,

unter Änderung des angefochtenen Beschlusses den Antrag zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Beschwerden zurückzuweisen.

Die Antragstellerin tritt den Beschwerden entgegen. Ergänzend trägt sie vor, sie führe ihre Stellen nach dem Prinzip der Topfwirtschaft. Danach hätten einem Stellenansatz per 1. Juni 2004 von 21.223,50 Stellen insgesamt 21.531,79 besetzbare Stellen gegenübergestanden, so dass zu dem vorgenannten Stichtag ein Überhang von 308,47 Stellen zu verzeichnen gewesen sei. Zu dem von ihr eingeführten Punktesystem trägt die Antragstellerin vor, eine Zahl

von 100 bis 87,5 Punkten entspreche der Note 1,

von unter 87,5 bis 75 Punkten entspreche der Note 2,

von unter 75 bis 62,5 Punkten entspreche der Note 3 und

von unter 62,5 bis 50 Punkten entspreche der Note 4.

Der Beteiligte zu 1) habe - was unstreitig ist - nach Maßgabe dieses Punktesystem in der hier interessierenden Abschlussprüfung 52,2 Punkte erzielt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Beschwerden haben in der Sache keinen Erfolg.

Das erstinstanzliche Verwaltungsgericht hat das Arbeitsverhältnis zwischen der Antragstellerin und dem Beteiligten zu 1) nach § 9 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BPersVG im Ergebnis zu Recht aufgelöst. Nach der vorgenannten Bestimmung kann der Arbeitgeber spätestens bis zum Ablauf von zwei Wochen nach Beendigung des Berufungsausbildungsverhältnisses beim Verwaltungsgericht beantragen, ein bereits nach § 9 Abs. 2 BPersVG begründetes Arbeitsverhältnis aufzulösen, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Arbeitgeber unter Berücksichtigung aller Umstände die Weiterbeschäftigung nicht zugemutet werden kann. Die Voraussetzungen dieser Bestimmung liegen vor.

Die Antragstellerin hat, nachdem das Berufungsausbildungsverhältnis mit dem erfolgreichen Abschluss der Prüfung am 26. Juli 2004 geendet hatte, den Auflösungsantrag unter dem 4. August 2004 rechtzeitig gestellt. Es lag auch ein nach § 9 Abs. 2 BPersVG begründetes Arbeitsverhältnis vor, denn der Beteiligte zu 1) hatte innerhalb der letzten drei Monate vor Beendigung des Ausbildungsverhältnisses, vorliegend am 13. Mai 2004, schriftlich von der Antragstellerin seine Weiterbeschäftigung verlangt; dem war die Antragstellerin durch Abschluss des Arbeitsvertrages vom 27. Juli 2004 nachgekommen.

Es liegen auch Tatsachen vor, auf Grund derer dem Arbeitgeber - hier der Antragstellerin - unter Berücksichtigung aller Umstände, die Weiterbeschäftigung des Beteiligten zu 1) nicht zugemutet werden kann.

Die Fortsetzung eines Arbeitsverhältnisses ist unzumutbar, wenn der Arbeitgeber des Jugend- und Auszubildendenvertreters keinen auf Dauer angelegten Arbeitsplatz zum Zeitpunkt der Beendigung der Berufsausbildung bereitstellen kann, der dessen Ausbildung entspricht und ihn sowohl hinsichtlich der rechtlichen Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses als auch hinsichtlich der Vergütung und der beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten einem Beschäftigten gleichstellt, der vom Arbeitgeber für eine vergleichbare Tätigkeit ausgewählt und eingestellt worden ist (vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 9. September 1999 - 6 P 5.98 -, PersR 2000, 156, 157). Einen solchen Arbeitsplatz kann die Antragstellerin für den Beteiligten zu 1) im Hinblick auf ihre Stellensituation und unter Berücksichtigung des seinerzeitigen Bewerberfeldes nicht bereitstellen. Zu dem Zeitpunkt der Beendigung des Ausbildungsverhältnisses des Beteiligten zu 1), d.h. per Ende Juli 2004 (hier: von der Antragstellerin erhoben per Stichtag 1. Juni 2004), ergab sich bei der Antragstellerin ein Ansatz von 21.223,50 Stellen gegenüber 21.531,97 besetzten Stellen, mithin ein Überhang bzw. eine rechnerische Überbesetzung von 308,47 Stellen. Selbst wenn zu berücksichtigen ist, dass es im hier interessierenden Zusammenhang nicht auf die Anzahl von besetzbaren Planstellen, sondern darauf ankommt, ob ein ausbildungsadäquater, auf Dauer angelegter Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt werden kann (s. BVerwG, Beschluss vom 9. September 1999, a.a.O., S. 157 f.), und die Antragstellerin - hier offenkundig nicht durch freie Stellen, sondern auf andere Weise erwirtschaftete - Dauerarbeitsplätze tatsächlich auch vergeben hat, kann ihr die Weiterbeschäftigung eines Jugendvertreters nicht zugemutet werden, wenn sie - wie vorliegend - mit Rücksicht auf ihre Stellensituation allenfalls einen geringen Teil der Auszubildenden weiterbeschäftigten kann und insoweit objektiv wesentlich fähigeren und geeigneteren Bewerbern nach Maßgabe des Prinzips der Bestenauslese bzw. nach dem Leistungsgrundsatz (Art. 33 Abs. 2 GG) der Vorrang einzuräumen war.

Wie das Bundesverwaltungsgericht insoweit in seinem Beschluss vom 9. September 1999 hervorgehoben hat, haben die Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG, wonach jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt hat, Maßstab jeglicher Personalentscheidung im öffentlichen Dienst zu sein (- 6 P 5.98 -, PersR 2000, 156, 158); Art. 33 Abs. 2 GG verbiete es demnach, die Weiterbeschäftigung eines Jugend- und Auszubildendenvertreters im öffentlichen Dienst völlig unabhängig von Eignungsaspekten vorzunehmen (BVerwG, a.a.O.). Die danach erforderliche Beachtung des Leistungsgrundsatzes hat sich nach den im Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Mai 2000 niedergelegten Grundsätzen, denen der Senat folgt, wie nachfolgend wiedergegeben zu gestalten:

"b) Wie der Senat (...) entschieden hat, erfordert die von Verfassungs wegen gebotene Beachtung des Leistungsgrundsatzes des Art. 33 Abs. 2 GG entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde einen Leistungsvergleich zwischen dem nicht übernommenen Jugend- und Auszubildendenvertreter und dem relativ schwächsten Absolventen, der vom Arbeitgeber noch übernommen worden ist. Der Senat hat dem Grunde nach daran festgehalten, dass die Weiterbeschäftigungspflicht des Arbeitgebers nur entfällt, wenn die in ein Arbeitsverhältnis übernommenen Konkurrenten objektiv wesentlich fähiger und geeigneter sind als der Jugend- und Auszubildendenvertreter. Was in diesem Sinne objektiv und wesentlich ist, wird durch § 9 BPersVG entscheidend mitgeprägt. Der weitere Ermessens- und Beurteilungsspielraum, den Art. 33 Abs. 2 GG den Einstellungsbehörden eröffnet, kann durch eine gesetzliche Ausgestaltung und gegebenenfalls auch Gewichtung der Eignungskriterien des Art. 33 Abs. 2 GG eingeschränkt werden, wenn damit vorrangig andere, ebenfalls verfassungslegitime Ziele verfolgt werden. Das ist in der Gestalt des § 9 BPersVG geschehen. Dies hat der Senat in den schon wiederholt genannten Beschlüssen vom 9. September 1999 - BVerwG 6 P 5.98 - a.a.O., S. 158 f. und - BVerwG 6 P 4.98 - a.a.O., S. 76 wie folgt erläutert.

§ 9 BPersVG will Jugend- und Auszubildendenvertreter vor Personalmaßnahmen bewahren, die diese an der Ausübung ihres personalvertretungsrechtlichen Amtes hindern oder ihre Unabhängigkeit in diesem Amt beeinträchtigen können (Beschluß vom 28. Februar 1990 - BVerwG 6 P 21.87 - BVerwGE 85, 5, 9). Ebenso will er vor Benachteiligung schützen, die sich typischerweise daraus ergeben, dass Mitglieder der Jugend- und Auszubildendenvertretung durch ihre Amtstätigkeit sich weniger auf ihre Ausbildung haben konzentrieren können. Andere Auszudbildende, die keine personalvertretungsrechtliche Tätigkeit übernommen haben, können die zur Verfügung stehende Zeit umfassender zur Erweiterung ihrer fachlichen, insbesondere prüfungsrelevanten Kenntnisse nutzen. Darüber hinaus soll der Weiterbeschäftigungsanspruch des § 9 BPersVG auch davor schützen, dass in die wertende Erkenntnis des Dienstherrn, die sich auf die Leistung während der Ausbildung und den Ausbildungserfolg bezieht, negative Beurteilungen einfließen, die ihren Grund in der personalvertretungsrechtlichen Tätigkeit des Auszubildenden haben. Insoweit deckt sich bis zu einem gewissen Grad der Schutzzweck des § 9 BPersVG mit dem des Art. 33 Abs. 2 GG. Beide Regelungen wollen - wenn auch im Hinblick auf unterschiedliche Gefährundslagen - einen benachteiligungsfreien Zugang zum öffentlichen Dienst gewähren.

Die mit § 9 BPersVG teilweise auch bewirkte Einschränkung des Art. 33 Abs. 2 GG rechtfertigt sich aus der durch das Sozialstaatsprinzip mitgestalteten Organisationsgewalt des Staates. Art. 33 Abs. 2 GG rechtfertigt sich aus der durch das Sozialstaatsprinzip mitgestalteten Organisationsgewalt des Staates. Art. 33 Abs. 2 GG steht nicht grundsätzlich dem Anliegen entgegen, Stellen des öffentlichen Dienstes aus sozialen Gründen nach Kriterien zu vergeben, bei denen reine Leistungsgesichtspunkte nicht allein entscheidend sind (vgl. Maunz-Dürig, Grundgesetz, Stand 1966, Art. 33 Rn. 22; Battis in: Sachs, GG, 2. Aufl. 1999 Art. 33 Rn. 38 m.w.N.; Schmidt-Aßmann, NJW 1980, 16, 19; Gussone, PersR 1999, 350, 352). Dies gilt für den Regelungsbereich des § 9 BPersVG um so mehr, als das mit dieser Vorschrift geschützte und geförderte Engangement und Interesse für das Wohl anderer, das der Jugend- und Auszubildenvertreter durch seine personalvertretungsrechtliche Tätigkeit regelmäßig belegt, durchaus auch als ein Kriterium der Eignung im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG zu bewerten ist.

c) Hiervon ausgehend hat der Senat in den beiden wiederholt genannten Beschlüssen vom 9. September 1999 - BVerwG 6 P 4.98 und BVerwG 6 P 5.98 - das allgemeine Erfordernis, wonach die in ein Arbeitsverhältnis übernommenen Konkurrenten objektiv wesentlich fähiger und geeigneter sein müssen, wenn sie dem Jugend- und Auszubildendenvertreter vorgezogen werden sollen, unter Auseinandersetzung mit der bisherigen obergerichtlichen Rechtsprechung wie folgt präzisiert:

Der durch § 9 BPersVg gewollte Schutz der Mitglieder der Jugend- und Auszubildendenvertretung wäre nicht mehr hinreichend gewährleistet, wenn diese trotz ihres Weiterbeschäftigungsverlangens gegenüber allen anderen Bewerbern mit einer hinsichtlich des Prüfungserfolgs besseren Qualifikation zurücktreten müßten. Nach der gesetzlichen Wertung kommt vielmehr dem Weiterbeschäftigungsanspruch des Jugendvertreters ein hohes Gewicht zu. Das Gesetz will nicht nur den für Bevorzugungen und Benachteiligungen offenen Einfluß subjektiver Wertungen des Arbeitgebers ausschließen. Es bewertet zugleich mittelbar das Engagement in der Personalvertretung als einen für die Beurteilung der Eignung wesentlichen Umstand, der bei der Frage der Übernahme in ein Dauerarbeitsverhältnis durchaus positiv ins Gewicht fällt. Gegenüber den nach ihrem Abschluß als fachlich besser qualifiziert ausgewiesenen Mitbewerbern setzt sich daher der Jugendvertreter jedenfalls dann durch, wenn - bezogen auf das Anforderungsprofil des freien Arbeitsplatzes - kein offenkundig schwerwiegender Qualifikationsmangel gegeben ist. Ein solcher liegt mit Blick auf die dargelegten personalvertretungsrechtlichen Besonderheiten dann vor, wenn der Jugend- und Auszubildendenvertreter in der maßgeblichen Abschlussprüfung deutlich mehr als eine volle Notenstufe abgeschnitten hat als der relativ schwächste sonstige Bewerber, den der Arbeitgeber in ein Dauerverhältnis übernehmen will (PersR 2000, 159; ZfPR 2000, 77).

Erläuternd hierzu hat der Senat in den Beschlüssen vom 9. September 1999 - BVerwG 6 P 4.98 und BVerwG 6 P 5.98 - beispielhaft ausgeführt, daß dann, wenn sich eine volle Notenstufe auf drei Punkte auffächern läßt, die genannte Grenze bei vier oder fünf Punkten liegen wird. Das entspräche dem 1,33-fachen bis dem 1,67-fachen der vollen Notenstufe. Innerhalb dieser Grenzen obliegt die Ermittlung der konkreten Grenze der Beurteilung und Bewertung dem Tatsachenrichter, und unterliegt ihrerseits - wie dargestellt - nur der eingeschränkten Kontrolle durch das Rechtsbeschwerdegericht..." (BVerwG, Beschluss vom 17. Mai 2000 - 6 P 9.99 -, PersR 2000, 421, 422).

Nach diesen Grundsätzen hat sich der Beteiligte zu 1) gegenüber dem schwächsten sonstigen Bewerber, den die Antragstellerin in ein Dauerarbeitsverhältnis übernommen hat, nicht durchzusetzen vermocht; denn der Beteiligte zu 1) hat in der maßgeblichen Abschlussprüfung deutlich mehr als eine volle Notenstufe - mehr als das 1,33-fache einer vollen Notenstufe - schlechter abgeschnitten als der schwächste, in ein Dauerarbeitsverhältnis übernommene Bewerber. Dieser hatte die Note 2 und damit nach Maßgabe des seit dem Jahr 2005 angewendeten Punktesystems wenigstens 75 Punkte. Der Beteiligte zu 1) hat demgegenüber in der maßgeblichen Abschlussprüfung mit Note 4 lediglich 52,2 Punkte erzielt, so dass er mit einem Wert von (wenigstens) 1,43 - d.h. einem Abstand vom 1,43-fachen einer vollen Notenstufe - hinter dem schwächsten sonstigen Bewerber gelegen hat.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass die Antragstellerin denjenigen Absolventen des Prüfungsdurchgangs des Beteiligten zu 1), die mit "befriedigend" und damit der Note 3 - nach Maßgabe des Punktesystems der Antragstellerin also zwischen (unter) 75 bis 62,5 Punkten - abgeschlossen haben, also überwiegend mit einem geringeren Abstand als dem 1,33-fachen einer vollen Notenstufe vor dem Beteiligten zu 1) gelegen haben, einen befristeten (Halbjahres-) Vertrag gewährt hat. Entgegen der Ansicht der Beteiligten zu 2) und 3) ist § 9 BPersVG auf befristete Arbeitsverhältnisse nicht anwendbar. Der Weiterbeschäftigungsschutz des § 9 BPersVG greift nach dem Wortlaut dieser Bestimmung nur, wenn der Arbeitgeber beabsichtigt, den Jugendvertreter nicht in ein Arbeitsverhältnis "auf unbestimmte Zeit" (vgl. Abs. 1) - d.h. in ein Dauerarbeitsverhältnis - zu übernehmen. Nachdem freilich der Wortlaut der maßgeblichen Norm die Grenze für eine noch zulässige (erweiternde) Auslegung hergibt, war allenfalls eine analoge Anwendung des § 9 BPersVG auf befristete Arbeitsverhältnisse zu erwägen, dabei hatte der Senat sich insoweit nur mit der Frage zu befassen, ob eine Analogie dahin in Betracht kam, dass daraus - wie die Beteiligten zu 2) und 3) meinen - ein Anspruch auf Dauerbeschäftigung folgen soll; die Frage eines sich aus etwaiger analoger Anwendung des § 9 BPersVG ergebender Teilzeitbeschäftigung war zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung und damit nach zeitlichem Ablauf der vergleichbaren Teilzeitbeschäftigungen bereits überholt. Für eine Analogie in dem von den Beteiligten zu 2) und 3) vertretenen Sinne mag immerhin sprechen, dass - wie von ihnen im Rahmen der mündlichen Verhandlung bzw. Anhörung zutreffend hervorgehoben - das befristete Arbeitsverhältnis aufgrund der seinerzeitigen wirtschaftlichen Lage in der Bundesrepublik Deutschland bei Schaffung des § 9 BPersVG im Jahre 1974 noch nicht die Rolle gespielt hat, wie sie dieser Form des Arbeitsverhältnisses heute zukommt. Gleichwohl hält der Senat eine analoge Anwendung von § 9 BPersVG auf das befristete Arbeitsverhältnis - jedenfalls soweit daraus ein Anspruch auf Dauerbebeschäftigung resultieren soll - nicht für gangbar, und zwar aus folgenden Gründen: Zum einen hat es seit Bestehen des BPersVG zahlreiche Novellierungen und Anpassungen dieses Gesetzeswerks gegeben; gleichwohl hat der Gesetzgeber, dem die wirtschaftliche Situation in der Bundesrepublik Deutschland nicht verborgen geblieben sein kann, § 9 BPersVG nicht im Sinne der Beteiligten zu 2) und 3) angepasst, was bereits gegen das Vorliegen einer - für eine Analogie erforderlichen - gesetzlichen Regelungslücke spricht. Ferner würde eine analoge Anwendung des § 9 BPersVG auf befristete Arbeitsverhältnisse mit der Folge, dass daraus ein Anspruch auf Dauerbeschäftigung resultieren würde, auch mit der Wertung in § 8 BPersVG kollidieren, wonach u.a. der Jugendvertreter wegen seiner Tätigkeit - unbeschadet des Verbots seiner Benachteiligung - jedenfalls auch nicht begünstigt werden darf. Eine solche Begünstigung gegenüber anderen Auszubildenden, die nicht einer Personalvertretung angehören, würde sich aber für den Beteiligten zu 1) ergeben, falls man § 9 BPersVG in der von den Beteiligten zu 2) und 3) verstandenen Weise analog auf das befristete Arbeitsverhältnis anwenden würde. Denn in diesem Fall würde der Beteiligte zu 1) in den Genuss eines Dauerarbeitsverhltnisses gelangen, obwohl dies gegenüber dem ansonsten einzustellenden Bewerber - einem solchen mit der Note 2 - nach Maßgabe des Prinzips der Bestenauslese selbst unter Berücksichtigung der mit § 9 BPersVG bewirkten Einschränkung des Art. 33 Abs. 2 GG (BVerwG, Beschluss vom 17. Mai 2000, a.a.O.) nicht mehr gerechtfertigt wäre. § 9 BPersVG würde so den vom Gesetzgeber nicht gewollten Charakter einer allgemeinen Beschäftigungsgarantie des Jugendvertreters als Schutz vor Arbeitslosigkeit erhalten, den er ohne die Zugehörigkeit zur Personalvertretung nicht hätte und den auch kein anderer Ausgebildeter hätte (in diesem Sinne entsprechend zu Art. 9 des BayPVG der BayVGH, Beschluss vom 4. Februar 1987 - Nr. 17 C 86.03523 -, ZBR 1988, 137). Unabhängig davon schließlich würde dies zu einem Eingriff zu Lasten der Rechtsposition des ansonsten für den fraglichen Dauerarbeitsplatz vorgesehenen - nicht mehr zum Zuge kommenden - Bewerbers aus Art. 33 Abs. 2 GG führen, und zwar nach Maßgabe einer bloßen (Rechts-) Analogie und damit einer nach allgemeinen verfassungsrechtlichen Grundsätzen unzureichenden Grundlage.

Soweit schließlich der Beteiligte zu 1) in diesem Zusammenhang in der mündlichen Verhandlung hervorgehoben hat, dass die Antragstellerin mit ihrem Einstellungskonzept das Prinzip der Bestenauslese bzw. den Leistungsgrundsatz selbst nicht durchgehalten, sondern diesen insbesondere durch die vergebenen Teilzeitbeschäftigungen aufgeweicht habe, greift auch dies nicht zugunsten des Beteiligten zu 1) durch. Abgesehen davon, dass schon fraglich wäre, ob solche "Aufweichungen" dazu führen würden, dass der Beteiligte zu 1) einen Weiterbeschäftigungsanspruch ohne jede Berücksichtigung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung erhalten würde, hat die Antragstellerin deutlich gemacht, dass die Abstufung zwischen einem unbefristeten Dauerarbeitsvertrag (bei Note 1) und einen unbefristeten Dauerarbeitsvertrag zu Teilzeit von 3/4 (Note 2) durchaus dem Leistungsgrundsatz geschuldet sei. Soweit sie aus sozialen Gründen Absolventen mit der Note 3 einen auf (weitere) 6 Monate befristeten Arbeitsvertrag angeboten habe, habe dies - wie im Rahmen der mündlichen Verhandlung ausgeführt - den Hintergrund gehabt, dass man diese Absolventen nicht sogleich habe "in die Arbeitslosigkeit entlassen" wollen, sondern ihnen vielmehr die Möglichkeit habe einräumen wollen, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Dies steht nach dem Dafürhalten des Senats keinesfalls in Widerspruch zu Art. 33 Abs. 2 GG; wie schon ausgeführt, hat das Bundesverwaltungsgericht festgestellt, dass diese Bestimmung nicht grundsätzlich dem Anliegen entgegen stehe, Stellen des öffentlichen Dienstes aus sozialen Gründen nach Kriterien zu vergeben, bei denen reine Leistungsgesichtspunkte nicht allein entscheidend seien (BVerwG, Beschluss vom 17. Mai 2000, a.a.O.).

Auch soweit schließlich der Beteiligte zu 1) geltend macht, dass seine Schwerbehinderung von dem Verwaltungsgericht zu Unrecht nicht berücksichtigt worden sei und die Antragstellerin insoweit hätte prüfen müssen, ob das Prüfungsergebnis mit der Note "ausreichend" nicht im Zusammenhang mit der Behinderung gestanden habe, greift dies schon deswegen nicht durch, weil entsprechende Nachteile, soweit ersichtlich, von dem Beteiligten zu 1) weder im Prüfungsverfahren gerügt worden sind noch das Prüfungsergebnis aus diesem Grunde von dem Beteiligten zu 1) angegriffen worden wäre. Soweit der Beteiligte zu 1) im Übrigen auf § 81 SGB IX (Pflichten des Arbeitgebers und Rechte schwerbehinderter Menschen) hinweist, hat er weder im Einzelnen dargelegt noch wäre sonst erkennbar, inwieweit die Antragstellerin gegen diese Bestimmung - insbesondere gegen das Verbot, schwerbehinderte Beschäftigte nicht wegen ihrer Behinderung zu benachteiligen - verstoßen haben sollte. Im Übrigen nimmt der Senat insoweit Bezug auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts, wonach dem Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht die Schwerbehinderung entgegen stehe (S. 6 des Beschlussabdrucks).

Die Rechtsbeschwerde war mangels Zulassungsgrundes nicht zu eröffnen.

Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 23 Abs. 2 Satz 2 RVG.

Ende der Entscheidung

Zurück