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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 28.02.2006
Aktenzeichen: OVG 7 S 65.05
Rechtsgebiete: VwGO, AufenthG, AsylVfG


Vorschriften:

VwGO § 80 Abs. 5
VwGO § 123
VwGO § 123 Abs. 1
VwGO § 146 Abs. 4 S. 3
AufenthG § 60
AufenthG § 60 Abs. 2
AufenthG § 60 Abs. 3
AufenthG § 60 Abs. 4
AufenthG § 60 Abs. 5
AufenthG § 60 Abs. 6
AufenthG § 60 Abs. 7
AufenthG § 81 Abs. 3
AufenthG § 81 Abs. 4
AsylVfG § 42 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OVG 7 S 65.05

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 7. Senat durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Korbmacher sowie die Richterin am Oberverwaltungsgericht Merz und den Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Peters am 28. Februar 2006 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 24. November 2005 wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 12.500,00 € festgesetzt.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde der Antragsteller ist unbegründet.

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts wird von den Antragstellern nur insoweit angegriffen, als ihr erstinstanzlicher Hilfsantrag nach § 123 VwGO abgelehnt worden ist.

Die von den Antragstellern fristgerecht darlegten Beschwerdegründe, die allein Gegenstand der Prüfung durch das Oberwaltungsgericht sind (§ 146 Abs. 4 S. 6 VwGO), rechtfertigen keine Änderung des Beschlusses.

Die Antragsteller machen geltend, das Verwaltungsgericht habe überspannte Anforderungen an das Vorliegen des Anordnungsanspruchs gestellt und infolgedessen ihr Recht aus Art. 19 Abs. 4 GG verletzt. Dieser Einwand greift nicht durch. Insofern verkennen die Antragsteller bereits, dass die Regelungen des § 81 Abs. 3 und Abs. 4 AufenthG über die Rechtswirkungen der Beantragung eines Aufenthaltstitels grundsätzlich abschließend sind. Dort ist normiert, unter welchen Voraussetzungen ein Antrag auf Erteilung oder Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis dazu führt, dass der Aufenthalt als erlaubt, die Abschiebung als ausgesetzt oder der Aufenthaltstitel als fortbestehend gilt. Das Verwaltungsgericht hat in seinem Beschluss festgestellt, dass keine dieser Fallkonstellationen hier vorliegt (S. 2 f. des Entscheidungsabdrucks). Dem sind die Antragsteller mit ihrer Beschwerde nicht entgegengetreten.

Daneben bleibt für eine Verpflichtung des Antragsgegners, den Antragstellern eine Duldung zur Sicherung des behaupteten Anspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, regelmäßig kein Raum. Ließe man neben den gesetzlich geregelten Fällen eines fingierten Aufenthaltsrechts bzw. einer fingierten Duldung, die ggfl. gemäß § 80 Abs. 5 VwGO durchzusetzen sind, eine im Wege einstweiliger Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 VwGO zu erstreitende Duldung mit dem Ziel der Sicherung eines Aufenthaltsrechts generell zu, so würde dies eine vom Gesetzgeber nicht vorgesehene Erweiterung des § 81 Abs. 3 und 4 AufenthG bedeuten (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24. Januar 2006 - OVG 3 S 8.06 - ; OVG Berlin, Beschlüsse vom 26. Juni 2003 - OVG 6 S 138.03 - und vom 24. April 2002 - OVG 8 SN 99.01 -; VGH Kassel, Beschluss vom 22. Mai 1996, EZAR 622 Nr. 28; OVG Münster, Beschluss vom 26. März 1998, juris; Renner, Ausländerrecht, 8. Aufl. 2005, § 81 AufenthG, Rdnr. 35). Soweit den vom Verwaltungsgericht zitierten Beschlüssen des OVG Frankfurt (Oder) vom 25. Januar 2005 - 4 B 359/04 - und vom 3. November 1998 - 4 B 124/98 - eine andere Rechtsauffassung zu entnehmen sein sollte, folgt der Senat dieser nicht. Ein nicht gemäß § 81 Abs. 3 bzw. Abs. 4 AufenthG geschützter Ausländer - wie die Antragsteller - muss also grundsätzlich ausreisen und die Entscheidung über seinen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis im Ausland abwarten (Renner, a.a.O., Rdnr. 31). Ob für extreme Ausnahmefälle, z. B. ein Aufenthaltserlaubnisverfahren nach einer Bleiberechtsregelung (§ 23 AufenthG, früher: § 32 AuslG; vgl. dazu OVG Münster, Beschluss vom 17. Mai 1999, InfAuslR 2000, 111), etwas anderes zu gelten hat, kann offen bleiben, weil ein solcher Fall hier nicht vorliegt.

Bei dieser Rechtslage kommt der Erlass einer Duldung im Wege einstweiliger Anordnung nur beim Vorliegen von Abschiebungshindernissen in Betracht. Eine Verpflichtung des Antragsgegners, den Antragstellern eine solche Duldung wegen tatsächlicher oder rechtlicher Unmöglichkeit der Abschiebung zu erteilen (§ 60 a Abs. 2 AufenthG), ist vom Verwaltungsgericht verneint worden. Eine tatsächliche Unmöglichkeit der Ausreise sei nicht erkennbar, nachdem das türkische Generalkonsulat in Berlin die Ausstellung von Heimreisedokumenten zugesagt habe (S. 7 des Entscheidungsabdrucks). Dem sind die Antragsteller mit der Beschwerde nicht entgegengetreten.

Die rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise ist vom Verwaltungsgericht gleichfalls verneint worden. Insbesondere fehle es an einem Abschiebungsverbot nach § 60 AufenthG (S. 7 f. des Entscheidungsabdrucks). Die Antragsteller seien sämtlich abgelehnte Asylbewerber. Auch das Fehlen von (zielstaatsbezogenen) Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG (früher: § 53 AuslG) sei durch das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge bezüglich aller Antragsteller bestandskräftig festgestellt worden. An diese negativen Feststellungen sei der Antragsgegner gem. § 42 S. 1 AsylVfG gebunden. Hiergegen haben die Antragsteller mit ihrer Beschwerde keine Einwände erhoben.

Soweit die Antragsteller sich als weiteres Abschiebungshindernis auf Art. 8 EMRK berufen, zeigen sie mit ihrem Beschwerdevorbringen keine neuen Gesichtspunkte auf, die geeignet wären, die zutreffenden Feststellungen des Verwaltungsgerichts hierzu in Frage zu stellen (S. 8 des Entscheidungsabdrucks).

Schließlich hat das Verwaltungsgericht inlandsbezogene Ausreisehindernisse verneint und die Reisefähigkeit aller Antragsteller bejaht (S. 8 des Entscheidungsabdrucks), ohne dass dies mit der Beschwerde angegriffen wird.

Ob der mit der Ausreise des Antragstellers zu 3. verbundene Abbruch von dessen heilpädagogischer Unterbringung - wie das Verwaltungsgericht offenbar meint - ein rechtliches Abschiebungshindernis darstellen könnte, kann offen bleiben. Das Verwaltungsgericht verneint das Vorliegen eines solchen Abschiebungshindernisses mit ausführlicher Begründung (S. 8 ff. des Entscheidungsabdrucks). Mit ihrem hiergegen gerichteten knappen Beschwerdevorbringen wiederholen die Antragsteller nur Elemente ihres erstinstanzlichen Vorbringens und lassen so eine Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung vermissen. Dies verfehlt die Anforderungen des § 146 Abs. 4 S. 3 VwGO.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 2, § 47 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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