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Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 09.08.2007
Aktenzeichen: OVG 9 S 22.07
Rechtsgebiete: VwGO, KAG Bbg, BauGB, BbgStrG
Vorschriften:
VwGO § 80 Abs. 5 | |
VwGO § 146 | |
KAG Bbg § 8 | |
BauGB § 127 Abs. 2 Nr. 1 | |
BbgStrG § 16 |
2. Offen bleibt, ob den Gemeinden das Recht zusteht, zwischen einem engen und dem weiten Anlagenbegriff zu wählen, und danach in der Beitragssatzung bestimmt sein muss, welcher Anlagenbegriff gelten soll.
OVG 9 S 22.07
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 9. Senat durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Schmidt, den Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Peters und den Richter am Finanzgericht Dr. Beck am 9. August 2007 beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 4. April 2007 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Beschwerde trägt der Antragsteller.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 17.678,28 EUR festgesetzt.
Gründe:
Die nach § 146 Abs. 1 und 4, 147 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässige Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet.
Gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO überprüft das Oberverwaltungsgericht bei der Beschwerde in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (zunächst) nur - vorbehaltlich einer sich etwa anschließenden weitergehenden Prüfung auf einer zweiten Stufe (vgl. dazu Beschlüsse des Senats vom 1. August 2005 - OVG 9 S 2.05 - u. vom 1. Januar 2006 - OVG 9 S 92.05 -, Juris) - die innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO in Auseinandersetzung mit dem Beschluss des Verwaltungsgerichts dargelegten Gründe. Eine Prüfung von Amts wegen, ob die Begründung des Verwaltungsgerichtes geeignet ist, das Beschlussergebnis zu tragen, findet nicht statt.
Unter Beachtung dieser Grundsätze ist eine Änderung der angefochtenen Entscheidung nicht gerechtfertigt. Nach den Darlegungen der Beschwerde lässt sich eine Fehlerhaftigkeit des Beschlusses des Verwaltungsgerichts, wonach keine ernstlichen Zweifel im Sinne von § 80 Abs. 5 i.V.m. Abs. 4 Satz 3 VwGO an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Ausbaubeitragsbescheides vom 6. Januar 2005 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 17. Oktober 2006 bestehen, nicht feststellen.
Nach den im Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gegen Abgabenbescheide maßgeblichen Grundsätzen, die das Verwaltungsgericht - worauf Bezug genommen wird - zutreffend dargestellt und angewandt hat, ist bis zur näheren Prüfung im Widerspruchs- bzw. Klageverfahren von der Gültigkeit der zur Rechtfertigung der Beitragserhebung mit Rückwirkung auf den 25. Januar 1996 erlassenen Straßenbaubeitragssatzung ("Ausbaubeitragssatzung") der Gemeinde vom 14. Sept. 2006 (ABS) auszugehen. Durch das Beschwerdevorbringen wird die vorläufige Eignung dieser Satzung als Rechtsgrundlage nicht erschüttert.
Das gilt zunächst für das Vorbringen, der Ausbauaufwand und die Fläche für die Verteilung des beitragsfähigen Ausbauaufwandes sei in Bezug auf das Flurstück 11, das als Straßenparzelle des Hauptstranges des M_____ ausgewiesen und teilweise ausgebaut worden ist, fehlerhaft ermittelt worden, was den sinngemäßen Vorhalt einschließt, der in § 4a "OT Gütersfelde" Nr. 11 SBS für die Ausbaumaßnahme am M_____ ausgeworfene Beitragssatz sei überhöht.
Das Verwaltungsgericht hat sich mit der Abgrenzung des Teils des Flurstück 11, der als Hauptstrang des M_____ Teil der abrechenbaren Ausbaumaßnahme ist bzw. sein kann, und der Einordnung des übrigen Teils dieses Flurstückes näher befasst. Als problematisch hat es die ausgebaute Teilfläche zwischen der etwa in der Mitte des Flurstückes 11 befindlichen Wendefläche des M_____ und dem Eingang des Friedhofs bewertet und die Frage aufgeworfen, ob der betreffende Ausbau eher über Kostenersatz nach § 16 Bbg Straßengesetz als über Straßenbaubeiträge abzurechnen und ob der (weitere ) Teil des Flurstückes 11, der schon jetzt in die Verteilungsfläche einbezogen ist, richtig abgegrenzt worden sei. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht all diese Fragen dem Hauptsacheverfahren vorbehalten, da es sich insoweit um schwierige Tatsachen- bzw. Rechtsfragen handelt, deren Beantwortung in der einen oder anderen Richtung unter Berücksichtigung der präsenten Erkenntnisse bzw. Erkenntnismittel des vorliegenden Verfahrens ohne weiteres nicht möglich ist. Soweit der Antragsteller die Qualität des Zufahrtsbereiches zum Friedhof als öffentliche Verkehrsfläche in Zweifel zieht, reicht das ohne Darlegung von näheren Umständen, nach denen schon bei summarischer Prüfung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit von einem Privatweg auszugehen wäre, zur Erschütterung der Bewertung des Verwaltungsgerichts nicht aus. Der Antragsgegner ist ausweislich eines unter dem 15. Dez. 2004 zur Abrechnung der Ausbaumaßnahme erstellten Vermerks, der Teil seiner "Verfahrensakte zur Bescheidberechnung" und dem Antragsteller vom Verwaltungsgericht mit dieser Akte zur Einsichtnahme überlassen worden ist, davon ausgegangen, dass es sich beim M_____ um eine Straße handele, die am 3. Oktober 1990 nach den örtlichen Ausbaugepflogenheiten im Ortsteil G_____ bereits hergestellt gewesen sei, wonach die Ausbaumaßnahme nicht nach dem BauGB durch Erhebung von Erschließungsbeiträgen, sondern nach § 8 KAG abzurechnen sei. Unbeschadet der nach der Kontrolldichte im Beschwerdeverfahren hier nicht anzustellenden Prüfung, ob dieser Bewertung zu folgen ist, implizierte sie, dass es sich beim M_____ um eine öffentliche Straße aus DDR-Zeiten handelte, ohne dass der Antragsteller dem nach seiner Akteneinsicht widersprochen hätte. Offensichtlich gestützt auf diese Bewertung des Antragsgegners ist das Verwaltungsgericht in seinem Beschluss auch hinsichtlich des in Rede stehenden Zufahrtsbereiches zum Friedhof vorläufig von der Qualität dieser Fläche als öffentliche Verkehrsfläche ausgegangen, weil es sich um "einen nicht entwidmeten Teil der öffentlichen Straße" handele. Mit dieser Begründung setzt der Antragsteller sich indessen nicht auseinander. Soweit er sich auf sein Vorbringen in erster Instanz (Schriftsätze vom 21. Nov. 2005, S. 2, 3 und vom 27. Sept. 2006, S. 2, 3) zur Frage der Eigenschaft als öffentliche Straße bezieht, übergeht er, dass er diese Eigenschaft maßgeblich nur insoweit in Frage gestellt hat, als am Flurstück 11 noch privates Eigentum bestehe und der Zufahrtsbereich zum Friedhof nicht der Allgemeinheit, sondern nur den Friedhofbenutzern offen stehe. Beide Argumente hat das Verwaltungsgericht berücksichtigt, indessen nicht in dem Sinne für durchgreifend bewertet, dass schon bei summarischer Prüfung der Zufahrtsbereich zum Friedhof bei den abzurechnenden Ausbauflächen auszuklammern wäre. Gegen diese Bewertung ist nichts einzuwenden, da privates Eigentum nicht generell der Eigenschaft als öffentliche Straße entgegensteht und das Verwaltungsgericht - ohne Widerspruch des Antragstellers - festgestellt hat, dass der Zufahrtsbereich trotz der Absperrung durch ein Tor offensichtlich von jedermann befahren werden könne und sein Begehen uneingeschränkt möglich sei.
Soweit der Antragsteller geltend macht, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht unbeanstandet gelassen, dass - mit der Folge einer Überhöhung des Beitragsatzes - die Fläche des früheren, als Ackerfläche genutzten Flurstücks 733, die nach den vorliegenden Kartenunterlagen unzweifelhaft vom M_____ erschlossen werde, nicht in die Verteilungsfläche einbezogen worden sei, ist diesem Vorhalt ebenfalls nicht zu folgen. Zwar dürfte es nach den vorliegenden Flurkarten zutreffen, dass das vormalige Flurstück 733 an das rechtwinklig vom M_____ abzweigende Flurstück 697/4 angrenzt, das als vom M_____ abzweigender Stichweg nach den Ausbauunterlagen jedenfalls weitgehend auch Teil der Ausbaumaßnahme gewesen ist. Auch das Verwaltungsgericht hat ein Angrenzen des vormaligen Flurstückes 733 an die ausgebaute Wegefläche nicht abschließend verneint, sondern nur ausgeführt, es lasse sich nach den vorgelegten Unterlagen und der Ortsbesichtigung ein Angrenzen an die (ausgebaute) Anlage nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen, weil sowohl die Grenzen der Straßenparzelle, als auch die des landwirtschaftlich genutzten Flurstückes unklar seien. Nach diesen Feststellungen des Verwaltungsgerichts fehlt es aber an einem substantiierten Vorbringen des Antragstellers, wonach das Flurstück 697/4 schon bei summarischer Prüfung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vollständig von der ausgebauten Anlage (S_____) erfasst wird. Denn das Verwaltungsgericht hat die Grenzlage zu Recht als nicht eindeutig ansehen, weil der Ausbau nach dem bei den Akten befindlichen Lageplan (Maßstab: 1 : 250) mit einer Ausbaustrecke für den S_____ von ca. 72 m sich nicht mit der Länge des Flurstücks 697/4 von ca. 90 m, wie sie sich aus dem vorliegenden Flurkartenausschnitt (Maßstab 1 : 2000) ergibt, deckt und erst im Ortstermin festgestellt wurde, dass der Ausbau über die im Lageplan dargestellte Strecke hinausgeht. Im Übrigen fehlt es auch an Darlegungen des Antragstellers dazu, dass das vormalige landwirtschaftlich genutzte Flurstück 733, wenn es an den ausgebauten S_____ angrenzen sollte, das dann auch in einer solchen Breite tut, dass es nach dem Vorteilsbegriff des § 8 Abs. 2 Satz 2 KAG im Zeitpunkt der Entstehung der Beitragspflicht gerade in Ansehung seiner landwirtschaftlichen Nutzung von dem Ausbau einen nennenswerten und bei der Aufwandsverteilung zu berücksichtigenden Vorteil hatte; hierzu dürfte erforderlich gewesen sein, dass von dem etwa angrenzenden Bereich des S_____ eine Zufahrt auf das Flurstück mit den für die Bewirtschaftung erforderlichen Fahrzeugen und landwirtschaftlichen Maschinen möglich war.
Der Antragsteller vermag auch mit seinem Vorbringen, entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts habe das veranlagte streitgegenständliche Flurstück 10 als im Außenbereich belegenes Gewerbegrundstück vom Ausbau des M_____ keinen beitragsrelevanten Vorteil und sei deshalb zu Unrecht in die Verteilungsfläche einbezogen worden, nicht durchzudringen.
Das Verwaltungsgericht hat darauf abgestellt, dass zweifelhaft sei, ob der M_____ nach Art und Umfang seines Ausbaus geeignet sei, dem Grundstück des Antragstellers eine Erschließung zu vermitteln, wie sie im Sinne der bauplanungsrechtlichen Betrachtung des Erschließungsbeitragsrechts für eine - der Genehmigungslage entsprechenden - (uneingeschränkte) bestimmungsgemäße Nutzung als Gewerbegrundstück mit Schwerlastverkehr im Außenbereich erforderlich sei, dass dem Grundstück durch den Ausbau aber ein beitragsrelevanter Vorteil nach § 8 Abs. 2 KAG vermittelt werde, weil es dafür ausreiche, dass das Grundstück vom M_____ aus auch in anderer Weise als nur entsprechend der genehmigten Nutzung genutzt werden könne. Dieser Bewertung ist im Wesentlichen zu folgen.
Ausgangspunkt für diese Betrachtung ist, dass die einschlägige Beitragssatzung in § 1 Abs. 1 mit der Formulierung, nach Maßgabe der Satzung würden zur teilweisen Deckung des Aufwandes für die - in der Vorschrift näher benannten - Ausbaumaßnahmen von "Anlagen im Bereich" der dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßen, Wege und Plätze Beiträge erhoben, auf den so genannten weiten Anlagebegriff abgestellt hat. Jedenfalls dieser Anlagenbegriff eröffnet eine Vorteilsbewertung, die sich bei einer Zweiterschließung, wie sie für das Grundstück des Antragstellers durch den M_____ erfolgt, von den im angefochten Beschluss näher dargestellten Erfordernissen einer Erschließung im erschließungsbeitragsrechtlichen Sinne durch Hinwegdenken der Ersterschließung löst. Offenbleiben kann, ob auch bei Anwendung des erschließungsbeitragsrechtlichen (= engen) Anlagenbegriffs von zum Anbau bestimmten Straßen, Wegen und Plätzen i.S. von § 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB eine solche Betrachtungsweise zulässig wäre (vgl. zur - angeblichen - Abhängigkeit der bei der Aufwandsverteilung einzubeziehenden Grundstücke vom gewählten Anlagenbegriff OVG NW, Urteile vom 15. März 1989 - 2 A 962/86 -, NVwZ-RR 1989, 578, und 17. Mai 1990 - 2 A 500/88 -, NVwZ-RR 1991, 664, juris, und zur Gegenmeinung, Driehaus, KAG, Stand: März 2007, § 8 RNr. 92 b).
Der Anlagenbegriff des § 1 Abs. 1 ABS begegnet bei summarischer Prüfung keinen Bedenken, sondern dürfte mit dem Begriff der Anlage in § 8 Abs. 2 Satz 1 KAG in Einklang stehen.
Das OVG NW vertritt zu den vergleichbaren straßenbaubeitragsrechtlichen Vorschriften des § 8 KAG NW in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt, dass es sich bei dem Begriff "Anlage" im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 1 KAG NW um einen eigenständigen Begriff handele; die "Anlage" sei nicht ohne weiteres mit einer "Erschließungsanlage" im Sinne des § 127 Abs. 2 BBauG identisch. Vielmehr sei eine Anlage im straßenbaubeitragsrechtlichen Sinne alles, was im Bereich der öffentlichen Straßen, Wege und Plätze Gegenstand einer Maßnahme nach § 8 Abs. 2 Satz 1 KAG sein könne, und was nach Maßgabe des Bauprogramms im Einzelfall hergestellt oder verbessert werden soll (weiter Anlagenbe-griff). Dem Satzungsgeber stehe allerdings frei, an Stelle dieses Anlagebegriffs auch den (engen) erschließungsbeitragsrechtlichen Begriff der zum Anbau bestimmten Straße zu wählen, weil der Anlagenbegriff des § 8 KAG NW zugleich offen sei; wegen des dem Satzungsgeber insoweit zustehenden Regelungsermessens müsse dieser in der Satzung bestimmen, welcher Anlagebegriff gelten solle, da dies zur Bestimmung des Beitragstatbestandes erforderlich sei (vgl. das vorzitierte Urteil des OVG NW vom 17. Mai 1990, a.a.O., ferner Urteil vom 25. Januar 2005 - 15 A 548/03, NVwZ-RR 2006, 63, juris, sowie die eingehende Darstellung des - vom Verfasser allerdings nicht geteilten - Verständnisses des OVG NW zum Anlagenbegriff bei Driehaus, a.a.O., RNr. 92 - 95a). Demgegenüber gehen zu vergleichbaren Straßenausbaubeitragsvorschriften anderer Bundesländer die jeweils zuständigen Obergerichte davon aus, dass der kommunalabgabenrechtliche Begriff der Anlage oder Einrichtung (grundsätzlich) mit dem erschließungsbeitragsrechtlichen Anlagebegriff des § 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB identisch sei (vgl. Driehaus, der diesen Standpunkt auch für § 8 KAG NW vertritt, a.a.O., § 8 RNr. 91, 96 ff.).
In der Rechtsprechung des Senats und auch der des vormaligen OVG für das Land Brandenburg zu Straßenbaubeiträgen ist bisher nicht geklärt, welcher Anlagenbegriff nach der hier einschlägigen Vorschrift des § 8 KAG gilt. Immerhin hat der Senat in jüngster Zeit in verschiedenen Beschlüssen darauf hingewiesen, dass für Anlagen nach § 8 KAG ein Verständnis, wie es das OVG NW hat, in Betracht kommt (vgl. etwa Beschluss vom 11. Juli 2007 - OVG 9 N 205.05 -). Weitergehend ist hierzu nunmehr darauf hinzuweisen, dass der Auslegung des OVG NW zu § 8 Abs. 2 Satz 1 KAG NW für die hier einschlägige Vorschrift jedenfalls insoweit zu folgen sein dürfte, als dem Anlagenbegriff des § 8 Abs. 2 Satz 1 KAG ein eigenes Verständnis zukommt, dass sich nicht mit dem Anlagenbegriff des Erschließungsbeitragsrechts deckt, sondern im Ausgangspunkt dem weiten Anlagenbegriff entspricht.
Wie der Grundstücksbegriff des § 8 Abs. 2 Satz 2 KAG im Verständnis einer wirtschaftlichen Einheit (vgl. dazu OVG Bbg, Urteil vom 26. Sept. 2002 - 2 D 9/02.NE, LKV 2003, 284) ist auch der Anlagenbegriff im Lichte des Vorteilsverständnisses des § 8 KAG auszulegen. Danach geht es bei Straßenbaubeiträgen nicht nur um die Abgeltung von Vorteilen, die durch Anbaustraßen i.S. von § 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB Grundstücken in der Weise vermittelt werden, dass sie für eine bauliche oder gewerbliche Nutzung erschlossen werden, sondern um alle wirtschaftlichen Vorteile, die den Grundstückseigentümern durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme von auszubauenden (Straßen-) Anlagen geboten werden, § 8 Abs. 2 Satz 2 KAG (vgl. auch Driehaus, a.a.O., 396, m.w.N. zur vorteilsrelevanten Inanspruchnahmemöglichkeit); insbesondere geht es auch um wirtschaftliche Vorteile, die durch Wirtschaftwege oder im Außenbereich verlaufende Straßenstrecken vermittelt werden. Diesem Vorteilsverständnis entspricht ein weiter Anlagenbegriff, der geeignet ist, auch Ausbaumaßnahmen an Straßen zu erfassen, die zwar keine Anbaustraßen sind, durch ihren Ausbau aber den für einen beitragsrelevanten Vorteil in Betracht kommenden Grundstücken gleichwohl wirtschaftliche Vorteile im Hinblick auf die Grundstücksnutzung bieten. Bezeichnender Weise wird auch von denen, die von einer Identität des erschließungs- und des straßenbaubeitragsrechtlichen Anlagenbegriffs ausgehen, die Identität dieser Begriffe eingeschränkt (vgl. Driehaus, a.a.O., § 8 RNr. 91; ferner nur OVG Greifswald zur so genannten Außenbereichsstraße, Beschluss vom 13. Nov. 2003 - 1 M 170/03 -, DÖV 2004, 709, juris), wenn diese sonst (etwa bei Wirtschaftswegen oder längeren Verlaufs der Straße im Außenbereich) zur Folge hätte, dass durch die Ausbaumaßnahme wirtschaftlich bevorteilte Grundstücke nicht zu Straßenbaubeiträgen herangezogen werden könnten, oder wenn das Ausbaubeitragsrecht sonst (etwa bei Sackgassen) eine andere Anlagenabgrenzung als im Erschließungsbeitragsrecht erfordere. Letztlich führt dies zu zwei unterschiedlichen Anlagebegriffen, von denen einer definitionsgemäß nicht erklärt wird. Demgegenüber ist dem weiten Anlagenbegriff, der die Berücksichtigung aller beitragsrelevanten Vorteile ermöglicht, der Vorzug zu geben.
Eine andere Frage ist, ob der Rechtsprechung zu § 8 KAG NW für die hier einschlägige Vorschrift des § 8 KAG auch insoweit gefolgt werden kann, dass anstelle des weiten Anlagebegriffs satzungsmäßig auch der enge Anlagenbegriff gewählt werden kann und der Anlagebegriff des § 8 KAG in der Weise offen ist, dass er seine satzungsmäßige Regelung erfordere (vgl. zum etwaigen Regelungsspielraum des § 8 Abs. 1 Satz 2 KAG NW OVG NW, Urteil vom 17. Mai 1990, a.a.O.; zum Verzicht auf die Einbeziehung von Außenbereichsgrundstücken in das Verteilungsgebiet unter dem Gesichtspunkt der Typisierung OVG NW, Beschluss vom 12. Mai 1995 - 15 B 550/95 - ; vgl. auch Becker in Becker pp., KAG Bbg, § 8 RNr. 68 ff. zur etwaigen Rechtfertigung eines "offenen" Anlagenbegriffs unter Würdigung der Gegenmeinung). Diese Frage kann hier offen bleiben, da es auf sie wegen des weiten Anlagenbegriffs in § 1 Abs. 1 ABS nicht ankommt.
Werden schon wegen des weiten Anlagenbegriffs alle wirtschaftlichen und nicht nur Vorteile im erschließungsbeitragsrechtlichen Sinne berücksichtigt, die den an die Straße angrenzenden Grundstücken durch den Ausbau geboten werden, ist mit dem Verwaltungsgericht bei summarischer Prüfung jedenfalls davon auszugehen, dass beitragsrelevante Vorteile für die gewerbliche Nutzung des Grundstückes des Antragstellers schon dann vorliegen könnten, wenn für die auf dem Grundstück genehmigte gewerbliche Nutzung über den M_____ für Pkw und leichtere Lkw eine weitere Zufahrt eröffnet werden kann. Zwar ist dem Antragsteller zuzugeben, dass es für die Vorteilsbetrachtung auf die bestimmungsgemäße Nutzung bzw. Nutzbarkeit des Grundstückes im Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht und nicht auf eine andere in einem späteren Zeitpunkt etwa mögliche Nutzung ankommt. Es ist aber nicht dargelegt und auch sonst nicht ohne weiteres erkennbar, dass das Grundstück bei der im konkreten Fall nach § 35 BauGB im Außenbereich zulässigen gewerblichen Nutzung, von der bei summarischer Prüfung angesichts der Genehmigung des Betriebes auszugehen ist, nach der Genehmigungslage nur von Schwerlastverkehr und nicht auch von Pkw und leichteren Lkw angesteuert werden dürfte und ein solcher Fahrzeugverkehr für den Gewerbebetrieb keinerlei Rolle spielen könnte. Wenn entsprechend dem Vorbringen des Antragstellers der dem M_____ zugewandte Grundstücksteil in der immissionsrechtlichen Genehmigung als Lagerfläche festgesetzt worden ist, schließt das nicht ohne weiteres aus, dass ein Überfahren dieser Fläche mit Fahrzeugen ausgeschlossen oder nicht genehmigungsfähig wäre, zumal nach den vom Antragsteller nicht angegriffenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts die ca. 1,50 m hohe Böschung am M_____ auf dem Grundstück in Richtung auf eine gepflasterte Umfahrung der Betriebshalle abfällt. Letzteres ist auch auf den vom Antragsteller vorgelegten Fotos erkennbar. Näheres zu schon jetzt feststehenden rechtlichen Hindernissen, eine Zufahrt vom M_____ aus zu nehmen, hat der Antragsteller mit der Beschwerde substantiiert nicht dargelegt und belegt. Zumindest ist die Frage der rechtlichen Möglichkeit, vom M_____ aus eine Zufahrt für Fahrzeugverkehr ohne Schwerlastverkehr anlegen zu dürfen, eine nach bau- und immissionsschutzrechtlichen Gesichtspunkten zu beurteilende offene und nicht ohne weiteres zu verneinende Frage, die der Klärung im Widerspruchs- bzw. Klageverfahren vorzubehalten ist. Das führt nach den Bewertungsgrundsätzen des § 80 Abs. 5 i.V.m. Abs. 4 Satz 3 VwGO dazu, dass der Beitrag vorläufig erst einmal zu zahlen ist. Entgegen der Auffassung des Antragstellers kommt es aus den dargelegten Gründen für die Vorteilsbetrachtung nach § 8 KAG gerade nicht darauf an, dass über die Zufahrt im Sinne einer vollwertigen Zweiterschließung (nach der Hinwegdenkenstheorie) auch Schwerlastverkehr möglich sein müsste, sondern nur darauf, dass die betreffende Nutzung im Rahmen der nach der Genehmigungslage (einschließlich nicht ausgeschlossener Genehmigungsergänzungen) zulässigen Nutzung liegt, d.h. möglicherweise auch unterhalb der Schwelle, die für die Ersterschließung erforderlich ist. Bei § 8 KAG kommt es - jedenfalls bezogen auf den weiten Anlagebegriff - nicht notwendig stets auf ein Hinwegdenken der anderweitigen Erschließung, sondern darauf an, ob in der Realität ein zusätzlicher Nutzungsvorteil gewährt wird (vgl. OVG NW, Beschluss vom 14. Nov. 1997 - 15 A 529/95 - zu Wohnwegen, juris). Das vom Antragsteller herangezogene Urteil des OVG Koblenz vom 20. Juni 2006 - 6 A 10158/06 - kann dagegen schon deshalb nicht für eine andere Bewertung angeführt werden, weil sich die Gesetzeslage des § 10 KAG Rheinland Pfalz (vgl. dazu Driehaus, a.a.O., § 8 RNr. 96 a, 396 b) nicht mit der des § 8 KAG deckt.
Der Antragsteller hat auch die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass bei Angrenzen des Flurstücks 10 in einer Breite von jedenfalls 9 m trotz der zum M_____ hin bestehenden 1, 50 m hohen Böschung die Anlegung einer Zufahrt technisch und voraussichtlich unter wirtschaftlich zumutbaren Bedingungen möglich sein dürfte, nicht beachtlich erschüttert. Diese Annahme erscheint unter Berücksichtigung der Örtlichkeit, wie sie sich aus den vom Antragsteller vorgelegten Fotos sowie der vorliegenden Flurkarte mit dem daraus ersichtlichen Standort der Betriebshalle ergibt, sowie des Umstandes, dass die Zufahrt Schwerlastverkehr nicht aufnehmen muss, plausibel, jedenfalls aber nicht von vornherein abwegig mit der Folge, dass auch die Zumutbarkeit des Aufwandes als offene Frage der Entscheidung im Hauptsacheverfahren vorbehalten werden darf. Hinreichend substantiiert hat der Antragsteller auch dieser Bewertung des Verwaltungsgerichts mit der Beschwerde nichts entgegengesetzt. Soweit er sich auf sein Vorbringen in erster Instanz beruft, wonach entsprechend einer Kostenschätzung die Anlage einer Zufahrt zur bestimmungsgemäßen Nutzung des Grundstücks mit ca. 120.000 Euro zu veranschlagen sei, kann diese Kostengröße schon deshalb nicht übernommen werden, weil sie sich auf eine Zufahrt bezieht, die auch Schwerlastverkehr aufnehmen sollte. Im Übrigen ist auch eine offene Frage, bei welcher Kostengröße eine wirtschaftliche Unzumutbarkeit hier erreicht wäre.
Soweit der Antragsteller geltend macht, der Antragsgegner und ihm folgend das Verwaltungsgericht hätten bei ihrer Betrachtung der Vorteilslage des Grundstückes, wie sie sich bei der Beitragsberechung aus der Anwendung des Nutzungsfaktors 0,5 nach § 5 Abs. 5 Nr. 6 ABS für Grundstücke, die nicht oder nur untergeordnet baulich genutzt werden können oder genutzt werden, anstelle des Nutzungsfaktors 1 nach § 5 Abs. 5 Nr. 1 für u.a. gewerblich oder industriell nutzbare Grundstücke, auf denen keine oder nur eine untergeordnete Bebauung zulässig ist, ergebe die Nutzungslage des Grundstückes zu Unrecht "vollends ausgeblendet", ist dieser Einwand zunächst einmal berechtigt. Die Vorteilsbetrachtung des § 8 Abs. 2 Satz 2 KAG bezieht sich, wie schon dargelegt, auf die wirtschaftlichen Vorteile, die dem Grundstück im Zeitpunkt der Entstehung der Beitragspflicht in Ansehung der in diesem Zeitpunkt zulässigen bzw. tatsächlichen Nutzung durch die ausgebaute Anlage vermittelt werden. Insoweit ist zweifelhaft, ob mit dem Verwaltungsgericht erwogen werden kann, zur Vorteilsermittlung die zulässige gewerbliche Nutzung hinwegzudenken und auf eine dann zulässige sonstige Nutzung abzustellen. Andererseits könnte etwas dafür sprechen, dass im Verhältnis zu dem Faktor des § 5 Abs. 5 Nr. 1 ABS der für das vorliegende Grundstück anzuwendende Faktor niedriger sein müsste, weil der M_____ den Fahrzeugverkehr für die bestimmungsgemäße Nutzung des Grundstücks nur eingeschränkt ermöglicht. Die genaue Bestimmung des insoweit maßgeblichen Nutzungsfaktors wirft indessen schwierige Bewertungsfragen auf, die dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben müssen, wovon letztendlich auch das Verwaltungsgericht ausgegangen ist. Immerhin liegt es auch unter Berücksichtigung der bestimmungsgemäßen Nutzung des Grundstückes bei summarischer Prüfung jedenfalls nicht völlig fern, auf einen Faktor 0,5 abzustellen und die vorliegende Vorteilssituation auch tatbestandsmäßig unter § 5 Abs. 5 Nr. 6 ABS einzuordnen; auch Letzteres gehört zu den offenen Fragen. Im Übrigen hat der Antragsteller die Anwendung des Faktors 0,5 auf sein Grundstück, von der er jedenfalls rechnerisch profitiert, ohnehin nicht unter dem Gesichtspunkt angegriffen, dass deshalb - wegen eines insoweit zu niedrigen Ansatzes der Flächeneinheiten des Abrechnungsgebietes - der Beitragssatz zu hoch sei. Das führt nach den Darlegungsgrundsätzen im Beschwerdeverfahren dazu, dass dieser Frage schon deshalb nicht weiter nachzugehen ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr.2, § 52 Abs. 1 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Ende der Entscheidung
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