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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin
Urteil verkündet am 16.05.2003
Aktenzeichen: OVG 2 B 7.00
Rechtsgebiete: BauO Bln


Vorschriften:

BauO Bln § 10
BauO Bln § 11 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERVERWALTUNGSGERICHT BERLIN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen OVG 2 B 7.00

Verkündet am 16. Mai 2003

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16. Mai 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Freitag, den Richter am Oberverwaltungsgericht Liermann und die Richterin am Oberverwaltungsgericht Dr. Broy-Bülow sowie die ehrenamtliche Richterin Balk und den ehrenamtlichen Richter Zader

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 9. Februar 2000 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung einer Werbetafel im Euroformat an der südwestlichen Ecke der Kreuzung G und der sich als Brücke über den Charlottenburger Verbindungskanal fortsetzenden K Berlin-Tiergarten.

Durch den Bescheid vom 7. August 1998, bestätigt durch den Widerspruchsbescheid vom 28. Juli 1999, versagte der Beklagte die Erteilung der Genehmigung, weil die Anlage sowohl gegen die in diesem Bereich geltenden planungsrechtlichen Vorschriften als auch gegen das bauordnungsrechtliche Verunstaltungsverbot verstoße. Die von der Klägerin daraufhin erhobene Verpflichtungsklage auf Erteilung der Genehmigung hat das Verwaltungsgericht durch das Urteil vom 9. Februar 2000 mit der Begründung abgewiesen, die Anlage sei an dem vorgesehenen Aufstellungsort wegen der damit verbundenen Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes und der Funktion des dort vorhandenen ufer- und straßenbegleitenden Grüns verunstaltend.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihr Genehmigungsbegehren weiterverfolgt.

Sie beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 9. Februar 2000 zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides des Bezirksamtes Tiergarten von Berlin vom 7. August 1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Juli 1999 zu verpflichten, ihr die beantragte Baugenehmigung zur Errichtung einer beleuchteten Werbetafel auf dem Grundstück G/K in Berlin-Tiergarten zu erteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat die Örtlichkeiten in Augenschein genommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme und wegen der weiteren Sachdarstellung und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten des Gerichts und die Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die vom Senat zugelassene Berufung gegen das die Klage abweisende Urteil des Verwaltungsgerichts ist unbegründet.

Zu Recht hat der Beklagte die Erteilung der von der Klägerin begehrten Baugenehmigung versagt, weil die Werbeanlage den öffentlich-rechtlichen Vorschriften widerspricht, § 62 Abs. 1 Satz 1 BauO Bln. Sie verstößt gegen das gemäß § 11 Abs. 2 BauO Bln auch für bauliche Anlagen dieser Art geltende Verunstaltungsverbot des § 10 BauO Bln. Gemäß § 10 Abs. 2 BauO Bln sind bauliche Anlagen, auch wenn sie selbst nicht verunstaltet im Sinne des § 10 Abs. 1 BauO Bln wirken, mit ihrer Umgebung so in Einklang zu bringen, dass sie das Straßen-, Orts- und Landschaftsbild nicht verunstalten oder deren beabsichtigte Gestaltung nicht stören; auf die erhaltenswerten Eigenarten der Umgebung ist Rücksicht zu nehmen. Die Feststellung einer Verletzung dieser umgebungsbezogenen Anforderungen an bauliche Anlagen setzt danach einen deutlich zu Tage tretenden Widerspruch des Erscheinungsbildes der Anlage zu den für die Umgebung bestimmenden städtebaulichen oder stadtbildlichen Gestaltungsmerkmalen voraus, wobei die Beurteilung nicht ausschließlich anhand des tatsächlich in der Umgebung vorhandenen Bestandes zu treffen ist; vielmehr ist auch die beabsichtigte Gestaltung des Straßen- und Ortsbildes nach Maßgabe der insoweit hinreichend konkretisierten planerischen Vorstellungen und Konzepte der zuständigen staatlichen Stellen heranzuziehen (vgl. hierzu das Urteil des Senats vom 31. Juli 1992, OVGE 20, 138, 139 f. = BRS 54 Nr. 110).

Gemessen an diesen Kriterien stört und verunstaltet die Werbeanlage an dem vorgesehenen Aufstellungsort das in jenem Bereich vorhandene und angestrebte Ortsbild. Die großflächige, auf Metallpfosten erhöht angebrachte Tafel für wechselnde Plakatwerbungen soll am Rand der K in einer durch das Einfriedungsgeländer des Kanals gebildeten Nische unmittelbar am Beginn des Fußweges entlang des westlichen Ufers des Charlottenburger Verbindungskanals errichtet werden; dieser Weg ist in Form eines von zwei hohen Baumreihen gesäumten Grünzuges ausgestaltet, der insgesamt zu beiden Seiten des Charlottenburger Verbindungskanals angelegt ist. Diese das Ufer begleitenden Grünanlagen und die Uferböschungen sind - wie bei der Ortsbesichtigung festzustellen war - gärtnerisch sachgerecht und ansprechend -hergerichtet. Ihre Anlegung und Ausgestaltung trägt damit der Darstellung der beiderseitigen Uferbereiche im geltenden Flächennutzungsplan als öffentliche Grünanlage sowie im Landschafts- und Artenschutzprogramm als Grünzug Rechnung (vgl. die Karte: Erholung und Freiraumnutzung). Die den Grünzügen entlang bestimmter Wasserläufe und Straßen - insbesondere denen in den innerstädtischen, an Erholungsflächen armen Bereichen - zugedachte Erholungsfunktion und stadtbildliche Aufgabe wird im Landschaftsprogramm im Einzelnen erläutert. Dabei gewinnt die Erholungsfunktion dieser optisch beruhigten und abgeschirmten durchgrünten Bereiche entlang bestimmter Wasserläufe und Straßenzüge für die dort lebende und arbeitende Bevölkerung ein umso größeres Gewicht, je mehr das betreffende Quartier ansonsten durch gewerbliche Nutzungen und Verkehrslärm belastet ist.

Die von der Klägerin beabsichtigte Aufstellung der Werbetafel würde jedoch die so beschaffene und planerisch angestrebte Ausgestaltung des die Kanalufer begleitenden Grünzuges diesen in seinem Erscheinungsbild und der ihm zukommenden Aufgabe empfindlich beeinträchtigen. Der Klägerin kann insbesondere nicht darin gefolgt werden, dass der vorgesehene Aufstellungsort aus der Sicht der Passanten und Fahrzeuginsassen noch der verkehrsreichen K zuzuordnen sei. Da die Unterbrechung des gesamten Grünzuges an beiden Seiten durch die sie kreuzenden Fahrstraßen nicht zu vermeiden ist, ist es auf der anderen Seite geboten, gerade den Eingangsbereich des sich nach der Kreuzung der Straßen fortsetzenden Fußweges von derartigen, das begleitende Grün teilweise verdeckenden gewerblichen Anlagen freizuhalten und so die Wirkung der Unterbrechung auf das Notwendige zu beschränken. Unter diesem Gesichtspunkt ist bereits das an der gegenüberliegenden Ecke des Westufers aufgestellte - wenn auch aufgrund seiner zurückhaltenden Farbgestaltung mit einer Plakatanschlagtafel nicht unmittelbar vergleichbare - Hinweisschild auf einen einige 100 m entfernt liegenden Betrieb wenig sachgerecht. Von Werbeanlagen der von der Klägerin hier beabsichtigten Art und Form oder sonstigen Eingriffen sind die uferbegleitenden Grünanlagen nach den bei der Ortsbesichtigung im vorliegenden Verfahren und in den Parallelverfahren OVG 2 B 8.00 und 9.00 getroffenen Feststellungen bisher freigehalten. Die von der Klägerin beabsichtigte Aufstellung der Werbeanlage -würde daher einen empfindlich störenden Einbruch in das in diesem Bereich vorhandene und beabsichtigte Straßen- und Ortsbild mit sich bringen. Angesichts dessen muss nicht geklärt werden, ob der vorgesehene Standort der Anlage am Rande der begrünten Fläche bereits unmittelbar zum Bereich einer öffentlichen Grünanlage oder Erholungsanlage gehört, in dem Werbeanlagen gemäß § 11 Abs. 4 Satz 4 BauO Bln ohnehin generell unzulässig sind.

Darüber hinaus würde die Errichtung der Anlage unmittelbar vor der Ufereinfriedung deren Erscheinungsbild erheblich beeinträchtigen, da die Werbeflächen sie erheblich überragen und damit in einen Widerspruch zu ihren Strukturelementen treten würde (vgl. die Urteile des Senats vom 8. März 1985, BRS 44 Nr. 131 und vom 22. Juli 1994, BRS 56 Nr. 131).

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO.

Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO vorgesehenen Gründe vorliegt.

Ende der Entscheidung

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