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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 19.08.2005
Aktenzeichen: OVG 8 N 70.05
Rechtsgebiete: VwGO, VwVfGBbG, BGB


Vorschriften:

VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 2
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 3
VwGO § 124 a Abs. 4 Satz 4
VwVfGBbG § 49 a Abs. 2 Satz 1
BGB § 818 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERVERWALTUNGSGERICHT BERLIN-BRANDENBURG BESCHLUSS

OVG 8 N 70.05

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 8. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg durch die Vorsitzende Richterin am Oberverwaltungsgericht und die Richter am Oberverwaltungsgericht und am 19. August 2005 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 25. März 2003 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 140145,10 EUR (entspricht 274100 DM) festgesetzt.

Gründe:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Es kann offen bleiben, ob die Antragsbegründung, die zwar auf Seite 1 die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO ausdrücklich benennt, jedoch in weiten Teilen eine auf den jeweiligen Zulassungsgrund bezogene Darstellung vermissen lässt, den gesetzlichen Darlegungsanforderungen des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügt. Denn der Antrag ist jedenfalls unbegründet.

1. Die Berufung ist nicht wegen der geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 N. 1 VwGO) zuzulassen. Der Kläger zeigt keine gewichtigen Gesichtspunkte auf, die für den Erfolg einer Berufung sprechen.

Unzutreffend ist die Auffassung des Klägers, das Verwaltungsgericht sei nicht darauf eingegangen, dass er die Arbeitsplätze in seinem Betrieb zunächst geschaffen und - so lange die Siloanlage beliefert worden sei - auch erhalten habe. Das Verwaltungsgericht hat diesen Sachverhalt sowohl bei der Prüfung der Voraussetzungen für den Widerruf als auch bei der Überprüfung des Ermessens des Beklagten berücksichtigt. Es hat seine Entscheidung ausdrücklich darauf gestützt, dass ein Auflagenverstoß vorliege, weil eine durchgängige Besetzung der in Rede stehenden Arbeitsplätze für einen Zeitraum von drei Jahren nicht nachgewiesen (vgl. Seite 8 des Urteilsabdrucks - UA -), und die Ermessensentscheidung der Beklagten auch im Hinblick auf den Vortrag des Klägers, den Zuwendungszweck "im Kern" erfüllt zu haben, dennoch als rechtmäßig zu erachten sei (vgl. Seite 12 UA). Ebenso wenig hat es den Umstand unberücksichtigt gelassen, dass der Kläger durch Überlassung eines Teils seines Betriebsgeländes dafür Sorge getragen hat, dass Ersatzarbeitsplätze geschaffen worden sind (vgl. Seite 13 UA).

Ohne Erfolg wendet der Kläger ein, das Verwaltungsgericht sei von einem falschen Sachverhalt ausgegangen, da es sich mit seinem an die Beklagte gerichteten Schreiben vom 26. September 1995 nicht befasst, sein Schreiben vom 25. März 1996 nicht erwähnt und deshalb angenommen habe, die Beklagte sei über den Abbau der Arbeitsplätze und die Einstellung des Kalk- und Zementumschlags nicht unterrichtet gewesen. Das Verwaltungsgericht hat sich mit dem Schreiben des Klägers vom 26. September 1995 ausführlich in seinem zwischen denselben Beteiligten ergangenen und hier ausdrücklich (vgl. Seite 9 UA) in Bezug genommenen Urteil im Verfahren 3 K 2691/99 auseinandergesetzt (vgl. Seiten 9 und 10 des UA im Verfahren 3 K 2691/99). Auch das Schreiben des Klägers vom 25. März 1996 hat das Verwaltungsgericht zur Kenntnis genommen (vgl. Seite 3 UA), wenngleich dem Kläger einzuräumen ist, dass es sich in den Entscheidungsgründen damit nicht mehr näher auseinander gesetzt hat. Inwieweit dies jedoch die Annahme von Richtigkeitszweifeln rechtfertigen soll, lässt sich der Zulassungsbegründung nicht entnehmen. In der in diesem Schreiben enthaltenen Nachricht, dass der Kalkabsatz zum Erliegen gekommen sei und alle variablen Kosten abzubauen seien, mag man zwar mit dem Kläger die Mitteilung der endgültigen Betriebsschließung sehen; der Kläger hat jedoch nicht, worauf die Beklagte und ihm folgend das Verwaltungsgericht maßgeblich abgestellt haben, mitgeteilt, wann genau die endgültige Betriebsschließung und der Abbau der Arbeitsplätze im einzelnen erfolgt ist.

Die Auffassung des Klägers, die Widerrufsentscheidung trage den Charakter einer Bestrafung für den angenommenen Verstoß gegen die Mitteilungspflicht, teilt der Senat nicht. Nach den Ausführungen des Verwaltungsgerichts hat die Beklagte die Möglichkeit des teilweisen Widerrufs erkannt, hiervon aber keinen Gebrauch gemacht, da der Kläger kein nachvollziehbares Datum für die Betriebsstilllegung genannt hatte, sich im Gegenteil sogar widersprüchlich hierzu äußerte. Diese Erwägungen sind sachgerecht und haben keinen Sanktionscharakter.

Soweit sich der Kläger nunmehr auf Entreicherung beruft, weil er die ihm gewährte Subvention in vollem Umfang für die Errichtung der Siloanlage verbraucht hat, kann er damit nicht durchdringen. Für den Umfang der Erstattung gelten nach § 49 a Abs. 2 Satz 1 VwVfGBbG die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Herausgabe der ungerechtfertigten Bereicherung entsprechend. Gemäß § 818 Abs. 3 BGB ist die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist. Der Wegfall der Bereicherung ist dabei nicht nach rechtlichen, sondern nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten durch einen saldenmäßigen Vergleich des Aktiv- und des Passivvermögens zu beurteilen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 118, 383, 386 m.w.N.), der sich das Bundesverwaltungsgericht angeschlossen hat (BVerwG, Urteil vom 28. Januar 1993 - BVerwG 2 C 15.91 - NVwZ 1994, 32 f.), kann sich der zur Herausgabe verpflichtete Empfänger einer Leistung dann nicht auf den Wegfall der Bereicherung berufen, wenn er mit dem Erlangten Anschaffungen getätigt oder den Betrag zur Schuldentilgung verwendet. So liegt der Fall hier. Der Kläger hat nach seinen eigenen Angaben mit dem erlangten Betrag die Anschaffung der Siloanlage getätigt; er hat damit die zur Anschaffung der Anlage erforderlichen Aufwendungen dauerhaft erspart. Im Übrigen könnte sich der Kläger nicht auf den Wegfall der Bereicherung berufen, da er die Umstände, die zum Widerruf des Zuwendungsbescheides geführt haben (hier: Betriebsschließung), kannte (vgl. § 49 a Abs. 2 Satz 2 VwVfGBbG).

Soweit der Kläger geltend macht, das Verwaltungsgericht habe die Pflichten der Beklagten nach Erhalt des klägerischen Schreibens vom 26. September 1995 nicht diskutiert, lässt sein Vortrag nicht erkennen, weshalb dies zur Unrichtigkeit der angefochtenen Entscheidung führen soll. Sein Vorbringen, die Beklagte hätte leicht in Erfahrung bringen können, dass sich die Hoffnung des Klägers auf Wiederinbetriebnahme der Siloanlage allein darauf stützte, dass die ursprünglichen Lieferanten mit gerichtlicher Hilfe zur Erfüllung ihrer Verträge verpflichtet werden könnten, führt nicht weiter. Da der Kläger selbst zunächst nur von einer vorübergehenden Aussetzung des betrieblichen Ablaufs ausgegangen ist, kann er dem Beklagten nicht vorwerfen, dass dieser es ebenfalls so gesehen hat.

Die Angriffe gegen die Ermessensüberprüfung des Verwaltungsgerichts unter Hinweis darauf, dass dieses eine Bedingung oder Auflage dahin, eine bestimmte Zahl von Arbeitsplätzen zu sichern, nicht angenommen habe, gehen fehl. Das Verwaltungsgericht hat in Nr. 4 der Anlage 1 des Zuwendungsbescheides ausdrücklich eine solche Auflage gesehen.

2. Die geltend gemachten Schwierigkeiten tatsächlicher und rechtlicher Art (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) sind nicht näher dargelegt und auch bei Berücksichtigung des sonstigen Antragsvorbringens nicht gegeben.

3. Die Zulassung der Berufung kommt auch nicht nach § 124 Abs. 2 Nr.3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache in Betracht.

Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO kommt einer Rechtssache nur dann zu, wenn eine bisher weder höchstrichterlich noch obergerichtlich beantwortete konkrete und zugleich entscheidungserhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage aufgeworfen und erläutert wird, warum sie über den Einzelfall hinaus bedeutsam ist und im Interesse der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung der Klärung in einem Berufungsverfahren bedarf. Hieran fehlt es.

Die vom Kläger aufgeworfenen Fragen, wie ein Verhalten des Subventionsempfängers, das zu einer Minimierung des nicht abwendbaren Schadens führt, zu bewerten ist und inwieweit das Bemühen des Klägers um Schaffung von Ersatzarbeitsplätzen am Standort der geförderten Anlage Einfluss auf die Ermessensentscheidung der Behörde haben kann, sind nicht klärungsfähig im oben genannten Sinne. Es ist vielmehr jeweils eine Frage des Einzelfalles, welche Umstände die Behörde mit welchem Gewicht berücksichtigen muss, um die ihr aufgetragene Ermessensentscheidung sachgerecht treffen zu können. Allgemeingültige Maßstäbe lassen sich hierfür nicht aufstellen.

Die Frage, "ob die nur teilweise Nichterfüllung einer zeitlich befristeten Auflage den vollständigen Widerruf einer Subventionsbewilligung rechtfertigen kann", ist im Hinblick auf die haushaltsrechtlichen Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (Art. 7 Abs. 1 LHO) ohne weiteres zu bejahen (vgl. zur ermessenslenkenden Bedeutung dieser Grundsätze: BVerwG, Urteil vom 16. Juni 1997 - BverwG 3 C 22.96 - BVerwGE 105, 55).

Ohne Erfolg bleibt der Hinweis des Klägers, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung, weil das Verwaltungsgericht sich für die Auffassung, die Subvention dürfe ausschließlich wegen einer angenommenen Verletzung der Mitteilungspflicht des Klägers zurückgefordert werden, nicht auf höchstrichterliche Rechtsprechung oder Literatur stützen könne. Abgesehen davon, dass das Verwaltungsgericht nicht "ausschließlich" auf die Verletzung der Mitteilungspflichten abgestellt hat, ist eine klärungsfähige Rechtsfrage mit diesem Vortrag nicht aufgezeigt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 2, § 14 Abs. 1 und Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes (GKG a.F.), das hier noch in der bis zum 30. Juni 2004 geltenden Fassung anzuwenden ist (vgl. § 72 Nr. 1 GKG i.d.F. des Art. 1 des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts vom 5. Mai 2004. BGBl. I S. 718).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 25 Abs. 3 Satz 2 GKG a.F.).

Ende der Entscheidung

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