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Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Urteil verkündet am 26.11.2008
Aktenzeichen: OVG 9 B 19.08
Rechtsgebiete: VwGO, BbgKVerf, GO, AmtsO, KAG, BbgWG


Vorschriften:

VwGO § 91 Abs. 1
VwGO § 125 Abs. 1
BbgKVerf § 3 Abs. 4
BbgKVerf § 141 Abs. 3
GO § 15
GO § 35 Abs. 2 Nr. 14
AmtsO § 16
KAG § 4 Abs. 2
KAG § 6
KAG § 8
KAG § 10
BbgWG § 66 Abs. 1 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERVERWALTUNGSGERICHT BERLIN-BRANDENBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

OVG 9 B 19.08

Verkündet am 26. November 2008

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 9. Senat auf die mündliche Verhandlung vom 26. November 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Leithoff, den Richter am Finanzgericht Dr. Beck, den Richter am Oberverwaltungsgericht Burchards, die ehrenamtliche Richterin Braband und den ehrenamtlichen Richter Busche

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung und die Widerklage werden zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu Grundgebühren für die dezentrale Schmutzwasserbeseitigung in der Gemeinde N_____, Ortsteil G_____die Gemeinde N_____ gehört zum Amt D_____.

Die Gemeindevertretung der Gemeinde N_____ beschloss unter dem 15. Juni 2005:

"Die Gemeindevertretung N_____ beschließt für den OT G_____ die zentrale Abwasserentsorgung und die Übertragung der Aufgabe an das Amt D_____ [...] Die Bereiche F_____ S_____ werden komplett dezentral entsorgt".

Das Amt D_____ übernahm mit Beschluss seines Amtsausschusses vom 13. Dezember 2005 die "Aufgabe der zentralen Abwasserentsorgung" für den OT G_____ der Gemeinde N_____.

Das Amt D_____ erließ unter dem 9. Januar 2006 eine Schmutzwasserbeseitungssatzung und eine Schmutzwassergebührensatzung, und zwar beide mit Rückwirkung zum 1. Januar 2006.

Wegen Zweifeln an der Wirksamkeit der Aufgabenübernahme beschloss der Amtsausschuss des Amtes D_____ am 20. März 2006 erneut die Übernahme der Aufgabe der zentralen Abwasserentsorgung.

Die Gemeindevertretung der Gemeinde N_____ beschloss am 10. Januar 2007 "die Übertragung der Abwasserbeseitigungspflicht" für den Ortsteil G_____, und zwar rückwirkend auf den 1. Januar 2006. Der Amtsausschuss des Amtes D_____ nahm die Aufgabenübertragung mit Beschluss vom 14. Mai 2007 an.

Das Amt D_____ erließ am 25. Juni 2007 neue Schmutzwasserbeseitigungs- und Schmutzwassergebührensatzungen, und zwar beide mit Rückwirkung auf den 1. Januar 2005.

Die Klägerin ist u. a. Eigentümerin des mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks K_____ in der Gemeinde N_____, Ortsteil G_____. Das Grundstück ist mit einer abflusslosen Abwassersammelgrube ausgestattet. Diese Grube ist im Jahr 2006 nicht durch die öffentliche Abwasserentsorgung entleert worden.

Bereits mit Bescheid vom 7. März 2006 hatte der Beklagte die Klägerin in Bezug auf das Grundstück zu einer Vorauszahlung von Grundgebühren für die dezentrale Abwasserentsorgung in Höhe von 119,40 Euro herangezogen. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 2. Mai 2006 zurück. Die am 2. Juni 2006 erhobene Klage hat die Klägerin u. a. damit begründet, dass das Amt D_____ mangels wirksamer Aufgabenübertragung nicht zum Satzungserlass ermächtigt gewesen sei. Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und hilfsweise Widerklage auf Zahlung von 119,40 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 von Hundert über dem Basiszinssatz seit dem 24. Juli 2007 erhoben. Bei einer unwirksamen Aufgabenübertragung stehe ihm ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch zu; denn dann habe er seine Vorhalteleistung rechtsgrundlos erbracht.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage mit Urteil vom 24. Juli 2007 stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Dem angegriffenen Vorausleistungsbescheid fehle eine wirksame Rechtsgrundlage. Die Schmutzwassergebührensatzungen vom 9. Januar 2006 und vom 25. Juni 2007 seien aus formellen Gründen ungültig. Ihre Veröffentlichungen beruhten jeweils nicht auf einer wirksamen Hauptsatzung. Die Widerklage habe u. a. deshalb keinen Erfolg, weil der Gesetzgeber die Finanzierung öffentlicher Einrichtungen durch die Bürger abschließend und lückenlos im Kommunalabgabengesetz für das Land Brandenburg - KAG - geregelt und dabei einen Satzungsvorbehalt ausgesprochen habe; ein Rückgriff auf allgemeine Rechtsinstitute wie den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch und die öffentlich-rechtliche Geschäftsführung ohne Auftrag sei hierdurch ausgeschlossen.

Die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten hat der Senat mit Beschluss vom 5. Februar 2008 im Hinblick darauf zugelassen, dass das Amt D_____ am 20. August 2007 eine neue Hauptsatzung und am 25. September 2007 eine neue Schmutzwassergebührensatzung erlassen hatte. Letztere enthält u. a. folgende Bestimmungen:

"§ 1 Benutzungsgebühr

(1) Das Amt D_____, [...] erhebt nach Maßgabe dieser Satzung für die Inanspruchnahme der öffentlichen zentralen und dezentralen Anlage zur Schmutzwasserbeseitigung Benutzungsgebühren.

(2) Die Gebühren nach Abs. 1 für die Benutzung der öffentlichen zentralen und dezentralen Anlagen zur Schmutzwasserbeseitigung werden als Grund- und Mengengebühren erhoben. [...]

§ 2 Grundgebühr

(1) Die Grundgebühr wird unabhängig von der tatsächlich eingeleiteten Schmutzwassermenge erhoben und dient der anteiligen Deckung der fixen Kosten der öffentlichen Anlagen der Schmutzwasserbeseitigung aus deren Vorhaltung durch das Amt einschließlich der Verzinsung des aufgewandten Kapitals und der Abschreibung.

(2) Die Grundgebühr wird gestaffelt nach der Nennleistung der verwendeten Wasserzähler erhoben und beträgt für jeden auf dem Grundstück befindlichen Abwasseranschluss bei einer Zählernennleistung (Qn):

- bis Qn 2,5 9,95 Euro/Monat [...]

§ 7 Vorauszahlungen

(1) Auf die nach Ablauf des Erhebungszeitraumes endgültig abzurechnende Gebühr sind Vorauszahlungen zu leisten [...]

[...]

§ 12 In-Kraft-Treten

Die Satzung tritt rückwirkend zum 01.01.2005 in Kraft. [...]"

Unter dem 14. Oktober 2008, also während des Berufungsverfahrens, erließ der Beklagte einen endgültigen Heranziehungsbescheid über die Grundgebühren für das Jahr 2006 in Höhe von 119,40 Euro. Die Klägerin hat ihre Klage mit Schriftsatz vom 11. November 2008 (eingegangen bei Gericht am 12. November 2008) auf die Anfechtung dieses Bescheides umgestellt und zugleich ihren gegen den endgültigen Bescheid bereits eingelegten Widerspruch zurückgenommen.

Der Beklagte widerspricht der Klageänderung. Diese sei nicht sachdienlich. Der endgültige Heranziehungsbescheid sei - wegen der Rücknahme des Widerspruchs - mit Ablauf des 24. November 2008 bestandskräftig geworden. Ungeachtet dessen sei zumindest die Schmutzwassergebührensatzung vom 25. September 2007 eine wirksame Satzungsgrundlage für die Heranziehung zu der verlangten Grundgebühr. Gegen die vorgenommene Aufgabenübertragung bestünden keine Bedenken, da die Schmutzwasserbeseitigungsaufgabe auch durch schlüssiges Verhalten übernommen werden könne. Darüber hinaus sei jedenfalls die hilfsweise Widerklage begründet. Der Erstattungsanspruch ergebe sich daraus, dass das Amt D_____ durch die Schaffung und Vorhaltung seiner öffentlichen Anlage für die Klägerin deren Anschluss- und Benutzungszwang erfüllt und sie damit von ihrer Entsorgungspflicht befreit habe. Die Abgeltung dieses Vorteils außerhalb des Regelungssystems des Kommunalabgabengesetzes sei gerechtfertigt, um zu verhindern, dass der öffentlichen Hand wegen bloßer formeller Wirksamkeitsmängel der Gebührensatzung ein endgültiger Abgabenausfall entstehe.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 24. Juli 2007 abzuändern und die Klage abzuweisen, hilfsweise, die Klägerin widerklagend zu verurteilen, an den Beklagten 119,40 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 v.H. über dem Basiszinssatz seit dem 24. Juli 2007 zu zahlen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung und die Widerklage zurückzuweisen, hilfsweise, festzustellen, dass der Vorausleistungsbescheid vom 7. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Mai 2006 rechtswidrig gewesen ist.

Die Klägerin ist u. a. der Auffassung, dass es nach wie vor an einer wirksamen Satzungsgrundlage für die Gebührenheranziehung fehle.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die von dem Beklagten eingereichten Satzungsunterlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg. Die Klage der Klägerin ist zulässig und begründet; die Widerklage des Beklagten ist dagegen unbegründet.

Die Umstellung der Klage von einer Anfechtung des Vorausleistungsbescheides auf die Anfechtung des endgültigen Heranziehungsbescheides vom 14. Oktober 2008 ist gemäß § 91 Abs. 1, § 125 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - wegen Sachdienlichkeit zulässig. Die Prüfung des endgültigen Heranziehungsbescheides wirft im Wesentlichen die gleichen Fragen auf wie die Prüfung des Vorausleistungsbescheides, erspart aber insoweit ein sonst anstehendes weiteres gerichtliches Verfahren. Der Sachdienlichkeit der Klageänderung steht auch nicht entgegen, dass die Klägerin zugleich mit der Klageänderung ihren Widerspruch gegen den endgültigen Heranziehungsbescheid zurückgenommen hat. Durch die Erhebung des Widerspruchs hat die Klägerin zunächst die Bestandskraft des endgültigen Heranziehungsbescheides vermieden und damit die Klage auch nicht auf eine Klage gegen einen bestandskräftigen Bescheid umgestellt. Nach erfolgter Klageänderung ist die weitere Durchführung des Widerspruchsverfahrens indessen entbehrlich geworden, in der vorliegenden Fallgestaltung wäre die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens parallel zu einem laufenden Gerichtsverfahren ein unnötiger Formalismus gewesen (vgl. zu diesem Gesichtspunkt: BVerwG, Urteil vom 22. Juli 1999 - 2 C 14.98 -, NVwZ-RR 2000, S. 172).

Die Klage ist auch begründet. Der endgültige Heranziehungsbescheid vom 14. Oktober 2008 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dabei kann offen bleiben, ob jedenfalls mit der Schmutzwassergebührensatzung vom 25. September 2007 eine wirksame satzungsrechtliche Grundlage für den Bescheid gegeben ist. Denn die Klägerin hat im Jahr 2006 schon den Abgabentatbestand für die Heranziehung zu einer Grundgebühr für die dezentrale Abwasserentsorgung nicht erfüllt. Voraussetzung für die Erhebung einer Benutzungsgebühr nach § 6 KAG in der Form einer Mengen- oder Grundgebühr ist die Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung. Dies folgt bereits aus dem Charakter der Benutzungsgebühr, die nach § 4 Abs. 2 KAG eine geldliche Gegenleistung für die Inanspruchnahme öffentlicher Einrichtungen ist. Nur die tatsächliche Inanspruchnahme (Benutzung) der öffentlichen Einrichtungen erfüllt den abstrakten Gebührentatbestand und begründet das für die Gebührenerhebung eigentümliche Austauschverhältnis, bei dem sich Leistung und Gegenleistung gegenüberstehen, nicht dagegen schon die bloße Möglichkeit der Benutzung der öffentlichen Einrichtung. Zwar können gemäß § 6 Abs. 4 Satz 3 KAG zur Deckung der verbrauchsunabhängigen Kosten (Vorhaltekosten) neben einer Mengengebühr angemessene Grundgebühren unabhängig vom Umfang der tatsächlichen Inanspruchnahme erhoben werden. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Erhebung einer Grundgebühr unabhängig von einer Inanspruchnahme als solche erfolgen kann. Vielmehr muss eine Inanspruchnahme während des Zeitraumes, auf den sich die Grundgebührenerhebung bezieht, stattgefunden haben.

Geht es um die Erhebung einer Grundgebühr zur Abgeltung der Vorhalteleistungen für die dezentrale Abwasserentsorgung, so muss die Inanspruchnahme der Vorhalteleistung allerdings nicht dergestalt erfolgt sein, dass der Grundstückseigentümer das in seiner Abwassergrube gesammelte Abwasser im Gebührenerhebungszeitraum wenigstens einmal durch die vorgehaltene öffentliche Abwasserentsorgung hat abfahren lassen. Vielmehr reicht es nach der Rechtsprechung des Senats für die Inanspruchnahme aus, dass das auf dem Grundstück anfallende Schmutzwasser in dem Bewusstsein gesammelt wurde, dass es - jederzeit - bei Entleerungsbedarf der öffentlichen Einrichtung zur Entsorgung überlassen werden konnte, musste und sollte (vgl. Beschluss vom 12. Juni 2006 - OVG 9 N 208.05 -). Dies wiederum ist der Fall, soweit in dem Gebührenerhebungszeitraum ein wirksamer Anschluss- und Benutzungszwang für die dezentrale Schmutzwasserentsorgung bestanden hat, und zwar nicht nur auf der Grundlage einer rückwirkenden Regelung, sondern bereits aus damaliger Sicht. Bei demjenigen, der Schmutzwasser in einer abflusslosen Sammelgrube in dem zutreffenden Wissen sammelt, dass er es, sobald die Sammelgrube voll ist, jederzeit durch die öffentliche Abwasserentsorgung abfahren lassen muss und insbesondere auch kann, ist das tatsächliche Abfahrenlassen in einer Weise vorgezeichnet, dass er die Vorhaltung der öffentlichen Abwasserentsorgung, so etwa eines Transportfahrzeugs, bereits in Anspruch nimmt (vgl. OVG Brandenburg, Urteil vom 27. März 2002 - 2 D 46/99.NE -, juris). Bestand hingegen aus damaliger Sicht kein wirksamer Anschluss- und Benutzungszwang und hat der Betroffene die Entleerung seiner Abwassersammelgrube unterlassen oder durch ein privates Unternehmen durchführen lassen, so kann von einer Inanspruchnahme der Vorhalteleistungen der öffentlichen Anlage keine Rede sein (vgl. Beschluss des Senats vom 12. Juni 2006, a. a. O.). Eine rückwirkende Begründung des Anschluss- und Benutzungszwangs ändert daher am Fehlen der Inanspruchnahme der Vorhalteleistung als Voraussetzung für die Erhebung einer Grundgebühr nichts. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 3 Abs. 4 der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg - BbgKVerf - i. d. F. vom 18. Dezember 2007. Diese Bestimmung enthält zwar eine weitreichende Heilungsmöglichkeit für Satzungen, die unter Verletzung von landesrechtlichen Verfahrens- oder Formvorschriften zu Stande gekommen sind, und sie gilt nach § 141 Abs. 3 BbgKVerf auch für kommunale Satzungen, die vor dem Inkrafttreten der Brandenburgischen Kommunalverfassung fehlerhaft öffentlich bekannt gemacht worden sind. Soweit danach Satzungen "geheilt" sind, die einen Anschluss- und Benutzungszwang regeln, stellt auch dies indessen letztlich eine Art rückwirkender Begründung des Anschluss- und Benutzungszwanges dar, was für eine Inanspruchnahme in dem hier beschriebenen Sinne nicht genügt.

Vorliegend hat die Klägerin im Erhebungszeitraum 2006 weder die öffentliche dezentrale Abwasserentsorgung in Gestalt einer tatsächlichen Abwasserabfuhr in Anspruch genommen noch in Gestalt einer Sammlung des Abwassers unter Geltung eines schon aus seinerzeitiger Perspektive bestehenden Anschluss- und Benutzungszwanges. Für einen solchen Anschluss- und Benutzungszwang hätte es gemäß § 15 der Gemeindeordnung - GO - i. V. m. § 16 der Amtsordnung - AmtsO - einer gültigen Satzung bedurft, die für die Klägerin schon aus damaliger Sicht sowohl den Anschluss an die dezentrale Schmutzwasserbeseitigungsanlage als auch deren Benutzung vorschrieb. Hierfür kam zeitlich allein die Schmutzwasserbeseitigungssatzung des Amtes D_____ vom 9. Januar 2006 in Betracht. Durch diese konnte ein gegen die Klägerin wirkender Anschluss- und Benutzungszwang indessen nicht begründet werden, weil es insoweit an der Satzungskompetenz des Amtes D_____ fehlte. Nach § 66 Abs. 1 Satz 2 des Brandenburgischen Wassergesetzes - BbgWG - obliegt den Gemeinden die Aufgabe der Beseitigung des in abflusslosen Gruben anfallenden Abwassers sowie des nicht separierten Klärschlamms aus Kleinkläranlagen. Zur Erfüllung dieser Aufgabe räumt § 15 Abs. 1 GO den Gemeinden die Befugnis ein, aus Gründen des öffentlichen Wohls durch Satzung für die Grundstücke ihres Gebiets den Anschluss an die Entsorgungseinrichtung (Anschlusszwang) und deren Benutzung (Benutzungszwang) vorzuschreiben. Eine Satzungskompetenz zur Anordnung eines Anschluss- und Benutzungszwangs gegenüber der Klägerin stand dem Amt D_____ daher nur zu, soweit es für die Abwasserbeseitigung auch zuständig war. Letzteres bedurfte, da eine Aufgabenübertragung hinsichtlich der Abwasserbeseitigungspflicht kraft Gesetzes oder Verordnung nicht vorgesehen ist, eines entsprechenden Übertragungsbeschlusses der Gemeinde N_____ i. S. d. § 35 Abs. 2 Nr. 14 GO i. V. m. § 67 BbgWG. Durch den gemeindlichen Übertragungsbeschluss vom 15. Juni 2005 wurde für den Ortsteil G_____ jedoch lediglich die Aufgabe der zentralen, nicht aber die der dezentralen Abwasserbeseitigung auf das Amt übertragen. Das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des Beschlusses, der mit seiner Beschränkung auf die zentrale Abwasserbeseitigung die in der kommunalen Praxis übliche Trennung zwischen zentraler und dezentraler Abwasserbeseitigung widerspiegelt und sich mit diesem Inhalt auch in den Annahmebeschlüssen des Amtes D_____ vom 13. Dezember 2005 und 20. März 2006 wiederfindet. Gegen eine über den Wortlaut hinausgehende Beschlussauslegung, die auch die Aufgabenübertragung der dezentralen Abwasserbeseitigung erfasst, spricht, dass der von der Gemeindevertretung gefasste Beschluss als hoheitliche Äußerung an seinem Inhalt, wie er sich aus dem Wortlaut erschließt, zu messen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 1990 - 7 C 37.89 -, BVerwGE 87, 228). Ist danach für die Auslegung eines Beschlusses dessen objektiver Erklärungswert maßgebend, so wie ihn die Einwohner der Gemeinde verstehen durften, können die in dem Beschluss nicht formulierten Motive der Gemeindevertreter nur an Bedeutung gewinnen, wenn der Beschluss seinem Wortlaut nach nicht eindeutig ist. Davon kann vorliegend jedoch keine Rede sein. Hinzu tritt, dass sich auch dem Protokollauszug der Gemeindevertretersitzung vom 15. Juni 2005 keine Anhaltspunkte für eine etwaige unbeabsichtigte Falschbezeichnung entnehmen lassen. Vielmehr spricht der Umstand, dass in dem Übertragungsbeschluss für bestimmte Straßen die dezentrale Entsorgung festgelegt worden ist, dafür, dass den Gemeindevertretern im Zeitpunkt der Beschlussfassung die Trennung der Entsorgungsbereiche bewusst war und die Aufgabenübertragung auf die zentrale Abwasserentsorgung beschränkt werden sollte.

Über den Hilfsantrag der Klägerin ist nicht zu entscheiden, weil er erkennbar nur für den Fall der Nichtsachdienlichkeit der Klageänderung gestellt worden ist.

Die hilfsweise Widerklage des Beklagten ist unbegründet. Die Klageforderung ist weder aus einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch noch aus einem öffentlich-rechtlichen Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag gerechtfertigt.

Ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch setzt als eigenständiges öffentlich-rechtliches Rechtsinstitut eine ohne Rechtsgrund erfolgte unmittelbare Vermögensverschiebung zwischen zwei Rechtssubjekten voraus, also eine Entreicherung auf der einen und eine Bereicherung auf der anderen Seite. Eine unmittelbare Vermögensverschiebung hat hier nicht stattgefunden, da die Klägerin im maßgeblichen Erhebungszeitraum die dezentrale Schmutzwasserbeseitigungsanlage nicht in Anspruch genommen und somit nichts erlangt hat. Entgegen der Auffassung des Beklagten lässt sich eine Vermögensverschiebung auch nicht mit der Erwägung begründen, die Klägerin sei durch die Schaffung und Vorhaltung der öffentlichen Einrichtung von ihrer Entsorgungspflicht befreit worden. In dem betreffenden Erhebungszeitraum unterlag die Klägerin mangels Satzungskompetenz des Amtes D_____ keinem aktuell wirksamen Anschluss- und Benutzungszwang, so dass sie nicht von einer Pflicht befreit werden konnte.

Ein Anspruch des Beklagten ergibt sich auch nicht aus einer öffentlich-rechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag. Die Anwendung der Grundsätze der Geschäftsführung ohne Auftrag ist von vornherein ausgeschlossen, wenn ausdrückliche gesetzliche Sonderregelungen für das Verhältnis zwischen Geschäftsführer und Geschäftsherrn bestehen. Das ist hier der Fall. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass §§ 6, 8 und 10 KAG abschließende und lückenlose Regelungen zur Refinanzierung kommunaler Einrichtungen enthalten, die den Rückgriff auf andere Anspruchsgrundlagen ausschließen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 711 Zivilprozessordnung - ZPO - .

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen

Ende der Entscheidung

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