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Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 06.04.2006
Aktenzeichen: OVG 9 L 4.06
Rechtsgebiete: GKG, ZPO, VwGO, BGB, AO, BauGB
Vorschriften:
GKG § 39 | |
ZPO § 5 | |
ZPO § 59 | |
VwGO § 64 | |
BGB § 421 | |
AO § 155 | |
BauGB § 134 Abs. 1 Satz 4 HS. 1 |
OVG 9 L 4.06
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 9. Senat durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Schmidt, den Richter am Oberverwaltungsgericht Bath und die Richterin am Oberverwaltungsgericht Gaube am 6. April 2006 beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 19. Dezember 2005 wird zurückgewiesen.
Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe:
Die gemäß §§ 72 Nr. 1 i.V.m. 68 Abs. 1 Satz 1 und 3 des Gerichtskostengesetzes - GKG n.F. - zulässige Streitwertbeschwerde ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Streitwert zu Recht auf 226.029,87 EUR festgesetzt. Denn der Betrag i.H.v. 55.259,50 DM (28.253,73 EUR), der mit dem an die Klägerin zu 1) "für" die ungeteilte Erbengemeinschaft adressierten Erschließungsbeitragsbescheid angefordert wurde, ist in Ansehung der objektiven und subjektiven Klagehäufung mit der Anzahl der Kläger zu vervielfältigen.
Das gemäß § 72 Nr. 1 GKG für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht maßgebliche Gerichtskostengesetz i.d.F. der Bekanntmachung vom 15. Dezember 1975 (BGBl. I S. 3047), zuletzt geändert durch Artikel 2 Abs. 5 des Gesetzes vom 12. März 2004 (BGBl. I S. 390) - GKG a.F. - enthält keine Regelung über die Festsetzung des Streitwertes bei Klagen gegen Abgabenbescheide, die in objektiver oder subjektiver Klagehäufung erhoben worden sind. Es ist deshalb - wie auch aus der lediglich klarstellenden (Hartmann, Kostengesetze, 35. Aufl. 2005, § 39 RN 2) Regelung des § 39 GKG n.F. folgt - auf § 5 ZPO als Ausprägung eines das gesamte Streitwertrecht beherrschenden Grundsatzes zurückzugreifen (Stein/Jonas, Ziviprozessordnung, 22. Aufl. 2005, § 5 RN 1 m.w.N.; Hartmann a.a.O., § 52 RN 6). Nach § 5 HS 1 ZPO werden mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche zusammengerechnet.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs greift dieser Grundsatz allerdings nicht, wenn die verschiedenen Streitgegenstände wirtschaftlich identisch sind, was u.a. dann der Fall ist, wenn Gesamtschuldner gemäß §§ 59 ff ZPO in Streitgenossenschaft klagen oder verklagt werden (BGH, Beschluss vom 29. Januar 1987 - V ZR 136.86 -, NJW-RR 1987, 1148; Beschluss vom 25. November 2003 - VI ZR 418.02 -, NJW-RR 2004, 638; Stein/Jonas a.a.O., § 5 RN 8; Zöller, Zivilprozessordnung, 25. Aufl. 2005, § 5 RN 8). Zwar klagen vorliegend die gemäß § 134 Abs. 1 Satz 4 HS 1 BauGB als Gesamtschuldner haftenden Erben in Streitgenossenschaft (§ 64 VwGO i.V.m. § 59 ZPO). Jedoch ist die vorgenannte zivilgerichtliche Rechtsprechung nicht auf das verwaltungsgerichtliche Verfahren übertragbar (ebenso OVG Brandenburg, Beschluss vom 10. Juli 2003 - 2 E 61/03 - und vom 18. März 2003 - 2 A 114/02.Z; a.A. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13. März 1990 - 5 S 378.90 -, zitiert nach juris; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 3. Mai 1994 - 9 O 891.94 -, NVwZ-RR 1994, 703; BayVGH, Beschluss vom 26. Januar 2001 - 23 C 01.190 -, BayVBl. 2001, 316; s. auch Nr. II 1.1.3 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit Fassung 7/2004, NVwZ 2004, 1327). Die wirtschaftliche Identität von Forderungen, zu denen jeder Gesamtschuldner in Höhe des vollen Betrages durch Verwaltungsakt herangezogen wird, obgleich die Behörde die Zahlung nur einmal beanspruchen kann, ist insoweit nicht ausschlaggebend. Entscheidend ist, dass der gegen jeden der Gesamtsschuldner erlassene Verwaltungsakt als Leistungsbescheid eigenständige Vollstreckungsgrundlage ist und mit Unanfechtbarkeit - selbst im Falle seiner Rechtswidrigkeit - in Bestandskraft erwächst. Insbesondere wirkt eine gerichtliche Aufhebung des Leistungsbescheides gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nur zugunsten des erfolgreich klagenden Gesamtschuldners. Gegenüber denjenigen Gesamtschuldnern, die von einer Klageerhebung abgesehen haben, bilden die gegen sie gerichteten Leistungsbescheide nach wie vor eine Grundlage für die Vollstreckung. Bei einer in subjektiver Klagehäufung erhobenen Anfechtungsklage kann deshalb dem Umstand, dass die Klage jeweils auf die Abwehr einer Inanspruchnahme wegen der vollen Höhe der Forderung gerichtet sein muss, nur durch die Addition gemäß § 5 HS 1 ZPO / § 39 GKG n.F. Rechnung getragen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 68 Abs. 3 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Ende der Entscheidung
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