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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Urteil verkündet am 10.10.2007
Aktenzeichen: OVG 9 A 72.05
Rechtsgebiete: GG, VwGO, BbgStrG, KAG, BauGB, BGB, BekanntmV 2000, BekanntmV 1994


Vorschriften:

GG Art. 3 Abs. 1
VwGO § 47
BbgStrG § 49 a Abs. 1
BbgStrG § 49 a Abs. 2
BbgStrG § 49 a Abs. 5
BbgStrG § 49 a Abs. 7
KAG § 2 Abs. 1 Satz 2
KAG § 6 Abs. 1
KAG § 6 Abs. 4
BauGB § 131
BauGB § 133
BGB § 139
BekanntmV 2000 § 4 Abs. 1 Satz 4
BekanntmV 1994
1. Ein Grundstück ist i.S.d. § 49 a Abs. 5 Nr. 3 BbgStrG erschlossen, wenn es rechtlich und tatsächlich eine Zugangsmöglichkeit zu einer öffentlichen Straße hat und dadurch eine innerhalb der geschlossenen Ortslage übliche und sinnvolle Grundstücksnutzung ermöglicht wird. Dies trifft auf solche Grundstücke grundsätzlich nicht zu, deren Nutzung üblicherweise dem Außenbereich zuzuordnen ist.

2. Straßenreinigungs- bzw. Winterwartungsgebühren können nach Berechnungs-metern bemessen werden, die sich aus der Quadratwurzel der Fläche des durch die öffentliche Straße erschlossenen Grundstücks ergeben (Quadratwurzelmaßstab).

3. Innerhalb einer öffentlichen Einrichtung ist die Bildung getrennter Kostenmassen grundsätzlich nur zulässig, wenn wesentliche Unterschiede in der Arbeitsweise und dem Arbeitsergebnis bestehen.

4. Der aus dem Gleichheitsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG folgende Grundsatz der Systemgerechtigkeit verlangt, dass der Satzungsgeber das von ihm im Rahmen seines Ermessens geschaffene Bemessungssystem beachtet. Abweichungen bedürfen einer sachlichen Rechtfertigung.

5. Erwägungen der Verwaltungsvereinfachung und -praktikabilität rechtfertigen eine Durchbrechung des Gleichheitssatzes nur dann, wenn die dem "typischen Fall" widersprechenden Ausnahmen in quantitativer und qualitativer Hinsicht zu vernachlässigen sind.


OVG 9 A 72.05

In der Normenkontrollsache

hat der 9. Senat auf die mündliche Verhandlung vom 10. Oktober 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Schmidt, den Richter am Finanzgericht Dr. Beck, die Richterin am Oberverwaltungsgericht von Lampe, die ehrenamtliche Richterin Volkert und den ehrenamtlichen Richter Tabaczynski

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Es wird festgestellt, dass § 6 Abs. 4 Satz 3 und Abs. 5 der Satzung über die Straßenreinigung und Winterwartung sowie die Erhebung von Straßenreinigungs- und Winterwartungsgebühren in der Stadt Angermünde vom 24. November 2004 nichtig ist.

2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Antragstellerin stellt im vorliegenden Normenkontrollverfahren die Bestimmungen des § 6 Abs. 4 Satz 3 und Abs. 5 der Satzung über die Straßenreinigung und Winterwartung sowie die Erhebung von Straßenreinigungs- und Winterwartungsgebühren in der Stadt Angermünde vom 24. November 2004 (Straßenreinigungssatzung) zur Überprüfung.

Die Antragstellerin ist Eigentümerin eines an einer öffentlichen Straße im Gebiet der Antragsgegnerin belegenen Grundstücks. Die Stadtverordnetenversammlung der Antragsgegnerin beschloss am 24. November 2004 die Straßenreinigungssatzung, die u.a. folgende Regelungen enthält:

§ 1

Allgemeines

(1) Die Stadt Angermünde betreibt die Reinigung und Winterwartung der dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßen, Wege und Plätze (öffentliche Straßen) innerhalb der geschlossenen Ortslagen, soweit die Reinigung und Winterwartung nicht nach § 2 den Eigentümern der erschlossenen Grundstücke übertragen wird.

Die Reinigung und Winterwartung wird auf die öffentlichen Straßen außerhalb der geschlossenen Ortslage, an die bebaute Grundstücke angrenzen, ausgedehnt, soweit diese Straßen im Straßenverzeichnis (Anlage), das Bestandteil dieser Satzung ist, benannt sind.

Straßenreinigung und Winterwartung werden durch die Stadt als öffentliche Einrichtung betrieben.

...

§ 4

Begriff des Grundstücks und der Erschließung

...

(2) Erschlossen ist ein Grundstück dann, wenn es rechtlich und tatsächlich eine Zufahrtsmöglichkeit für Fahrzeuge oder eine fußläufige Zugangsmöglichkeit zur Straße hat und dadurch eine innerhalb geschlossener Ortslagen übliche und sinnvolle wirtschaftliche Grundstücksnutzung ermöglicht wird. Außerhalb geschlossener Ortslagen sind Grundstücke nach Maßgabe von Satz 1 nur dann erschlossen, wenn sie bebaut sind.

...

§ 5

Benutzungsgebühren

(1) Die Stadt erhebt für die von ihr durchgeführte Reinigung und Winterwartung der öffentlichen Straßen Benutzungsgebühren gemäß § 6 KAG i.V.m. § 49 a Abs. 5 und 7 BbgStrG.

(2) Den Kostenanteil, der auf das allgemeine öffentliche Interesse an der Straßenreinigung und Winterwartung sowie auf die Reinigung und Winterwartung der Straßen und Straßenteile entfällt, für die eine Gebührenpflicht nicht besteht, trägt die Stadt. Er beträgt 25 v.H. der Gesamtkosten der Straßenreinigung und Winterwartung im Gemeindegebiet.

§ 6

Gebührenmaßstab und Gebührensatz

(1) Maßstab für die Benutzungsgebühr ist nach näherer Bestimmung der nachfolgenden Absätze die Quadratwurzel der Grundstücksfläche des erschlossenen Grundstücks. Die Quadratwurzel wird auf eine Stelle hinter dem Komma gerundet.

...

(4) Bei einer einmaligen wöchentlichen Reinigung beträgt die Benutzungsgebühr jährlich je Meter Quadratwurzel Grundstücksfläche (Absätze 1 bis 3) für die Reinigung der Fahrbahn (ohne Winterwartung) 3,19 €.

Wird vierzehntägig gereinigt, halbiert sich der entsprechende Gebührenanteil, wird mehrmals wöchentlich gereinigt, vervielfacht er sich entsprechend.

Die Jahresgebühr für die Winterwartung der Fahrbahn beträgt je Meter Quadratwurzel Grundstücksfläche

in Zone I = Kernstadt 0,41 €

in Zone II = Ortsteile 0,19 €.

Die Zugehörigkeit einer Straße zur Zone I oder II sowie die Häufigkeit der wöchentlichen Reinigungen der einzelnen Straßen ergeben sich aus dem Straßenverzeichnis.

(5) Bei winterwartungsgebührenpflichtigen Grundstücken, die die Größe von 1 Hektar übersteigen, wird von der Veranlagung einer auf volle Hektar abgerundeten Teilfläche zur Winterwartungsgebühr abgesehen, wenn diese Acker, Grünland, Gewässer, Brachland oder Umland ist. Es wird jedoch mindestens die Winterwartungsgebühr für einen Hektar erhoben. Ein Gebührennachlass nach den voranstehenden Sätzen wird nur auf Antrag des Gebührenpflichtigen und ab Beginn des Veranlagungsjahres gewährt, in dem der Stadt vom Gebührenpflichtigen geeignete Unterlagen für die Prüfung der Voraussetzungen vorgelegt werden. Die Gebührenmindereinnahme trägt die Stadt.

...

§ 7

Gebührenpflichtige

(1) Gebührenpflichtig sind die Eigentümer der durch die öffentlichen Straßen erschlossenen Grundstücke.

...

§ 8

Entstehung, Änderung und Fälligkeit der Benutzungsgebühr

...

(4) Die Gebühr wird mit ihrem Gesamtbetrag am 1. Juli des Veranlagungsjahres fällig.

Die Gebühr, die sich nach dem bekannt gegebenen Abgabenbescheid für vorangegangene Fälligkeitstage (Sätze 1 bis 3) ergibt, ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Abgabenbescheids zu entrichten.

... § 11

Inkrafttreten und Außerkrafttreten

(1) Diese Satzung tritt am 01.01.2005 in Kraft.

(2) Diese Satzung tritt am 31.12.2008 außer Kraft.

...

Die Satzung wurde auf Grund der Bekanntmachungsanordnung des Bürgermeisters vom 25. November 2004 im Amtsblatt für die Stadt Angermünde vom 9. Dezember 2004, 14. Jahrgang, Nr.10/2004, bekannt gemacht, auf dessen Titelseite das Inhaltsverzeichnis des Amtsblattes abgedruckt ist.

Den Gebührensätzen in der Satzung liegt eine Kalkulation der Gebührensätze der Straßenreinigungs- und Winterwartungsgebühren zugrunde, die Bestandteil der Beschlussvorlage zu der Satzung ist. Von dem für das Jahr 2005 kalkulierten Gesamtaufwand von 45 289,38 € für die Winterwartung in den Ortsteilen (Zone II) entfallen 5 739,25 € auf den städtischen Bauhof, 2 710,83 € auf das Streugut, 12 274,27 € auf Dienstleister, 13 266,26 € auf die Straßenverwaltungen (Bundesstraßenbauamt und Kreisstraßenmeisterei) sowie 11 298,77 € auf die Verwaltung. Die Antragsgegnerin zog die Antragstellerin mit Abgabenbescheid vom 27. Januar 2005 für den Zeitraum 2005 u.a. zu einer Winterwartungsgebühr in Höhe von 25,38 € (61,90 m x 0,41 €) für das mit einer Teilfläche von 3 831 qm in der Kernstadt liegende Grundstück heran. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren hat die Antragstellerin Klage vor dem Verwaltungsgericht Potsdam erhoben.

Mit ihrer auf Grund des Verweisungsbeschlusses des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 24. Juni 2005 bei Gericht eingegangenen Normenkontrollklage trägt die Antragstellerin vor: Die unterschiedlichen Gebührensätze für die Winterwartung in § 6 Abs. 4 Satz 3 der Straßenreinigungssatzung seien sachlich nicht gerechtfertigt. Ausweislich der Kalkulation der Gebührensätze der Antragsgegnerin in der Beschlussvorlage des Bürgermeisters vom 20. Oktober 2004 entfielen die jährlichen Kosten für die Winterwartung in Höhe von 91 241,08 € zu gleichen Teilen auf die Kernstadt und die Ortsteile, so dass ein einheitlicher Gebührensatz hätte festgelegt werden müssen. Der Umstand, dass die Winterwartung in der Kernstadt intensiver sei, rechtfertige keine Differenzierung, da im Straßenreinigungsrecht nicht die konkreten Kosten der Reinigung bzw. Winterwartung einer bestimmten Kehrstrecke auf die Eigentümer der gerade an dieser Kehrstrecke liegenden Grundstücke umzulegen seien. Vielmehr seien alle Eigentümer erschlossener Grundstücke für die Gesamtkosten der Straßenreinigung und Winterwartung im gesamten Gemeindegebiet anteilig heranzuziehen. Die Vorschrift in § 6 Abs. 5 der Straßenreinigungssatzung sei rechtswidrig, weil dadurch die Eigentümer von Grundstücken, die größer als 1 ha seien, ohne Rechtsgrundlage aus den ohnehin knappen Steuermitteln der Antragsgegnerin subventioniert würden und dies die Antragstellerin indirekt benachteilige. Eine Einbeziehung der Grundstücke in unverminderter Größe sowie eine Anwendung eines einheitlichen Gebührensatzes würde zu einer Entlastung der Grundstückseigentümer mit Grundstücken unter 1 ha führen.

Die Antragstellerin beantragt,

§ 6 Abs. 4 Satz 3 und § 6 Abs. 5 der Straßenreinigungssatzung der Stadt Angermünde vom 24. November 2004 für nichtig zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus: Die Aufteilung des Stadtgebietes hinsichtlich der Winterwartung in zwei Zonen und die Erhebung unterschiedlicher Gebühren für jede Zone verletze nicht den Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz - GG -, da sich die Winterwartungen in den beiden Zonen nach Organisation und Intensität erheblich unterscheiden würden. In der Kernstadt (Zone 1) werde die Winterwartung auf einem Straßennetz von etwa 45 km Länge vom städtischen Bauhof übernommen. Auf Grund des höheren Verkehrsaufkommens sei die Winterwartung hier intensiver als in den Ortsteilen. Bei entsprechender Wetterlage werde in der Kernstadt die Winterwartung der innerstädtischen Straßen mehrfach täglich durch drei bis vier zum Einsatz kommende LKW des städtischen Bauhofs durchgeführt. Auf punktuelle Glätte werde mit zusätzlicher Winterwartung reagiert. Die Winterwartungskapazitäten seien darauf ausgerichtet, das innerstädtische Straßennetz innerhalb von zwei bis drei Stunden zu räumen und streuen.

Dagegen sei in den Ortsteilen (Zone 2) das Netz der von der Winterwartung erfassten Gemeindestraßen und klassifizierten Straßen etwa 120 km lang. Hier beschränke sich die Winterwartung im Hinblick auf das relativ geringe Verkehrsaufkommen auf das Nötigste. Die Straßenzustandsschwelle, ab der der städtische Bauhof mit einem LKW und die vier Dienstleister mit je einem Traktor zur Winterwartung in die zweiundzwanzig Ortsteile ausrückten, sei höher als in der Kernstadt. Soweit eine Winterwartung stattfinde, beschränke sie sich in der Regel auf einen Einsatz am Tag. Während der LKW des städtischen Bauhofs für eine Tour bei gleichzeitigem Räumen und Streuen vier bis fünf Stunden benötige, bräuchten die Traktoren der Dienstleister für eine Tour drei bis vier Stunden, wobei ein gleichzeitiger Räum- und Streudienst nicht möglich sei, vielmehr in den meisten Fällen die Strecke zunächst geräumt und erst am Folgetag gestreut werde.

Eine Ausnahme von der minimierten Winterwartung in der Zone II bildeten die Ortsdurchfahrten der Bundes-, Landes- und zum Teil Kreisstraßen, die im städtischen Auftrag durch die jeweiligen Straßenverwaltungen im Rahmen der Überlandtouren winterdienstlich betreut würden.

Die unterschiedliche Intensität der Winterwartung wirke sich auf die Kosten aus. Es treffe zwar zu, dass der Aufwand für die Winterwartung im Kernbereich der Stadt (45 951,70 €) und in allen Ortsteilen zusammen (45 289,38 €) in etwa gleich groß sei. Die Antragstellerin verkenne jedoch, dass der jeweilige Kostenaufwand auf eine unterschiedlich hohe Zahl von Einheiten entfalle, auf die er zu verteilen sei. So gebe es im Kernbereich der Stadt 82 657 Verteilungseinheiten, denen in den Ortsteilen 176 891 Verteilungseinheiten entgegenstünden. Mit annähernd gleichem finanziellem Aufwand werde damit in den Ortsteilen der Winterdienst für mehr als doppelt so viele Verteilungseinheiten erbracht - allerdings mit geringerer Intensität. Angesichts dieser Unterschiede in der Arbeitsweise und der erbrachten Leistung sei die Antragsgegnerin verpflichtet gewesen, unterschiedliche Einrichtungen zu bilden und der unterschiedlichen Leistung durch unterschiedlich hohe Gebührensätze Rechnung zu tragen.

Durch die Billigkeitsregelung in § 6 Abs. 5 der Straßenreinigungssatzung werde die Antragstellerin nicht in ihren Rechten verletzt, da die Antragsgegnerin die Gebührenermäßigungen aus ihren allgemeinen Steuermitteln trage und eine Entscheidung über die Verwendung der Steuermittel im Rahmen der Selbstverwaltung ausschließlich der Gemeinde und den dazu berufenen Organen obliege. Die in Rede stehende Regelung sei in Ansehung der Rechtsprechung des OVG Münster (Urteil vom 26. Februar 2003 - 9 A 2355/00 -, NVwZ-RR 2004, 68) in die Satzung aufgenommen worden, um unbillige Ergebnisse bei der Gebührenbelastung großer landwirtschaftlicher Grundstücke zu vermeiden. Die Kosten für diejenigen landwirtschaftlich genutzten Grundstücke, denen auf der Grundlage des § 6 Abs. 5 der Straßenreinigungssatzung eine Ermäßigung gewährt worden sei, seien im Vergleich zu den Gesamtkosten so gering, dass ein gesonderter Haushaltsposten dafür nicht in Betracht komme. Tatsächlich seien in allen Ortsteilen zusammen bis zum 30. Mai 2006 zwölf Anträge gestellt worden. Die auf die betreffenden Grundstücke entfallende Ermäßigung betrage derzeit jährlich 182,86 € und werde aus dem allgemeinen Haushalt der Antragsgegnerin aufgebracht. Diese geringen Kosten gingen in dem Kostenanteil der Antragsgegnerin von etwa 24 000,00 € auf und würden ohnehin aus dem allgemeinen Haushalt gedeckt.

Auf die gerichtliche Verfügung vom 8. Oktober 2007 hat die Antragsgegnerin folgende Auskünfte erteilt: Die vom städtischen Bauhof in der Zone II wintergewartete Strecke weise ein Länge von insgesamt 36 km auf, wovon 23 km in der geschlossenen Ortslage (§ 1 Abs. 1 Satz der Straßenreinigungssatzung), 4,1 km im so genannten ausgedehnten Bereich (§ 1 Abs. 1 Satz 2 der Straßenreinigungssatzung) und 8,9 km außerhalb der vorgenannten Bereiche lägen; die Kosten für die Winterwartung der letztgenannten Teilstrecke würden je km auf Grund der höheren Räumgeschwindigkeit nur zwei Drittel der übrigen Teilstrecken betragen. Dagegen sei die von den Straßenverwaltungen im städtischen Auftrag mit gleich bleibender Intensität wintergewartete Strecke in der Zone II 26,1 km lang; hiervon entfielen 21,5 km auf die geschlossene Ortslage, 0 km auf den so genannten ausgedehnten Bereich und 4,6 km auf den außerhalb liegenden Bereich.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Streitakte und die von der Antragsgegnerin vorgelegten Satzungsunterlagen verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Der Normenkontrollantrag hat Erfolg.

Der Antrag ist nach § 47 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - zulässig. Die Antragstellerin ist als Eigentümerin des im Gemeindegebiet der Antragsgegnerin belegenen und durch eine öffentliche Straße erschlossenen Grundstücks gemäß §§ 1 Abs. 1, 4 Abs. 2, 7 Abs. 1 der Straßenreinigungssatzung Gebührenschuldnerin und damit antragsbefugt. Sie hat auch das erforderliche Interesse an der Prüfung der umstrittenen Vorschriften der Satzung, da diese bisher nicht außer Kraft getreten ist und Grundlage für den von der Antragstellerin angefochtenen Gebührenbescheid 2005 ist.

Der Antrag ist auch begründet. Die zur Überprüfung gestellten Bestimmungen des § 6 Abs. 4 Satz 3 und Abs. 5 der Straßenreinigungssatzung sind nichtig.

Die Nichtigkeit der genannten Vorschriften ergibt sich allerdings nicht schon daraus, dass auf der Titelseite des Amtsblattes vom 9. Dezember 2004, in dem die Satzung erschienen ist, das Inhaltsverzeichnis des Amtsblattes abgedruckt ist. Zwar ist in § 4 Abs. 1 Satz 4 der Bekanntmachungsverordnung vom 1. Dezember 2000 (BekanntmV 2000) nur davon die Rede, dass auf der Titelseite (neben dem Titel und zusätzlichen Nebenbezeichnungen) "bildliche oder zeichnerische Darstellungen" abgedruckt werden dürfen. Nach neuerer Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschluss des Senats vom 16. Mai 2007 - OVG 9 N 204.05 -; anders noch Beschluss des Senats vom 31. August 2006 - OVG 9 N 108.05 -) spricht jedoch unter Berücksichtigung der Zielsetzung des Verordnungsgebers, mit der Bekanntmachungsverordnung 2000 u.a. Zweifelsfragen des Bekanntmachungsrechts, wie sie nach der Vorgängerverordnung vom 25. April 1994 (BekanntmV 1994) bestanden, auszuräumen, mehr für eine Auslegung, nach der durch die betreffende Regelung des § 4 Abs. 1 Satz 4 BekanntmV 2000 ein Textabdruck auf der Titelseite nicht ausgeschlossen, sondern nur klargestellt werden sollte, dass dort auch "bildliche oder zeichnerische Darstellungen" zulässig sein sollten. Danach dürfte zumindest der Abdruck eines Inhaltsverzeichnisses auf der Titelseite des amtlichen Bekanntmachungsblattes zulässig sein.

Die zur Überprüfung gestellten Satzungsbestimmungen erweisen sich aber in materieller Hinsicht als nichtig.

Die auf der Grundlage des § 49 a Abs. 1, 2, 5 und 7 Brandenburgisches Straßengesetz - BbgStrG - i.V.m. § 2 Abs. 1, § 6 Kommunalabgabengesetz für das Land Brandenburg - KAG - erlassene Satzung ist allerdings insoweit nicht zu beanstanden, als sie in § 1 in Übereinstimmung mit § 49 a Abs. 1 und 5 Nr. 1 BbgStrG die Reichweite der Winterwartungs- und Gebührenpflicht auf öffentliche Straßen innerhalb geschlossener Ortslagen und außerhalb derer auf solche öffentlichen Straßen, an die bebaute Grundstücke angrenzen, beschränkt. Dass nach § 7 Absatz 1 der Satzung zum Kreis der Gebührenpflichtigen nur die Eigentümer der durch die öffentlichen Straßen erschlossenen Grundstücke gehören, entspricht § 49 a Abs. 5 Nr. 3 BbgStrG, wonach die Gemeinden berechtigt sind, durch Satzung die Eigentümer der erschlossenen Grundstücke nach Maßgabe des Kommunalabgabengesetzes zu Benutzungsgebühren heranzuziehen. Der in § 4 der Satzung definierte Erschließungsbegriff trägt dem Sinn und Regelungsgehalt des § 49 a Abs. 5 Nr. 3 BbgStrG Rechnung (vgl. die Begründung zum Gesetzentwurf (LRg), Drucksache 2/1853 vom 29. November 1995). Maßgebend für die Heranziehung zu Straßenreinigungs- bzw. Winterwartungsgebühren ist, ob die zu veranlagenden Grundstücke von der öffentlichen Einrichtung im straßenreinigungsrechtlichen Sinne "erschlossen" werden. Dieser Begriff ist nicht notwendig identisch mit dem Erschließungsbegriff der §§ 131 und 133 Baugesetzbuch - BauGB - (vgl. BVerwG, Beschluss vom 31. März 1998 - 8 B 43/98 -, NVwZ-RR 1999, 64), sondern nach dem Sinn und Zweck des jeweils einschlägigen Gesetzes zu bestimmen. In § 49 a Abs. 5 Nr. 3 BbgStrG kommt die gesetzgeberische Wertung zum Ausdruck, dass bestimmte Grundstückseigentümer unter dem Gesichtspunkt von Sondervorteilen ein objektives Interesse an der Straßenreinigung bzw. Winterwartung haben und daher zu Gebühren herangezogen werden können. Einen solchen Sondervorteil als Rechtfertigung für eine Gebührenerhebung haben regelmäßig Eigentümer von Grundstücken, die - wie in § 4 der Satzung zutreffend festgelegt - rechtlich und tatsächlich eine Zugangsmöglichkeit zu der öffentlichen Straße haben und bei denen sich die Straßenreinigung bzw. Winterwartung in Bezug auf die Möglichkeit einer innerhalb der geschlossenen Ortslage üblichen und sinnvollen wirtschaftlichen Nutzung der Grundstücke vorteilhaft auswirkt (vgl. entsprechend zum Erschließungsbegriff im StrReinG NRW OVG Münster, Urteil vom 26. Februar 2003, a.a.O.).

Durch die Anknüpfung der Gebührenpflicht an das erschlossene Grundstück wird zugleich deutlich, dass Gebührentatbestand die Reinigung bzw. Winterwartung der das Grundstück des gebührenpflichtigen Eigentümers unmittelbar erschließenden ganzen Straße und nicht die Reinigung des vor dem jeweiligen Grundstück gelegenen Straßenteilstücks ist (vgl. OVG Münster, Urteil vom 12. Dezember 1980 - 2 A 2018/80 -, OVGE MüLü 35, 180). Die Antragsgegnerin ist aber dadurch nicht gehalten, die Kostenermittlung sowie die Festsetzung des Gebührensatzes für jede erschließende öffentliche Straße gesondert vorzunehmen. Vielmehr kann sich im Hinblick darauf, dass vorliegend die Straßenreinigung und Winterwartung nach § 1 Abs. 1 Satz 3 der Satzung als eine öffentliche Einrichtung betrieben wird und die gebührenpflichtigen Grundstückseigentümer kraft gesetzlicher Fiktion des § 49 a Abs. 5 Nr. 3, Abs. 7 BbgStrG i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG die ganze öffentliche Einrichtung in Anspruch nehmen, die Bemessung der Gebühren nach Maßstabseinheiten richten, die für den gesamten räumlichen Geltungsbereich der öffentlichen Einrichtung ohne Berücksichtigung der unterschiedlichen Längen und der Zahl der gerade von einer bestimmten Straße erschlossenen Grundstücke ermittelt werden. Die räumlichen Grenzen der Verwirklichung des Gebührentatbestandes müssen nämlich nicht mit den räumlichen Grenzen der Kostenermittlung und der Festsetzung des Gebührensatzes übereinstimmen (vgl. OVG Münster, Urteil vom 7. Januar 1982 - 2 A 1778/81 -, NVwZ 1983, 491).

Der von der Antragsgegnerin in § 6 der Satzung gewählte Gebührenmaßstab in der Form der Quadratwurzel der Grundstücksfläche des erschlossenen Grundstücks unterliegt keinen rechtlichen Bedenken. Es handelt sich um einen zulässigen und nicht gegen das Äquivalenzprinzip verstoßenden Wahrscheinlichkeitsmaßstab gemäß § 6 Abs. 4 Satz 2 KAG (vgl. zur Zulässigkeit dieses Maßstabs nach den entsprechenden Bestimmungen des KAG NRW OVG Münster, Urteil vom 27. Juni 1984 - 2 A 2289/83 -, OVGE MüLü 37, 144). Da eine exakte Feststellung des Leistungsumfangs der Winterwartung im Einzelfall, an den ein grundsätzlich vorrangiger Wirklichkeitsmaßstab nach § 6 Abs. 4 Satz 1 KAG anknüpfen könnte, nicht möglich ist, darf die Antragsgegnerin auf einen Wahrscheinlichkeitsmaßstab zurückgreifen, der in seiner Anwendung gemäß § 6 Abs. 4 Satz 2 KAG lediglich dadurch begrenzt ist, dass er nicht in einem offensichtlichen Missverhältnis zur Inanspruchnahme stehen darf. Das Verbot des "offensichtlichen Missverhältnisses" stellt sich so als landesrechtliche Ausprägung des bundesrechtlichen Äquivalenzprinzips dar, das erst dann verletzt ist, wenn eine gröbliche Störung des Ausgleichsverhältnisses vorliegt. Danach muss der Wahrscheinlichkeitsmaßstab einen einigermaßen sicheren Schluss auf den Umfang der Benutzung zulassen und gewährleisten, dass für eine etwa gleich große Inanspruchnahme gleich hohe Gebühren und bei unterschiedlicher Inanspruchnahme diesen Unterschieden entsprechende Gebühren zu zahlen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. September 1981 - 8 C 48/81 -, KStZ 1982, 69). Dass vorliegend die quantitative Teilung der - kraft gesetzlicher Fiktion in Anspruch genommenen - Winterwartungsleistung nach grundstücksbezogenen Gesichtspunkten sachgerecht ist, folgt schon aus der in § 49 a Abs. 5 Nr. 3 BbgStrG getroffenen Regelung, nach der die Eigentümer der durch die öffentliche Straße erschlossenen Grundstücke (als solche) der Gebührenpflicht unterliegen. Ein offensichtliches Missverhältnis i.S.d. § 6 Abs. 4 Satz 2 KAG wird auch nicht dadurch begründet, dass der von der Antragsgegnerin gewählte Maßstab der Quadratwurzel aus der Grundstücksfläche die Eigenschaft hat, in geringerem Maße anzusteigen, als es der Zunahme der Grundstücksfläche entspricht. Die dadurch bedingte gebührenrechtliche Entlastung größerer Grundstücke führt zwar zwingend dazu, dass kleinere Grundstücke stärker belastet werden. Diese Wirkungsweise des Quadratwurzelmaßstabs schließt jedoch seine Zulässigkeit nicht aus. Zum einen lässt seine Anwendung noch eine ausreichende, mit § 6 Abs. 4 Satz 2 KAG zu vereinbarende Unterscheidung der Grundstücke nach ihrer Größe zu. Zum anderen trägt seine degressive Wirkung dem Umstand Rechnung, dass der durch die Winterwartungsleistung vermittelte Sondervorteil nicht uneingeschränkt mit der Größe des Grundstücks zunimmt, vielmehr bei großen Grundstücken die Nutzungsintensität und somit der vermittelte Sondervorteil typischerweise geringer ausfallen.

Nichtig ist jedoch die Regelung der Gebührensätze für die Winterwartung in § 6 Abs. 4 Satz 3 der Satzung.

Zweifelhaft ist bereits, ob die Antragsgegnerin bei ihrer Kalkulation der Gebührensätze das Kostenüberschreitungsverbot des § 6 Abs. 1 Satz 3 KAG beachtet hat, soweit sie die Kosten für die Winterwartung der außerhalb der geschlossenen Ortslage und des so genannten ausgedehnten Bereichs liegenden öffentlichen Straßen in der Zone II mit einer Länge von 13,5 km in ihrer Kalkulation als gebührenfähig angesetzt haben sollte. Nach § 6 Abs. 1 Satz 3 KAG soll das veranschlagte Gebührenaufkommen die voraussichtlichen Kosten der Einrichtung in der Regel decken, aber nicht übersteigen. Dieser Grundsatz gilt nach § 49 a Abs. 7 Satz 2 BbgStrG mit der Maßgabe, dass das Gesamtgebührenaufkommen 75 v.H. der Gesamtkosten der Straßenreinigung im Gemeindegebiet nicht übersteigen darf. Aus der Einrichtungsbezogenheit der Kosten folgt, dass der Einrichtung nicht zuzurechnende Kosten nicht gebührenfähig sind und keine Berücksichtigung in der Kalkulation finden dürfen. Im Hinblick darauf, dass die von der Antragsgegnerin betriebene öffentliche Einrichtung gemäß § 1 der Satzung i.V.m. § 49 a Abs. 1 und 5 Nr. 1 BbgStrG sich räumlich nur auf die Straßenreinigung und Winterwartung innerhalb der geschlossenen Ortslage und den so genannten ausgedehnten Bereich erstreckt, wäre eine Belastung der gebührenpflichtigen Benutzer mit den Kosten für die Winterwartung der außerhalb dieser Bereiche liegenden öffentlichen Straßen mit dem Kostenüberschreitungsverbot nicht vereinbar.

Dem ist hier aber nicht weiter nachzugehen, weil § 6 Abs. 4 Satz 3 der Satzung sich aus anderen Gründen als nichtig erweist. Die Regelung unterschiedlicher Gebührensätze für die Winterwartung in Zone I und Zone II im Rahmen der von der Antragsgegnerin betriebenen Einrichtung verstößt gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG.

Es steht im Organisationsermessen der kommunalen Selbstverwaltungskörperschaft, in welchem räumlichen und sachlichen Zusammenhang sie zur Wahrnehmung ihrer öffentlichen Aufgaben eine oder mehrere öffentliche Einrichtungen errichtet und betreibt. Dieses Ermessen hat die Antragsgegnerin dahingehend ausgeübt, dass sie die Winterwartung als eine öffentliche Einrichtung betreibt. Konsequenz der Bildung einer einheitlichen Einrichtung ist gemäß § 6 Abs. 1 Satz KAG, dass sich grundsätzlich - solange keine wesentlichen Unterschiede in der Leistungserbringung bzw. in der Arbeitsweise und dem Arbeitsergebnis bestehen - die Erhebung von Gebühren für die Inanspruchnahme der Einrichtung nach einem einheitlichen Maßstabssystem richten und der Gebührensatz nach den ansatzfähigen Gesamtkosten der Einrichtung einheitlich berechnet werden muss. Angesichts dessen ist bereits fraglich, ob die Schaffung zweier Kostenmassen für die Kernstadt einerseits und die Ortsteile andererseits durch die Antragsgegnerin im Rahmen der von ihr gebildeten einheitlichen öffentlichen Einrichtung überhaupt zulässig ist. Eine unterschiedliche Kosten verursachende Arbeitsweise in der Kernstadt und in den Ortsteilen vermag eine Trennung der Kostenmassen jedenfalls nicht zu rechtfertigen. Es ist nämlich unerheblich, welche Kosten dem Einrichtungsträger durch den einzelnen Benutzungsfall entstehen, da die Bemessung der Gebühr - von den Fällen des § 6 Abs. 4 Satz 3 KAG abgesehen - nicht kosten-, sondern leistungsbezogen zu erfolgen hat (vgl. OVG Brandenburg, Urteil vom 27. März 2002 - 2 D 46/99.NE -, juris). Soweit die Antragsgegnerin als Grund für die Schaffung der beiden Kostenmassen die unterschiedliche Intensität der Winterwartung in der Kernstadt und den Ortsteilen anführt, stellt sich die Frage, ob die beschriebenen Wartungsabläufe in Arbeitsweise und Arbeitsergebnis derart unterschiedlich sind, dass eine Vergleichbarkeit schlechterdings ausgeschlossen ist (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 3. Juli 1978 - 7 B 118-124/78 - ZMR 1979, 103), oder lediglich innerhalb eines einheitlichen Maßstabssystems eine Differenzierung nach dem Maß der Inanspruchnahme erfordern, die das Verhältnis der Winterwartungsleistung in der Kernstadt einerseits und den Ortsteilen andererseits widerspiegelt.

Letztlich kann die Beantwortung dieser Frage dahingestellt bleiben. Selbst wenn man die von der Antragsgegnerin vorgenommene Trennung des Gemeindegebietes in zwei Gebührenbereiche grundsätzlich für zulässig hält, ist die Regelung der Gebührensätze für die Winterwartung in § 6 Abs. 4 Satz 3 der Satzung nichtig, da sie dem aus dem Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG folgenden Grundsatz der Systemgerechtigkeit widerspricht. Nach diesem Grundsatz muss der Satzungsgeber bei der Gebührenerhebung das von ihm im Rahmen seines Ermessens geschaffene Bemessungssystem beachten. Eine Abweichung von der in der Satzung selbst statuierten Sachgesetzlichkeit ist nur dann hinreichend gerechtfertigt, wenn sie von überzeugenden Gründen getragen ist (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 7. November 1972 - 1 BvR 338/68 -, BVerfGE 34, 103; BVerwG, Urteil vom 15. Oktober 1971 - VII C 13.70, VII C 20.70 -, BVerwGE 39, 5). Das ist hier nicht der Fall.

Der von der Antragsgegnerin zur Rechtfertigung der unterschiedlichen Gebührensätze angeführte Unterschied in der Intensität der Winterwartung in der Kernstadt und in den Ortsteilen gilt nach ihren eigenen Angaben nicht ausnahmslos. Danach sind von der minimierten Winterwartung in den Ortsteilen die Straßen ausgenommen, die von den Straßenverwaltungen (Bundesstraßenbauamt und Kreisstraßenmeisterei) im städtischen Auftrag wintergewartet werden, namentlich die Ortsdurchfahrten der Bundes-, Landes-, und Kreisstraßen. Dieser Umstand findet aber im Gebührensystem der Antragsgegnerin keinen Niederschlag. Vielmehr erfasst die Antragsgegnerin die Winterwartung auch dieser Straßen mit dem in den Ortsteilen geltenden niedrigeren Gebührensatz, obwohl insoweit das sachliche Differenzierungskriterium der minimierten Winterwartung nicht erfüllt ist. Hierin liegt ein Verstoß gegen den Grundsatz der Systemgerechtigkeit, der auch nicht durch Erwägungen der Verwaltungsvereinfachung und -praktikabilität gerechtfertigt ist. Solche Erwägungen vermögen eine Durchbrechung des Gleichheitssatzes nur zu rechtfertigen, solange die Zahl der dem "typischen Fall" widersprechenden Ausnahmen geringfügig ist. Nach der Rechtsprechung des BVerwG liegt die untere Grenze hierfür bei 10 v.H. (vgl. Beschluss vom 31. März 1998, a.a.O.). Legt man die Angaben der Antragsgegnerin zu Grunde, wird diese Grenze deutlich überschritten. Bezogen auf eine wintergewartete Gesamtstrecke in den Ortsteilen von 106,5 km (120 km wintergewartete Gesamtstrecke in der Zone II abzüglich der außerhalb der geschlossenen Ortslage und des so genannten ausgedehnten Bereichs liegenden Teilstrecke von 13,5 km) erreicht die hiervon durch die Straßenverwaltungen wintergewartete Teilstrecke von 21,5 km einen Anteil von 20,18 v.H., so dass von einer Geringfügigkeit keine Rede mehr sein kann. An diesem Ergebnis ändert sich auch dann nichts, wenn man die Grenzziehung nicht ausschließlich von einer quantitativen Betrachtung abhängig macht, sondern zudem berücksichtigt, welche Bedeutung die Vernachlässigung der Unterschiede für die Kostenverursachung bzw. den Umfang der Leistungsgewährung hat (vgl. zum Erfordernis einer qualitativen Betrachtung Niedersächsisches OVG, Urteil vom 12. November 1991 - 9 L 20/90 -, NVwZ-RR 1992, 375). Bereits ein überschlägiger Vergleich der Kosten je km für die Winterwartung in den Ortsteilen durch die Straßenverwaltungen einerseits (13 266,26 € : 26,1 km = 508,28 €/km) und den städtischen Bauhof sowie die Dienstleister andererseits (20 724,35 € [= Summe der übrigen Kostenpositionen in der Kalkulation 2005 ohne Verwaltungskosten] : 93,9 km [120 km wintergewartete Gesamtstrecke in den Ortsteilen abzüglich der durch die Straßenverwaltungen wintergewartete Teilstrecke von 26,1 km] = 220,70 €/km) zeigt, dass die durch die Straßenverwaltungen verursachten Winterwartungskosten in den Ortsteilen je km doppelt so hoch ausfallen wie die der sonstigen, minimierten Winterwartung in Zone II und somit eine Überschreitung der Vernachlässigungsschwelle auch in qualitativer Hinsicht festzustellen ist.

Die Nichtigkeit der Regelung der Gebührensätze für die Winterwartung in § 6 Abs. 4 Satz 3 der Satzung führt zur Nichtigkeit der ebenfalls zur Überprüfung gestellten Regelung in § 6 Abs.5 der Satzung, da diese an die Winterwartungsgebühr anknüpft und mangels wirksamen Gebührensatzes keine eigenständige Wirkung entfalten kann. Unbeschadet dessen weist der Senat darauf hin, dass er die Bedenken der Antragstellerin gegen die in § 6 Abs. 5 der Satzung enthaltene Billigkeitsregelung für übergroße Grundstücke nicht teilt. Die Anwendung eines Flächenmaßstabes kann es erforderlich machen, in Fällen unzumutbarer Härte Ausnahmen zuzulassen von der Pflicht, Straßenreinigungsentgelt entsprechend der Grundstücksfläche zu entrichten (vgl. OVG Berlin, Urteil vom 2. Dezember 1998 - 1 B 79/94 -, NVwZ-RR 2000, 463). Fälle unzumutbarer Härte sind in diesem Zusammenhang aus der Regel fallende, atypischen Sachverhalte, wenn nämlich die betreffende Grundstücksfläche so gestaltet und genutzt wird, dass die von ihr für die Straßenreinigung ausgehende Kostenverursachung und der Vorteil, der sich für sie mit der Straßenreinigung verbindet, außergewöhnlich gering ist. Dies trifft insbesondere auf - gemessen an den typischen örtlichen Verhältnissen - übergroße Grundstücke zu, bei denen die Flächengröße ihren sachlichen Indizcharakter für den vermittelten Vorteil verliert und eine Ausnahme gebietet. Hieran gemessen dürfte die in § 6 Abs. 5 der Satzung enthaltene Billigkeitsregelung zur Vermeidung eines Übermaßes nicht nur zulässig, sondern geboten sein. Die weitergehende Frage, ob die Gebührenmindereinnahme - wie in § 6 Abs. 5 Satz 4 der Satzung geregelt - tatsächlich von der Antragsgegnerin getragen wird, könnte dann unbeantwortet bleiben, da eine Umlegung dieses Betrages auf den Kreis der gebührenpflichtigen Nutzer weder gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG noch gegen das Äquivalenzprinzip in § 6 Abs. 4 Satz 1 KAG verstoßen würde.

Rechtliche Bedenken weckt dagegen die Regelung des § 6 Abs. 5 der Satzung insoweit, als die in Satz 1 aufgezählten Grundstücke ("...Acker, Grünland, Gewässer, Brachland oder Unland...") eher dem Außenbereich zuzuordnen sind und demnach nicht erkennbar ist, ob und in welchem Umfang sie einer innerhalb geschlossener Ortslagen üblichen und sinnvollen wirtschaftlichen Nutzung zugänglich und damit i.S.d. § 4 Abs. 2 der Satzung erschlossen sind (vgl. hierzu OVG Münster, Urteil vom 26. Februar 2003, a.a.O.). Sollte es hieran fehlen, wäre mangels Erschlossenseins des Grundstücks eine gebührenpflichtige Heranziehung des Grundstückseigentümers von vornherein ausgeschlossen, ohne dass es einer Anwendung der Billigkeitsregelung in § 6 Abs. 5 der Satzung bedürfte. Schließlich weist der Senat darauf hin, dass die Fälligkeitsregelung in § 8 Abs. 4 der Satzung, die gemäß § 2 Absatz 1 Satz 2 KAG zum unverzichtbaren Mindestgehalt einer Abgabensatzung gehört, nach Wortlaut und Inhalt nicht ohne weiteres nachvollziehbar ist. Der Verweis auf die Sätze 1 bis 3 in § 8 Abs. 4 Satz 2 der Satzung geht schon deshalb ins Leere, weil § 8 Abs. 4 der Satzung lediglich zwei Sätze umfasst. Inhaltlich unklar bleibt zudem, auf welche Fallkonstellationen sich § 8 Abs. 4 Satz 2 der Satzung angesichts der eindeutigen Regelung in § 8 Abs. 4 Satz 1 der Satzung bezieht. Deren Wirksamkeit könnte allenfalls unter dem Gesichtspunkt der Teilbarkeit in Anwendung des Rechtsgedankens aus § 139 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB - zu bejahen sein.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10 der Zivilprozessordnung - ZPO -.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Revisionszulassungsgründe (§ 132 Abs. 2 VwGO) nicht gegeben sind.

Ende der Entscheidung

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