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Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin
Urteil verkündet am 19.11.2004
Aktenzeichen: OVG 2 B 7.01
Rechtsgebiete: KrW-/AbfG, LAbfG, SoAbfEV, NachWV, VermG
Vorschriften:
KrW-/AbfG § 3 Abs. 6 | |
KrW-/AbfG § 3 Abs. 8 Satz 1 | |
KrW-/AbfG § 10 | |
KrW-/AbfG § 10 Abs. 2 | |
KrW-/AbfG § 11 | |
KrW-/AbfG § 11 Abs. 1 | |
KrW-/AbfG § 21 Abs. 1 | |
KrW-/AbfG § 41 Abs. 1 | |
KrW-/AbfG § 41 Abs. 3 | |
KrW-/AbfG § 42 Abs. 1 | |
KrW-/AbfG § 42 Abs. 2 | |
KrW-/AbfG § 43 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 | |
LAbfG § 14 Abs. 1 Satz 1 | |
SoAbfEV § 4 | |
NachWV § 1 Abs. 2 | |
NachWV § 15 | |
VermG § 11 Abs. 1 Nr. 2 | |
VermG § 11 Abs. 1 Nr. 4 | |
VermG § 11 Abs. 1 Satz 1 | |
VermG § 11 Abs. 1 Satz 2 | |
VermG § 11 Abs. 1 Satz 4 | |
VermG § 11 a Abs. 1 | |
VermG § 16 Abs. 1 | |
VermG § 17 |
OVG 2 B 7.01
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 19. November 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Freitag, den Richter am Oberverwaltungsgericht Liermann und die Richterin am Oberverwaltungsgericht Dr. Broy-Bülow
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 15. Dezember 2000 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Erstattung der von ihr auf Grund einer Abfallbeseitigungsanordnung aufgewendeten Kosten.
Sie ist seit dem 22. November 1993 Eigentümerin der ihr von ihrer Mutter im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertragenen Grundstücke L. in Berlin. Die Grundstücke wurden von der DDR unter staatliche Verwaltung gestellt, welche die Berliner Volkseigene Wohnungsverwaltung Weißensee wahrnahm. Diese vermietete die Grundstücke ab 1954 an den VEB I., der sie sowie zwei Nachbargrundstücke zur Herstellung von Kondensatoren nutzte. Das Betriebsgelände war von einer Mauer umgeben und mit einem zentralen Eingangstor und einem separaten Tor für die Grundstücke der Klägerin versehen, wobei die Schlüssel für alle Tore in einem zentralen Schlüsselkasten verwahrt wurden.
Nach der deutschen Wiedervereinigung wurde der volkseigene Betrieb in die I. GmbH - künftig I. - umgewandelt, welche den Geschäftsbetrieb fortsetzte.
Im Jahre 1993 befanden sich nach einer Aufstellung der U. GmbH bereits verschiedenartige Abfälle auf dem Grundstück, darunter Lösungsmittel, Altfarben und Altlacke, Leim- und Klebemittel, Säuren, Methanol, Salze, organische Säuren, Farbmittel, anorganische Säuren, Laugen, Fettabfälle, verunreinigte Kraftstoffe, verunreinigte Heizöle, ölverunreinigter Boden mit PCB und Teerrückstände (wegen der Einzelheiten wird auf Bd. I, Bl. 119 ff. der Akten verwiesen).
Im Jahre 1993 plante die Klägerin den Verkauf der Grundstücke und beauftragte ein Unternehmen mit der Ermittlung des Wertes und mit dem Verkauf. Nachdem die I. zunächst Interesse am Erwerb der Grundstücke bekundet hatte, wurde am 31. August 1994 das Gesamtvollstreckungsverfahren über ihr Vermögen eröffnet. Daraufhin kündigte die Klägerin mit Schreiben vom 20. September 1994 die Mietverträge zum 31. Dezember 1994. Im Januar 1995 übertrug die Klägerin der Wohnungsbaugesellschaft Weißensee - WBG -, der Rechtsnachfolgerin der Berliner Volkseigenen Wohnungsverwaltung Weißensee, die Verwaltung der Grundstücke. Diese sollte unter anderem die Abwicklung der finanziellen Geschäfte mit den Versorgungseinrichtungen, die Führung eines Hauskontos, die Unterstützung der Klägerin bei Angebot und Neuvermietung der Grundstücke, die Erstellung der jährlichen Grundstücksabrechnungen sowie die Beauftragung entsprechender Firmen im Havariefall umfassen; nach Ziff. 3 des Hausverwaltervertrages zeichnete die Klägerin für die Abwicklung der Kündigung und Übergabe der beiden Grundstücke durch die I. verantwortlich. Nachdem die Klägerin am 28. Februar 1995 die Grundstücke und die darauf befindlichen Abfallablagerungen besichtigt hatte, forderte sie am 2. März 1995 den Verwalter der I. zur Räumung der Grundstücke auf. Dieses verweigerte der Verwalter mit Schreiben vom 27. April 1995 unter Hinweis auf die unzureichenden finanziellen Mittel der I.; er bot stattdessen die Übergabe der Grundstücke an. Auch eine weitere Räumungsaufforderung der Klägerin vom 20. Mai 1995 blieb erfolglos.
Das Bezirksamt Weißensee, das von dem Verwalter offiziell am 31. März 1995 über die Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens und die Masseunzulänglichkeit informiert worden war, wandte sich zunächst mit Schreiben vom 10. April 1995 an den Verwalter und forderte ihn zur Beseitigung der auf den Grundstücken lagernden Sonderabfälle auf. Nach der daraufhin bei einer mit dem Verwalter durchgeführten Ortsbegehung am 18. April 1995 zur Einschätzung des Gefahrenpotentials der Abfalllagerung entschloss sich die Behörde, wegen der Abfallbeseitigung gegen die Klägerin vorzugehen. Mit Schreiben vom 10. Juli 1995 teilte sie dieser mit, dass sie Besitzerin der Abfälle und damit auch zu deren Beseitigung verpflichtet sei.
Nachdem am 30. September 1995 die Hausverwaltung durch die WBG beendet worden war, wurden die Grundstücke verschlossen. Ein ehemaliger Mitarbeiter der I. wurde beauftragt, die Grundstücke zu beaufsichtigen, Post in Empfang zu nehmen und regelmäßig nach dem Rechten zu sehen. Am 30. August verkaufte die Klägerin die Grundstücke, ohne dass zunächst eine Übergabe stattfand.
Durch den Bescheid vom 11. April 1997 gab das Bezirksamt Weißensee der Klägerin auf, die in einer Anlage des Bescheides aufgeführten, auf dem Grundstück lagernden Abfälle innerhalb von drei Monaten vollständig und ordnungsgemäß entsprechend den Bestimmungen des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes zu beseitigen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Klägerin als Eigentümerin der Grundstücke habe die Sachherrschaft über die Abfälle und sei daher als deren Besitzerin anzusehen, ohne dass es darauf ankomme, ob sie jemals einen Besitzbegründungswillen gehabt habe (wegen der Anlage mit der Auflistung der Abfallstoffe wird auf Bd. I, Bl. 30 der Akte Bezug genommen).
Die Klägerin legte gegen diesen Bescheid Widerspruch ein und bat um die befristete Aussetzung der sofortigen Vollziehung der Anordnung, um den Abtransport der Abfälle selbst durchzuführen, wobei sie darauf verwies, dass der Abtransport nicht in Anerkennung einer Rechtspflicht erfolge, sondern lediglich bezwecke, die Beseitigungskosten und den Verwaltungsaufwand nicht unangemessen ansteigen zu lassen. Nach vorübergehender Aussetzung der sofortigen Vollzugsanordnung ließ die Klägerin im Juli/August 1997 die Abfälle durch das Unternehmen T. zu der Zentralen Einrichtung für Sonderabfälle verbringen, worüber sie der Behörde die erforderlichen Nachweisscheine vorlegte. Es handelte sich im Wesentlichen um besonders überwachungsbedürftige Abfälle, die der Menge nach die dort im Jahre 1993 festgestellten Abfallstoffe erheblich übertrafen und ihrer Art nach zum Teil seither hinzugekommen waren (hinsichtlich der Art und Menge der abtransportierten Stoffe wird auf die Aufstellung Bd. I, Bl. 106 bis 123 der Akten verwiesen). Die Kosten der Abfallbeseitigung beliefen sich insgesamt auf 96 604,58 DM (entsprechend 49 393,13 EUR), die die Klägerin bezahlte.
Mit Bescheid vom 6. November 1997 wies das Bezirksamt Weißensee den Widerspruch als unbegründet zurück. Die von der Klägerin daraufhin erhobene Klage war zunächst nur gegen die Abfallbeseitigungsanordnung gerichtet und wurde später auf einen zweiten Antrag mit dem Ziel der Erstattung der Kosten zur Abfallbeseitigung erweitert. Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, sie hätte nicht zur Beseitigung der Abfälle verpflichtet werden dürfen, weil sie nicht die Abfallbesitzerin gewesen sei; denn sie habe niemals einen Besitzbegründungswillen daran gehabt. Zum Zeitpunkt der Abfallablagerung habe sie wegen der staatlichen Verwaltung und nach deren Ende auf Grund deren fortdauernden Wirkungen keine rechtlichen oder tatsächlichen Einwirkungsmöglichkeiten auf das Grundstück gehabt und deshalb die Abfallablagerungen nicht verhindern können. Auch nach dem 1. Januar 1994 habe sie als Vermieterin die Grundstücke und deren Nutzung nicht kontrollieren können und daher erst 1995 erkannt, dass dort Sonderabfall gelagert worden sei. Zu diesem Zeitpunkt sei es aber bereits zu spät gewesen, zivilrechtlich gegen die zahlungsunfähige I. vorzugehen. Es sei auch ermessensfehlerhaft gewesen, nur sie zur Abfallbeseitigung heranzuziehen, während die Behörde schon früher gegen die ihr bekannten Abfallablagerungen auf den Grundstücken hätte vorgehen können.
Durch den Bescheid vom 31. August 2000 nahm das Bezirksamt Weißensee von Berlin den Widerspruchsbescheid vom 6. November 1997 zurück und stellte das Widerspruchsverfahren ein, da sich dieses mit der Ausführung der Abfallbeseitigung erledigt habe. Daraufhin erklärten die Beteiligten den Rechtsstreit insoweit für erledigt. Den auf Erstattung der Abfallbeseitigungskosten gerichteten zweiten Antrag erhielt die Klägerin aufrecht.
Der Beklagte machte geltend, dass die Voraussetzungen eines Folgenbeseitigungsanspruchs nicht gegeben seien. Die Beseitigungsanordnung sei auch in der Sache gerechtfertigt gewesen. Die Behörde habe keine Kenntnis von früheren Abfallablagerungen gehabt. Ein großer Teil der vorgefundenen Abfälle habe sich als Betriebsmittel und Einsatzstoffe noch bis zum Dezember 1994 im Produktionsfluss der I. befunden. Für ein ordnungsbehördliches Einschreiten sei zu diesem Zeitpunkt noch kein Anlass gegeben gewesen; dies sei erst nach der Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens der Fall gewesen.
Durch das Urteil vom 15. Dezember 2000 hat das Verwaltungsgericht die auf Erstattung der Beseitigungskosten gerichtete Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, ein Folgenbeseitigungsanspruch auf Ersatz der Kosten der Abfallbeseitigung stehe der Klägerin deshalb nicht zu, weil die Abfallbeseitigungsanordnung nicht unmittelbar auf die kostenverursachende Beauftragung dieses Entsorgungsunternehmens gerichtet gewesen sei; die Klägerin hätte die Abfallbeseitigung vielmehr auch aus eigener Kraft vornehmen dürfen.
Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Berufung.
Die Klägerin verweist auf ihr bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor: Als Nichtfachkundige sei sie weder tatsächlich noch rechtlich in der Lage gewesen, die durch die Verfügung angeordnete Beseitigung der überwiegend als Sonderabfall einzustufenden Abfälle selbst vorzunehmen; sie hätte vielmehr der behördlichen Anordnung nur durch eine entsprechende kostenverursachende Beauftragung eines spezialisierten Unternehmens Folge leisten können. Bei einer derartigen Konstellation stehe ihr ein unmittelbar auf Kostenerstattung gerichteter Folgenbeseitigungsanspruch zu. Die Rechtswidrigkeit der gegen sie gerichteten Beseitigungsanordnung folge in erster Linie daraus, dass sie keinen Besitz an den Abfällen erlangt habe, weil sie infolge der Beschlagnahme der Grundstücke und deren Nachwirkungen auf deren Entstehung keinen Einfluss hätte nehmen können; insoweit sei ihre Situation vergleichbar derjenigen des Eigentümers eines Grundstücks, das der Allgemeinheit in der Weise offensteht, dass es ungehindert betreten werden kann und an den darauf wild von dritter Seite abgelagerten Abfällen deshalb nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts der Eigentümer von vornherein keinen Besitz im abfallrechtlichen Sinne erlangt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 15. Dezember 2000 zu ändern und den Beklagten zu verpflichten, an sie 49 393,13 EUR (96 604,56 DM) nebst 4 % Zinsen ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung bezieht er sich auf das angefochtene Urteil sowie sein erstinstanzliches Vorbringen und die Beseitigungsanordnung und trägt weiterhin vor, dass die Klägerin, nachdem die Zwangsverwaltung des Grundstücks geendet habe, sich hinsichtlich ihrer abfallrechtlichen Verantwortung in der gleichen Situation befunden habe, wie der Eigentümer eines vermieteten Grundstücks nach der Beendigung des Mietverhältnisses und der Rückgabe eines abfallbelasteten Grundstücks.
Wegen der weiteren Sachdarstellung wird auf die Akten des Gerichts sowie auf die Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung hat keinen Erfolg.
Im Ergebnis zu Recht hat das Verwaltungsgericht die auf Ersatz der von der Klägerin für die Beseitigung der Abfälle auf dem Grundstück aufgewendeten Kosten gerichtete Klage als unbegründet abgewiesen.
Allerdings vermag der entscheidende Senat nicht die Auffassung des Verwaltungsgerichts zu teilen, dass es hier für die Zuerkennung eines Folgenbeseitigungsanspruchs bereits an der Grundvoraussetzung fehle, dass die kostenverursachende Beauftragung eines Abfallentsorgungsunternehmens "unmittelbar" auf die von der Klägerin als rechtswidrig beanstandete Abfallbeseitigungsanordnung zurückzuführen sei. Soweit das Verwaltungsgericht die für einen auf Geldausgleich gerichteten Folgenbeseitigungsanspruch erforderliche Unmittelbarkeit hinsichtlich eines rechtswidrigen hoheitlichen Handelns und einer finanziellen Einbuße (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Juli 1984, BVerwGE 69, S. 366, 371, 373, Bay. VGH, Urteil vom 28. Juli 1995, NVwZ-RR 1996, S. 645 f. und Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, 5. Aufl. 1998, S. 303) mit dem Hinweis darauf verneint, dass die Klägerin die Abfallbeseitigung auf Grund einer eigenen Entschließung in Auftrag gegeben habe, steht dem entgegen, dass sie der ihr aufgegebenen Abfallbeseitigung nicht nach ihrem Belieben durch eigenes Handeln hätte nachkommen können, sondern nur mit Hilfe eines fachlich kompetenten Abfallentsorgungsunternehmens, dessen Beauftragung deshalb durch die Abfallbeseitigungsanordnung selbst - unmittelbar - gefordert war. Das ergibt sich aus den insoweit geltenden abfallrechtlichen Bestimmungen. Die auf den Grundstücken im Zeitpunkt der Abfallbeseitigungsanordnung nach Einstellung des Produktionsbetriebs der I. verbliebenen Abfälle stellten mehrheitlich besonders überwachungsbedürftige Abfälle nach § 3 Abs. 8 Satz 1, § 41 Abs. 1 und 3 des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes - KrW-/AbfG - vom 27. September 1994 (BGBl. I S. 2705) in Verbindung mit der seinerzeit anzuwendenden Verordnung zur Bestimmung von besonders überwachungsbedürftigen Abfällen vom 10. September 1996 (BGBl. I S. 1366) dar. Als Abfälle zur Beseitigung mussten sie nach den Grundsätzen der gemeinwohlverträglichen Abfallbeseitigung gemäß § 10 KrW-/AbfG beseitigt werden (§ 11 Abs. 1 KrW-/AbfG). Hierzu gehörte auch, dass die Abfälle der Zentralen Einrichtung für Sonderabfälle, der SBB, angedient werden mussten; denn das Landesrecht sah vor, dass Sonderabfälle, die behandelt, gelagert oder abgelagert werden sollen, der SBB von dem entsorgungspflichtigen Abfallbesitzer kostenpflichtig anzudienen waren. Die Andienungspflicht bestand auf Grund des § 14 Abs. 1 Satz 1 des Landesabfallgesetzes vom 21. September 1993 (GVBl. S. 651), der auch nach dem In-Kraft-Treten des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes des Bundes im Jahr 1996 auf Grund von dessen § 13 Abs. 4 Satz 1 anwendbar blieb. Die Andienungspflicht wurde durch § 4 der Verordnung über die Organisation der Sonderabfallentsorgung des Landes Berlin (Sonderabfallentsorgungsverordnung - SoAbfEV -) vom 22. Januar 1996 (GVBl. S. 73) konkretisiert. Ihr konnte die Klägerin nur durch die Verbringung der Sonderabfälle zu einer Abfallentsorgungsanlage nachkommen (vgl. § 4, § 5 Abs. 1 Satz 2 SoAbfEV). Allein für die Beförderung der Abfälle waren entsprechend § 43 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, § 42 Abs. 1 und 2 KrW-/AbfG ein Nachweisbuch zu führen und Belege vorzulegen. Die Anforderungen an das Nachweisbuch und die vorzulegenden Belege richteten sich nach der Verordnung über Verwertungs- und Beseitigungsnachweise (Nachweisverordnung - NachWV -) vom 10. September 1996 (BGBl. I S. 1382, berichtigt BGBl. 1997, I S. 2860), deren Anwendbarkeit nicht gemäß § 1 Abs. 2 NachWV ausgeschlossen war, weil die Abfälle aus dem Geschäftsbetrieb der I. stammte. Danach war von der nachweispflichtigen Person (§ 2, § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2 NachWV) schon vor der entsprechenden Verbringung ein Entsorgungsnachweis zu führen (§ 3 NachWV), der die Zulässigkeit der Entsorgung feststellte und eine Vorabkontrolle darstellte. Bei dem Transport war gemäß § 15 NachWV ein Begleitschein zu verwenden, wodurch eine nachträgliche Verbleibskontrolle sichergestellt wurde. Dieses Verfahren verlangt eine Kenntnis der Materie, die ein Privater nicht besitzt und die auch nicht von ihm verlangt werden kann, sodass die Klägerin als nichtfachkundige Person die Abfallbeseitigung nicht ohne die Beauftragung eines entsprechend kompetenten und zugelassenen Unternehmens durchführen konnte. Der Einwand des Beklagten, an der erforderlichen Unmittelbarkeit fehle es jedenfalls deshalb, weil der Klägerin nicht die Beauftragung eines bestimmten Unternehmens aufgegeben worden sei, führt zu keiner anderen Beurteilung. Denn allein die der Klägerin verbliebene Möglichkeit, sich ein Unternehmen für die Durchführung der Abfallbeseitigung auszuwählen, lässt nicht den Zwang zur Heranziehung eines Fachunternehmens und damit den Unmittelbarkeitszusammenhang der Kostenfolge für die Klägerin entfallen. Soweit sich unter den entsorgten Stoffen auch lediglich überwachungsbedürftige Abfälle befanden, hat auch dies keine abweichende rechtliche Bewertung zur Folge, denn auch die Sortierung und Feststellung der Abfallart verlangte eine ausreichende Fachkunde, was die von dem Entsorgungsunternehmen durchgeführten Untersuchungen belegen, wo allein für die Analyse der Abfälle 5 901 DM in Rechnung gestellt wurden (vgl. Bd. I, Bl. 101 d.A.).
Der von der Klägerin mit dem Ziel der Erstattung der ihr durch die Abfallbeseitigung entstandenen Kosten geltend gemachte Folgenbeseitigungsanspruch besteht jedoch nicht; denn die auf § 21 Abs. 1 in Verbindung mit § 11 Abs. 1, § 10 Abs. 2 KrW-/AbfG gestützte Abfallbeseitigungsanordnung war rechtmäßig.
Die Klägerin war im Zeitpunkt des Erlasses der Beseitigungsanordnung vom 11. April 1997 entgegen ihrer Auffassung hinsichtlich der auf den Grundstücken verbliebenen Stoffe Abfallbesitzerin im Sinne von § 3 Abs. 6 KrW-/AbfG und damit Normadressatin des § 11 KrW-/AbfG. Der Begriff des Abfallbesitzers ist öffentlich-rechtlicher Art und stimmt nicht mit dem des BGB überein, sodass es nicht auf einen Besitzbegründungswillen, sondern allein auf die tatsächliche Sachherrschaft ankommt (st. Rspr. schon zum Abfallgesetz, vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1983, BVerwGE 67, S. 8, 11 f.; Urteil vom 11. Dezember 1997, BVerwG 106, S. 43, 46; Urteil vom 8. Mai 2002, NVwZ 2003, S. 1252; aus der Literatur vgl. z.B. Frenz, KrW-/AbfG, 3. Aufl. 2002, § 3 Rdnr. 88 f. m.w.N.). Dabei ist der Begriff des Abfallbesitzers nicht nach einzelfallorientierten Kriterien und damit allgemeinen Maßstäben der Zumutbarkeit und Sozialadäquanz zu bestimmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Januar 1989, DVBl. 1989, S. 522 f.). Entscheidend ist vielmehr ein Mindestmaß an tatsächlicher Sachherrschaft an dem Grundstück, welche die rechtlichen und tatsächlichen Einwirkungsmöglichkeiten einschließt, um die Abfälle der Entsorgung zuzuführen und die damit eine entsprechende Zuordnung der Verantwortlichkeit für den Zustand des Grundstücks rechtfertigt (vgl. die zitierten Urteile des BVerwG vom 11. Februar 1983 und vom 11. Dezember 1997, a.a.O. sowie die Ausführungen und Nachweise bei Frenz, a.a.O.). Die so beschaffene Sachherrschaft wird regelmäßig bereits durch das Eigentum an dem Grundstück vermittelt, wobei der Grundstückseigentümer sie in vollem Umfang erlangt, sobald er hinsichtlich der Nutzung des Grundstücks keine rechtlichen Duldungspflichten mehr hat (vgl. dazu Fluck [Hrsg.], KrW-/AbfG, § 3 Rdnr. 305).
Ein diesen Anforderungen entsprechendes Mindestmaß an Sachherrschaft hat die Klägerin spätestens im Laufe des Jahres 1995 erlangt, nachdem ihr die Verwaltung des Grundstücks von der WBG Weißensee zurückübertragen worden war und sie bereits zum 31. Dezember 1994 der I. regulär entsprechend dem Mietvertrag gekündigt hatte. Damit war sie in vollem Umfang in die Eigentümerstellung und die damit verbundene Verfügungsbefugnis eingerückt, wovon sie auch in der Folge Gebrauch gemacht hat. So hat sie einen Hausverwaltervertrag geschlossen, die I. zur Räumung aufgefordert und einen Kaufvertrag über das Grundstück geschlossen. Ein etwa noch fortbestehender tatsächlicher Besitz des Verwalters der I. war unberechtigt. Die zwischen den Beteiligten streitige Frage, ob die Klägerin selbst über einen Schlüssel zu dem Grundstück verfügte oder über den ehemaligen Bediensteten der I. an den Schlüsselkasten gelangen konnte, war nach alledem nicht entscheidungserheblich.
Die Stellung der Klägerin als Abfallbesitzerin war entgegen ihrer Auffassung auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass sie oder ihre Mutter als Rechtsvorgängerin auf Grund der vor der deutschen Wiedervereinigung über die Grundstücke verhängten Zwangsverwaltung und deren Nachwirkungen rechtlich und tatsächlich keinen Einfluss auf die auf dem Grundstück erzeugten und gelagerten Abfälle hatten. Für die Erlangung des Abfallbesitzes ist es grundsätzlich unerheblich, auf welcher Art und Weise die Sachherrschaft erlangt worden ist. Der Grundstückseigentümer wird regelmäßig auch Abfallbesitzer der von Dritten verbotswidrig auf sein Grundstück geworfenen - ihm also aufgedrängten - Abfälle, wenn das Grundstück nach der Verkehrsauffassung einen Herrschaftsbereich darstellt, welcher zugleich die tatsächliche Gewalt über die dort liegenden Gegenstände begründet. Das ist bei einem im Stadtbereich belegenen, zudem durch eine Mauer umfriedeten Gewerbegrundstück zu bejahen (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 1997, BVerwGE 106, S. 43, 47, Urteil vom 19. Januar 1989, DVBl. 1989, S. 522 f. sowie Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, 2. Aufl. 2003, § 3 Rdnr. 58). Eine Ausnahme wird in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in jenen Fällen anerkannt, bei denen Abfälle auf einem frei zugänglichen, einem allgemeinen Betretungsrecht unterliegenden Grundstück verbotswidrig ohne Wissen und Wollen des Eigentümers oder Besitzers abgelagert werden (vgl. die Urteile des BVerwG vom 8. Mai 2003, NVwZ 2003, S. 1252 vom 11. Februar 1983, BVerwGE 67, S. 8, 12 sowie vom 13. Januar 1994, DÖV 1994, S. 267, 268). Eine solche Konstellation ist hier jedoch nicht gegeben. Die Grundstücke der Mutter der Klägerin waren nie in dem genannten Sinne frei für die Allgemeinheit zugänglich. Dass die Abfälle darauf zum Teil zu einer Zeit abgelagert worden sind, als die Klägerin oder ihre Mutter noch keinen Zugriff auf die Grundstücke hatten, rechtfertigt es nicht, sie mit der Allgemeinheit zugänglichen Grundstücken gleichzusetzen. Denn die im Vergleich zu anderen Grundstücken abweichende abfallrechtliche Beurteilung derartiger Grundstücke hat ihre Ursache in deren spezifischen öffentlich-rechtlichen Beschränkung in der Weise, dass die freie Zugänglichkeit dort der Eigentümerstellung a priori immanent ist (vgl. Frenz, a.a.O.). Die Mutter der Klägerin und die Klägerin haben vielmehr - wie noch ausgeführt werden wird - aus der Zwangsverwaltung ein - wenn auch vertragswidrig - mit Abfällen belastetes Grundstück mit den sich daraus zivil- und verwaltungsrechtlich ergebenden Pflichten und Rechten erlangt; insoweit unterscheidet sich die Eigentümerstellung nicht grundsätzlich von derjenigen an einem nach Beendigung eines Miet- oder Pachtverhältnisses zurückerlangten Gewerbegrundstück.
Auch die Auswahl der Klägerin als verantwortliche Abfallbesitzerin war nicht ermessensfehlerhaft. Mit Rücksicht auf die bei derartigen Maßnahmen der Gefahrenabwehr im Vordergrund stehenden Ziele der Schnelligkeit und Effizienz ist es nicht zu beanstanden, dass der Beklagte, nachdem ihm am 31. März 1995 von dem Verwalter die Gesamtvollstreckung über das Vermögen der I. mitgeteilt worden war, von dem zunächst am 10. April 1995 unternommenen Versuch einer Inanspruchnahme des Verwalters wegen Zweifeln an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Unternehmensvermögens Abstand genommen und sich an die Klägerin als nunmehr "zustandsverantwortliche" Abfallbesitzerin gehalten hat (vgl. hierzu auch den Beschluss des BVerfG vom 16. Februar 2000, NJW 2000, S. 2573, 2575 und VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 13. Dezember 2001, VBlBW 2002, S. 491). Dass der Beklagte nicht schon früher gegen Abfallablagerungen auf dem Grundstück vorgegangen ist, wie es die Klägerin fordert, ist nicht zu beanstanden. Soweit - was die Klägerin behauptet und der Beklagte bestreitet - die Behörde bereits frühzeitig von den Abfallablagerungen Kenntnis gehabt haben sollte und dennoch nicht sofort, sondern erst nach ihrer Information über die Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens über das Vermögen der I. tätig geworden ist, würde dies nur dann zu einem Ermessensfehler führen, wenn die Behörde absichtlich abgewartet hätte, bis die Gesellschaft zahlungsunfähig geworden war. Dafür bestehen jedoch keinerlei Anhaltspunkte, zumal zu Zeiten des Betriebes der I. die Abfalleigenschaft dort verwendeter Materialien sowie deren Art und Menge noch nicht ohne weiteres feststellbar waren.
Dem Anliegen der Klägerin, von Abfallbeseitigungskosten entlastet zu werden, auf deren Entstehung und Ablagerung auf den Grundstücken sie infolge der - rechtswidrigen - Zwangsverwaltung durch die DDR und deren Nachwirkungen keinen Einfluss nehmen konnte, ist auch nicht unter dem verfassungsrechtlichen Aspekt des Gebots der Verhältnismäßigkeit Rechnung zu tragen. In Bezug auf die Grenzen der Zustandsverantwortlichkeit für belastete Grundstücke hat das Bundesverfassungsgericht in dem genannten Beschluss vom 16. Februar 2000, NJW 2000, S. 2573, 2575) grundsätzlich festgestellt, dass nach Maßgabe der einschlägigen sicherheitsrechtlichen Vorschriften der Eigentümer eines Grundstücks allein wegen dieser Rechtsstellung verpflichtet werden kann, von dem Grundstück ausgehende Gefahren zu beseitigen, auch wenn er die Gefahrenlage weder verursacht noch verschuldet hat. Dieser Grundsatz ist im Prinzip für die Pflichtenstellung des Abfallbesitzers, der zugleich Eigentümer des betreffenden Grundstücks ist, anerkannt (vgl. Frenz, a.a.O., § 3 Rdnr. 89 und bereits BVerwGE 106, S. 43, 46; vgl. im Übrigen zu der Entscheidung des BVerfG die Literaturnachweise bei Mohr, NVwZ 2003, S. 686 mit Fußnote 2). Diese grundsätzliche Zustandsverantwortlichkeit des Eigentümers begründet das Bundesverfassungsgericht mit der Sachherrschaft des Eigentümers sowie mit der Verbindung von Vorteilen und Lasten der Sache. Eine unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit und Zumutbarkeit prinzipiell zu wahrende Grenze der Belastung des betreffenden Grundstücks ist nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in den Fällen überschritten, in denen auf Grund der geforderten Sanierung die Privatnützigkeit der Verwendung des Grundstücks aufgehoben oder in Frage gestellt wird. Als Anhaltspunkt für die Feststellung dieser Belastungsgrenze kann das Verhältnis des finanziellen Aufwands zu dem Verkehrswert des Grundstücks nach Durchführung der geforderten Maßnahmen dienen. Bereits diese Grenze ist im vorliegenden Fall nicht annähernd erreicht. Den Kosten für Abfallbeseitigung in Höhe von knapp 50 000 EUR steht ein offensichtlich vielfach höherer Verkehrswert des Grundstücks gegenüber. Aus dem Berliner Bodenrichtwerteatlas ergibt sich für das Jahr 1997 ein Quadratmeterpreis von 450,00 DM, was bei der hier gegebenen Grundstücksgröße von insgesamt 1 607 m² einem Verkehrswert von 723 150 DM entspricht. Selbst unter Berücksichtigung des bis zum Jahre 2004 auf 170,00 EUR gesunkenen Quadratmeterpreises liegen die aufgewandten Abfallbeseitigungskosten noch immer weit unter dem sich daraus ergebenden Wert beider Grundstücke von 243 000 EUR. Anhaltspunkte dafür, dass der Verkehrswert des Grundstücks zum maßgebenden Zeitpunkt aus sonstigen Gründen deutlich unterhalb der Größenordnung von 100 000 DM gelegen hat, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Eine der vom Bundesverfassungsgericht hervorgehobenen besonderen Konstellationen, bei denen eine diese Grenze überschreitende Belastung des Grundstückseigentümers als unzumutbar anzusehen ist (a.a.O.), ist im vorliegenden Fall von vornherein nicht gegeben. Insbesondere kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Abfallbelastung des Grundstücks "aus der Allgemeinheit zuzurechnenden Ursachen" herrührt. Aus Anlass des vorliegenden Falles bedarf es keiner Klärung, welche Fallgestaltungen hierunter zu verstehen sind und wo in derartigen Fällen die Belastungsgrenze anzusetzen wäre. Denn die durch die DDR über die Grundstücke verfügte Zwangsverwaltung, auf die die von der Mutter der Klägerin und ihr nicht beeinflussbare Ablagerung des Abfalls zurückzuführen ist, kann aus grundsätzlichen rechtssystematischen Erwägungen nicht als der Allgemeinheit zuzurechnende Ursache in dem erörtertem Sinne eingestuft werden.
Eine dahingehende Auslegung wäre mit dem Rechtssystem der Überleitung der unter dem Regime der DDR beschlagnahmten und der freien Nutzung der zivilrechtlichen Eigentümer weitgehend entzogenen Grundstücke in das Bundesrecht unvereinbar. Die Klägerin hat die Grundstücke auf der Grundlage des Vermögensgesetzes - VermG - zurückerhalten. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 VermG wird die staatliche Verwaltung über Vermögenswerte auf Antrag des Berechtigten durch Entscheidung der Behörde aufgehoben. Nach § 11 a Abs. 1 VermG endete die staatliche Verwaltung über Vermögenswerte auch ohne Antrag des Berechtigten mit Ablauf des 31. Dezember 1992. Als Rechtsfolge der Rückübertragung bestimmt § 16 Abs. 1 VermG, dass mit der Rückübertragung von Eigentumsrechten oder der Aufhebung der staatlichen Verwaltung die Rechte und Pflichten, die sich aus dem Eigentum am Vermögenswert ergeben, durch den Berechtigten selbst oder durch ein vom Berechtigten zu bestimmenden Verwalter wahrzunehmen sind. Nach § 17 VermG werden durch die Rückübertragung von Grundstücken oder Gebäuden oder die Aufhebung der staatlichen Verwaltung bestehende Miet- oder Nutzungsverhältnisse - von bestimmen Ausnahmen abgesehen - nicht berührt. Damit hat der Bundesgesetzgeber eine Regelung vorgesehen, die vor der Rückübertragung bezüglich der Grundstücke entstandenen Rechte und Pflichten grundsätzlich anerkennt. Zu den übergegangenen Pflichten zählt auch die kraft Gesetzes bestehende Zustandsverantwortlichkeit, in die der Berechtigte demgemäß als neuer Eigentümer eintritt (vgl. Rechtshandbuch Vermögen und Investitionen in der ehemaligen DDR - RVI - § 16 VermG Rdnr. 15). Eine damit für den Einzelnen verbundenen wirtschaftlichen Risiken berücksichtigende Regelung ist sodann in § 11 Abs. 1 Nrn. 2 und 4 VermG getroffen worden. Danach kann der Berechtigte statt der Aufhebung der staatlichen Verwaltung unter Verzicht auf sein Eigentum Entschädigung nach dem Entschädigungsgesetz wählen. Mit dem Wirksamwerden des Verzichts wird der Berechtigte von allen Verpflichtungen frei, die auf den Zustand des Vermögenswertes seit Anordnung der staatlichen Verwaltung zurückzuführen sind. Hieraus ergibt sich mittelbar, dass ohne einen Eigentumsverzicht eine "Rechtsnachfolge" des Eigentümers in die bisherige Pflichtenstellung des Zustandsverantwortlichen für Altlasten eintreten würde. Dies wird auch durch die Amtliche Begründung zum Regierungsentwurf vom 16. April 1993 (BT-Drs. 244/93, S. 58) bestätigt, wo es heißt: Für Handlungen oder Unterlassungen während der Dauer der angeordneten staatlichen Verwaltung kann der Eigentümer nicht zur Verantwortung gezogen werden. Die Vorschrift befreit ihn daher von der "Zustandshaftung", wenn der die Haftung auslösende Umstand während der staatlichen Verwaltung eingetreten ist. In dieser Weise wird der Zweck der Regelung auch in der Kommentarliteratur gesehen (vgl. Nentwig/Nethe in: Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus, VermG, § 11 Rdnr. 55; Säcker-Hummert in: Säcker, VermG, § 11 Rdnr. 19). Der Gesetzgeber hat demnach Konfliktsituationen der hier vorliegenden Art erkannt und abschließend geregelt, indem er den Pflichtigen die Möglichkeit des Verzichts eingeräumt hat. Dieses Regelungssystem verstößt auch nicht gegen Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG, weil der Berechtigte anstelle des Eigentums immerhin eine Entschädigung nach Maßgabe des Entschädigungsgesetzes erhält (vgl. Kiethe in: Rechtshandbuch RVI, Systematische Darstellung II Rdnr. 718 f.), deren - im Vergleich zum Verkehrswert - geringere Höhe zugleich das damit auf den Staat übergehende Altlastenrisiko berücksichtigt.
Im Widerspruch zu diesem Regelungssystem würde eine Risiko- und Kostenverteilung, wie sie die Klägerin fordert, im Ergebnis darauf hinauslaufen, generell in allen Fällen, in denen auf einem rückerstatteten Grundstück Altlasten vorgefunden werden, den Eigentümern der Sache nach insoweit ein vollständiger Anspruch auf Freistellung von der Zustandsverantwortung gegen die öffentliche Hand und damit zu Lasten der Allgemeinheit zuzuerkennen wäre. Für einen solchen Anspruch ist aber weder eine einfachgesetzliche noch eine verfassungsrechtliche Grundlage ersichtlich. Ansonsten verlören auch § 11 Abs. 1 Satz 4 VermG und die Möglichkeit der Freistellung des Eigentümers von der Verantwortlichkeit für Altlasten nach Art. 1 § 4 Abs. 3 des Umweltrahmengesetzes der DDR vom 29. Juni 1990 (GBl. I Nr. 42, S. 649) in der Fassung des Art. 12 des Gesetzes zur Beseitigung von Hemmnissen der Privatisierung von Unternehmen und zur Förderung von Investitionen vom 22. März 1991 (BGBl. I S. 766, 788) ihren Sinn.
Angesichts der so beschaffenen Rechtslage kommt es nicht darauf an, ob eine Haftungsbegrenzung der Klägerin hinsichtlich dieser Abfallablagerungen nicht von vornherein dadurch entfallen ist, dass sie das Risiko einer Belastung der erkennbar seit Jahrzehnten industriell genutzten Grundstücke bewusst oder zumindest fahrlässig in Kauf genommen hat, was nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 16. Februar 2000 (a.a.O.) sogar eine den Verkehrswert übersteigende Kostenbelastung rechtfertigen könnte und ob eine solche Risikoübernahme etwa darin gesehen werden könnte, dass die Klägerin statt des Verzichts nach § 11 Abs. 1 Satz 2 VermG die Restitution gewählt hat.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO.
Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO vorgesehenen Gründe vorliegt.
Ende der Entscheidung
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