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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin
Urteil verkündet am 15.08.2003
Aktenzeichen: OVG 2 B 18.01
Rechtsgebiete: BauGB, BauO Bln, DVO-GewG, BauNVO


Vorschriften:

BauGB § 34
BauGB § 34 Abs. 2
BauO Bln § 55 Abs. 1
BauO Bln § 70 Abs. 1 Satz 1
BauO Bln § 70 Abs. 1 Satz 2
DVO-GewG § 3 Abs. 1
DVO-GewG § 3 Abs. 2
DVO-GewG § 3 Abs. 4
BauNVO § 4
BauNVO § 4 Abs. 1
BauNVO § 4 Abs. 2
BauNVO § 4 Abs. 2 Nr. 2
BauNVO § 4 Abs. 3 Nr. 2
BauNVO § 4 Abs. 3 Nr. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OVG 2 B 18.01

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 15. August 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Freitag, den Richter am Oberverwaltungsgericht Liermann und die Richterin am Oberverwaltungsgericht Dr. Broy-Bülow sowie den ehrenamtlichen Richter Zander und die ehrenamtliche Richterin Zimmer

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 29. März 2001 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger betreibt einen Autohandel für Neu- und Gebrauchtwagen nebst Autovermietung auf dem Grundstück S. in Berlin. Hierfür nutzt er einen eingezäunten, mit Steinsplitt befestigten Teil des Grundstücks (ca. 600 m²) als Ausstellungsfläche für bis zu 60 Kraftfahrzeuge. Auf dem Gelände stehen noch zwei Container zur Büronutzung sowie Fahnenmasten und weitere branchentypische Werbeanlagen.

Den Autohandel hat der Kläger von seinem Vorgänger im Jahr 1993 übernommen. Diesem war am 27. März 1990 vom Rat des Stadtbezirks Berlin-Treptow - Abteilung Gewerbelenkung - eine Genehmigung zur Ausübung des Gewerbes "Verkauf von neuen und gebrauchten PKW, Erweit.: Verkauf v. KFZ-Ersatzteilen, Handel, Campingmöbel" erteilt worden. In einer zusätzlichen "Aktenkundigen Belehrung des Gewerbeträgers" vom 30. März 1990 durch das Amt heißt es, dass der Gewerbeträger verpflichtet sei, "sich über alle gültigen Rechtsvorschriften zu informieren und diese einzuhalten".

Mit Bescheid vom 5. August 1997 ordnete der Beklagte unter Fristsetzung von einem Monat nach Unanfechtbarwerden des Bescheides sowie unter Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 5 000 DM die Einstellung der Nutzung des Grundstücks für den Handel mit Kraftfahrzeugen an. Unter Fristsetzung von drei Monaten nach Unanfechtbarwerden des Bescheides und Androhung der Ersatzvornahme mit vorläufig geschätzten Kosten von insgesamt 20 000 DM ordnete er überdies die Entfernung der beiden Container, sämtlicher Werbeanlagen und des Steinsplittbelags an sowie die Wiederherrichtung einer unversiegelten, gärtnerisch angelegten Grundstücksfläche. Zur Begründung führte der Beklagte unter Bezugnahme auf die Rechtsausführungen in dem Anhörungsschreiben vom 2. Juli 1996 aus, dass der Kläger weder eine baurechtliche Genehmigung zur Nutzung des Grundstücks für den Autohandel noch für die auf dem Grundstück befindlichen baulichen Anlagen habe und eine solche auch nicht aus der seinem Vorgänger erteilten Gewerbeerlaubnis ableiten könne. Das Grundstück liege in einem unbeplanten Gebiet mit geringer Grundstücksausnutzung und siedlungstypischer Bebauung in offener Bauweise, sodass es bauplanungsrechtlich nach § 34 BauGB zu beurteilen sei. Der großflächige Handelsplatz sei gebietsuntypisch und füge sich nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Er sprenge als negativ wirkender Fremdkörper den städtebaulichen Rahmen und erzeuge bodenrechtliche Spannungen.

Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 8. Oktober 1997 zurückgewiesen.

Die Klage hat das Verwaltungsgericht Berlin mit Urteil vom 29. März 2001 abgewiesen.

Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass die Eigenart der näheren Umgebung des Grundstücks S. bauplanungsrechtlich durch die teils unbebauten, teils mit kleinen einstöckigen Einfamilienhäusern bebauten Grundstücke mit Gärten eher einem Kleinsiedlungsgebiet, allenfalls aber einem allgemeinen Wohngebiet entspreche, in das sich die Nutzung des Klägers nicht einfüge. Ein Kraftfahrzeughandel mit einer Ausstellungsfläche für Kraftfahrzeuge gehöre nach der allgemeinen Zweckbestimmung des Baugebiets nicht zu den nicht störenden Gewerbebetrieben, die in diesem Gebiet zumindest ausnahmsweise zulässig wären. Für die Frage der Störung durch den Autohandel und den damit verbundenen Kundenverkehr komme es hinsichtlich der in der Regel zu erwartenden Auswirkungen auf eine typisierende Betrachtungsweise an. Der Betrieb sei insoweit nicht mit den in allgemeinen Wohngebieten ausnahmsweise zulässigen Tankstellen vergleichbar, weil diese der Versorgung der in dem jeweiligen Gebiet wohnenden Autofahrer mit Kraftstoffen dienten, während dem Autohandel ein solcher Gebietsbezug fehle.

Die bauliche Nutzung des Grundstücks für den Autohandel sei auch nicht durch die dem Vorgänger des Klägers im März 1990 erteilte Gewerbegenehmigung abgedeckt. Diese betreffe lediglich die persönlichen und sachlichen Voraussetzungen für die Ausübung des Gewerbes und schließe ausdrücklich nicht die nach anderen Rechtsvorschriften erforderlichen Genehmigungen ein. Im Übrigen sei schon nach dem Recht der ehemaligen DDR ein Autohandelsbetrieb in städtischen Wohngebieten baurechtlich nicht zulässig gewesen. Soweit der Kläger auf andere Autohäuser in der Umgebung verweise, sei der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt. Der Beklagte habe nachvollziehbar dargelegt, dass diese in weiter Entfernung von dem hier bauplanungsrechtlich relevanten Bereich lägen und dort gebietsadäquat, bestandsgeschützt oder genehmigt seien.

Hiergegen richtet sich die vorliegende Berufung, die der Senat mit Beschluss vom 14. November 2001 zugelassen hat.

Der Kläger ist der Ansicht, dass die Frage der Störung nicht abstrakt, sondern konkret für den jeweiligen Einzelfall zu beantworten sei. Von dem Autohandel gingen keine nennenswerten Störungen aus, sodass er bauplanungsrechtlich zumindest ausnahmsweise zugelassen werden könne. Der Kundenverkehr auf dem Grundstück halte sich in engen Grenzen. Probefahrten seien die absolute Ausnahme und kämen nur bei ernsthaften Kaufabsichten in Betracht. Wenn schon Tankstellen in diesem Gebiet ausnahmsweise zugelassen werden könnten, so müsse dies erst recht für den Kraftfahrzeughandel gelten, zumal beim Kfz-Handel die im Zusammenhang mit Tankstellen typischerweise zu erwartenden Geräusche nicht aufträten. Der Aspekt der örtlichen Versorgung berechtige nicht zu einer anderen Wertung, weil mittlerweile auch Tankstellen ortsübergreifend als allgemeine Einkaufsgelegenheit für Lebensmittel und Spirituosen genutzt würden. Abgesehen davon könne er sich auf die Gewerbegenehmigung seines Vorgängers stützen. Das Festhalten des Beklagten an der Nutzungsuntersagung und Beseitigungsanordnung sei unverhältnismäßig, weil er die Beseitigung der auf dem Grundstück befindlichen Container und Werbeanlagen sowie die Reduzierung der Ausstellungsfläche auf 300 m² bzw. 15 Stellplätze bei gleichzeitiger Ausnutzung der ihm bereits erteilen Baugenehmigung für die Errichtung eines Einfamilienhauses mit Laden angeboten habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte, den Verwaltungsvorgang und den Inhalt des Protokolls der Augenscheinseinnahme vom 15. August 2003 Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Rechtliche Würdigung

Die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 29. März 2001 hat keinen Erfolg.

Die mit Bescheid vom 5. August 1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. Oktober 1997 erfolgte Untersagung der Nutzung des Grundstücks S. für den Autohandel sowie die angeordnete Beseitigung der betriebszugehörigen baulichen Anlagen sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die rechtlichen Voraussetzungen, unter denen gemäß § 70 Abs. 1 Satz 1 und 2 BauO Bln eine bauliche Nutzung untersagt und die Beseitigung baulicher Anlagen angeordnet werden kann, sind erfüllt, denn der Autohandelsbetrieb des Klägers steht im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Er ist weder durch frühere Rechtsakte bauordnungsrechtlich genehmigt noch bauplanungsrechtlich genehmigungsfähig und es besteht auch keine Möglichkeit, auf andere Weise rechtmäßige Zustände herzustellen. Ein etwaiger materiellrechtlicher Bestandsschutz steht dem Vollzug der angefochtenen Nutzungsuntersagung und Beseitigungsanordnung nicht entgegen.

Der branchentypisch ausgestattete Autohandelsplatz des Klägers stellt gemäß § 55 Abs. 1 BauO Bln eine bauordnungsrechtlich genehmigungsbedürftige, aber nicht genehmigte gewerbliche Gesamtanlage dar, die die Nutzung des Geländes und die damit im Zusammenhang stehenden einzelnen baulichen Anlagen (Container, Fahnenmaste, Werbeanlagen, Einfriedung, vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 BauO Bln) sowie die Teile des Geländes, die als bauliche Anlagen gelten (Steinsplittaufschüttung und Ausstellungsplatz, vgl. § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 und 2 BauO Bln) mit umfasst.

Die dem Rechtsvorgänger des Klägers am 27. März 1990 erteilte Gewerbegenehmigung Nr. 33/3/90 ersetzt die erforderliche Baugenehmigung nicht, denn sie betraf nur die Ausübung des Gewerbes "Verkauf von neuen und gebrauchten PKW" und bezog sich auf die dort genannten Waren und Erzeugnisse, wie auch die "Aktenkundige Belehrung des Gewerbeträgers" vom 30. März 1990 klarstellt. Die hiervon ausgehende Legitimation war nur gewerberechtlicher Natur, denn die Kriterien und Anforderungen für die Erteilung der Erlaubnis durch die Gewerbebehörde bezogen sich gemäß § 3 Abs. 1 und 2 der Durchführungsverordnung zum Gewerbegesetz vom 8. März 1990 (GBl. I S. 140) DVO-GewG - auf die fachliche Eignung und persönliche Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden sowie auf die Gewährleistung von Ordnung, Sicherheit, Sittlichkeit, Hygiene und Umweltschutz bei der Ausübung des Gewerbes. Die nach anderen Gesetzen erforderlichen spezifischen Genehmigungen, Erlaubnisse oder Zulassungen für die gewerbliche Tätigkeit schloss die Gewerbegenehmigung gemäß § 3 Abs. 4 DVO-GewG ausdrücklich nicht ein. Für die Annahme einer Konzentrationswirkung der Vorschrift, die die baurechtliche Genehmigung zur Nutzung des Grundstücks als Autohandelsplatz einschließt, ist damit kein Raum.

Bauplanungsrechtlich richtet sich die Zulässigkeit der Art der baulichen Nutzung des Grundstücks nach § 34 Abs. 2 BauGB in Verbindung mit § 4 BauNVO, denn es liegt in einem unbeplanten Gebiet, das einem allgemeinen Wohngebiet entspricht. Die Ortsbesichtigung durch den erkennenden Senat hat ergeben, dass die Eigenart der hier maßgeblichen näheren Umgebung eine weitgehend einheitliche Prägung durch kleine Einfamilienhäuser, teilweise auch in Doppelhausbebauung mit Gärten aufweist. Auf Grund der hier vorhandenen kleinteiligen Bau- und Nutzungsstruktur genügt es, auf den Bereich zwischen der W., der O., dem G. und der S. als planungsrechtlich relevanten Umkreis abzustellen, denn aus der Einheitlichkeit des Erscheinungsbildes der Umgebung ergibt sich ein entsprechend enger, maßstabbildender Rahmen für die Zulässigkeit der Bebauung (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Mai 1978, BVerwGE 55, 370, 385; Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: Januar 2003, § 34 Rdnr. 34 und 36). In diesem Bereich ist keine mit der Nutzung des Klägers vergleichbare gewerbliche Nutzung vorhanden. In der näheren Umgebung finden sich lediglich vereinzelt teilgewerbliche Nutzungen, wie das Büro einer Baufirma, eines Schornsteinbaubetriebs und eines Immobilienhändlers sowie die Gewerberäume eines Frisör- und Kosmetiksalons und eines Gas-Wasser-Installateurs (vgl. Übersicht Blatt 64 des Verwaltungsvorgangs). Unmittelbar an das Grundstück des Klägers grenzt ein durch den gesamten Baublock von der S. bis zur O. reichendes freies Feld an, das dem Gebiet sogar noch einen eher ländlichen als städtischen Charakter verleiht. Dass für dieses Feld ein Bebauungsplan aufgestellt worden ist, der nach den Ausführungen des Beklagten im Ortstermin ein allgemeines Wohngebiet mit zwei- bis dreigeschossiger Wohnbebauung in offener Bauweise zum Gegenstand haben soll, dessen Verfahren aber seit der Trägerbeteiligung im Herbst 1994 ruht, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle. Zum einen würde selbst die Festsetzung dieses Bebauungsplans den Charakter des Gebietes als allgemeines Wohngebiet nicht verändern und zum anderen sind künftige, rechtsunverbindliche Entwicklungen bei der Bestimmung eines Gebietscharakters nicht berücksichtigungsfähig, weil es für den räumlichen Bezugsrahmen nur auf die tatsächlichen Gegebenheiten ankommt, die in der vorhandenen Bebauung der näheren Umgebung ihren Niederschlag gefunden haben (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1993, DÖV 1993, S. 914, 915 = Buchholz 406.11 § 34 Nr. 156).

Hinsichtlich der Zulässigkeit der Art der baulichen Nutzung kann an die in § 4 BauNVO typisierend aufgeführten Nutzungsarten angeknüpft werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. April 2000, ZfBR 2001, S. 142 = Buchholz 406.11 § 34 Nr. 199).

Gemäß § 4 Abs. 2 BauNVO sind in allgemeinen Wohngebieten regelmäßig Wohngebäude und der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störende Handwerksbetriebe zulässig. Der Autohandelsbetrieb des Klägers wäre hier gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ausnahmsweise zulässig, wenn es sich um einen nicht störenden Gewerbebetriebe im Sinne dieser Vorschrift handeln würde. Die Frage der Gebietsverträglichkeit einer Nutzung, d.h., wie "störend" ein Betrieb sich auf die Umgebung auswirkt, ist an der spezifischen Zweckbestimmung des jeweiligen Baugebiets zu messen, die dessen Charakter zugleich eingrenzend bestimmt. Die hierzu entwickelten Vorstellungen des Gesetzgebers über den Gebietscharakter eines allgemeinen Wohngebiets kommen in den Bestimmungen über die regelhafte Zulässigkeit baulicher Anlagen (§ 4 Abs. 2 Nr. 1 - 3 BauNVO), aber auch in dem jeweils zugeordneten Ausnahmekatalog (§ 4 Abs. 3 Nr. 1 - 5 BauNVO) zum Ausdruck, mit dem ein gewollter funktionaler Zusammenhang besteht. Die normierte allgemeine Zweckbestimmung und der hierin liegende Funktionswert bleiben jedoch auch für die Auslegung und Anwendung der tatbestandlich normierten Ausnahmen bestimmend (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 2002, NVwZ 2002, S. 1118, 1119). Allgemeine Wohngebiete dienen gemäß § 4 Abs. 1 BauNVO vorwiegend dem Wohnen. Da nach Möglichkeit ein ungestörtes Wohnen gewährleistet sein soll, beurteilt sich die Gebietsverträglichkeit in erster Linie nach dem Kriterium der gebietsunüblichen Störung. Dies ist nicht nur mit der Einhaltung einer bestimmten immissionsschutzrechtlichen Lärmsituation gleichbedeutend. Vielmehr kann auch die durch eine bestimmte Nutzung in ein allgemeines Wohngebiet hineingetragene atypische Gebietsunruhe eine solche Störung sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 2002, a.a.O.).

Aus dem Regel-Ausnahmekatalog des § 4 BauNVO wird deutlich, dass der Gesetzgeber Betriebe mit einem gewissen Störpotenzial jedenfalls nur dann in einem allgemeinen Wohngebiet bauplanungsrechtlich als zulässig erachtet, wenn deren Ansiedlung im Interesse einer gebietsbezogenen, verbrauchernahen Versorgung liegt, denn von dieser Voraussetzung hat der Gesetzgeber verschiedene gewerbliche Nutzungen in § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO abhängig gemacht. Ebenso dürfte bei den unter § 4 Abs. 3 Nr. 5 BauNVO des Ausnahmekatalogs genannten Tankstellen, deren gesonderte Aufzählung darauf hindeutet, dass sie prinzipiell nicht zu den nicht störenden sonstigen Gewerbebetrieben im Sinne des § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO zählen, der Gedanke der Erreichbarkeit und gebietsbezogenen Versorgung mit Kraftstoff als einer Ware des täglichen Bedarfs zu Grunde gelegen haben, auch wenn dieser Grund nicht ausdrücklich in der Gesetzesbegründung aus dem Jahre 1962 (vgl. BR-Drucks. 62/53) genannt ist.

Einen gebietsbezogenen Versorgungscharakter hat der Autohandel des Klägers nicht, sodass das mögliche Störpotenzial bei dieser Art von Gewerbebetrieb dafür maßgebend ist, ob er zu den sonstigen nicht störenden Gewerbebetrieben im Sinne des § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO zählt und damit noch gebietsverträglich ist. Unter diesem Gesichtspunkt erweist sich der Betrieb des Klägers hier als gebietsunverträglich.

Der Senat folgt in diesem Zusammenhang zwar nicht der dem angefochtenen Urteil des Verwaltungsgerichts vom 29. März 2001 unter Berufung auf die Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg (Beschluss vom 16. Februar 1987, VBlBW 1987, S. 342, 343) zu Grunde gelegten Annahme, dass bei einem Autohandelsbetrieb stets von typischen Störungen durch Lärmimmissionen des motorisierten Kundenverkehrs, durch ständiges Öffnen, Schließen und Zuschlagen von Türen, Motorhauben und Kofferraumdeckeln sowie durch Probefahrten mit Bremsversuchen und gelegentlichem Aufheulenlassen des Motors auszugehen sei. Eine solche Geräuschkulisse dürfte typischerweise eher im Zusammenhang mit Reparaturwerkstätten oder auch teilweise auf Tankstellen zu erwarten sein, als auf einem Ausstellungsgelände für Kraftfahrzeuge, zumal auf dem Grundstück selbst neben der für die Wagen in Anspruch genommenen Stellfläche für etwaige Fahr- und Bremsversuche kaum noch Platz sein dürfte. Die verbliebene Fahrgasse auf dem Platz dürfte jedenfalls nur für ein verhaltenes Befahren des Geländes geeignet sein. Darüber hinaus entspricht das Vorbringen des Klägers der Lebenserfahrung, dass die Auswahlentscheidung des Kunden - in negativer Hinsicht - meist schon nach der ersten Sitzprobe getroffen und nicht jeder ins Auge gefasste Wagen auch fahrtechnisch geprüft und ausprobiert wird. Die von ihm genannte geringe Anzahl von Verkäufen im Monat dürfte die Frequentierung des Platzes durch einen motorisierten Kundenverkehr auch in vertretbaren Grenzen halten, sodass das Störpotenzial des Autohandelsbetriebs des Klägers hinsichtlich der regelmäßig von ihm zu erwartenden Immissionen eher gering sein dürfte.

Für die Frage der Gebietsverträglichkeit und der Gefährdung des Gebietscharakters können aber neben den typischerweise von einer Nutzung ausgehenden Störungen in Form von Lärmeinwirkungen auch andere Gesichtspunkte allein oder ergänzend maßgebend sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 2002, a.a.O), denn die wertende Betrachtung muss auch die Frage einbeziehen, ob ein Kraftfahrzeughandel der vorliegenden Art auf Grund seines optischen Erscheinungsbildes und dessen Wirkungen auf den Gebietscharakter überhaupt dem Typus der in allgemeinen Wohngebieten zulässigen Gewerbebetriebe entspricht. Anders als ein Autohandel in Geschäfts- und Ausstellungsräumen, der sich schon äußerlich eher einem allgemeinen Wohngebiet anpasst, soweit er jedenfalls auch größenmäßig entsprechend beschränkt ist, stellt ein Autohandelsplatz auf ca. 600 m² Grundstücksfläche mit Warenpräsentation im Freien, kombiniert mit zahlreichen betriebszugehörigen, provisorisch wirkenden baulichen Anlagen in Form von Containern, Fahnenmasten und branchentypischen Werbeanlagen ein gewerbliches Element innerhalb des hier anzutreffenden einheitlichen Wohngebietscharakters dar, dessen Erscheinungsbild eine optisch störende, nicht mehr gebietsadäquate Dominanz entfaltet. Die vorwiegend auf das Wohnen ausgerichtete Zweckbestimmung allgemeiner Wohngebiete setzt zugleich eine optische Unterordnung gewerblicher Nutzungen voraus, die hier jedenfalls nicht mehr gegeben ist. Vielmehr verändert das auffällig hervortretende gewerbliche Erscheinungsbild des Betriebs den Umgebungscharakter.

Der Kläger kann sich gegenüber der angefochtenen Nutzungsuntersagung und Beseitigungsanordnung des Beklagten auch nicht auf materiellen Bestandsschutz berufen, der deren Durchsetzung hindern könnte. Nach der zum Zeitpunkt der Einrichtung des Autohandelsplatzes durch den Rechtsvorgänger des Klägers im März 1990 noch geltenden Deutschen Bauordnung vom 2. Oktober 1958 - DBO - (GBl. 15. Dezember 1958, Sonderdruck Nr. 287) waren Bauwerke und Grundstücksnutzungen innerhalb der dort genannten Baugebiete nur zulässig, wenn sie diesem nach Art, Umfang, Zweck und Eigenart entsprachen (§ 81 DBO). Dies war hier nicht der Fall, denn in städtischen Wohngebieten waren schon nach damaligem Recht nur nicht störende gewerbliche Betriebe zulässig (vgl. § 82 b), § 84 d) DBO). Insoweit kann auf die entsprechenden Ausführungen zu der Gebietsverträglichkeit der Nutzung des Grundstücks als Autohandelsplatz im Zusammenhang mit § 4 BauNVO verwiesen werden.

Die angefochtene Nutzungsuntersagung und Beseitigungsanordnung des Beklagten ist auch nicht im Hinblick auf eine etwaige Duldung vergleichbarer Autohäuser in der näheren Umgebung des klägerischen Grundstücks unter Verletzung des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) ermessensfehlerhaft. Der Beklagte hat zuletzt in seinem Schriftsatz vom 25. Juli 2003 (Bl. 155 f. d.A.) sowie auf einer eingereichten Gebietskarte, die die Lage und Entfernung der genannten fünf Autohäuser wiedergibt (Bl. 63 des Verwaltungsvorgangs) dargelegt, dass sich diese Autohäuser weit außerhalb des beurteilungsrelevanten Bereichs in anderen Baugebieten befinden und schon deshalb nicht als Bezugsobjekte eignen.

Soweit der Kläger im Ortstermin am 15. August 2003 angeboten hat, bei gleichzeitiger Ausnutzung der ihm erteilten Baugenehmigung für das Einfamilienhaus mit einem Laden im Erdgeschoss die Ausstellungsfläche auf eine Größe von ca. 300 m² bzw. auf 15 Stellplätze zu reduzieren und die Container und Fahnenmaste zu beseitigen, führt dies nicht zu einer Ermessensfehlerhaftigkeit der vom Beklagten aufrechterhaltenden Nutzunguntersagung und Beseitigungsanordnung, denn auf diese Weise können keine rechtmäßigen Zustände im Sinne des § 70 Abs. 1 Satz 1 BauO Bln hergestellt werden. Zum einen handelt es sich hierbei lediglich um ein Angebot ohne konkret prüfbare Bauunterlagen und zum anderen gewinnt ein baurechtswidriger Zustand seine Genehmigungsfähigkeit nicht schon allein daraus, dass ein in stärkerem Maße gesetzwidriger Zustand beseitigt wird und der verbliebene damit etwas näher an die materielle Legalität rückt (vgl. Wilke/Dageförde/Knuth/Meyer, BauO Bln, 5. Aufl. 1999, § 70 Rdnr. 15).

Die in dem angefochtenen Bescheid des Beklagten vom 5. August 1997 enthaltene Androhung von Zwangsmitteln ist ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden; sie entspricht den gesetzlichen Vorschriften (§§ 6 Abs. 1, 9 bis 11 und 13 VwVG).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 Abs. 2 VwGO.

Die Revision wurde nicht zugelassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO genannten Zulassungsgründe gegeben ist.

Ende der Entscheidung

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