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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Urteil verkündet am 06.09.2006
Aktenzeichen: OVG 9 B 24.05
Rechtsgebiete: KAG


Vorschriften:

KAG § 8 Abs. 2 S. 2
KAG § 8 Abs. 6 S. 1
KAG § 8 Abs. 6 S. 2

Entscheidung wurde am 07.12.2006 korrigiert: die Rechtsgebiete und Vorschriften wurden geändert, Stichworte, Sachgebiete und Orientierungssatz sowie ein amtlicher Leitsatz wurden hinzugefügt
Zur Frage, unter welchen Umständen nach der bis zum 1. Februar 2004 geltenden Rechtslage bei der Fassung der Maßstabsregelung einer Anschlussbeitragsatzung zugelassene gewerbliche Nutzungen nach den örtlichen Verhältnissen vernachlässigt werden dürfen.
OVG 9 B 24.05

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 9. Senat auf die mündliche Verhandlung vom 6. September 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Schmidt, den Richter am Oberverwaltungsgericht Bath, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Gaube, den ehrenamtlichen Richter Papp und die ehrenamtliche Richterin Volkert

für Recht erkannt:

Tenor:

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 29. Juni 2004 wird teilweise geändert.

Der Bescheid des Amtsdirektors des Amtes Oberspreewald vom 13. Februar 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. März 2001 wird aufgehoben, soweit der damit festgesetzte Beitrag den Betrag vom 6.378,08 Euro übersteigt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweiligen Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zu einem Herstellungsbeitrag für die zentrale öffentliche Abwasseranlage.

Sie ist Eigentümerin eines in W_____, Dorfstraße, belegenen Grundstücks (Flur, Flurstücke) mit einer Fläche von 9.379 m², das mit drei eingeschossigen Gebäuden bestanden ist. Die nunmehr zur Gemeinde A_____ gehörige Ortslage W_____einschließlich des Grundstücks der Klägerin wurde im Jahre 2000 durch die vom früheren Amt O_____ ab 1999 errichtete zentrale Abwasseranlage erschlossen, nachdem dem früheren Amt durch Beschlüsse der Gemeinden des Amtsgebiets die Aufgabe der Abwasserbeseitigung übertragen wurde. Der Amtsausschuss beschloss für die neue Einrichtung, deren Planung jedenfalls seit Mitte der 1990iger Jahre betrieben wurde, unter dem 11. März 1998 eine erste Beitragssatzung (i.F.: BS 1998), die er ebenso wie eine am 5. Mai 1999 beschlossene Änderungsatzung im Bekanntmachungsblatt des Amtes ("Die Florentine") veröffentlichte. Die Ausgabe dieses Bekanntmachungsblatts vom 27. März 1998, in dem die BS 1998 veröffentlicht wurde, enthielt in seinem Titel nicht die Angabe des Herausgabeorts.

Die Klägerin wurde mit Bescheid des Beklagten vom 13. Februar 2001 auf der Grundlage der einen Beitragssatz von 4,95 DM/m² regelnden, ab dem Tage nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt für das Amt O_____ vom 22. Dezember 2000 Geltung beanspruchenden Herstellungsbeitragssatzung des Amtes Oberspreewald vom 28. November 2000 (i.F.: BS 2000) zu einem Herstellungsbeitrag für die öffentliche Abwasseranlage (Abwasseranschlussbeitrag) in Höhe von 12.478,83 DM (6.380,32 €) herangezogen, wobei nur die durch Abrundungssatzung der früheren Gemeinde W_____als innerhalb des Bebauungszusammenhangs liegend abgegrenzten Teilflächen beider Flurstücke, insgesamt 2520,98 m², als beitragsfähige Fläche veranlagt wurden. Der Widerspruch der Klägerin wurde mit Bescheid des Beklagten vom 23. März 2001 zurückgewiesen, der der Klägerin am 28. März 2001 zugegangen ist. Am 30. April 2001, einem Montag, hat sie die Anfechtungsklage erhoben.

Während des laufenden Verfahrens beschloss der Amtsausschuss unter dem 3. Juni 2002 eine neue Herstellungsbeitragssatzung (i.F.: BS 2002) mit Rückwirkung auf den 1. Januar 2000, die einen Beitragssatz von 2,53 Euro regelt und damit den Umrechnungswert angibt, der sich bei der Umstellung des in der BS 2000 bisher in Deutscher Mark geregelten Beitragssatzes nach dem amtlichen Umstellungskurs von 1,95583 DM ergab. Im Rückwirkungszeitpunkt sollten gleichzeitig die BS 1998 in der Fassung der 1. Änderungssatzung und die BS 2000 außer Kraft treten (§ 18 Satz 2 BS 2002). Den Herstellungsbeitragssatzungen lag eine von der SHW Hölter Wassertechnik Betriebsgesellschaft mbH, Heckingen, erstellte Beitragskalkulation vom 23. April 1999 zugrunde, mit der der tatsächliche Aufwand zugrunde gelegt und seine Verteilung auf die zunächst in den erschlossenen sechs Ortslagen anzuschließenden etwa 1.300 Grundstücke sowie künftig bis zu Herstellung der Einrichtung noch zu erschließende beitragsfähige Flächen im Umfang von 340.000 m², insgesamt Flächeneinheiten von 2.041.756, 45 m², vornahm. Zu den örtlichen Verhältnissen wurde in den Vorbemerkungen des Kalkulationsberichts auf S. 6 unter "3." erläutert: "Dem Amt Oberspreewald gehören 11 Mitgliedsgemeinden an, in denen insgesamt etwa 4.800 Einwohner wohnhaft sind. Ca. 1.300 Grundstücke werden in absehbarer Zeit an die zentrale öffentliche Schmutzwasseranlage angeschlossen sein. Die Haushalte, das Gewerbe und ortsansässige Industriebetriebe führen der öffentlichen Anlage zum Zeitpunkt der vollständigen Inbetriebnahme Abwassermengen und Schmutzfrachten in der Größenordnung von ca. 6.700 Einwohnergleichwerten zu. Weitere 24 ha Gewerbegebiet sind beplant und zum Verkauf ausgewiesen. Hinzu kommen Flächen als Bauerwartungsland." In der Flächenermittlung (Anlage 7, S. 1/32) wird für die Ortslage A_____ vermerkt, dass ihre beitragsfähige Fläche "inklusive Gewerbegebiet" erfasst sei. Als Gewerbegebiet in diesem Sinne wurden in der Liste der Grundstücke unter den Identifikationsnummern 0_____ und 0_____ aufgeführten Grundstücke H_____straße und H_____straße mit einer nutzungsbezogenen Beitragsfläche von zusammen 3.035,66 m² erfasst. Zu den bis zur erstmaligen Herstellung noch zu erschließenden Fläche rechnen diverse Grundstücke, für die die Aufstellung von Bebauungsplänen oder Vorhaben- und Erschließungsplänen beschlossen oder vorgesehen war; diese Flächen haben einen Gesamtumfang von etwa 203.000 m². Beschlossen waren maßnahmebezogene Satzungen für zwei Vorhaben in A_____, betreffend das Flurstück 33 der Flur 2 mit einer Größe von 4.240 m², auf dem eine Pensionsbetrieb errichtet werden sollte, und die Flurstücke 15/2 und 17 der Flur 2, auf denen nach dem Vorhaben- und Erschließungsplan "Wohnbebauung und Hotel zum alten Kahnhafen" auf einer Teilfläche von 9.400 m² ein Beherbergungsbetrieb mit Schank- und Speisewirtschaft errichtet werden sollte. Weitere beplante Gebiete gab es im Jahre 1999 nicht.

Mit Urteil vom 29. Juni 2004 hat das Verwaltungsgericht Cottbus den Beitragsbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. März 2001 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt: Auf die BS 2000 lasse sich der Beitragsbescheid nicht mehr stützen, nachdem die BS 2000 wie auch deren Vorgängersatzung, die BS 1998, einschließlich der 1. Änderungssatzung bezogen auf den Zeitpunkt des rückwirkenden In-Kraft-Tretens der neu erlassenen Herstellungsbeitragssatzung ausdrücklich außer Kraft gesetzt habe. Die BS 2002 sei jedoch materiell ungültig, weil die Regelung zum Beitragsmaßstab in § 4 keinen Artzuschlag für zugelassene gewerbliche Nutzung enthalte. Der Amtsausschuss habe auf eine solche Regelung nicht verzichten dürfen, weil der Anteil gewerblich genutzter Liegenschaften im Beitragsgebiet ausweislich der Angaben des Bauamtsleiters bei etwa 3 v.H. der beitragsfähigen Fläche liege und diese Größenordnung gerade nicht den Eindruck vermittele, dass insbesondere in den größeren Gemeinden des Amtes um nur vereinzelt einige wenige (klein-)gewerbliche Betriebe von kaum merkbarem Gewicht anzutreffen seien. Der vom Beklagten angegebene Prozentwert stelle im Übrigen auch keine vom Gesetz oder der Rechtsprechung anerkannte Obergrenze dar, bis zu der eine gewerbliche Nutzung vernachlässigbar sei; Prozentsätze, wie sie etwa für die hier nicht einschlägige Problematik der Typengerechtigkeit genannt worden seien, ließen sich für die hier vorzunehmende Interpretation nicht fruchtbar machen. Die Tiefenbegrenzungsregelung in § 4 Abs. 4 c BS 2002 unterliege hinsichtlich ihrer Rechtmäßigkeit ebenfalls Bedenken, weil nicht nachgewiesen sei, dass das gewählte Maß von 50 Metern der typische Tiefe der Bebaubarkeit im Beitragsgebiet entspreche, was zur Ungültigkeit der Satzung insgesamt führen könne. Auf die BS 1998 könne im Übrigen schon aus formellen Gründen nicht zurückgegriffen werden, weil ihre Bekanntmachung in einem Bekanntmachungsorgan erfolgt sei, das nicht den Ort der Herausgabe im Kopf angebe, wie dies seinerzeit noch durch die Bekanntmachungsverordnung 1994 gefordert gewesen sei.

Die auf seinen Antrag zugelassene Berufung hat der Beklagte wie folgt begründet: Am 1. September 2004 sei vom Amtsausschuss erneut eine Herstellungsbeitragssatzung verabschiedet und rückwirkend zum 1. Januar 2000 in Kraft gesetzt worden (bekanntgemacht im Amtsblatt für das Amt Lieberose/Oberspreewald Nr. 8/2004 vom 18. September 2004, i.F.: BS 2004), mit der man auf die vom Verwaltungsgericht ebenfalls beanstandete Tiefenbegrenzungsregelung ausdrücklich verzichtet habe. Eine Ergänzung der Maßstabsregelung um einen Gebietsartzuschlag für die zugelassene Nutzung in Gewerbe-, Industrie- und Kerngebieten sei hingegen nicht erforderlich. Solche Gebiete seien in den sechs zentral entwässerten Ortslagen (A_____, B_____, B_____, N_____, S_____ und W_____), die sämtlich einen dörflichen Charakter aufwiesen, nicht durch Bebauungsplan festgesetzt. Das Gebiet des vorm. Amtes O_____ werde durch Landwirtschaft und Tourismus geprägt. Innerhalb des Bebauungszusammenhangs fänden sich in der Gemeinde Straupitz 28 Grundstücke, die derzeit gewerblich genutzt würden oder für eine gewerbliche Nutzung in Betracht kämen, in der Gemeinde N_____ einschließlich des Ortsteils B_____ 17 Grundstücke, in der Gemeinde A_____ 7 Grundstücke und in der Gemeinde B_____ 4 Grundstücke, mit einer beitragsfähigen Grundstücksfläche bezogen auf das Beitragsgebiet von insgesamt 117.642,99 m². Ausgehend von der Beitragskalkulation ergebe sich ein Anteil von 5,76 v.H. Hiernach sei die Mehrbelastung der Grundstückseigentümer ohne gewerbliche Nutzung nach den Grundsätzen der Typisierung und Pauschalierung in jeder Beziehung hinnehmbar. Die Begründung des angefochtenen Urteils erschöpfe sich hingegen darin, für das Beitragsgebiet festzustellen, dass es nicht den Eindruck zu vermitteln vermöge, nur vereinzelt einige wenige (klein)gewerbliche Betriebe von kaum merkbarem Gewicht aufzuweisen. Für die Entwicklung einer Grenze für die Vernachlässigungsfähigkeit zugelassener gewerblicher Nutzungen seien diese Feststellungen keinesfalls ausreichend. Dafür müsse auf den Flächenmaßstab und die sich danach ergebenden Flächeneinheiten abgestellt werden; ein Rückgriff auf wertende Betrachtungen sei mit dem für das Satzungsrecht geltenden Bestimmtheitserfordernis kaum vereinbar. Jedenfalls lasse sich das erstrebenswerte Maß an Rechtssicherheit nur mit entsprechend deutlichen Kriterien gewinnen. Als Relevanzschwelle sei - wie sonst auch bei zulässigen Typisierungen - von 10 Prozent der Flächeneinheiten auszugehen. Danach bedürfe es hier keiner Regelung eines Artzuschlages.

Der Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil. Der Beklagte müsse sich an den Ausführungen in der Kalkulation aus dem Jahre 1999 festhalten lassen. Danach sei die Erschließung von gewerblich genutzten oder nutzbaren Flächen im Umfang von deutlich mehr als 10 Prozent der beitragsfähigen Flächeneinheiten im Zeitpunkt der endgültigen Herstellung prognostisch zugrunde gelegt worden. Der Beklagte stelle zu Unrecht allein auf die gegenwärtige Situation und derzeit vorhandenen gewerblichen Nutzungen ab. Die Beitragssatzung müsse als abstrakt-generelle Regelung auch dann, wenn die gegenwärtigen Verhältnisse im Zeitpunkt des Satzungserlasses hierzu noch keinen Anlass böten, eine vollständige Maßstabsregelung für den künftig möglichen Fall der Zulässigkeit einer nicht vernachlässigbaren gewerblichen Nutzung enthalten. Eine Differenzierung nach dem Gewerbetypus, etwa vorherrschendes Kleingewerbe, sei für die Frage der Vernachlässigbarkeit nach den örtlichen Verhältnissen nicht praktikabel.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird neben der Streitakte auf den Verwaltungsvorgang und die weiteren vom Beklagten eingereichten Unterlagen (15 Hefte Beiakten), darunter das von der IGK - GmbH, Cottbus, erstellte Planungskonzept für die Abwasserentsorgung, bei dem es sich nach Angabe des Beklagten um das geringfügig fortgeschriebene Entwässerungskonzept des Amtes Oberspreewald handele, und die von der SHW Hölter Wassertechnik Betriebsgesellschaft mbH, Heckingen, erstellte Beitragskalkulation in der Ausfertigung vom 23. April 1999 und den in der mündlichen Verhandlung übergegebenen Ordner "Plananzeigen", die vorgelegen haben und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage ganz überwiegend zu Unrecht stattgegeben.

Die Klage ist zulässig. Da eine ordnungsgemäße Zustellung des Widerspruchsbescheides nicht festgestellt werden kann, ist schon die Klagefrist nicht in Lauf gesetzt worden (vgl. § 56 Abs. 2 VwGO a.F. i.V.m. § 9 Abs. 2 VwZG a.F.); im Übrigen ist die Klage innerhalb eines Monats nach dem tatsächlichen Zugang des Widerspruchsbescheides erhoben worden.

Die Klage ist aber überwiegend unbegründet.

Zwar ist mit den angefochtenen Bescheiden der Herstellungsbeitrag auf der Grundlage der BS 2004 um 2,24 € zu hoch festgesetzt. Insoweit musste es auf die Berufung des Beklagten bei der Aufhebung der Bescheide als rechtswidrig verbleiben. Im Übrigen erweisen sich Bescheide aber als rechtmäßig und können die Klägerin daher nicht in ihren Rechten verletzen (§ 125 i.V.m. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das angefochtene Urteil war daher teilweise zu ändern und die Klage im Wesentlichen abzuweisen.

Der Beitragsbescheid vom 13. Februar 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. März 2001 findet seine satzungsrechtliche Grundlage in der mit Rückwirkung auf den 1. Januar 2000 erlassenen BS 2004.

Diese Satzung ist formell gültig. Der Amtsausschuss hat sie nach den Bestimmungen der Amtsordnung, die insoweit auf § 5 der Gemeindeordnung - GO - i.d. F. der Bekanntmachung vom 10. Oktober 2001 (GVBl. I S. 154), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. März 2004 (GVBl. I S. 59) verweist (vgl. §§ 4 Abs. 4, 16 Abs. 1 AmtsO i.d. F. der Bekanntmachung vom 10. Oktober 2001, GVBl. I S. 188, zuletzt geändert durch Art. 5 des Gesetzes vom 4. Juni 2003, GVBl. I S. 172), und den Bestimmungen der hiernach ebenfalls ordnungsgemäß beschlossenen, ausgefertigten und bekannt gemachten Hauptsatzung des Amtes L_____/O_____ vom 29. Dezember 2003 (Abl. f.d. Amt Lieberose/Oberspreewald vom 20. Februar 2004, S. 1 , ferner Abl. f.d. Landkreis Dahme-Spreewald vom 8. Januar 2004, S. 2) am 1. September 2004 beschlossen. Sie ist unter dem 9. September 2004 vom Amtsdirektor gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 GO i.V.m. § 4 Abs. 4 AmtsO ausgefertigt und schließlich im Amtsblatt für das Amt L_____/O_____ vom 18. September 2004 (S. 2) bekannt gemacht worden, ohne dass Abweichungen des ausgefertigten vom beschlossenen oder dem bekannt gemachten Text vorliegen oder sonst ein Verstoß gegen nach § 5 Abs. 3 Satz 2 GO erlassene Vorschriften für die öffentliche Bekanntmachung von Satzungen, der nach § 5 Abs. 4 Satz 2 GO auch im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats noch beachtlich wäre, festgestellt werden könnte.

Es bestehen auch keine Zweifel an der Bildung des Amtes und seiner Kompetenz für die Beitragserhebung hinsichtlich der Herstellung der öffentlichen Abwasseranlage. Sie folgt aus der Übertragung der Abwasserbeseitigungsaufgabe durch die amtsangehörigen Gemeinden auf das Amt.

Aus der Bildung des Amtes sind Bedenken gegen dessen Satzungskompetenz nicht abzuleiten, wobei auf Einzelheiten zur Gründung des früheren Amtes S_____, später O_____, nunmehr vereinigt mit dem früheren Amt Lieberose, nicht näher eingegangen zu werden braucht. Insoweit ist auf die Vorschrift des § 45 Abs. 1 und 2 des 6. Gemeindegebietsreformgesetzes (Art. 1 des Gesetzes vom 24. März 2003, GVBl. I S. 93) hinzuweisen, wonach die Verletzung von Form- und Verfahrensvorschriften bei der Bildung, Änderung oder Auflösung von Ämtern bei Maßnahmen im Zeitraum zwischen dem 3. Oktober 1990 und dem 20. Februar 2003 für unbeachtlich erklärt wird, sofern die Bildung des Amtes tatsächlich vollzogen worden ist, was in Bezug auf das hier betroffene Amt Straupitz/Oberspreewald nicht zweifelhaft ist (dazu bereits Beschluss des Senats vom 19. Dezember 2005 - OVG 9 N 106.05 - BA S. 3).

Auch die Aufgabenübertragung in dem beschriebenen Umfang, die die Errichtung und den Betrieb von zentralen Abwasserbeseitigungsanlagen einschließt, unterliegt keinen Bedenken. Nach § 5 Abs. 4 Satz 1 der Amtsordnung - AmtsO - erfüllt das Amt einzelne Selbstverwaltungsaufgaben der amtsangehörigen Gemeinden nur dann an deren Stelle, wenn mehrere Gemeinden des Amtes die Aufgaben auf das Amt übertragen haben. Hierzu bedarf es einerseits einer Beschlussfassung der übertragenden Gemeinden und andererseits einer Beschlussfassung des Amtsausschusses (vgl. § 5 Abs. 4 Satz 2 AmtsO). Letzteres dient dem Schutz des Amtes; mit dem Beschluss zur Übernahme soll erforderlichenfalls eine Aufgabenübertragung verhindert werden, die dem Wohl des Amtes oder amtsangehöriger Gemeinden zuwiderlaufen würde. Die Zustimmung des Amtsauschusses kann aber auch konkludent erfolgen (vgl. Beschluss des Senats vom 19. Dezember 2005, a.a.O. BA S. 4; ferner OVG Bbg, Beschluss vom 6. Juni 2000 - 1 B 95/00 - BA S. 6). Was den Übernahmebeschluss seitens des Amtes angeht, hat das Verwaltungsgericht als wesentliche Willensäußerungen, mit denen die Übernahme der Aufgabe durch schlüssiges Handeln erklärt worden sei, die Beschlüsse des Amtsausschusses vom 29. Mai 1997 und vom 14. Februar 2000 herangezogen, mit denen der Betreibervertrag über die Entsorgung der Schmutz- und Fäkalabwässer sowie über den Baubeginn von Abwasserentsorgungssystemen entschieden wurde. Dagegen sind rechtliche Bedenken nicht zu erheben.

Die BS 2004 ist auch materiell rechtmäßig. Sie enthält die für eine Abgabensatzung nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Kommunalabgabengesetz - KAG - erforderlichen Regelungen. Insbesondere ist ihre Maßstabsregelung (§ 4 BS 2004) nicht deshalb unvollständig, weil sie keinen Zuschlag für die Art der Nutzung für gewerblich genutzte Grundstücke enthält.

Ein Zuschlag für die Art der baulichen Nutzung ist jedenfalls nach der Rechtslage bis zum Inkrafttreten des Zweiten Gesetzes zur Entlastung der Kommunen von pflichtigen Aufgaben - 2. EntlastungsG - vom 17. Dezember 2003 (GVBl. I S. 294/298) am 1. Februar 2004 nach dem wirtschaftlichen Vorteilsbegriff des § 8 Abs. 2 Satz 2, Abs. 6 Satz 1 KAG auch bei der Beitragserhebung zu leitungsgebundenen Anlagen erforderlich, soweit zugelassene Nutzungen, die wegen der mit ihnen verbundenen Steigerung des Gebrauchswerts einen solchen Artzuschlag rechtfertigen, nicht nach den örtlichen Verhältnissen vernachlässigt werden können (OVG Bbg, Urteil vom 3. Dezember 2003 - 2 A 417/01 - und Urteil vom 7. Dezember 2004 - 2 A 168/02 - UA S.20). An dem danach grundsätzlich bestehenden Erfordernis, einen Artzuschlag in die Maßstabsregelung aufzunehmen, wird festgehalten (vgl. auch bereits Beschluss des Senats vom 28. Februar 2006 - OVG 9 N 143.05 - m.w.N.), so dass sich für die hier vorzunehmende Beurteilung, ob es in der BS 2004 - Gleiches hätte für die Vorgängersatzungen zu gelten - der Regelung eines Artzuschlages für zugelassene gewerbliche Nutzungen bedurfte, die Frage stellt, unter welchen Umständen zugelassene gewerbliche Nutzungen nach den örtlichen Verhältnissen vernachlässigt dürfen.

Inwiefern sich die Rechtslage durch das 2. EntlastungsG geändert hat, bedarf keiner Entscheidung. An dem insoweit maßgeblichen Vorteilsbegriff, der auf die wirtschaftlichen Auswirkungen des durch die Erschließung vermittelten Vorteils im Sinne einer Steigerung des Gebrauchswerts und nicht auf die Vorteile in Ge-stalt der voraussichtlichen Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung oder Anlage abstellt (vgl. dazu OVG Bbg, Urteile vom 26. September 2002 - 2 D 9/02.NE - LKV 2003, 284 und vom 8. Juni 2000 - 2 D 29/98.NE - LKV 2001, 132), hat sich jedenfalls durch die Neuregelung in § 8 Abs. 6 Satz 3 KAG, nach der bei leitungsgebundenen Anlagen nur das Maß der baulichen Nutzung berücksichtigt werden soll, grundsätzlich nichts - erst recht nicht rückwirkend - geändert. Vielmehr hat der Gesetzgeber an diesen Vorteilsbegriff anknüpfend lediglich eine sachlich zu rechtfertigende Erhebungserleichterung für die Kommunen und Zweckverbände im Sinne einer Entlastung von Aufgaben geschaffen (abweichend Becker, in Becker/Benedens/Deppe/Düwel/Kluge/Liedtke/Schmidt, KAG Bbg, Loseblattslg, Stand: Juni 2006, § 8, Rn. 324, der jedoch selbst darauf hinweist, dass sich die Gesetzesbegründung auf den wirtschaftlichen Vorteilsbegriff im Sinne einer Steigerung des Gebrauchswerts nach der unverändert gebliebenen Vorschrift des § 8 Abs. 2 Satz 2 KAG bezieht, vgl. LT-Drucks 3/6324, S. 25).

Maßgeblicher Zeitpunkt für die rechtliche Beurteilung, ob ein Artzuschlag als notwendiger Bestandteil der Verteilungsregelung aufgenommen werden muss, ist insoweit grundsätzlich der Satzungserlass bzw., wenn die Beitragssatzung - wie hier - auf einen Zeitpunkt in der Vergangenheit zurückwirken soll, der Zeitpunkt dieser Rückwirkung (vgl. bereits OVG Bbg, Urteil vom 7. Dezember 2004 - 2 A 168/02 - UA S. 29; ferner Becker a.a.O., Rn. 257). Künftige Entwicklungen gewinnen nur Bedeutung, wenn ihretwegen ab einem bestimmten Zeitpunkt die rechtliche Bewertung zu ändern ist. Wenn - wie hier - der Aufwand gemäß § 8 Abs. 4 Satz 2 1. Alt. KAG nach den tatsächlichen Aufwendungen für die Herstellung der öffentlichen Einrichtung oder Anlagen ermittelt wird, bedarf es nach der hier noch maßgeblichen Rechtslage neben der Bestandsaufnahme hinsichtlich der tatsächlich vorhandenen gewerblichen Nutzung bzw. ihrer baurechtlichen Zulässigkeit auf den anschließbaren Grundstücken prognostischer Erwägungen dazu, inwieweit auf künftig zu erschließenden Flächen eine solche Art der Nutzung zugelassen ist oder werden soll. Insoweit ist der Klägerin beizupflichten, wenn sie den Erwägungen, die in die Berechnung des Beitragssatzes eingeflossen sind, als authentischen Beleg für die bei der Regelung des Beitragssatzes obwaltenden Vorstellungen und Umstände besonderes Gewicht beimisst. Sind nämlich wegen des erst in der Zukunft liegenden Zeitpunktes der erstmaligen Herstellung der beitragspflichtigen Einrichtung oder Anlage prognostische Überlegungen anzustellen, können diese aus Sicht der nachfolgenden Entwicklung nicht ohne Weiteres ersetzt und nachgeholt werden, wenn nicht nachgewiesen werden kann, dass sie zum maßgeblichen Zeitpunkt in gleicher Weise zugrunde gelegt worden wären (vgl. zu Prognosen im Gebührenrecht: Urteil des Senats vom 1. Dezember 2005 - OVG 9 A 3.05 - veröffentlicht in juris). Hieraus folgt allerdings nicht, dass jegliche Ausführung und Erläuterung der Beitragskalkulation als Vorstellung des Satzungsgebers zu den örtlichen Verhältnissen und ihrer künftigen Entwicklung im maßgeblichen Zeitpunkt ungeprüft zugrunde zu legen wäre. Die Rechtfertigung der Maßstabsregelung und - in der Folge - des Beitragssatzes ist Sache des Beklagten (ständige Rechtsprechung). Macht er substantiiert geltend, dass tatsächlich andere Prognosen angestellt und zugrunde gelegt worden seien, so ist dem nachzugehen und im Einzelfall festzustellen, ob die Vorstellungen im maßgeblichen Zeitpunkt tatsächlich so bestanden haben, wie sie sich nach ihrer schriftlichen Niederlegung darstellen.

Im Ausgangspunkt ist für die Beantwortung der Frage nach der Vernachlässigungsfähigkeit eines Artzuschlages in dem maßgeblichen Zeitpunkt festzuhalten, dass die durch die Anschlussmöglichkeit vermittelte Steigerung des Gebrauchswerts nicht objektiv in einer Weise quantifizierbar ist, die zu feststehenden Werten der Erhöhung des Beitrages und seiner Maßstabseinheiten führt. Die Bemessung insoweit war nach der Rechtslage vor dem 2. EntlastungsG vielmehr wiederum nach den örtlich vorgefundenen Verhältnissen in das Ermessen des Satzungsgebers gestellt. Gesetzlich gefordert ist lediglich die Bemessung des Beitrags nach dem mit gewerblicher Nutzung verbundenen höheren Vorteil. Nicht nur bei der Frage, ob es nach den örtlichen Verhältnissen überhaupt eines Artzuschlages bedarf, sondern auch hinsichtlich seiner Höhe besteht danach ein Gestaltungsspielraum, innerhalb dessen die konkrete Bemessung nur auf sich aus der konkret vorgefundenen Nutzung und prognostischen, möglicherweise auch konjunkturelle Gesichtspunkte berücksichtigende Überlegungen hinsichtlich künftiger Nutzungen ergebende Sachgründe zurückführbar sein muss und weitgehende Pauschalierungen enthalten darf. Hiernach kann unter bestimmten Gegebenheiten auch ein nur geringer Zuschlag von 10 v.H. durchaus angemessen sein (vgl. insoweit zu der erschließungsbeitragsrechtlichen Regelung des § 131 Abs. 3 BBauG: BVerwG, Urteil vom 10. Juni 1981 - 8 C 20.81 - BVerwGE 62,308), wenn zugelassene Nutzungen, die zwar die örtliche Situation bereits prägen und deshalb von zu berücksichtigendem Einfluss auf die Vorteilslage sind, aber gleichwohl nur einen örtlichen oder regionalen Bezug aufweisen, beispielsweise weil sie etwa nur der Versorgung des Beitragsgebiets dienen und im wesentlichen darin ihren Markt finden. In solchen Fällen kann nämlich die Typik, an die auch die abstrakte Überlegung einer gesteigerten Renditeerwartung anknüpft (näher dazu OVG Bbg, Urteil vom 3. Dezember 2003, a.a.O.), die die grundsätzliche Erforderlichkeit des Artzuschlages nach sich zieht, schwächer ausgeprägt sein als etwa in Ballungsgebieten (und deren Rändern), bei denen schon die örtliche Nachfrage, erst recht aber regionale und nationale, wenn nicht sogar internationale wirtschaftliche Beziehungen diese Erwartungen gerechtfertigt erscheinen lassen und dann auch einen entsprechend höheren Gebietsartzuschlag (30 oder mehr Prozent) erfordern.

Ist die Vorteilslage mithin nicht exakt quantifizierbar, sondern unterliegt sie dem Bewertungsermessen des Satzungsgebers, hat dies auch Auswirkungen für die Frage der Notwendigkeit eines Artzuschlages bzw. seiner Vernachlässigungsfähigkeit. Es stand dem Satzungsgeber nach der bisherigen Rechtslage frei, im Sinne möglichst weitgehender Vorteils- und Beitragsgerechtigkeit immer schon dann die Regelung eines Zuschlages für die Art der baulichen Nutzung anzuknüpfen, wenn die örtlichen Verhältnisse Anhaltspunkte dafür ergaben, dass die abstrakte Überlegung, dass gewerbliche Nutzung eine höhere Renditeerwartung als die Wohnnutzung begründet, zutreffend war, und er musste sich insoweit nicht darauf verweisen lassen, der bei Satzungserlass tatsächlich und ggf. prognostisch bestehenden wirtschaftlichen oder konjunkturellen Lage besonders Rechnung zu tragen. Denn das Gesetz stellt für den Vergleich der Vorteilslage - zulässigerweise - auf eine abstrakte Betrachtung ab (in diesem Sinne auch bereits Beschluss des OVG Bbg, Beschluss vom 14. April 2005 - 2 B 23/05 - BA S. 5).

Allerdings sind dem satzungsgeberischen Ermessen hinsichtlich der Erforderlichkeit einer Artzuschlagsregelung nach den konkreten örtlichen Verhältnissen deutlichere Grenzen gesetzt als bei der Bemessung der Höhe nach. Haben nämlich Gemeinden im Beitragsgebiet Flächen als Gewerbegebiete (Industriegebiete, Kerngebiete) bauplanungsrechtlich ausgewiesen, so prägt und steigert dies die Vorteilssituation im Sinne der abstrakten Überlegung. Solche planerischen Festsetzungen schaffen zielgerichtet die Voraussetzungen dafür, dass sich eine höhere Rendite konkret realisieren lässt. Es wird nämlich Bauland ausgewiesen, dessen Wert - zumindest in der Regel - wirtschaftlich entsprechend höher beurteilt wird. Liegen demnach planerische Festsetzungen nach den §§ 7 bis 9 BauNVO vor, gebieten § 8 Abs. 2 Satz 2 und 6 Satz 1 KAG regelmäßig, dass Anschlussbeiträge nach der gesteigerten Vorteilslage bzw. dem hieraus resultierenden höheren wirtschaftlichem Vorteil bemessen werden. Abgesehen werden kann von der Regelung eines solchen Gebietsartzuschlages nur dann, wenn die gesteigerte Vorteilslage einen atypischen Sachverhalt darstellt, der neben den typischen Sachverhalten nicht ins Gewicht fällt. Diese Grundsätze sind regelmäßig auch zugrunde zu legen, wenn innerhalb des im Zusammenhang bebauten Ortsteils die Eigenart der näheren Umgebung einem der Gebiete nach §§ 7 bis 9 BauNVO entspricht. Unter den genannten Umständen ergeben sich aus den örtlichen Verhältnissen für den Satzungsgeber durch die bauplanungsrechtlich zugelassene Art der Nutzung sachliche Anknüpfungspunkte für die Vorteilsbemessung, die er nach dem bisher gesetzlich vorgegebenen Bemessungsprinzip nicht vernachlässigen darf. Bei den von der planbedingten oder faktischen Gebietsausweisung betroffenen Grundflächen gibt die erkennbar gesteigerte Vorteilslage im Sinne einer vorteilsgerechten Belastung des einzelnen Grundstücks nach § 8 Abs. 6 Satz 1 KAG regelmäßig einen Anhalt für die Notwendigkeit eines Artzuschlages.

Fehlen solche Anknüpfungspunkte für eine gesteigerte Vorteilslage durch zugelassene gewerbliche Nutzung, wie dies etwa in Mischgebieten (§ 6 BauNVO), Dorfgebieten (§ 5 BauNVO) und auch in allgemeinen und besonderen Wohngebieten (§§ 4, 4 a BauNVO) oder in nach der Eigenart der näheren Umgebung entsprechend zu bewertenden im Zusammenhang bebauten Ortsteilen (§ 34 Abs. 2 BauGB) der Fall ist, kann dies gegen ein Differenzierungserfordernis und für die Vernachlässigungsfähigkeit sprechen. Bei solchen örtlichen Verhältnissen ist im normativen Ausgangspunkt die gewerbliche Nutzung auf jedem Grundstück in gleicher Weise zulässig, wie sie nach der BauNVO im jeweiligen Gebiet zugelassen wird, auch wenn nach der konkreten bauplanungsrechtlichen Betrachtung jeweils Einschränkungen der Nutzung zu beachten sind. § 8 Abs. 6 Satz 1 KAG fordert indes solche, wiederum auf eine genaue Quantifizierbarkeit des Vorteils hinauslaufenden Einzelbewertungen der Zulässigkeit dieser Art der baulichen Nutzung nicht. Werden entsprechende Möglichkeiten nur vereinzelt, insgesamt jedoch untergeordnet ausgenutzt, wofür insbesondere spricht, wenn gewerbliche Nutzungen nur einen örtlichen Bezug haben oder der örtlichen Versorgung dienen, unterscheidet sich die Vorteilsituation der so genutzten Grundstücke von der für Wohnzwecke genutzten Grundstücke nicht so wesentlich, dass ein Differenzierungserfordernis besteht. Ist die Ausgangslage für alle Grundstücke prinzipiell annähernd gleich, rechtfertigt dies grundsätzlich ihre Zusammenfassung in einer Gruppe (vgl. § 8 Abs. 6 Satz 2 KAG).

Eine Vernachlässigung entsprechend zugelassener gewerblicher Nutzungen kommt nur so lange in Betracht, wie unter dem Gesichtspunkt der Beitragsgerechtigkeit eine typisierende Gleichbehandlung mit Art. 3 Abs. 1 GG noch vereinbar wäre (vgl. zu den Grundsätzen der Verwaltungspraktikabilität und Typengerechtigkeit etwa BVerwG, Urteile vom 19. September 1983 - 8 N 1.93 -, KStZ 1984, 9 m.w.N., ferner OVG Bbg, Urteile vom 27. März 2002 - 2 D 46/99.NE -,UA S. 16 f. und vom 12. April 2001 - 2 D 73/00.NE -, UA S. 21). Das setzt voraus, dass die Größenordnung der den Beitragssatz insgesamt mindernden (zusätzlichen) Maßstabseinheiten noch kein solches Gewicht erreicht, dass die Mehrbelastung infolge eines Unterbleibens der Differenzierung den übrigen Beitragsschuldnern nicht zugemutet werden könnte. Wird die - durch planerische Festsetzungen oder die Eigenart der näheren Umgebung - zugelassene gewerbliche Nutzung tatsächlich in einem solchen Ausmaß in Anspruch genommen (zur Zulässigkeit der Anknüpfung an die tatsächliche Nutzung im Anschlussbeitragsrecht: OVG NW, Urteil vom 16. August 1990 - 2 A 639/89 - NWVBl. 1991, 344; ferner im Erschließungsbeitrags- bzw. Straßenbaubeitragsrecht: OVG NW, Urteil vom 21. April 1999 - 3 A 954/94 - NVwZ-RR 2000, 824 und Beschluss vom 25. Februar 2000 - 15 A 3495/96 - NVwZ-RR 2000, 825) oder kann und soll sie nach den Vorstellungen bei Erlass der Beitragssatzung bzw. dem Zeitpunkt deren rückwirkender Inkraftsetzung zukünftig in Anspruch genommen werden, dass es im Sinne der Beitragsgerechtigkeit unzumutbar wäre, die Realisierung damit verbundener Wertsteigerungen im Beitragsgebiet unberücksichtigt zu lassen, besteht ein Differenzierungserfordernis. Gleiches gilt, wenn eine gewerbliche Nutzung in den zuvor beschriebenen dörflichen Lagen oder sonstigen Mischgebieten dagegen nach der Größe der betroffenen Grundfläche, der baulichen Ausnutzung oder nach ihrer Qualität, etwa wegen eines überörtlichen Bezuges, der Zahl der Arbeitsplätze o.ä. herausragendes Gewicht besitzt. Hier kann allein der Gesichtspunkt der Vorteilsgerechtigkeit dazu zwingen, diese Lage durch einen Artzuschlag zu berücksichtigen. Jenseits einer solchen Prägung der örtlichen Verhältnisse durch einzelne gewerbliche Nutzungen wird regelmäßig erst dann, wenn bereits erschlossene oder bis zur erstmaligen Herstellung der öffentlichen Einrichtung noch zu erschließende Flächen, die gewerblich genutzt werden bzw. prognostisch so genutzt werden können sollen, zehn Prozent der grundsätzlich beitragsfähigen Gesamtfläche ausmachen, die Regelung eines Artzuschlages geboten sein. In diesen Fällen besitzt die zugelassene gewerbliche Nutzung gegenüber andere Nutzungsarten solches Gewicht, dass sie aus Gründen der Beitragsgerechtigkeit nicht mehr nach dem im Abgabenrecht allgemein geltenden Grundsatz der Typengerechtigkeit vernachlässigt werden darf, sondern eine eigene Vorteilskategorie (Gruppe) im Sinne des § 8 Abs. 6 Satz 2 KAG bildet. Offen bleiben kann, ob und unter welchen besonderen Umständen eine Überschreitung dieser Grenze gleichwohl noch in Betracht kommt. In jedem Fall bieten örtliche Verhältnisse, in denen diese Grenze erreicht wird, nach der bis zum 1. Februar 2004 bestehenden Rechtslage einen ernstlichen Anhaltspunkt dafür, dass der Satzungsgeber unter dem Gesichtspunkt der Beitragsgerechtigkeit (Art. 3 Abs. 1 GG) gehalten ist, seiner Maßstabsregelung einen Artzuschlag beizufügen.

Nach diesen Grundsätzen durften bei In-Kraft-Treten der Satzung und in der Folgezeit zugelassene gewerbliche Nutzungen nach den örtlichen Verhältnissen im Beitragsgebiet des Beklagten vernachlässigt werden. Die durch das Abwasserleitungsnetz des Beklagten erschlossenen sechs Ortslagen weisen dörflichen Charakter auf. Die größte Ortschaft ist S_____ mit weniger als 1.200 Einwohnern; insgesamt hatte das frühere Amt O_____ nach dem Stande des Jahres 2002 etwa 4.500 Einwohner. Gewerbliche Nutzungen, die das Gebiet prägen würden, waren weder im maßgeblichen Zeitpunkt zu Beginn des Jahres 2000 noch später festzustellen. Nach den Erhebungen des Beklagten, an denen der Senat zu zweifeln keinen Anlass hat, werden derzeit Grundstücke mit einer beitragsfähigen Fläche von 117.642,99 m² gewerblich genutzt oder sind gewerblich nutzbar, ohne dass darunter nach der Zahl der Arbeitsplätze oder der Beteiligung am Wirtschaftsleben herausragende Nutzungen oder solche von überörtlicher Bedeutung zu verzeichnen wären. Auch Betriebe des Beherbergungsgewerbes sowie Schank- und Speisewirtschaften prägen die Gewerbelandschaft in dem am Spreewald gelegenen Beitragsgebiet nicht in über- oder herausragender Weise.

Auch hinsichtlich der Prognose in Bezug auf den endgültigen Zustand der erstmaligen Herstellung kann ausgeschlossen werden, dass eine weitere Erschließung von gewerblich nutzbaren Flächen einen solchen Umfang annehmen würde, dass eine Artzuschlagsregelung in die BS 2004 hätte aufgenommen werden müssen. Die auf eine Entwicklung von Gewerbegebieten im Umfang von 24 ha zielende Bemerkung in der Beschreibung der örtlichen Verhältnisse nach der Beitragskalkulation vom 24. März 1999 erweist sich auf der Grundlage des Vorbringens des Beklagten bei näherer Prüfung als unzutreffend. Eine solche auf den 1. Januar 2000 bezogene Vorstellung hat den Amtsausschuss weder beim Beschluss der BS 2004 noch bei dem ihrer Vorgänger aus den Jahren 2000 und 2002 beherrscht. Zwar würden sich solche Flächen durchaus in den Rahmen der nach der in Anlage 7 noch durch die Anlagen des Beklagten zu erschließenden Flächeneinheiten von insgesamt 340.000 m² einfügen. Es trifft aber schon nicht zu, dass seinerzeit Gewerbegebiete in einem Umfang von 240.000 m² "beplant und zum Verkauf ausgewiesen" gewesen wären. Der Beklagte hat nachgewiesen, dass in den zentral entwässerten Ortslagen weitere Flächen im Umfang von jedenfalls 203.000 m² vorhanden sind, die nach dem Stand von 1999 - überwiegend maßnahmebezogen - einer Beplanung zugeführt werden sollten bzw. schon beplant waren, wenn auch die Vorhaben bislang noch nicht zur Ausführung gelangten. Es spricht allerdings wenig dafür, dass man diese Projekte mit Gewerbegebieten verwechselt haben könnte. Die Flächen der Projekte kommen mit den vom Beklagten ursprünglich angegebenen 233.000 m² nur ungefähr in die Nähe von 24 Hektar; auch konnte ein Projekt in B_____ mit einer Fläche von 3 ha keine Berücksichtigung finden, weil diese Ortslage von der zentralen Abwasserentsorgungseinrichtung des Beklagten nicht erfasst wird. Die übrigen Projekte haben jedoch weit überwiegend eine Wohnnutzung zum Gegenstand; lediglich die beschlossenen Vorhaben- und Erschließungpläne in der Ortslage A_____ betreffend die Pension und das Projekt "Wohnbebauung und Hotel am alten Kahnhafen" sowie das Vorhaben "Wohnpark am Spreewaldbahnhof" in S_____ mit einer der Größe nach nicht exakt umschriebenen Teilfläche für Einzelhandel (ca. 2.000 m²), fallen ganz oder teilweise als gewerbliche Nutzungen aus dem genannten Flächenumfang heraus. Dadurch verringert sich die Fläche für Vorhaben mit Wohnnutzung indessen nur um 4.240 m² (Pension Winzer), weitere 9.400 m² (Hotel am alten Kahnhafen) und 2.000 m² (Spreewaldbahnhof), insgesamt also um 15.640 m², auf 187.360 m². Von den nach der Flächenberechnung noch zu erschließenden Flächen (340.000 m²) könnten demnach allenfalls 152.640 m² für gewerbliche Nutzungen verbleiben, von denen aber nur 15.640 m² prognostisch hinreichend sicher als Gewerbeflächen angesehen werden konnten. Gewerbegebiete von 24 Hektar können daher in der noch zu erschließenden Fläche nicht enthalten sein.

Diese Betrachtung wird bestätigt durch die Angaben des früheren Abteilungsleiters der Fa. SWH Hölter GmbH, Roitzsch, der seinerzeit mit der Aufstellung der Beitragskalkulation befasst war und dazu in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, dass nach den katastermäßigen Beständen und einem Luftbildabgleich sowie nach weiteren Überlegungen zu noch neu zu erschließenden Flächenbereiche keine Anhaltspunkte für eine Einbeziehung weiterer 24 ha Gewerbegebiet gegeben gewesen seien; die Angabe in der Erläuterung der örtlichen Verhältnisse sei eindeutig falsch, ohne dass er erklären könne, wie es dazu gekommen sei.

Berücksichtigt man hingegen die sich prognostisch ergebenden weiteren Flächen für gewerbliche Nutzung, so wächst die Fläche der gewerblich genutzten oder zulässig nutzbaren Fläche nicht in einem Maße, das zur Regelung eines Zuschlages für die Art der Nutzung zwingt. In der Flächenberechnung sind zusätzlich zu den vom Beklagten angegebenen Grundstücken mit einer flächebezogenen Einheiten von 117.642, 99 m² noch Gewerbeflächen in Gestalt der Grundstücke Hauptstraße 10 und 11 in Alt Zauche, auf die sich der bei dieser Ortslage vermerkte Zusatz "inkl. Gewerbegebiet" bezieht, in einem Umfang von 3.035,66 m² enthalten. Rechnet man die bereits erörterten, noch zu erschließenden, auf eine gewerbliche Nutuzung entfallenden Einheiten (15.640 m²) hinzu, ergibt dies Einheiten im Umfang von 136.318,65 m², was einem Anteil an der Summe der Flächeneinheiten von etwa 6,7 Prozent entspricht. Damit wird eine Größenordnung nicht erreicht, nach der ein Artzuschlag für zugelassene gewerbliche Nutzungen regelungsbedürftig wäre. Dies gilt selbst dann noch, wenn man unterstellen wollte, dass Flächen im Umfang von 3,84 ha, für die es nach den vom Beklagten vorgelegten Unterlagen im maßgeblichen Zeitpunkt nur eine Vorplanung gab, als potentiell gewerblich zu nutzende Flächen anzusehen wären, obwohl es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass es sich insoweit nicht um Flächen für Wohnnutzung handelt.

Erweist sich die BS 2004 hiernach als wirksame satzungsrechtliche Grundlage, die infolge ihrer Rückwirkungsanordnung die angefochtenen Bescheide erfasst, bedarf es keiner näheren Prüfung der Gültigkeit der Vorgängersatzungen. Diese hatte das Verwaltungsgericht unter dem Gesichtspunkt der in § 4 Abs. 4 c enthaltenen, nunmehr ausdrücklich aufgegebenen Tiefenbegrenzungsregelung als rechtlich problematisch angesehen. Nach den unwidersprochen gebliebenen Angaben des Beklagten, die von dem mit der Flächenermittlung und -berechnung befassten Mitarbeiter Roitzsch der Firma SWH Hölter GmbH in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich bestätigt worden sind, hat die Tiefenbegrenzungsregelung keine Anwendung gefunden, weil man für die Abgrenzung des baurechtlichen Außenbereichs vom Innenbereich allein die für alle sechs Ortslagen existierenden Abrundungssatzungen herangezogen hat und danach kein Fall gegeben war, in dem die vorgesehene Tiefenbegrenzung von 50 Metern bei der Beitragsberechnung für den betroffenen Grundstückeigentümer zu einem günstigeren Ergebnis geführt hätte. Auf die BS 1998 und den nach ihr vorgesehenen günstigeren Beitragssatz kann nicht abgestellt werden. Diese Satzung ist, wie das Verwaltungsgericht zu Recht in Anwendung von § 4 Nr. 3 Satz 1 der Bekanntmachungsverordnung vom 25. April 1994 (GVBl. II S. 314) in der Fassung der 1. Änderungsverordnung vom 12. November 1994 (GVBl. II S. 970) festgestellt hat, in einer Ausgabe des amtlichen Bekanntmachungsblatts des Amtes veröffentlicht worden, in der der Ort der Ausgabe nicht im Kopf angegeben war. Diese Satzung ist daher wegen eines nach § 4 Abs. 4 AmtsO i.V.m. § 5 Abs. 4 Satz 2 GO beachtlichen Bekanntmachungsfehlers ungültig.

Gegen die Berechnung des Beitrages sind Bedenken nur zu erheben, als er in einer Höhe von 12.478,83 DM (6.380,32 €) festgesetzt worden ist, bei einer Veranlagung nach der BS 2004 aber nur in einer Höhe von 6.378,08 € (2.520,98 m² x 2,53 €) festgesetzt werden durfte. Diese Abweichung ist eine Folge der Rundungsdifferenz, die sich bei der Umrechnung des in der BS 2000 geregelten Beitragsatzes von 4,95 DM in Euro (2,53 €) ergibt. Sie begünstigt die Klägerin, weshalb die Aufhebung des Bescheides in Höhe von 2,24 € Bestand hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Ende der Entscheidung

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