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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 02.09.2005
Aktenzeichen: OVG 9 S 11.05
Rechtsgebiete: VwGO, KAG


Vorschriften:

VwGO § 80 Abs. 4 Satz 3
VwGO § 80 Abs. 5
KAG § 8
Werden durch rückwirkende (Einzel-) Satzungen die für die Bemessung der Straßenausbaubeiträge maßgeblichen Anliegeranteile einer früher erlassenen (formell ungültigen) Ausbaubeitragssatzung erhöht, obliegt es im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO der beitragsberechtigten Behörde (unter dem Gesichtspunkt des Schlechterstellungsverbotes) darzutun, dass die als zu niedrig ersetzten Sätze der Anliegeranteile rechtswidrig waren; muss die betreffende Frage bei summarischer Prüfung offen bleiben, geht das im betreffenden Verfahren zu Lasten der Behörde
OBERVERWALTUNGSGERICHT BERLIN-BRANDENBURG Beschluss

OVG 9 S 11.05

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 9. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg am 2. September 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Schmidt, den Richter am Oberverwaltungsgericht Bath und die Richterin am Oberverwaltungsgericht Gaube

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 21. Juli 2004 wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für beide Instanzen, für die erste Instanz unter Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts, auf 3.014,30 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO muss die Beschwerde gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichts im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Dies erfordert eine Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffes und damit eine sachliche Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Beschlusses. Der Beschwerdeführer muss in der Beschwerdebegründung darlegen, warum er die angefochtene Entscheidung in bestimmten Punkten für unrichtig hält und aus welchen Gründen eine andere Entscheidung des Verwaltungsgerichts geboten ist (vgl. nur Beschluss des Senats vom 1. August 2005 - OVG 9 S 2.05 -), d.h. aus welchen Gründen eine Änderung des Beschlusses ernsthaft in Betracht zu ziehen ist. Eine Prüfung von Amts wegen findet insoweit nicht statt. Die Prüfung des Oberverwaltungsgerichts beschränkt sich danach gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO in einer ersten Stufe darauf, ob die Beschwerdebegründung geeignet ist, die Begründung des angefochtenen Beschlusses zu erschüttern; nur wenn dies der Fall ist, ist auf einer zweiten Stufe von Amts wegen zu prüfen, ob sich der Beschluss auf der Grundlage der Erkenntnisse des Beschwerdeverfahrens im Ergebnis als richtig erweist oder geändert werden muss (vgl. den vorzitierten Beschluss des Senats vom 1. August 2005).

Nach diesen Grundsätzen bleibt das vorliegende Rechtsmittel auf der Grundlage des Beschwerdevorbringens des Antragsgegners erfolglos. Die Beschwerdebegründung zeigt nicht auf, dass die in Anwendung des zutreffenden Prüfungsmaßstabes gewonnene Überzeugung des Verwaltungsgerichts, die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beitragsbescheides sei ernstlich zweifelhaft, fehlerhaft ist.

Zutreffend hat das Verwaltungsgericht für die Prüfung ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Erschließungsbeitragsbescheides im Sinne des § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO darauf abgestellt, dass solche Zweifel erst bestehen, wenn ein Erfolg des Rechtsbehelfs in der Hauptsache wahrscheinlicher ist als sein Misserfolg, wobei für die betreffende Prüfung im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ein im Vergleich zum Hauptsacheverfahren reduzierter Prüfungsrahmen maßgeblich ist.

Danach ist das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis gekommen, dass der Beitragssatz der für die Beurteilung der angefochtenen Straßenausbaubeitragsbescheide maßgeblichen Einzelsatzung vom 22. Oktober 2003 (EBS 2003) ungültig sei. Die in der betreffenden Satzung in § 5 für die Erneuerung und Verbesserung der Fahrbahn und des Radweges, des Gehweges und des Straßenbegleitgrüns sowie der Straßenregenentwässerung und der Straßenbeleuchtung jeweils ausgeworfenen anteiligen Beitragssätze seien fehlerhaft und nichtig, weil sie gegen das so genannte Schlechterstellungsverbot verstießen, wonach der Bürger bei der rückwirkenden Ersetzung einer nichtigen Satzung nicht damit zu rechnen braucht, dass auch rechtlich unbedenkliche Teile dieser Satzung zu seinen Lasten verändert werden. Ein Verstoß gegen dieses Verbot liege vor, weil die formell ungültige Straßenausbaubeitragssatzung der Stadt Eisenhüttenstadt vom 15. November 1995, die hinsichtlich der hier umstrittenen Ausbaumaßnahmen durch die vorliegende Einzelsatzung vom 22. Oktober 2003 ersetzt werden soll, für Hauptverkehrsstraßen (mit Ausnahme des Anteils für die Gehwege) niedrigere Anliegeranteile festgesetzt habe als die Einzelsatzung und weil diese Festsetzungen rechtmäßig gewesen seien. Danach sei die Erhöhung des Anliegeranteils für die Erneuerung und Verbesserung der Fahrbahn und des Radweges von jeweils 10 v.H. auf 20 v.H., für das Straßenbegleitgrün von 30 v.H. auf 50 v.H. und für die Straßenregenentwässerung und die Straßenbeleuchtung von jeweils 10 v.H. auf 35 v.H. rechtswidrig. Die Höhe der Anliegeranteile am umzulegenden Ausbauaufwand bei Hauptverkehrsstraßen, wie sie in der Straßenausbaubeitragssatzung von 1995 festgelegt worden seien, hielten sich noch innerhalb des dem Satzungsgeber bei der Bestimmung der Anliegeranteile zustehenden Spielraumes. Infolge dessen seien die Beitragssätze der Einzelsatzung nichtig und die darauf gestützten Bescheide rechtswidrig.

Soweit der Antragsgegner dagegen zunächst vorbringt, dass die genaue Abgrenzung der Höhe der Anliegeranteile schwierige Rechts- und Tatsachenfragen aufwerfe, die im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht zu klären seien, und das das sich daraus ergebende "non liquet" aufgrund der gesetzgeberischen Wertung in § 80 Abs. 2 Satz 1 VwGO zu Lasten des Abgabenschuldners gehe, greift dieses Vorbringen nicht durch. Richtig ist zwar, dass im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO aufgrund des im Vergleich zum Hauptsacheverfahren reduzierten Prüfungsrahmens regelmäßig von der Gültigkeit des dem Abgabenbescheids zugrunde liegenden Satzungsrechtes auszugehen ist, dass die durchzuführende Prüfung der Rechtmäßigkeit des Abgabenbescheides dort ihre Grenze findet, wo es um die Klärung schwieriger Rechts- und Tatsachenfragen geht und dass in einem solchen Fall dem Abgabenschuldner zugemutet wird, zunächst den Abgabenbetrag zu zahlen und die Klärung dieser Fragen im Hauptsacheverfahren abzuwarten. Diese Grundsätze entsprechen der ständigen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Brandenburg (vgl. nur den Beschluss vom 23. September 1996 - 2 B 53/96 -, MittStGB Bbg 1997, S. 22 f.), der sich der erkennende Senat angeschlossen hat (vgl. ebenfalls den schon zitierten Beschluss vom 1. August 2005 - 9 S 2.05 -).

Der Antragsgegner berücksichtigt hier aber nicht hinreichend, dass der fehlende Nachweis der Ungültigkeit bestimmter Satzungsregelungen im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO zu seinen Lasten geht, wenn er sich zur Rechtfertigung neuen Satzungsrechts auf die Rechtswidrigkeit früherer Satzungsbestimmungen beruft. Hier kehrt sich die Darlegungs- und Nachweislast gleichsam um, da - prima facie - auch für das frühere Satzungsrecht die (hier nur inhaltliche) Gültigkeitsvermutung besteht und es deshalb der die Abgabe erhebenden Behörde obliegt, darzutun, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Vertrauensschutz des Bürgers in die vergleichsweise günstigeren Vorschriften des ersetzten Satzungsrechts nicht besteht. Bezogen auf die satzungsmäßige Bestimmung des nach § 8 Abs. 4 Satz 7 Kommunalabgabengesetz KAG von der Gemeinde zu tragenden Anteils am umzulegenden Ausbauaufwand bzw. - als Kehrseite - des Anliegeranteils bedeutet das, dass schon nach der reduzierten Prüfungstiefe des vorliegenden Verfahrens eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für die Rechtswidrigkeit der ursprünglich festgelegten Anliegeranteile feststellbar sein muss und wegen Verstoßes gegen zwingendes Recht, hier gegen die im Regelfall bestehende Pflicht zur Beitragserhebung ("Sollvorschrift" des § 8 Abs. 1 Satz 2 KAG) in Verbindung mit dem Gebot einer vorteilsgerechten Beitragsbemessung (Vorteilsprinzip des § 8 Abs. 2 Satz 2 KAG), Vertrauensschutz des Bürgers in das vormalige Satzungsrecht nicht eingreift.

Den insoweit erforderlichen Grad an Wahrscheinlichkeit vermag das Beschwerdevorbringen nicht zu vermitteln. Letztlich gilt das schon aus den vom Antragsgegner selbst angeführten Gründen, wonach es nicht Sache des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens ist, rechtlich und tatsächlich schwierige Fragen der Bemessung der Anliegeranteile zu klären. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass dem Satzungsgeber bei der Bestimmung dieser Anteile zwischen einer Ober- und einer Untergrenze ein bestimmter Einschätzungsspielraum zuzubilligen ist, da eine sichere Prognose über das Verhältnis der in Anspruchnahme der ausgebauten Anlage durch die Anlieger einerseits und die Allgemeinheit andererseits nicht möglich sei. Richtig hat es ferner hervorgehoben, dass bei Hauptverkehrsstraßen der Verkehrsanteil der Allgemeinheit den der Anlieger weit überwiegt. Ist die Beeskower Straße im ausbaubefangenen Teil zwischen Bahnübergang und Brücke über den Oder-Spree-Kanal eine, wovon die Einzelsatzung (vgl. § 2 Abs. 3) ausgeht, Hauptverkehrsstraße, so mag zweifelhaft sein, ob die "untere" Grenze für den Anliegeranteil entsprechend der Straßenausbaubeitragssatzung von 1995 bei 10 v.H. des Aufwandes für die Erneuerung und Verbesserung der Fahrbahn, des Radweges, der Straßenregenentwässerung und der Straßenbeleuchtung sowie bei 30 v.H. für das Straßenbegleitgrün schon unzulässig unterschritten ist, zumal die Beitragssatzung von 1995 als eine Satzung, die für alle Ausbaumaßnahmen gelten sollte, mit einer Typisierung der Anliegeranteile eher auf einen höheren als einen im Einzelfall noch gerechtfertigten untersten Satz kommen könnte. Hinreichend sicher kann diese Frage im vorliegenden Verfahren aber weder in der einen oder anderen Richtung beantwortet werden, da bei Hauptverkehrsstraßen der Nutzen für die Anlieger ganz deutlich und weit überwiegend hinter dem der Allgemeinheit der Verkehrsteilnehmer zurückbleibt, wenn er im Einzelfall nicht sogar fast ganz vernachlässigt werden könnte. Unter Hauptverkehrsstraßen werden regelmäßig (vgl. nur die vom Antragsgegner vorgelegten Mustersatzungen des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg sowie die Definition des § 4 Abs. 5 Nr. 3 der Beitragssatzung der Stadt von 1995) Straßen verstanden, die dem durchgehenden innerörtlichen Verkehr oder dem überörtlichen Durchgangsverkehr dienen, insbesondere Bundes-, Landes- und Kreisstraßen mit Ausnahme der Strecken, die außerhalb von Baugebieten und von den im Zusammenhang bebauten Ortsteilen liegen; prägend ist somit für diese Straßen ihre Funktion als Straße für den Durchgangsverkehr. Es liegt danach jedenfalls nicht ganz außerhalb eines als noch zulässig denkbaren Ansatzes, für die hier umstrittenen Teileinrichtungen auf einen Anliegeranteil von 10 v.H. bzw. 30 v.H. abzustellen. Hierbei ist mit dem Verwaltungsgericht zu erwägen, ob von einer Überschreitung des Gestaltungsspielraumes des Satzungsgebers bei der Verteilung des Aufwandes auf die Anlieger einerseits und die Allgemeinheit andererseits nicht erst dann gesprochen werden kann, wenn der jeweils gewährte Anteil "schlechterdings" nicht mehr vertretbar ist, d.h. die Über- bzw. Unterschreitung einer Zulässigkeitsgrenze völlig eindeutig ist und außer Frage steht. In dieser Richtung wird im Hauptsacheverfahren allerdings die Zulässigkeit eines 10 v.H. - Anliegeranteils bei Hauptverkehrsstraßen nicht nur hinsichtlich der Teileinrichtungen Fahrbahn und Gehweg, sondern gerade auch hinsichtlich der Straßenregenentwässerung und Beleuchtung näher zu prüfen seien, wenn berücksichtigt wird, dass diese Teileinrichtungen regelmäßig auch - sofern, wie hier, vorhanden - den Gehwegen dienen. Immerhin hat das Verwaltungsgericht in Anwendung des Grundsatzes der regionalen Teilbarkeit für die Regelung der Anliegeranteile in der Beitragssatzung von 1995 eine die speziellen örtlichen und Ausbauverhältnisse der B. Straße zwischen Bahnübergang und Brücke über den Oder-Spree-Kanal berücksichtigende Bewertung angestellt, nach der die Beschränkung des Anliegeranteils auf 10 v.H. des Aufwandes auch für die Straßenentwässerung und Beleuchtung und auf 30 v.H. des Aufwandes für das Straßenbegleitgrün gerechtfertigt sei. Auf diese Überlegungen wird in der Beschwerde jedenfalls nicht hinreichend konkret näher eingegangen. Der Hinweis, dass die Ansätze der Anliegeranteile für die Straßenentwässerung und Beleuchtung in der Beitragssatzung 1995 auf der Grundlage der Rechtsprechung in anderen Bundesländern gegen den Grundsatz der Binnengerechtigkeit im Sinne einer vorteilsgerechten "Spreizung" der Anliegeranteile für diese Teileinrichtungen verstoße, übergeht jedenfalls die auch auf den konkreten Einzelabrechnungsfall abstellende Betrachtung des Verwaltungsgerichts. Danach bedarf es im vorliegenden Zusammenhang auch keiner Klärung, ob der Grundsatz der regionalen Teilbarkeit auch auf die satzungsmäßige Bestimmung der Höhe der Anliegeranteile zu beziehen ist, wofür allerdings etwas sprechen könnte. Soweit der Antragsgegner vorträgt, ein Anliegeranteil von 30 v.H. für das Straßenbegleitgrün sei überhöht, weil das Grün im vorliegenden Fall durch einen Bordstein von der Fahrbahn getrennt sei und ihr danach nicht zugerechnet werden könne, erscheint auch insoweit die Betrachtung des Verwaltungsgerichts, das für die Verteilung des Aufwandes hier auf einen in etwa vorliegenden Mittelwert zwischen den Anliegersätzen für Fahrbahn und Gehweg einerseits und den Gehweg andererseits abgestellt hat, nicht ohne Weiteres als fehlerhaft. Die Zuordnung eines Grünstreifens, der durch ein Hochbord von der Fahrbahn getrennt ist, bedeutet nicht in jedem Fall und zwingend, dass das Straßenbegleitgrün notwendig nur dem Gehweg zugeordnet werden müsste; Hochbord und Grünstreifen könnten je nach Lage des Falles auch als einheitliche Einrichtung zur Trennung der Verkehrsarten sowohl dem Fahrzeug- als auch dem Gehwegverkehr zu Gute kommen.

Soweit der Antragsgegner die überwiegende Wahrscheinlichkeit der Unrichtigkeit des Beschlusses des Verwaltungsgerichts bzw. der Richtigkeit der Ersetzung der Sätze für die Anliegeranteile in der Beitragssatzung von 1995 durch die Sätze der Einzelsatzung von 2003 damit begründet, dass sich die Einzelsatzung an den gleich hohen Sätzen der Anliegeranteile der Mustersatzung des Städte- und Gemeindebundes für das Land Brandenburg von 1996 orientiere und dass die Sätze der Anliegeranteile in Mustersatzungen nach der Argumentation des Verwaltungsgerichts selbst wegen der Satzungskontrolle durch die Rechtsprechung als geeignete, an bestimmten Erfahrungswerten orientierte Leitlinien für die Vorteilsbewertung darstellten, wird damit die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ebenfalls nicht ernstlich in Frage gestellt. Insoweit ist zu beachten, dass das Verwaltungsgericht die betreffenden Überlegungen zur Bedeutung von Mustersatzungen für die Prüfung herangezogen hat, ob die Sätze der Beitragssatzung 1995 für Hauptverkehrsstraßen im Sinne einer unteren (untersten) Grenze noch gerechtfertigt werden könnten. Nicht hat es damit ausgesagt, dass ein anderer Satz in einer anderen Mustersatzung, speziell auch einer für das Land Brandenburg, seinerseits der einzig richtige Satz sein müsse, weil er in einer schon langjährig existierenden, von den Gerichten möglicherweise insoweit nicht beanstandeten Mustersatzung zu finden sei. Eine solche Wertung hat das Verwaltungsgericht nicht vorgenommen, sondern nur ausgeführt, dass der Satzungsgeber Erfahrungswerte aus langjährig praktizierten ministeriellen Mustersatzungen anderer Bundesländer "im Rahmen seines Ermessens grundsätzlich berücksichtigen" dürfe. Der Weg zu höheren, möglicherweise der Vorteilsbetrachtung eher gerecht werdenden Anliegeranteilen auf der Grundlage anderer Mustersatzungen sollte danach nicht etwa abgeschnitten werden. Denn nach Lage des Falles kam es unter dem Gesichtspunkt des Verschlechterungsverbotes nur auf die Ermittlung der noch vertretbaren Untergrenze des Bewertungsspielraumes des Satzungsgebers am, nicht aber darauf, zulässige höhere Werte der Anliegeranteile bis zur Obergrenze des betreffenden Spielraumes festzulegen. Auch der Hinweis des Antragsgegners, im Urteil des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 21. März 2002 - 4 K 1658/00 - sei für die Verhältnisse in Brandenburg bei Hauptverkehrsstraßen ein Anliegeranteil von zwischen 15 und 20 v.H. als untere Grenze der Aufwandsbelastung der Anlieger angesehen worden, führt im vorliegenden Verfahren nicht weiter. Die in jenem Urteil enthaltene, nicht weiter begründete oder differenzierte Aussage ist jedenfalls bei summarischer Prüfung in ihrer Richtigkeit nicht höher zu bewerten als die vorliegende, auf die einzelnen Teileinrichtungen und die insoweit maßgeblichen Anliegeranteile näher und konkret eingehende Begründung des angefochtenen Beschlusses.

Dem Beschwerdevorbringen des Antragsgegners kann schließlich auch nicht insoweit gefolgt werden, als er den Standpunkt vertritt, die Anliegeranteile der Beitragssatzung 1995 für Hauptverkehrsstraßen seien jedenfalls deshalb mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu niedrig bemessen, weil der ausbaubefangene Abschnitt der B. Straße zwischen dem Bahnübergang und Brücke über den Oder-Spree-Kanal wegen einer Vielzahl dort ansässiger Betriebe, die im hohem Maße Ziel- und Quellverkehr auslösten, sowie wegen des diesen Straßenbereich (aufgrund des Bahnüberganges) meidenden Durchgangsverkehrs keine oder jedenfalls eine atypische Hauptverkehrsstraße sei, die eine Heraufsetzung der Anliegeranteile, wie sie durch die Einzelsatzung von 2003 erfolgt sei, notwendig erfordere.

Nach den im vorliegendem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes geltenden summarischen Prüfungsmaßstäben kann diesem Vorbringen schon deshalb nicht gefolgt werden, weil die vom Antragsgegner als maßgeblich angesehene Einzelsatzung vom 22. Oktober 2003 in § 2 Abs. 3 die B. Straße insgesamt und ohne Einschränkung als Hauptverkehrsstraße qualifiziert, und zwar gerade im Zusammenhang mit der Festlegung der Anliegeranteile. In Ansehung des Umstandes, dass der Satzungsgeber die Einzelsatzung nur für dieser spezielle Ausbaumaßnahme erlassen hat, spricht zunächst alles dafür, dass er auch die Qualifizierung der betreffenden Straßenstrecke als Hauptverkehrsstraße näher geprüft hat, auch wenn der Begriff Hauptverkehrsstraße in der betreffenden Vorschrift nur in Klammern gesetzt ist. Dass die betreffende Bezeichnung ausschließlich deklaratorischer Natur sei, wie der Antragsgegner vorträgt, vermag jedenfalls bei summarischer Prüfung nicht zu überzeugen. Zudem ist es nicht Aufgabe des vorliegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahrens, komplexen Feststellungen zu den Verkehrsströmen nachzugehen, die zu Bewertungen führen sollen, die in Gegensatz zu den in der betreffenden Satzung selbst zum Ausdruck gekommenen Bewertungen stehen. Dies muss in der Tat dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben, was aus den dargelegten Gründen im vorliegenden Falle zu Lasten des Antragsgegners geht.

Im Übrigen stellt sich im vorliegenden Zusammenhang auch die schwierige, ebenfalls dem Hauptverfahren vorzubehaltende Rechtsfrage, ob die vom Antragsgegner für erforderlich erachtete konkrete Betrachtung der B. Straße als atypische Hauptverkehrsstraße dazu führen dürfte, dass die typisierenden Festsetzungen der Anliegeranteile in der Beitragssatzung von 1995 als untauglich angesehen würden, für die vorliegende Ausbaumaßnahme einen Vertrauensschutz in Richtung auf das Schlechterstellungsverbot bei den Anliegeranteilen zu erzeugen. Erweist sich die Beeskower Straße als Hauptverkehrsstraße, so ist zumindest zweifelhaft, ob unter dem Gesichtspunkt der Atypik eine Erhöhung der - etwa rechtmäßigen - Anliegeranteile nach der Beitragssatzung 1995 zulässig ist. Der durch diese Satzung erzeugte Vertrauensschutz dürfte sich eher auf alle Ausbaumaßnahmen beziehen, für die im Sinne einer zulässigen typisierenden und pauschalierenden Betrachtungsweise bestimmte (feststehende) Anliegeranteile festgelegt worden sind. Typisierungen und Pauschalierungen sind auch im Straßenausbaubeitragsrecht zulässig und auch nicht durch den Grundsatz der regionalen Teilbarkeit, wie der Antragsgegner meint, eingeschränkt. Der letztgenannte Grundsatz betrifft nur die Aufrechterhaltung und Anwendung von Satzungsrecht, soweit es für die Abrechnung einer bestimmten Ausbaumaßnahme benötigt wird und auch gültig ist, falls andere Teile der Satzungsvorschriften möglicherweise ungültig sind. Er lässt aber den Bedarf und die Zulässigkeit von Pauschalierungen und Typisierungen in Satzungen, die für alle Straßenausbaumaßnahmen Regelungen enthalten sollen, unberührt mit der Folge, dass sich auch auf der Grundlage solcher vereinfachenden Regelungen Vertrauensschutz bilden kann. Will der Satzungsgeber das vermeiden, bleibt es ihm im Sinne weitergehender Vorteilsgerechtigkeit unbenommen, bei den Anliegeranteilen beziehungsweise dem Gemeindeanteil weitergehend als nach Straßentypen und ihren Teileinrichtungen mit feststehenden Sätzen zu differenzieren; möglicherweise könnte als Satzungsbestimmung im Sinne von § 2 Abs.1 Satz 3 KAG auch die Festlegung eines bestimmten Rahmens für den Gemeindeanteil ausreichen, was dann allerdings erfordern dürfte, dass im Zeitpunkt der Entstehung der Beitragspflicht durch Einzelsatzung bestimmt sein müsste, wie hoch der Gemeindeanteil bei der konkreten Maßnahme sein soll.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs.2 VwGO. Für die Streitwertfestsetzung gilt das Gerichtskostengesetz - GKG - i.d.F. vom 5. Mai 2004 (BGBl. I ,718), da die Beschwerde des Antragsgegners nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung am 1. Juli 2004 eingelegt wurde (vgl. § 71 Abs. 1 Satz 2 GKG). Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 3 Nr. 2, §§ 52 Abs.3, 47 Abs. 1 und 3 GKG in Anlehnung an I Nr. 7 Satz 1 des Streitwertkataloges (NVwZ 1996, 563). In Ansehung der subjektiven Antragshäufung, bei der die Antragsteller jeweils gegen einen sie allein betreffenden Bescheid vorgehen, der sie auf den vollen Beitrag in Anspruch nimmt, war der Streitwert für jeden der beiden Antragsteller in Höhe eines Viertels des erhobenen Straßenausbaubeitrages zu bemessen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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