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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin
Beschluss verkündet am 23.06.2003
Aktenzeichen: OVG 2 S 19.03
Rechtsgebiete: BNatSchG


Vorschriften:

BNatSchG § 31 Abs. 1 Nr. 1 a a.F.
BNatSchG § 20 f Abs. 1 Nr. 1 a.F.
BNatSchG § 20 a Nr. 8 b a.F.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERVERWALTUNGSGERICHT BERLIN BESCHLUSS

Aktenzeichen OVG 2 S 19.03

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Freitag, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Dr. Broy-Bülow und den Richter am. Oberverwaltungsgericht Dahm

am 23. Juni 2003 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 28. April 2003 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 817,80 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Zu Recht hat das Verwaltungsgericht die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers gegen die am 3. Dezember 2002 angeordnete sofortige Vollziehung der dem naturschutzrechtlichen Befreiungsbescheid des Antragsgegners vom 11. Dezember 2001 unter 4. beigefügten Auflage abgelehnt.

Auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens des Antragstellers ist eine abweichende Beurteilung nicht geboten.

Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Auflage sind nicht dargetan. Sie war erforderlich, um die Vereinbarkeit der Befreiung nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 a BNatSchG a.F. (§ 62 Abs. 1 Nr. 1 n.F.) von dem nach § 20 f Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG a.F. (§ 42 Abs. 1 Nr. 1 n.F.) bestehenden Verbot einer Zerstörung von Wohn- oder Zufluchtstätten der gemäß § 20 a Nr. 8 b BNatSchG a.F. (§ 10 Abs. 2 Nr. 11 n.F.) streng geschützten Fledermausarten mit den Belangen des Naturschutzes zu gewährleisten (vgl. § 36 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 4 VwVfG).

Die Auflage verstößt entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht gegen das Gebot der Bestimmtheit. Gegenstand der Auflage, soweit sie Ausgleichsmaßnahmen hinsichtlich der Fledermausquartiere fordert, und damit auch Gegenstand der Vollziehungsanordnung sind allein die an der Straßenfront des Gebäudes vor der Fassadenrenovierung vorhanden gewesenen Fledermausquartiere. Das geht eindeutig aus dem Befreiungsbescheid vom 11. Dezember 2002 und dem zu seinem Bestandteil erklärten Ersatzkonzept des von der Hausverwaltung beauftragten Diplom-Biologen K vom 15. Oktober 2001 hervor. Dieser hat unter Benutzung des an der Straßenfront angebrachten Baugerüstes ausschließlich die Sommerquartiere von Fledermäusen an der zur Renovierung anstehenden Straßenfassade - namentlich in der Nähe der Erker - festgestellt und allein für diese sein Ausgleichskonzept entwickelt. Dementsprechend lagen auch der Auflage in dem Befreiungsbescheid nur die an dieser Fassade durch die Renovierung zerstörten Fledermausquartiere zugrunde. Ob der Sachverständige bei dieser Gelegenheit auch einen Blick auf die rückwärtigen Gebäudewände geworfen hat und ob und in welchem Umfang auch dort Fledermausquartiere vorhanden waren oder sind, ist danach für die hier zu beurteilende Vollzugsanordnung, die die Wiederansiedlung der aus ihren Quartieren an der Straßenfront verdrängten Fledermauspopulationen sichern soll, unerheblich.

Mit dem Bestimmtheitsgebot ist es auch nicht unvereinbar, dass die Auflage zu ihrer Erfüllung auf eine Abstimmung mit dem sachverständigen Biologen und dem von diesem erarbeitete Konzept angelegt ist. Eine derartige, die gegebenenfalls erst im Zuge der Durchführung der Ersatzmaßnahmen feststellbaren konkreten Erfordernisse berücksichtigende Regelung ist für naturschutzrechtliche Ausgleichsanordnungen dieser Art durchaus sachgerecht.

Auch die nach den Angaben des sachverständigen Biologen im Schreiben vom 3. April 2002 für die Beschaffung der Ersatzquartiere anfallenden Kosten in Höhe von 1 635,60 EUR zuzüglich Transportkosten sind angesichts der die Eigentumsgewährleistung einschränkenden naturschutzrechtlichen Situationsgebundenheit des Grundstücks und des Gebäudes als zumutbar anzusehen.

Soweit diese Kosten nunmehr um ein Vielfaches überschritten werden, weil die Fassade für den Einbau der 30 Fledermaus-Fassadenröhren mit einem bündig in die Fassade zu integrierenden Einbaustein erneut eingerüstet, geöffnet und verputzt werden muss, hat dies der Antragsteller zu vertreten, denn ihm war mit der Befreiung vom 11. Dezember 2001 aufgegeben worden, diese Arbeiten "im Zuge" der Bauarbeiten durchzuführen. In diesem Falle hätten sich die "naturschutzbedingten" Zusatzkosten auf die angegebenen Materialkosten beschränkt. Es ist das Risiko des Antragstellers, wenn er in Kenntnis der Auflage und deren bautechnischen Erfordernissen die Fassadensanierung abgeschlossen hat, ohne die Auflage zu erfüllen, sodass der nachträgliche Einbau der Fledermaus-Fassadenröhren einen erheblichen Mehraufwand erfordert. Diese vorhersehbaren, selbst verursachten Mehrkosten stellen die Verhältnismäßigkeit der Auflage nicht in Frage.

Die besondere Dringlichkeit der Vollziehung der Auflage noch vor der rechtskräftigen Entscheidung über die Klage folgt daraus, dass mit zunehmendem zeitlichen Abstand seit der Zerstörung der Fledermausquartiere die Aussicht geringer wird, dass sich die verdrängten Populationen in ihnen später angebotenen Ersatzquartieren wieder ansiedeln.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht auf § 20 Abs. 3, § 13 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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