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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin
Beschluss verkündet am 15.03.2005
Aktenzeichen: OVG 1 N 46.00
Rechtsgebiete: WbOZ Berlin, VwGO


Vorschriften:

WbOZ Berlin § 17 Abs. 7
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OVG 1 N 46.00

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 1. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Monjé, den Richter am Oberverwaltungsgericht Seiler und die Richterin am Oberverwaltungsgericht Gaube am 15. März 2005 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 24. August 2000 wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens über den Zulassungsantrag werden dem Kläger auferlegt.

Der Streitwert wird für das Verfahren über den Antrag auf Zulassung der Berufung auf 10 225,84 € (20 000 DM) festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Zulassung zur Prüfung zur Anerkennung der Gebietsbezeichnung Oralchirurgie. Die Anerkennung würde ihm das Recht zum Führen der Bezeichnung "Zahnarzt für Oralchirurgie" einräumen.

Unmittelbar nach der Approbation als Zahnarzt am 1. September 1989 begann der Kläger in der DDR eine Weiterbildung zum Fachzahnarzt für Kieferchirurgie. Zunächst schloss er einen Arbeitsvertrag mit der Ambulanten medizinischen Betreuung Berlin-Lichtenberg über eine Tätigkeit ab 1. September 1989 als "Zahnarzt in Weiterbildung zum Fachzahnarzt für Kieferchirurgie". Der Arbeitgeber delegierte den Kläger ab 1. September 1989 an die Klinik für Kiefer- und Gesichtschirurgie im Bereich Medizin der Humboldt-Universität zu Berlin. Vom 1. November 1991 bis zum 31. August 1994 war der Kläger als Zahnarzt bzw. als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde des Universitätsklinikums Charité der Humboldt-Universität zu Berlin tätig. Am 1. Oktober 1993 erhielt er die Approbation als Arzt und am 23. Juni 1994 von der Ärztekammer Berlin die Anerkennung als "Arzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie". Bis 1996 absolvierte er eine Weiterbildung zum Erwerb der Zusatzbezeichnung "Plastische Operationen". Seitdem ist er als Zahnarzt in eigener Praxis niedergelassen.

Seinen Antrag vom 13. März 1996 auf Anerkennung als Zahnarzt für Oralchirurgie lehnte die Zahnärztekammer Berlin durch Bescheid vom 3. April 1996 ab, weil es für die Anerkennung nach der Weiterbildungsordnung keine Rechtsgrundlage gebe. Auf die erneute Bitte des Klägers auf Anerkennung teilte die Zahnärztekammer diesem mit Schreiben vom 12. Februar 1997 mit, dass sich keine neuen Gesichtspunkte ergeben hätten. Der Kläger habe eine Weiterbildung auf dem Gebiet der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (einem ärztlichen Weiterbildungsfach) in der Charité absolviert, die von der Ärztekammer anerkannt worden sei. Es gebe keine Rechtsgrundlage, auf Grund der Anerkennung als Arzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie eine Anerkennung als Zahnarzt für Oralchirurgie auszusprechen. Die auf Zulassung zur Prüfung zur Anerkennung der Gebietsbezeichnung Oralchirurgie gerichtete Verpflichtungsklage hat das Verwaltungsgericht durch Urteil vom 24. August 2000 abgewiesen. Auch nach der Übergangsregelung der Weiterbildungsordnung bestehe der geltend gemachte Anspruch nicht, weil der Kläger nicht seine vor dem 1. Juli 1991 begonnene Weiterbildung zum Fachzahnarzt für Kieferchirurgie nach dem Inhalt der bisherigen Weiterbildungsvereinbarungen und Verträge weitergeführt habe, sondern das Ziel seiner Weiterbildung geändert und sich für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie qualifiziert habe. Gegen dieses Urteil richtet sich der Antrag des Klägers auf Zulassung seiner Berufung.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Die Zulässigkeit des Antrags richtet sich nach dem Recht, das bis zum 31. Dezember 2001 gegolten hat, (§ 194 Abs. 1 Nr. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung i.d.F.des Gesetzes zur Bereinigung des Rechtsmittelrechts im Verwaltungsprozess [RmBereinVpG] vom 20. Dezember 2001 [BGBl. I S. 3987]). Wird die Zulassung der Berufung beantragt, sind in dem Antrag die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist (§ 124 a Abs. 1 Satz 4 VwGO a.F.). Dies erfordert einen gesetzlichen Zulassungsgrund (§ 124 Abs. 2 VwGO) zu bezeichnen und in Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Urteils zu erläutern, warum dieser Grund vorliegen soll. Die gerichtliche Prüfung ist auf die geltend gemachten Zulassungsgründe und die zu ihrer Begründung dargelegten Erwägungen beschränkt. Diese rechtfertigen die Zulassung der Berufung nicht.

Der vom Kläger zunächst geltend gemachte Zulassungsgrund ernstlicher Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils. Der Kläger erfüllt nicht die Voraussetzungen für die Zulassung zur Prüfung für die Anerkennung des Rechts zum Führen der Bezeichnung "Zahnarzt für Oralchirurgie".

Zur Begründung ernstlicher Zweifel trägt der Kläger im Wesentlichen vor: Das Urteil des Verwaltungsgerichts beruhe auf einer fehlerhaften Auslegung des § 17 Abs. 7 der Weiterbildungsordnung der Zahnärztekammer Berlin vom 3. Mai 1984 (Amtsblatt für Berlin, S. 1370), zuletzt geändert am 19. August 1993 (Amtsblatt für Berlin, S. 3946) - WbOZ Berlin - . Die Beurteilung, ob eine vor dem Stichtag begonnene Weiterbildung im Sinne des § 17 Abs. 7 WbOZ Berlin "weitergeführt" wurde, habe danach zu erfolgen, ob die im Vertrag vereinbarten Weiterbildungsabschnitte abgeleistet worden seien. Das Verwaltungsgericht ordne die von ihm absolvierte Weiterbildung ausschließlich der Gebietsbezeichnung "Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie" zu, ohne die einzelnen Elemente der Weiterbildung als Voraussetzung für die Gebietsbezeichnung "Oralchirurgie" zu würdigen. Die Entscheidung der Kammer beruhe auf der fehlerhaften Annahme, er habe eine fachzahnärztliche Ausbildung mit dem Berufsziel "Facharzt für Kieferchirurgie" begonnen, später aber das Ziel seiner Weiterbildung geändert und sich zum "Arzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie" qualifiziert. Seine Weiterbildung sei aber in völliger Übereinstimmung mit dem Weiterbildungsvertrag (Qualifizierungsvertrag vom 7. Juni 1989) erfolgt. In der DDR habe es zu seinen Studienzeiten die Gebietsbezeichnung "Arzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie" nicht gegeben, sondern nur die Gebietsbezeichnung "Fachzahnarzt für Kieferchirurgie", die seinem Weiterbildungsvertrag zu Grunde gelegen habe. Seine Weiterbildung habe sowohl zahnärztliche Ausbildungsabschnitte im Bereich der Oralchirurgie als auch ärztliche Abschnitte im Bereich der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie umfasst. Nach dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland hätten zwar die alten Weiterbildungsverträge gemäß § 17 Abs. 7 WbOZ Berlin fortgeführt werden können; die fachärztlichen bzw. fachzahnärztlichen Gebietsbezeichnungen, in den Weiterbildungsverträgen in der DDR hätten aber nicht mehr verliehen werden können, da sie nicht den Bezeichnungen in den Weiterbildungsordnungen der Zahnärzte- und Ärztekammer Berlin entsprochen hätten. Ihm sei es somit nicht mehr möglich gewesen, die Berufsbezeichnung "Fachzahnarzt für Kieferchirurgie" zu erlangen, obwohl seine zur Erlangung dieser Gebietsbezeichnung führende Weiterbildung anerkannt worden sei. Wenn er 1994 auf seinen Antrag und nach entsprechender Prüfung die Gebietsbezeichnung als "Arzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie" anerkannt bekommen habe, sei daraus entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nichts zu entnehmen, dass er seine Weiterbildung auf den ärztlichen Bereich der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie beschränkt habe. Bei dieser Gebietsbezeichnung habe es sich um eine jedenfalls teilweise seiner Weiterbildungsqualifizierung entsprechende Bezeichnungen gehandelt; darüber hinaus habe er aber auch jene Weiterbildungsanforderungen erfüllt, die nach der WbOZ Berlin zur Erlangung der Gebietsbezeichnung "Zahnarzt für Oralchirurgie" erforderlich seien. Seiner tatsächlichen Weiterbildung entspreche nur die Kumulation der beiden Gebietsbezeichnungen, die in der DDR-Gebietsbezeichnung "Facharzt für Kieferchirurgie" vereint gewesen seien.

Damit sind keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung aufgezeigt. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der Kläger die 1989 in der DDR begonnene zahnärztliche Weiterbildung nicht im Sinne des § 17 Abs. 7 WbOZ Berlin "weitergeführt" hat. Er hat zwar die Weiterbildung bis 1994 im Wesentlichen so gestaltet, wie der Qualifizierungsvertrag für die Weiterbildung zum Fachzahnarzt für Kieferchirurgie vom 7. Juni 1989 dies vorsah. Er hat aber auf Grund dieser Weiterbildung 1994 einen Antrag auf Anerkennung als "Arzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie" gestellt; nach entsprechender Prüfung ist diese Gebietsbezeichnung auch zuerkannt worden. Eine zusätzliche Anerkennung als "Zahnarzt für Oralchirurgie" auf Grund derselben Weiterbildungsabschnitte (und einer entsprechenden Prüfung) ist nach der Weiterbildungsordnung für Zahnärzte nicht vorgesehen. Der Kläger musste sich daher entscheiden, ob er die in der DDR begonnene Weiterbildung für die Anerkennung als Facharzt oder als Fachzahnarzt nutzen wollte. Er hat sich für die ärztliche Gebietsbezeichnung entschieden.

Auch aus der Vorschrift des § 17 Abs. 7 WbOZ Berlin, die vorrangig im Hinblick auf die infolge des Beitritts der DDR zur Bundesrepublik auftretenden Überleitungsschwierigkeiten aus Gründen des Vertrauensschutzes geschaffen worden ist, folgt kein Anspruch des Klägers auf Zulassung zur Prüfung. Durch diese Überleitungsvorschrift sollte vor allem sichergestellt werden, dass die in der DDR begonnenen Weiterbildungen nach den vor dem 1. Juli 1991 geschlossenen Vereinbarungen und Verträgen weitergeführt und abgeschlossen werden konnten, obwohl die "Weiterbildungsordnung der DDR" außer Kraft getreten war, so dass ausschließlich nach den Bestimmungen der Weiterbildungsordnungen der Zahnärzte- und der Ärztekammer Berlin die Anerkennung von Gebietsbezeichnungen erfolgen konnte. Danach sollte den betroffenen Zahnärzten ermöglicht werden, eine der bisherigen Weiterbildung auf der Grundlage der aufgehobenen Vorschriften der DDR entsprechende Gebietsbezeichnung zu erlangen. Keineswegs sollte aber eine Privilegierung dieser Zahnärzte erfolgen, die es ihnen ermöglichen würde, auf Grund des Inhalts und der Dauer einer einheitlichen Weiterbildung sowohl die ärztliche als auch die zahnärztliche Gebietsbezeichnung zu erlangen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Weiterbildung des Klägers nach der Anordnung über die Weiterbildung der Ärzte und Zahnärzte - Facharzt/Fachzahnarzt - des Ministers für Gesundheitswesen der DDR vom 11. August 1978 (GBl. DDR, Teil I, S. 286) tatsächlich fünf Jahre gedauert hat, wohingegen für die Weiterbildung zum "Zahnarzt für Oralchirurgie" nach der WbOZ Berlin nur eine Weiterbildungszeit von mindestens drei Jahren vorgeschrieben ist (§ 14 Abs. 1 WbOZ). Denn auch die Absolvierung einer fünfjährigen Weiterbildung hätte es dem Kläger - bei einem Fortbestand der DDR nach den dort geltenden Vorschriften - nicht ermöglicht, auf Grund dieser Weiterbildung sowohl eine ärztliche als auch eine zahnärztliche Gebietsbezeichnung zu erlangen. Die Anordnung über die Weiterbildung der Ärzte und Zahnärzte der DDR sah sowohl die Weiterbildung zum Facharzt für Kieferchirurgie als auch zum Fachzahnarzt für Kieferchirurgie vor. Auch nach den Vorschriften der DDR hätte der Kläger sich also entscheiden müssen, ob er auf Grund seiner Weiterbildung den Facharzt auf ärztlichem oder zahnärztlichem Gebiet erwerben will.

Soweit der Kläger seinen Zulassungsantrag auf den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO stützt, kann dieser ebenfalls keinen Erfolg haben. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache dann, wenn mit ihr eine bestimmte grundsätzliche, bisher höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht beantwortete Rechtsfrage oder im Bereich der Tatsachenfeststellung eine bisher obergerichtlich nicht geklärte bestimmte Frage von allgemeiner Bedeutung aufgeworfen wird, die für das Verwaltungsgericht entscheidungserheblich war und sich auch im Berufungsverfahren stellen würde und die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung und der Fortentwicklung des Rechts der Klärung des Rechtsmittelgerichts bedarf. Für klärungsbedürftig hält der Kläger die Rechtsfrage, "wann eine unter der Weiterbildungsordnung der DDR begonnene ärztliche bzw. zahnärztliche Weiterbildung im Sinne des § 17 Abs. 7 WbOZ unter der Geltung der Weiterbildungsordnung der Zahnärztekammer Berlin weitergeführt wurde". Die Frage betreffe eine Vielzahl von Ärzten und Zahnärzten, die eine Weiterbildung nach DDR-Recht absolviert hätten, die inhaltlich mehrere Gebietsbezeichnungen nach der WbOZ Berlin abdecke.

Die aufgeworfene Frage ist schon deshalb nicht von grundsätzlicher Bedeutung, weil ihre Beantwortung im Berufungsverfahren nicht der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts dienen kann. Denn bei § 17 Abs. 7 WbOZ Berlin handelt es sich um eine Überleitungsregelung für die Studenten und Weiterbildungsassistenten, mit denen bis zum 1. Juli 1991 Weiterbildungsvereinbarungen und Verträge geschlossen worden sind, die von der Weiterbildungsordnung der Zahnärztekammer Berlin abweichen. Dass in Zukunft von der aufgeworfenen Rechtsfrage noch eine beachtliche Zahl von Studenten oder Weiterbildungsassistenten betroffen sein wird, ist nicht nur unwahrscheinlich, zumal der Abschluss der Weiterbildung bei Zulassung zur Prüfung nicht länger als ein Jahr zurückliegen soll (§ 6 Abs. 4 Satz 2 WbOZ Berlin), vor allem aber vom Antragsteller auch nicht dargelegt.

Die Entscheidung über die Kosten des Antragsverfahrens folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 72 Nr. 1 GKG in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts vom 5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718) in Verbindung mit § 13 Abs. 1, § 14 Abs. 1 und 3 GKG a.F..

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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