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Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 03.08.2005
Aktenzeichen: OVG 8 N 39.05
Rechtsgebiete: AuslG
Vorschriften:
AuslG § 82 Abs. 4 Satz 1 |
OBERVERWALTUNGSGERICHT BERLIN-BRANDENBURG BESCHLUSS
OVG 8 N 39.05
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 8. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg durch die Vorsitzende Richterin am Oberverwaltungsgericht und die Richter am Oberverwaltungsgericht und am 3. August 2005 beschlossen:
Tenor:
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 10. März 2005 wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 637,37 € festgesetzt.
Gründe:
Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet.
Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ist nicht gegeben. Der Kläger zeigt keine gewichtigen Gesichtspunkte auf, die für den Erfolg der Berufung sprechen.
Entgegen der Auffassung des Klägers ist das Verwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei dem Betrieb des Klägers um ein Bordell gehandelt hat. Soweit der Kläger geltend macht, dass die am 1. Februar 2000 abgeschobene Ausländerin bei einer (späteren) Anhörung am 3. April 2000 angegeben habe, der Betrieb stellte sich für sie als gastronomische Einrichtung dar, ist sein Vorbringen schon deshalb nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung zu begründen, weil die Abgeschobene diese Äußerung nicht in dem vom Kläger verstandenen Sinne getätigt hat. Ausweislich des polizeilichen Protokolls vom 3. April 2000 hat die abgeschobene Ausländerin bei ihrer auf einen späteren Vorfall (am 29. März 2000 in der Bar C.) bezogenen Anhörung wörtlich erklärt: "Es ist richtig, dass ich am 1. Februar 2000 abgeschoben worden bin. Ich bin allerdings nicht in einem Bordell festgenommen worden, wie beim ersten Mal, sondern in einem normalen Cafe". Diese Äußerung ist nur so zu verstehen, dass die Betreffende den Betrieb des Klägers (erster Vorfall) als Bordell und den Betrieb in der Bar C. (zweiter Vorfall) als Cafe bezeichnete. Die von der abgeschobenen Ausländerin vorgenommene Differenzierung spricht daher - worauf schon das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen hat - nicht gegen, sondern für die Annahme eines Bordells. Im Übrigen und unabhängig hiervon haben nach dem am Tattag erstellten Protokoll der Polizei vom 23. Januar 2000 die in der Bar befragten Gäste übereinstimmend erklärt, dass es sich bei dieser Bar um ein Bordell handele, alle anwesenden Frauen - mit Ausnahme der Tresenkraft - für den Beischlaf zur Verfügung stünden und der Preis für den Geschlechtsverkehr 70,00 DM für 20 Minuten und 100,00 DM für 30 Minuten betrage (vgl. Bl. 8 der VV).
Ohne Erfolg wendet der Kläger ein, die abgeschobene Ausländerin sei nicht abhängig beschäftigt, sondern selbstständig tätig gewesen. Der in § 82 Abs. 4 Satz 1 AuslG verwendete Begriff der Beschäftigung als Arbeitnehmer ist unter Berücksichtigung des Gesetzeszwecks weit auszulegen. Dieser besteht darin, der illegalen Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer und den aus der illegalen Anwesenheit und Beschäftigung häufig entstehenden sozialen Missständen entgegenzuwirken und die Allgemeinheit davor zu bewahren, die Abschiebungskosten, deren Ersatz gegenüber dem Ausländer zumeist nicht realisiert werden kann, tragen zu müssen (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. November 1987 - 1 C 37.84 - NVwZ 1988, 256 zu der im Wesentlichen gleichlautenden Vorschrift des § 24 Abs. 6 a und 6 b AuslG 1965). Eine Beschäftigung im Sinne der genannten Vorschrift setzt ein wirksames Arbeitsverhältnis nicht voraus. Es muss sich lediglich um eine abhängige (fremdbestimmte) Arbeitsleistung handeln, die auch in der Ausübung der Prostitution bestehen kann. Entscheidend dafür, ob eine selbstständige oder abhängige (fremdbestimmte) Tätigkeit vorliegt, sind die Umstände des Einzelfalles (BVerwG, Urteil vom 3. November 1987 - 1 C 37.84 - a.a.O; OVG NRW, Beschluss vom 22. Mai 2003 - 17 A 2600/02 - nachgewiesen in juris).
Danach ist im vorliegenden Fall eine abhängige Beschäftigung der abgeschobenen Ausländerin anzunehmen. Dies gilt ungeachtet des Vortrags des Klägers, dass das Verwaltungsgericht keine Feststellungen zu "Zeit und Ort der Pflichtbegründung" getroffen habe, "ein zeitbestimmtes Entgelt" vom Kläger oder einer dritten für den Betrieb verantwortlichen Person nicht vorgeschrieben gewesen sei und im Prostitutionsgewebe generell die Erbringung einer selbstständigen Dienstleistung nicht unüblich sei. Denn die abgeschobene Ausländerin war - trotz ihrer möglicherweise weitgehenden selbstständigen Bestimmungsrechte - in den organisatorischen Rahmen des Betriebs des Klägers eingeordnet. Dies folgt aus den Feststellungen des Verwaltungsgerichts und dem Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge. Danach war das Bordell in der Weise organisiert, dass die Prostituierten sich im Tresenbereich (Animierbereich) der im Parterre befindlichen, vom Kläger betriebenen Bar in der S.-straße aufhielten und sich mit ihren Freiern zum Beischlaf in eine ebenfalls vom Kläger gemietete Wohnung im selben Haus im 1. Obergeschoss zurückzogen. Ausweislich des polizeilichen Protokolls vom 23. Januar 2000 erhielt die von der Polizei befragte Prostituierte H. das Entgelt für den Beischlaf von ihrem Freier vorne an der Bar, händigte es der hinterm Tresen stehenden Ehefrau des Klägers aus und begab sich dann mit den Wohnungsschlüsseln in die Beischlafräume der Wohnung im 1. Stock.
Soweit der Kläger nunmehr behauptet, die abgeschobene Ausländerin habe nur den von ihm zur Verfügung gestellten organisatorischen Rahmen als Selbstständige genutzt, ihr hätten auf Grund einer Absprache mit der Geschäftsführung die Wohnräume zur Verfügung gestanden, widerspricht sein Vortrag bereits den Angaben seiner am Tattag hinter dem Tresen stehenden Ehefrau. Diese hatte der Polizei gegenüber geleugnet, dass sie Geld einer Prostituierten entgegen genommen und ihre bzw. die Wohnung ihres Ehemannes zur Prostitutionsausübung genutzt werde.
Der Zulassungsantrag hat auch keinen Erfolg, soweit der Kläger geltend macht, das Verwaltungsgericht habe unzulässigerweise eine Beweiserleichterung in Form des prima facie-Beweises Platz greifen lassen. Angesichts der konkreten - oben ausgeführten - Umstände des Einzelfalles zur Frage, ob es sich bei dem Betrieb des Klägers um ein Bordell handelte und ob die abgeschobene Ausländerin abhängig beschäftigt war, kommt es auf das Vorliegen der Anforderungen für einen Beweis des ersten Anscheins (vgl. hierzu BverwG, Urteil vom 24. August 1999 - 8 C 24.98 - NVwZ-RR 2000, 256 ff.) nicht mehr an.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 3, § 47 Abs. 1 und 3 des Gerichtskostengesetzes - GKG -.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Ende der Entscheidung
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