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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 18.08.2005
Aktenzeichen: OVG 80 SN 1.05
Rechtsgebiete: DiszG, BDG, VwGO, VwVfG


Vorschriften:

DiszG § 3
DiszG §§ 38 ff.
DiszG § 38 Abs. 1
DiszG § 41
BDG § 67 Abs. 3
VwGO § 124 Abs. 2
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 5
VwGO § 146 Abs. 4 Satz 1
VwGO § 146 Abs. 4 Satz 6
VwGO § 147
VwGO § 147 Abs. 1 Satz 1
VwVfG § 39 Abs. 2 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERVERWALTUNGSGERICHT BERLIN-BRANDENBURG BESCHLUSS

OVG 80 SN 1.05

In der Disziplinarsache

hat der 80. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht und die Richter am Oberverwaltungsgericht und am 18. August 2005 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Antragstellers auf Zulassung der Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 13. Mai 2005 wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

Gründe:

1. Der Rechtsbehelf des Antragstellers ist zulässig.

Gegen den angefochtenen Beschluss war allein der Antrag auf Zulassung der Beschwerde statthaft. Gemäß § 41 DiszG i.V.m. § 67 Abs. 3 BDG steht den Beteiligten die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts, mit denen - wie hier - über die Aussetzung der vorläufigen Dienstenthebung entschieden worden ist, nur zu, wenn sie vom Oberverwaltungsgericht in entsprechender Anwendung des § 124 Abs. 2 VwGO zugelassen worden ist.

Der Zulassungsantrag genügt auch sonst den formellen Anforderungen; insbesondere wahren Antragsschrift und -begründung die Fristen des § 147 und des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO, die hier entsprechend anzuwenden sind (vgl. Gansen, Disziplinarrecht des Bundes und der Länder, § 67 Rdnr. 14). Zwar waren bei Eingang der Antragsschrift vom 13. Juni 2005 am 14. Juni 2005 schon mehr als zwei Wochen seit Zustellung des angefochtenen Beschlusses am 20. Mai 2005 verstrichen. Dieser hatte jedoch die Frist des § 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht in Lauf gesetzt, da er eine fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung enthielt (vgl. § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Der Fristlauf begann erst mit Zustellung des Berichtigungsbeschlusses vom 23. Juni 2005 am 28. Juni 2005.

2. Der Rechtsbehelf ist jedoch nicht begründet.

Zulassungsgründe nach § 41 DiszG i.V.m. § 67 Abs. 3 BDG, § 124 Abs. 2 VwGO liegen, soweit sie hinreichend dargelegt sind (entsprechend § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO), nicht vor.

2.1. Mit den vom Antragsteller angeführten und hier entsprechend § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein zu prüfenden Gründen sind ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht aufgezeigt, und zwar auch dann nicht, wenn die in der Antragsbegründung in Bezug genommenen Ausführungen in der Beschwerdeschrift vom 27. Mai 2005 berücksichtigt werden. Gemessen an den geltend gemachten Aspekten hat das Verwaltungsgericht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit richtig entschieden.

Die Einwände gegen die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Dienstenthebung begegne in formeller Hinsicht keinen rechtlichen Bedenken, müssen ohne Erfolg bleiben.

Welche Anforderungen abstrakt an die Konkretisierung des Sachverhalts in einer Anordnung nach § 38 Abs. 1 DiszG zu stellen sind, hat das Verwaltungsgericht - wie letztlich auch der Rechtsbehelf sieht - im Einzelnen dargelegt. Der Maßstab, der als Dienstvergehen gewertete Sachverhalt müsse soweit möglich nach Zeit, Ort und Umfang des vorgeworfenen Verhaltens konkretisiert werden, entspricht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur BDO (vgl. Beschluss vom 22. Mai 1992 - BVerwG 1 DB 5.92 - bei juris). Konkrete Bedenken gegen diesen rechtlichen Ansatz zeigt der Antragsteller nicht auf. Der Hinweis auf die zwischenzeitliche Gesetzesänderung ist unergiebig. Der Rechtsbehelf legt nicht dar, inwieweit sich die Neufassung des Disziplinarrechts im DiszG (bzw. im sachgleichen BDG) zu diesem Aspekt relevant von der Regelung in der LDO (bzw. in der BDO) unterscheiden könnte. Substanzielle Veränderungen enthält das neue Recht - gemessen an der früheren Rechtslage und der hierzu ergangenen Rechtsprechung - nicht (vgl. Schmiemann in Schütz/Schmiemann, Disziplinarrecht des Bundes und der Länder, 4. Auflage, § 38 Rdnr. 1).

Die Würdigung des Verwaltungsgerichts, die angefochtene Verfügung genüge diesen Anforderungen, ist nicht mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt.

Die Auffassung des Antragstellers, die Tatsachengrundlage müsse in der Dienstenthebungsanordnung selbst dargelegt werden (der Verweis auf die substanziierte Mitteilung über die Einleitung des Verfahrens vom 25. Oktober 2004 genüge nicht), ist nicht plausibel. Sie findet weder in §§ 38 ff. DiszG noch in dem gemäß § 3 DiszG entsprechend anzuwendenden Gesetz über das Verfahren der Berliner Verwaltung eine Grundlage. Im Übrigen bedarf es nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG einer Begründung des Verwaltungsakts nicht, soweit dem Empfänger - wie hier - die Auffassung der Behörde über die Sach- und Rechtslage bereits bekannt ist. - Soweit der Antragsteller beanstandet, dass das Verwaltungsgericht auf einen Sachstandsbericht des Landeskriminalamtes vom 25. Oktober 2004 verwiesen habe, verkennt er, dass sich das Zitat nicht auf die Konkretisierung des Sachverhalts bezieht, sondern auf einen ergänzend ("zudem") angefügten Umstand, der weitere Begründung entbehrlich machte, nämlich die Tatsache, dass dem Antragsteller bereits vor dem 25. Oktober 2004 anlässlich seiner verantwortlichen Vernehmung im Strafermittlungsverfahren der vorgeworfene Sachverhalt mitgeteilt worden war. Die Richtigkeit dieser Aussage zieht der Rechtsbehelf nicht in Zweifel.

Die hilfsweise vorgetragene Argumentation, auch durch den Verweis auf die Einleitungsverfügung werde der Sachverhalt nicht hinreichend bestimmt, trägt den dargestellten Begründungsanforderungen, den Vorwurf "soweit wie möglich" zu konkretisieren, nicht Rechnung. Ob die angegebenen Tatsachen die Prognose rechtfertigen, im Disziplinarverfahren werde voraussichtlich auf Entfernung aus dem Dienst erkannt werden (§ 38 Abs. 1 Satz 1 DiszG), ist für die formelle Prüfung der Anordnung ohne Bedeutung.

Ebenso wenig greift das Vorbringen zur materiellen Rechtmäßigkeit der Anordnung durch.

Soweit sich der Antragsteller dagegen wendet, dass sich das Verwaltungsgericht über die Sachverhaltsdarstellung in der Einleitungsverfügung hinaus auf Berichte des Landeskriminalamtes vom 22. September und 25. Oktober 2004 gestützt hat, verkennt er, dass für die Überprüfung einer Dienstenthebung durch die Verwaltungsgerichte auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abzustellen ist (vgl. [noch zur BDO] Weiß in Fürst, GKÖD Bd. II, K § 95 Rdnr. 49 m.w.N.; [zum BDG] Gansen, a.a.O. § 63 Rdnr. 10), weitere, auch nach der Dienstenthebung gewonnene Erkenntnisse aus den Disziplinarakten zu berücksichtigen sind.

Hiervon ausgehend sind die letztlich relevanten Vorwürfe entgegen der Auffassung des Antragstellers so konkretisiert, dass sie die erforderliche Prognose tragen. Hinsichtlich der Zahlung mit der von einem Sicherheitsunternehmen zur Verfügung gestellten Kreditkarte in einem Hotel geht auch der Rechtsbehelf von hinreichend bestimmten Feststellungen aus. Die vermisste Konkretisierung des Vorwurfs, polizeiinterne Informationen geliefert zu haben, ergibt sich jedenfalls aus der im Bericht vom 25. Oktober 2004 wiedergegebenen Aussage des Zeugen C_____. Auf den Verdacht bezüglich des Erwerbs von Kokain ist der angefochtene Beschluss ausdrücklich nicht gestützt.

Zu den konkreten Sachverhaltsfeststellungen des Verwaltungsgerichts und zur hieran knüpfenden rechtlichen Bewertung sind ernstliche Richtigkeitszweifel nicht aufgezeigt.

2.2. Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) ist nicht dargetan.

Der Antragsteller zeigt nicht auf, dass in der Rechtssache eine klärungsfähige und klärungsbedürftige Frage aufgeworfen wird, deren Beantwortung in einem künftigen Beschwerdeverfahren zur Wahrung der Einheitlichkeit oder zur Fortentwicklung des Rechts geboten ist. Sollte sich die behauptete Grundsätzlichkeit auf die Erwägung beziehen, ob die Konkretisierungserfordernisse, wie sie bislang nach der LDO erfüllt werden mussten, nach dem DiszG erforderlich sind, bestünde kein Klärungsbedarf, denn diese Frage wäre ohne weiteres (wie unter 2.1. ausgeführt) zu bejahen.

2.3. Sollte der Antragsteller mit dem Vorbringen, das Verwaltungsgericht habe ihm die Sachstandsberichte des LKA nicht bekannt gegeben und bezüglich des Schriftsatzes des Antragsgegners vom 7. Februar 2005 kein rechtliches Gehör gewährt, Verfahrensmängel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO geltend machen wollen, wäre der Zulassungsgrund ebenfalls nicht hinreichend dargelegt.

Die Rüge, rechtliches Gehör sei verletzt, erfordert regelmäßig die substantiierte Darlegung dessen, was die Prozesspartei bei ausreichender Gehörsgewährung noch vorgetragen hätte und inwiefern der weitere Vortrag zur Klärung des geltend gemachten Anspruchs geeignet gewesen wäre (vgl. BVerwG NJW 1997, 3328). Hierzu ist dem Zulassungsantrag und seiner Begründung nichts zu entnehmen. - Nur am Rande sei bemerkt, dass der Schriftsatz vom 7. Februar 2005 zwar verzögert, gleichwohl aber noch zehn Tage vor Absendung des angefochtenen Beschlusses zur Post gegeben und mit diesem Schriftsatz der Disziplinarvorgang, der jene Sachstandsberichte enthielt, in das Verfahren eingeführt worden ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 41 DiszG i.V.m. § 77 Abs. 4 BDG, § 154 Abs. 2 VwGO.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 3 DiszG i.V.m. § 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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