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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin
Urteil verkündet am 15.04.2005
Aktenzeichen: OVG 2 B 13.02
Rechtsgebiete: Stellplatz-AblösungsVO, VwVfG, VwGO


Vorschriften:

Stellplatz-AblösungsVO § 1
Stellplatz-AblösungsVO § 3 Satz 3
VwVfG § 49 Abs. 1
VwVfG § 51 Abs. 1 Nr. 1
VwVfG § 51 Abs. 5
VwGO § 124 a Abs. 3
VwGO § 132
VwGO § 154 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OVG 2 B 13.02

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 15. April 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Freitag, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Dr. Broy-Bülow und den Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Korbmacher sowie die ehrenamtliche Richterin Funk und den ehrenamtlichen Richter Gustke

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 30. Januar 2002 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger ist Testamentsvollstrecker über den Nachlass der früheren Eigentümerin des Grundstücks K./W. in Berlin. Der früheren Grundstückseigentümerin, für deren Nachlass er im Berufungsverfahren die teilweise Rückzahlung von Stellplatzablösungsbeträgen begehrt, wurde zum Wiederaufbau ihres nach einem Brand im Jahre 1989 zerstörten Gebäudes die Baugenehmigung vom 25. Februar 1993 für die Errichtung eines siebengeschossigen Geschäftshauses mit Ladenetagen im ersten Kellergeschoss und einer Tiefgarage mit 33 Stellplätzen im zweiten Kellergeschoss erteilt. Für die darüber hinaus notwendigen 62 Stellplätze beantragte sie die Ablösung. Die Höhe der Ablösungssumme je Stellplatz wurde auf Grund der Übergangsvorschrift in § 3 Satz 3 der Stellplatz-Ablösungsverordnung vom 29. Oktober 1990 (GVBl. S. 2232) in Verbindung mit § 1 der Stellplatz-Ablösungsverordnung vom 7. August 1979 (GVBl. S. 1518) durch Vorbescheid vom 21. Januar 1992 auf 17 600 DM festgesetzt. Die Baugenehmigung für das Gesamtbauvorhaben enthielt unter der Überschrift "Bedingungen" Nr. 4822 folgende Nebenbestimmung:

"Die Verpflichtung zur Herstellung von 62 notwendigen Stellplätzen ist durch Zahlung eines Ablösungsbetrages in Höhe von 62 x 17 600 DM = 1 091 200 DM an das Bezirksamt von Berlin- zu erfüllen.

... Mit den Bauarbeiten darf erst begonnen werden, wenn der vorgenannte Ablösungsbetrag gezahlt und ein entsprechender Nachweis gegenüber dem Bau- und Wohnungsaufsichtsamt erbracht ist. Bis zu diesem Zeitpunkt ist die Baugenehmigung schwebend unwirksam."

Am 22. April 1993 zahlte die frühere Eigentümerin des Grundstücks diesen Betrag bei der Bezirkskasse ein.

Am 9. März 1995 erfolgte die Schlussabnahme des ersten Kellergeschosses mit den Ladenflächen. Da die frühere Grundstückseigentümerin hierfür keine Mieter fand, beantragte sie eine Genehmigung zum Umbau des ersten Kellergeschosses zu einer Tiefgarage mit weiteren 15 Stellplätzen. Diese Nutzungsänderung genehmigte der Beklagte mit der Fünfzehnten Nachtragsgenehmigung vom 17. April 1996. Mit dem Genehmigungsantrag für diesen Nachtrag reichte die Bauherrin einen Stellplatznachweis ein, der wegen der nachträglich errichteten 15 Stellplätze eine Neuberechnung der danach noch verbleibenden notwendigen Stellplatzanzahl vorsah und eine "zu verrechnende Ablösungsgebühr für = 33 WEP" nannte. Auf diesem Schreiben wurde vom Beklagten das Wort "Stellplatznachweis" in der Überschrift grün unterstrichen und neben dem Grünstempel ("gehört zum 15. Nachtrag der Baugenehmigung vom 25.2.1993") der Vermerk "zZ. nicht erforderlich, daher keine Prüfung notwendig" aufgenommen.

Mit Schreiben vom 3. Mai 1996 forderte die frühere Grundstückseigentümerin von dem Beklagten die nach ihrer Ansicht durch die Nutzungsänderung überzahlte Ablösungssumme für 33 Stellplätze zurück, weil sich der Ablösungsbedarf durch die Nutzungsänderung entsprechend verringert habe. Dies betraf eine Summe in Höhe von 33 x 17 600 DM. Zu einer Bescheidung des Rückzahlungsantrags kam es nachfolgend jedoch nicht. Mit Schreiben vom 4. November 1996 forderte der Beklagte für die Neuberechnung der verbleibenden notwendigen Stellplätze und der Ablösungssumme zwar ergänzende Unterlagen an, wies aber vorsorglich darauf hin, dass vor einer Entscheidung über den Rückzahlungsantrag noch Abstimmungsgespräche mit dem Rechtsamt geführt werden müssten. Mit Schreiben vom 21. Dezember 1999 verzichtete der Beklagte auf den Einwand einer möglichen Verjährung hinsichtlich des Rückzahlungsbegehrens bis Ende März 2000.

Am 31. März 2000 hat der Kläger Klage auf Rückzahlung des gezahlten Ablösungsbetrages in Höhe von 1 091 200 DM erhoben. Die Klage ist vom Verwaltungsgericht Berlin durch Urteil vom 30. Januar 2002 abgewiesen worden. Auf die Begründung wird Bezug genommen.

Hiergegen richtet sich die vorliegende Berufung, mit der der Kläger nur noch die Rückzahlung der von ihm als Differenzbetrag infolge der nachträglich errichteten weiteren 15 Stellplätze errechneten Ablösungssumme in Höhe von 580 000 DM = 296 549,29 EUR verlangt. Nach der Zulassung der Berufung durch Beschluss des Senats vom 29. Juli 2002 hat der Kläger zur Begründung der Berufung auf die Darlegungen in seinem Schriftsatz vom 11. April 2002 zur Begründung des Zulassungsantrags Bezug genommen und diese ausdrücklich zum Gegenstand der Berufungsbegründung gemacht.

Der Kläger stützt sein Rückforderungsbegehren auf einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch. Dieser sei gegeben, weil der ursprüngliche Rechtsgrund für die Zahlung der Ablösungssumme, die Baugenehmigung vom 25. Februar 1993 mit der "Bedingung" 4822, durch die Fünfzehnte Nachtragsgenehmigung vom 17. April 1996 entfallen sei. Danach wäre eine Neuberechnung der Ablösungssumme unter Berücksichtigung der nachträglich errichteten Stellplätze erforderlich gewesen. Aus dieser hätte sich dann eine Überzahlung in Höhe der geltend gemachten Rückforderungssumme ergeben. Das Baugenehmigungsverfahren sei bei Geltendmachung des Rückzahlungsbegehrens noch offen gewesen. Durch die Anfechtung der Fünfzehnten Nachtragsgenehmigung vom 17. April 1996 könne sich der Beklagte nicht auf die Bestandskraft der Baugenehmigung vom 25. Februar 1993 berufen, denn die Nachtragsgenehmigung sei Bestandteil der ursprünglichen Baugenehmigung geworden, die wiederum mit der Nebenbestimmung 4822 untrennbar verbunden sei. Da die Nebenbestimmungen auch für die veränderte Ausführung maßgeblich seien, bliebe die Zahlungspflicht für die Ablösung von Stellplätzen in vollem Umfang erhalten, obwohl sich deren Zahl durch die nachträgliche Errichtung weiterer Stellplätze verringert habe. Diese Widersprüchlichkeit der Baugenehmigung führe zu deren Nichtigkeit.

Zumindest aber habe er einen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG wegen nachträglich geänderter Sach- und Rechtslage zu seinen Gunsten. Die Voraussetzungen seien gegeben, weil durch die zahlreichen Nachträge zur Baugenehmigung ein gestrecktes Verwaltungsverfahren vorliege, das einem Dauerverwaltungsakt gleiche. Dadurch müsste sich auch die Nebenbestimmung Nr. 4822 den jeweiligen Veränderungen anpassen; die Anforderung der Ablösebeträge sei jedenfalls in Höhe von 580 000 DM rechtswidrig geworden.

Der Kläger beantragt,

unter teilweiser Änderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Berlin vom 30. Januar 2002 den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 296 549,29 EUR zu zahlen,

hilfsweise,

den Beklagten zu verpflichten, die Zahlungsforderung für Stellplatzablösungen zur Ziff. 4822 in der Baugenehmigung Nr. 289 des Bezirksamtes von Berlin vom 25. Februar 1993 zu BWA 26 (95/91) Kurf 185 - sei es auch unter Widerruf oder Änderung im Wege des Wiederaufgreifens des Verfahrens zu dieser Anforderung - teilweise aufzuheben sowie eine Rückzahlung von 296 549,29 EUR nebst 5 % Zinsen ab dem 1. April 2000 nach Basia Prajs anzuordnen und zu leisten.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er ist der Auffassung, dass der Rechtsgrund für die Leistung nicht entfallen sei, so dass kein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch gegeben sei. Eine Anfechtung der Fünfzehnten Nachtragsgenehmigung vom 17. April 1996 hätte die ursprüngliche Baugenehmigung vom 25. Februar 1993 materiellrechtlich nicht in ihrem Bestand berühren können. Außerdem habe die Schlussabnahme des ersten Kellergeschosses am 9. März 1995 bereits stattgefunden als die frühere Grundstückseigentümerin die Nutzungsänderung beantragt habe. Dadurch handele es sich um einen eigenständigen genehmigungsbedürftigen Bauvorgang. Auch ein Wiederaufgreifen des Verfahrens komme nicht in Betracht. Die Baugenehmigung sei ein Verwaltungsakt, der auf eine einmalige Gestaltung der Rechtslage gerichtet sei und von nachträglichen Rechtsänderungen unberührt bleibe. Schließlich gehöre es zur Aufgabe der Baugenehmigung, die materielle Rechtmäßigkeit des Bauvorhabens zum Zeitpunkt der Genehmigung festzustellen. Sie bezöge sich nur auf die zum Zeitpunkt ihres Erlasses gegebene rechtliche und tatsächliche Situation und sei kein Dauerverwaltungsakt. Die spätere Errichtung weiterer Stellplätze könne deswegen keine Auswirkungen auf die Baugenehmigung vom 25. Februar 1993 und die Nebenbestimmung Nr. 4822 gehabt haben. Der Kläger versuche nur, das wirtschaftliche Risiko seines Bauprojektes und die nicht gelungene Vermarktung des ersten Kellergeschosses als Ladenfläche nachträglich auf den Beklagten abzuwälzen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akten des Gerichts und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten (5 Leitzordner Baugenehmigungsverfahren K./W.) Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat keinen Erfolg.

Sie ist zulässig, auch wenn der Kläger in dem Schriftsatz vom 7. Oktober 2002 zur Begründung der Berufung lediglich auf die Begründung des Zulassungsantrags im Schriftsatz vom 11. April 2002 Bezug genommen und diesen zum Gegenstand der Berufungsbegründung gemacht hat. Dies genügt den Anforderungen des § 124 a Abs. 3 VwGO (vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 2003, NVwZ-RR 2004, 220).

Weder der Haupt- noch der Hilfsantrag ist jedoch begründet.

1. Mit dem Hauptantrag begehrt der Kläger die Rückzahlung von 580 000 DM = 296 549,29 EUR im Wege der Leistungsklage.

Der Kläger kann sein Begehren nicht auf einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch stützen. Die Anspruchsvoraussetzungen dieses eigenständigen Rechtsinstituts des öffentlichen Rechts entsprechen denen des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. März 1985, NJW 1985, S. 2436 m.w.N.), mit dem rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen rückgängig gemacht werden können. Dies setzt voraus, dass eine Leistung ohne rechtlichen Grund erlangt wurde oder der Rechtsgrund später wegfällt. Es genügt auch, dass der bezweckte Erfolg nicht eintritt (entsprechend § 812 Abs. 1 Satz 2 BGB).

Rechtsgrund für die Ablösungszahlung ist im vorliegenden Fall die Baugenehmigung vom 25. Februar 1993 mit der Nebenbestimmung 4822 zur ersatzweisen Ablösung von 62 herzustellenden notwendigen Stellplätzen durch Zahlung eines Betrages in Höhe von 62 x 17 600 DM = 1 092 200 DM. In dieser Summe sind die von dem Kläger zurückgeforderten, durch nachträgliche Errichtung weiterer 15 Stellplätze seiner Ansicht nach "überzahlten" 580 000 DM = 296 549,29 EUR enthalten.

Dieser Rechtsgrund besteht nach wie vor. Er ist weder durch Anfechtung (a), Nichtigkeit (b) oder Rechtsänderung (c) nachträglich entfallen, noch liegt eine Zweckverfehlung (d) vor.

a) Eine Anfechtung des Rechtsgrundes ist nicht erfolgt.

Widerspruch ist gegen die Baugenehmigung vom 25. Februar 1993 mit der Nebenbestimmung 4822 nicht eingelegt worden. Vielmehr hat die frühere Eigentümerin des Eckgrundstücks K./W. in Berlin die geforderte Ablösungssumme vollständig und vorbehaltlos am 22. April 1993 bezahlt.

Die eingetretene Bestandskraft blieb auch von dem Schreiben des bevollmächtigten Grundstücksverwalters vom 3. Mai 1996 unberührt. Gegenstand dieses Schreibens war eine Teilrückforderung der Ablösungssumme auf Grund der zwischenzeitlich erteilten Nachtragsgenehmigung vom 17. April 1996 zur Errichtung weiterer 15 Stellplätze im ersten Kellergeschoss. Selbst wenn man dieses Schreiben als Widerspruch gegen die Nachtragsgenehmigung vom 17. April 1996 ansehen wollte, weil mit dieser die im Stellplatznachweis (mit dem Satz "zu verrechnende Ablösegebühr für = 33 WEP") zum Ausdruck gebrachte Rückzahlungserwartung nicht aufgegriffen worden ist, da die Behörde zur Prüfung der Stellplatzfrage auf Grund der zwischenzeitlichen Gesetzesänderung durch das Fünfte Gesetz zur Änderung der Bauordnung für Berlin vom 2. November 1994 (GVBl. S. 440) durch die die Pkw-Stellplatzpflicht für Nichtwohngebäude entfallen war (§ 48 Abs. 1), offenbar keinen Anlass mehr sah (Grünvermerk "zZ. nicht erforderlich, daher keine Prüfung notwendig"), hätte dies nicht die Bestandskraft der Baugenehmigung vom 25. Februar 1993 tangiert.

Dies gilt unabhängig davon, ob es sich bei der Genehmigung vom 17. April 1996 um eine Nachtrags- oder eine Änderungsgenehmigung handelte, denn in keinem der beiden Fälle hätte ein Widerspruch gegen diese auf die Baugenehmigung vom 25. Februar 1993 mit der Nebenbestimmung 4822 durchgeschlagen. Eine Nachtragsgenehmigung tritt zwar in Bezug auf die zugelassenen Änderungen ergänzend an die Stelle der entsprechenden Regelungen in der ursprünglichen Baugenehmigung und bildet mit dieser gemeinsam eine untrennbare Einheit (vgl. Urteil des Senats vom 5. Dezember 1995, BRS 58 Nr. 137; VGH BW, Urteil vom 19. Oktober 1995, BauR 1996, 372; Kerkmann/Sattler, Tektur-, Nachtrags- und Änderungsgenehmigung im Baurecht, BauR 2005, 47, 52, 53 m.w.N.). Ihre Feststellungen beschränken sich jedoch darauf, dass die geänderten Teile mit den öffentlich-rechtlichen Vorschriften vereinbar sind (Wilke/Dageförde/Knuth/Meyer, BauO Bln, 5. Aufl. 1999, § 62 Rdnr. 5), so dass im Falle ihrer Anfechtung die ursprüngliche Baugenehmigung nicht berührt wird. Nur im umgekehrten Fall besteht Akzessorietät, weil der Nachtragsgenehmigung mit dem Erlöschen der ursprünglichen Baugenehmigung die Grundlage entzogen wird (vgl. Kerkmann/Sattler, a.a.O., S. 52; VGH BW, a.a.O.). Eine Änderungsgenehmigung wäre dagegen ohnehin eine neue selbst-ständige Baugenehmigung, die unabhängig von der ursprünglich erteilten Baugenehmigung die Ausführung eines anderen Bauvorhabens erlaubt (aliud) und naturgemäß nur "isoliert" angefochten werden kann (vgl. Kerkmann/Sattler, a.a.O., S. 53, OVG Bln, Urteil vom 5. Dezember 1995, BRS 58 Nr. 137; BVerwG, Urteil vom 4. Februar 2000, BRS 63 Nr. 172).

b) Die Nachtragsgenehmigung vom 17. April 1996 hat entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht wegen inhaltlicher Widersprüchlichkeit zur Nichtigkeit (§ 44 VwVfG) der Baugenehmigung vom 25. Februar 1993 geführt. Die Nebenbestimmung 4822 und die nachträglich genehmigten weiteren 15 Stellplätze stellen keinen rechtlich nicht zu rechtfertigenden Gegensatz dar, sondern stehen mit der Rechtsordnung im Einklang, denn mit der Erfüllung der Zahlungspflicht am 22. April 1993 ist der Zahlungsanspruch des Beklagten erloschen (§ 362 BGB). Die Nebenbestimmung wirkte nur noch als Rechtsgrund fort, die empfangene Leistung behalten zu dürfen (vgl. Palandt, BGB, 64. Auflage, Überbl. vor § 362 Rdnr. 1, 2).

c) Der Rechtsgrund für die geleistete Ablösungszahlung ist auch nicht nachträglich durch die mit dem In-Kraft-Treten des Fünften Gesetzes zur Änderung der Bauordnung für Berlin vom 2. November 1994 (GVBl. S. 440) erfolgte Rechtsänderung entfallen. Nachträgliche Rechtsänderungen können sich nur auf solche Verwaltungsakte auswirken, die wesensgemäß ein auf Dauer angelegtes Rechtsverhältnis begründen und deren Rechtsfolgen vom dauerhaften Vorliegen der Erlassvoraussetzungen bzw. von dem jeweils einschlägigen materiellen Recht abhängig sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. November 1979, BVerwGE 59, 148, 159 f.; Mager, Der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtswidrigkeit von Verwaltungsakten, Schriften zum öffentlichen Recht, Bd. 669, S. 80, 90). Verwaltungsakte, die auf eine einmalige Gestaltung der Rechtslage gerichtet sind, bleiben dagegen von nachträglichen Rechtsänderungen unberührt (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 1997, BVerwGE 104, 115 m.w.N.). Hierzu gehören Baugenehmigungen, die die materielle Rechtmäßigkeit des Bauvorhabens zum Zeitpunkt der Errichtung feststellen und die Bauausführung für den von ihnen geregelten Teil freigeben. Sie sind keine Dauerverwaltungsakte. Dies wäre auch mit dem Bestandsschutzgedanken des Art. 14 Abs. 1 GG nicht vereinbar (vgl. Urteil des Senats vom 16. April 2002 - OVG 2 B 18.98 -).

Unabhängig davon ist auch der Übergangsregelung in Art. III dieses Gesetzes zu entnehmen, dass es trotz der entfallenen Pkw-Stellplatzpflicht bei den bereits gezahlten Ablösungsbeträgen bleiben sollte; etwas anderes galt nur für die zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Gesetzes noch nicht geleisteten Zahlungen von Ablösungsbeträgen (zu den Gründen für diese Übergangsregelung vgl. Urteil des Senats vom 16. April 2002 - OVG 2 B 18.98 -).

d) Es liegt auch keine Zweckverfehlung der Zahlung auf Grund der nachträglich errichteten 15 Stellplätze vor. Dass der Umbau des ursprünglich als Ladenfläche ausgebauten 1. Kellergeschosses zu einer Tiefgarage mit Stellplätzen aus wirtschaftlichen Gründen wegen Vermietungsschwierigkeiten erfolgte, liegt in der Dispositions- und Risikosphäre der früheren Grundstückseigentümerin. Den Stellplatzbedarf mindernde Nutzungsänderungen, die nachträglich auf Grund einer eigenen, nicht behördlich veranlassten Entscheidung beruhen, können jedenfalls nicht allein auf Grund einer Umplanung zu Nachforderungen führen (vgl. auch OVG RP, Urteil vom 13. November 2003, BRS 66 Nr. 144). Die Geltendmachung eines öffentlich-rechlichen Erstattungsanspruchs stellt in solchen Fällen vielmehr eine unzulässige, dem Grundsatz von Treu und Glauben widersprechende Rechtsausübung dar, weil im Nachhinein versucht wird, den Rechtsgrund mit dem Ziel der Rückzahlung anzu-fechten, obwohl die Gegenleistung (Baugenehmigung) und die dadurch erlangten Vorteile zunächst voll ausgenutzt worden sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 1973, NJW 1974, S. 2247, 2248; Urteil des Senats vom 16. April 2002 - OVG 2 B 18.98 -).

2. Mit dem Hilfsantrag begehrt der Kläger im Wege der Verpflichtungsklage ein Wiederaufgreifen des Verfahrens bezüglich der in der Baugenehmigung vom 25. Februar 1993, Nebenbestimmung 4822, festgesetzten Ablösungssumme sowie eine Teilrückzahlung in Höhe von 580 000 DM = 296 549,29 EUR. Hierauf besteht jedoch kein Rechtsanspruch.

a) Gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG hat die Behörde auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines bereits unanfechtbaren Verwaltungsakts zu entscheiden, wenn sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zu Gunsten des Betroffenen ändert. Dies setzt voraus, dass es sich um einen Dauerverwaltungsakt handelt, weil sich nur in diesem Fall nachträgliche Rechtsänderungen auf den Verwaltungsakt auswirken können. Dies ist jedoch - wie ausgeführt - bei Baugenehmigungen nicht der Fall.

b) Auch ein Wiederaufgreifen des Verfahrens im Ermessenswege kann von dem Beklagten nicht verlangt werden. Zwar gewährt § 51 Abs. 5 VwVfG in Verbindung mit § 49 Abs. 1 VwVfG ein formelles subjektives Recht auf eine fehlerfreie Ermessensentscheidung über den Widerruf eines rechtmäßigen, nicht begünstigenden, unanfechtbar gewordenen Verwaltungsakts. Eine Ermessensreduzierung auf einen Widerruf käme jedoch nur in Betracht, wenn die Berufung auf die Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts durch die Behörde schlechthin unerträglich wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Januar 1974, BVerwGE 44, 333, 336 m.w.N.), wie beispielsweise bei einer eventuellen Verfassungswidrigkeit der für die Erhebung der Stellplatzablösung maßgeblichen Norm. Dies ist jedoch insbesondere nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. September 2004 (BauR 2005, 375) zur Frage der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit von Ausgleichsbeträgen zur Stellplatzablösung nicht der Fall.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der in § 132 VwGO genannten Gründe dafür vorliegt.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für die zweite Rechtsstufe auf 296 549,29 EUR festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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