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Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 09.05.2006
Aktenzeichen: OVG 9 M 9.06
Rechtsgebiete: VwVfG Bbg, KAG


Vorschriften:

VwVfG Bbg § 2 Abs. 2 Nr. 1
VwVfG Bbg § 80 Abs. 2
KAG §§ 12 ff.
In kommunalabgabenrechtlichen Verwaltungsverfahren ist die Anwendung des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Brandenburg gesetzlich ausgeschlossen. Im isolierten Vorverfahren fehlt es deshalb an einer Anspruchsgrundlage für eine Erstattung von Auslagen des erfolgreichen Widerspruchsführers (Fortführung der Rechtsprechung des OVG Bbg).
OVG 9 M 9.06

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 9. Senat durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Schmidt, den Richter am Oberverwaltungsgericht Bath und die Richterin am Oberverwaltungsgericht Gaube am 9. Mai 2006 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 30. Januar 2006 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Die Beschwerde des Klägers gegen die erstinstanzliche Versagung von Prozesskostenhilfe hat keinen Erfolg. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne des § 166 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - in Verbindung mit § 114 der Zivilprozessordnung - ZPO - biete, ist nicht zu beanstanden.

In der Rechtsprechung des bis einschließlich 30. Juni 2005 zuständigen Oberverwaltungsgerichts für das Land Brandenburg war anerkannt, dass § 2 Abs. 2 Nr. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz für das Land Brandenburg - VwVfG Bbg - die Anwendung des Gesetzes insgesamt und damit auch die eine Auslagenerstattung im isolierten erfolgreichen Widerspruchsverfahren ermöglichenden Bestimmungen des § 80 Abs. 1 und 2 VwVfG Bbg in kommunalabgabenrechtlichen Verwaltungsverfahren ausschließt (OVG Bbg, Beschlüsse vom 7. Dezember 2001 - 2 A 613/00.Z - und vom 10. Juli 1998 - 2 A 197/97 u.a. - MittStGB Bbg. 1998, 449). An dieser Rechtsprechung hält der nunmehr zuständige Senat des erkennenden Gerichts auch in Ansehung der Beschwerdebegründung fest. Der Wortlaut der Ausnahme in § 2 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG Bbg führt auf das auch einleitend von der Beschwerde für möglich erachtete umfassende Verständnis des Ausschlusses der Anwendbarkeit des Verwaltungsverfahrensgesetzes, weil es dort heißt, dass das Gesetz ferner nicht gilt "in Verwaltungsverfahren, in denen Rechtsvorschriften der Abgabenordnung anzuwenden sind, mit Ausnahme des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Brandenburg." Demnach reicht eine Anwendung einzelner Bestimmungen der Abgabenordnung aus, es muss sich nicht um ein Verwaltungsverfahren handeln, in dem die Abgabenordnung insgesamt anzuwenden ist, wie dies etwa in § 2 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG Bbg für Verwaltungsverfahren, in denen das Sozialgesetzbuch anzuwenden ist, geregelt ist. Die gesetzgeberische Differenzierung bei der Fassung des Wortlauts der Ausnahmen in § 2 Abs. 2 VwVfG Bbg liefert hiernach auch systematische Anhaltspunkte dafür, dass eine einschränkende Auslegung des Ausnahmetatbestandes nach Nr. 1, wie sie der Kläger befürwortet, nicht geboten ist. Wenn dies dem Willen des Gesetzgebers entsprochen hätte, wäre eine Formulierung dahin zu erwarten gewesen, dass das Gesetz keine Anwendung finden solle, soweit Vorschriften der Abgabenordnung Anwendung finden (so bereits OVG Bbg, Beschlüsse vom 10. Juli 1998 a.a.O.). Systematisch hätte es einer solchen Regelung aber gar nicht bedurft, weil sich ein solcher Anwendungsvorrang bereits aus § 1 Abs. 1 VwVfG Bbg ergibt. Schon das Vorhandensein des Ausnahmetatbestandes deutet deshalb auf einen umfassenden Anwendungsausschluss hin.

Die Erwägungen der Beschwerde erweisen sich demgegenüber als interessegeleitet und ergebnisbezogen. Einen allgemeinen Grundsatz, dass Ausnahmevorschriften stets eng auszulegen sind, kennt die juristische Methodenlehre nicht; wie eine Ausnahme auszulegen ist, entscheidet sich nach dem jeweiligen Regelungszusammenhang. Dieser gibt für das vom Kläger für zutreffend gehaltene Auslegungsergebnis nichts Hinreichendes her. Selbst bei einer ergebnisbezogenen Betrachtung kann nämlich nicht angenommen werden, dass der auch für das Kommunalabgabengesetz zuständige Landesgesetzgeber die Wirkung der Regelung in § 2 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG Bbg im Zusammenhang mit den §§ 1 Abs. 3, 12 KAG verkannt und einen zu weit gehenden Ausschluss geregelt haben sollte; vielmehr spricht alles dafür, dass die Regelungen aufeinander abgestimmt sind und der Ausschluss der Anwendbarkeit des Verwaltungsverfahrensgesetzes mit der Konsequenz, dass die Kostenerstattungsregelungen bei isolierten kommunalabgabenrechtlichen Vorverfahren nicht greifen, bewusst erfolgt ist. Schließlich ist die Auswirkung einer bestimmten Formulierung der Ausnahmebestimmung des Verwaltungsverfahrensgesetzes ("Exemtionsklausel") seit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. September 1989 - 8 C 88.88 - (BVerwGE 82, 336) bekannt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 127 Abs. 4 ZPO. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es wegen der gesetzlich bestimmten Festgebühr nicht.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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