Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin
Beschluss verkündet am 27.10.2004
Aktenzeichen: OVG 2 S 43.04
Rechtsgebiete: VwGO, BauO Bln, BauGB, BauNVO


Vorschriften:

VwGO § 80 Abs. 5
VwGO § 80 Abs. 5 Satz 1
VwGO § 80 a Abs. 3 Satz 2
BauO Bln § 6
BauO Bln § 6 Abs. 1 Satz 1
BauO Bln § 6 Abs. 2 Satz 2
BauO Bln § 6 Abs. 4
BauO Bln § 6 Abs. 4 Satz 3
BauO Bln § 6 Abs. 5 Satz 1
BauO Bln § 6 Abs. 5 Satz 4
BauO Bln § 6 Abs. 7 Satz 1
BauO Bln § 6 Abs. 7 Satz 3 Nr. 1
BauO Bln § 6 Abs. 7 Satz 5
BauO Bln § 8 Abs. 4 Satz 1
BauGB § 34 Abs. 1
BauGB § 136 Abs. 2
BauGB § 136 Abs. 3 Nr. 1
BauNVO § 17
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OVG 2 S 43.04

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Freitag, den Richter am Oberverwaltungsgericht Liermann und die Richterin am Oberverwaltungsgericht Dr. Broy-Bülow am 27. Oktober 2004 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 18. Mai 2004 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für die zweite Rechtsstufe auf 25 000 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 18. September 2003 für ein Bauvorhaben auf dem Grundstück in Berlin-Mitte. Sie ist Eigentümerin des Grundstücks in Berlin-Mitte. Auf diesem Grundstück steht ein 1922 errichtetes fünfgeschossiges Wohngebäude mit ausgebautem Dachgeschoss, bei dem die Traufhöhe bei 14,5 m, die Oberkante des Dachaufbaus bei circa 18,44 m und die gesamte Gebäudehöhe bei 21,92 m liegt.

Das Grundstück der Antragstellerin und das etwa 5 900 m² große Baugrundstück liegen im Geltungsbereich des am 16. März 2004 (GVBl. S. 120) festgesetzten Bebauungsplans I-39. Der Bebauungsplan umfasst den Baublock innerhalb der Straßen . Darin sind das Grundstück der Beigeladenen sowie die Grundstücke Friedrichstraße 132 bis 136 als Kerngebiet (MK) ausgewiesen; das nordöstlich des Baugrundstücks gelegene Grundstück der Antragstellerin, ebenso wie die Flächen entlang der , diejenigen entlang der und die Grundstücke sind als allgemeines Wohngebiet (WA) ausgewiesen; der südlich des Baugrundstücks ist als öffentliche Parkanlage festgesetzt; die östlich anschließenden Flächen weisen den Standort des Berliner Ensembles, Bereiche für eine Kindertagesstätte und eine Turnhalle aus. Das gesamte Plangebiet liegt darüber hinaus im Geltungsbereich der Verordnung über die Erhaltung der städtebaulichen Eigenart aufgrund der städtebaulichen Gestalt und zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung für das Gebiet "Friedrich-Wilhelm-Stadt".

Das der Beigeladenen - noch vor Festsetzung des Bebauungsplans - am 18. September 2003 durch den Antragsgegner bauaufsichtlich genehmigte Vorhaben auf dem seit dem Abriss des alten Friedrichstadtpalastes im Jahre 1985 unbebauten Grundstück besteht aus drei neungeschossigen Baukörpern, von denen zwei als Bürohäuser und eines für einen Appartementbetrieb genutzt werden sollen; die Baukörper sollen einschließlich des Dachbereichs mit einem aus rhombenförmigen Maschen mit 4,50 m breiten und 2,50 m hohen Metallverstrebungen geformten Metallgitter (Grid) überfangen werden.

Zwischen den Baukörpern sollen öffentlich zugängliche Wegführungen (Canyons) freigehalten werden; die Baukörper sollen ab dem sechsten Geschoss stufenweise bis zur Oberkante des neunten Obergeschosses mit einer Höhe von 30,61 m gestaffelt werden; die Geschossflächenzahl beträgt 4,99, die Grundflächenzahl 0,64. Durch Bescheid vom gleichen Tage wurde ferner eine Befreiung hinsichtlich des Übergreifens "der Abstandfläche um 0,20 m über die Mitte der öffentlichen Straße beziehungsweise übergreifend über die Mitte der öffentlichen Straße gemäß der im Amtlichen Lageplan grün gekennzeichneten Fläche der Gebäuderundung" sowie eine Befreiung vom Erfordernis einer Brandwand im Bauteil C erteilt. Nach der Auflage in der Anlage 4 Nr. 3 und 4 sind die von der Anlage ausgehenden Geräuschemissionen einschließlich des An- und Abfuhrverkehrs jeglicher Art, Verladearbeiten, interner Transporte und sonstigen geräuschverursachenden Aktivitäten derart zu begrenzen, dass für das allgemeine Wohngebiet entlang der Straße die Immissionsrichtwerte gemäß Punkt 6.1 der TA-Lärm von tags 55 dB(A) und nachts 40 dB(A) im Bereich der Anwohnerschaft nicht überschritten werden. Die dem Grundstück der Antragstellerin zugewandte massive Außenwand des Bauteils A des Vorhabens liegt circa 3,40 m hinter der Grundstücksgrenze und der Straßenbegrenzungslinie; im Bereich des Knicks der Straße gegenüber dem nicht im Eigentum der Antragstellerin stehenden, deren Grundstück aber vorgelagerten kleinen Flurstücks 193 rücken die Grundstücksgrenze und die Straßenbegrenzungslinie bis auf circa 1 m an die Gebäudeaußenwand heran; die Straße ist 11,75 m breit; das Grid hält von der Wand einen Abstand von 40 cm ein.

Gegen die Baugenehmigung und die bauordnungsrechtlichen Befreiungen hat die Antragstellerin unter Berufung auf eine Verletzung nachbarschützender Vorschriften Widerspruch eingelegt, über den noch nicht entschieden worden ist.

Den auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gerichteten Antrag der Antragstellerin hat das Verwaltungsgericht nach Durchführung einer Ortsbesichtigung durch den Beschluss vom 18. Mai 2004 mit der Begründung zurückgewiesen, bei summarischer Prüfung könnten weder eine Verletzung von Nachbarrechten der Antragstellerin durch Verstoß gegen bauordnungsrechtliche Vorschriften über die einzuhaltenden Abstandflächen und Brandschutzbestimmungen noch infolge eines Verstoßes gegen bauplanungsrechtliche Bestimmungen, insbesondere gegen das Gebot der Rücksichtnahme, festgestellt werden.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin, der der Antragsgegner und die Beigeladene mit Abweisungsanträgen entgegentreten.

Wegen der weiteren Sachdarstellung wird auf die Akten des Gerichts im vorliegenden Verfahren und die ein vorangegangenes vorläufiges Rechtsschutzverfahren und die gegen einen der Beigeladenen erteilten Vorbescheid erhobene Klage betreffenden Verwaltungsstreitverfahren (VG 19 A 185.03 = OVG 2 S 29.03 und VG 19 A 12.03) und die das Bauvorhaben der Beigeladenen sowie die das Bebauungsplanverfahren I-38 betreffenden Vorgänge Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Bei der nach § 80 a Abs. 3 Satz 2 in Verbindung mit § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vom Gericht vorzunehmenden Abwägung der gegenläufigen Interessen der Beteiligten kommt es entscheidend darauf an, ob das Rechtsmittel der Antragstellerin gegen die der Beigeladenen erteilten Baugenehmigung und Befreiung nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur möglichen summarischen Prüfung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit am Ende Erfolg haben wird. Das ist hier nach der vom beschließenden Senat aufgrund des Vorbringens der Beteiligten, der vorgelegten Verwaltungsvorgänge und der darin enthaltenen bildlichen Darstellungen gewonnenen Überzeugung nicht der Fall.

Auf eine Verletzung der in § 6 BauO Bln geregelten Abstandvorschriften - die ohnehin nach der Rechtsprechung des Senats nur hinsichtlich des den Nachbarn verletzenden Teils des genehmigten Bauvorhabens zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsmittels des Nachbarn führen könnten (vgl. den Beschluss vom 25. März 1993, BRS 55 Nr. 121 mit Nachweisen) - kann die Antragstellerin im Ergebnis ihr vorläufiges Rechtsschutzbegehren nicht stützen.

Zutreffend hat das Verwaltungsgericht darauf abgestellt, dass das der Beigeladenen genehmigte Gebäude mit seiner gegenüber dem Grundstück der Antragstellerin auf der anderen Straßenseite liegenden Außenwand gemäß § 6 Abs. 5 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 BauO Bln aufgrund der Lage zu einer öffentlichen Verkehrsfläche nur das Maß einer Abstandfläche von 0,5 H einhalten muss.

Soweit nach diesen Vorschriften die auf das Maß von 0,5 H reduzierten Abstandflächen auch auf öffentlichen Verkehrsflächen, jedoch nur bis zu deren Mitte, liegen dürfen, ist damit der Anwendungsbereich der Regelung nicht auf unmittelbar an die genannten öffentlichen Flächen angrenzende Gebäudeaußenwände beschränkt, sondern gilt nach dem erkennbaren Regelungsziel der Bestimmungen auch für die Außenwände von Gebäuden, die auf dem Baugrundstück zwar zurückgesetzt, aber der öffentlichen Verkehrsfläche zugewandt errichtet werden sollen. Diesem Normenverständnis steht nicht der aus der amtlichen Begründung zu entnehmende Wille des Gesetzgebers entgegen, in der es heißt (Abgh.-Drs. 12/5688, S. 7): "Außerdem wird die erforderliche Tiefe der Abstandfläche zu öffentlichen Verkehrsflächen von bisher 1 H auf 0,5 H reduziert. Damit soll dem bisherigen Widerspruch zwischen den städtebaulichen Gegebenheiten und der bauordnungsrechtlichen Abstandflächenregelung auf öffentlichem Straßenland insbesondere in innerstädtischen Bereichen mit Blockrandbebauung abgeholfen werden. Denn nach Abs. 2 können Abstandflächen auch auf öffentlichen Verkehrsflächen liegen, jedoch nur bis zu deren Mitte. Bei konsequenter Anwendung dieser Regelung würde dies in vielen Fällen ein deutliches Zurücktreten der Baukörper hinter den Baulinien oder Baugrenzen ergeben. Städtebaulich gewachsene Strukturen, wie z.B. die Blockrandbebauung, würden damit in Frage gestellt." Zwar ist der Antragstellerin einzuräumen, dass damit eine orts- und straßenbildgestalterische Tendenz der Regelung zum Ausdruck gebracht wird. Gleichwohl kann hieraus nicht die von der Antragstellerin vertretene enge Auslegung der Bestimmung hergeleitet werden, dass die Privilegierung des § 6 Abs. 5 Satz 1 BauO Bln für Gebäudeaußenwände zu öffentlichen Verkehrsflächen nur gelten soll, wenn diese unmittelbar an diese Flächen angrenzen und nicht auch eigene Grundstücksflächen mit in Anspruch nehmen. Denn neben der beispielhaft genannten Blockrandbebauung in Berlin kann zu den gewachsenen städtebaulichen Strukturen durchaus auch eine geschlossene Bebauung mit Vorgärten gerechnet werden. Überdies erfasst die Regelung nicht nur die Abstandflächen von Gebäudeaußenwänden auf Grundstücken, die an öffentlichen Straßen liegen, sondern auch Baugrundstücke, die an andere öffentliche Verkehrsflächen angrenzen, an die - wie etwa an Schienenwege - regelmäßig nicht unmittelbar angebaut werden kann.

Die von der Antragstellerin vertretene Auslegung der Vorschrift ist darüber hinaus auch prinzipiell mit deren Regelungsstruktur unvereinbar. Bei der abstandflächenrechtlichen Regelung des § 6 Abs. 2 Satz 2, Abs. 5 Satz 1 BauO Bln handelt es sich um eine die Grundstückseigentümer privilegierende Regelung, die es ihnen ermöglichen soll, dichter an die öffentlichen Verkehrs- und Grünflächen heranzubauen, die im allgemeinen unbebaut bleiben, so dass es deshalb nicht nötig ist, ihnen gegenüber die Einhaltung von Abstandflächen in gleichem Maße wie bei anderen Grundstücken zu verlangen. Hiervon wird wegen der flächensparenden Auswirkungen in aller Regel auch Gebrauch gemacht werden. Zugleich wird das in der zitierten amtlichen Begründung bezeichnete orts- und straßenbildliche Anliegen befördert. Eine zwingende rechtliche Verpflichtung, das Privileg zu nutzen und in dieser Weise zu bauen, enthält die Regelung dagegen nicht. Eine darüber hinausgehende rechtliche Bindung kann nur der Plangeber durch entsprechende Festsetzungen schaffen. Bestätigt wird die Sachgerechtigkeit dieser Auslegung im Übrigen auch durch die auf den Schutzzweck von Abstandflächen abstellende Kontrollerwägung des Verwaltungsgerichts, dass es zu sinnwidrigen Ergebnissen führen würde, wenn ein Bauherr, der im Interesse der gegenüberliegenden Nachbarbebauung sein Vorhaben hinter die Grundstücksgrenze zurücksetzt, schlechter gestellt wäre, als ein Bauherr, der sein Vorhaben direkt an der Straßengrenze plant. Die in dieser Weise bestimmte Reduzierung der Tiefe der Abstandfläche auf 0,5 H gilt für die gesamte vor der betreffenden Außenwand liegende Abstandfläche, d.h. sowohl für den Teil auf der Verkehrsfläche als auch für den auf dem Baugrundstück selbst. Dies folgt aus dem Wortlaut des § 6 Abs. 5 Satz 1 BauO Bln, der die Verringerung der Abstandflächen "zu" öffentlichen Verkehrsflächen vorschreibt.

Die nordöstlich gegenüber den Flurstücken liegende abgerundete Gebäudeecke des Bauteils A löst keine eigene Abstandfläche aus, weil sie nicht als abstandflächenrelevante Außenwand im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 BauO Bln zu qualifizieren ist, so dass es deshalb auch nicht der hierfür erteilten Befreiung bedurft hätte. Die Frage, welche oberirdisch errichteten Teile eines Gebäudes als Außenwände im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 BauO Bln einzustufen sind, ist auf der Grundlage einer den Zweck der Regelung und die Verkehrsauffassung berücksichtigenden wertenden Betrachtung des Grundrisses des betreffenden Gebäudes zu beantworten (vgl. für die Bestimmung des § 6 Abs. 6 BauO Bln den Beschluss des Senats vom 9. November 1999 - OVG 2 SN 25.99 -, BRS 62 Nr. 27). Dabei baut die Regelung auf dem traditionellen Grundtypus eines rechtwinkligen Gebäudegrundrisses mit geraden Außenwänden auf. Vor diesen sollen Abstandflächen von Bebauung freigehalten werden, während die durch das Aufeinandertreffen der Außenwände entstehenden dreieckigen Zwickelfelder mit den Gebäudeecken als Scheitelpunkten - im Gegensatz zu den Zusatzflächen nach der früheren Regelung des § 8 Abs. 4 Satz 1 BauO Bln 1979 - außerhalb der Abstandflächen liegen sollen, mithin insoweit abstandflächenrechtlich privilegiert sind (vgl. dazu Wilke/Dageförde/Knuth/Meyer, BauO Bln, 5. Aufl. 1999, § 6 Rdnr. 37 und Ortloff/ Korbmacher, Das Abstandflächenrecht der Berliner Bauordnung, 3. Aufl. 1999, Rdnr. 80 und Abb. 8). Dies gilt auch für die hier vorgesehene Ausgestaltung, bei der die Außenwände im Prinzip rechtwinklig aufeinandertreffen und lediglich zur Vermeidung einer scharfen Gebäudeecke aus gestalterischen Erwägungen eine Abrundung vorgenommen wird. In einem solchen Fall kann nach der Verkehrsauffassung unter Berücksichtigung der den Abstandflächen zugedachten Schutzfunktion gegenüber den Nachbargrundstücken nicht davon ausgegangen werden, dass es sich um eine in ihrem gesamten Verlauf Abstandflächen auslösende kurvig verlaufende Außenwand handelt (vgl. hierzu Beschluss des Senats vom 9. November 1999, a.a.O.). Vielmehr hebt das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang zu Recht hervor, dass der hier gewählte Verlauf der Gebäudeaußenwand im Eckbereich eher geringere Auswirkungen auf die durch das Abstandflächenrecht geschützten Belange hat, weil die Fläche der Gebäuderundung zurückgesetzt innerhalb des durch die gedachte Verlängerung der Außenwände zu einer spitzen Ecke gebildeten rechten Winkels liegt. Anderes gilt unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung und der Auswirkungen auf die Nachbargrundstücke, wenn der abgerundeten oder abgeflachten "Ecke" eines Gebäudes durch ihr gesondert zugeordnete Fenster, Türen oder Balkone eine eigenständige architektonische Funktion zugewiesen wird, wie sie im Berliner Stadtbild bei Altbauten häufig anzutreffen ist. Dies ist hier jedoch nicht der Fall.

Soweit das Verwaltungsgericht dem die Außenwände der drei Gebäude überfangenden Grid - einer Gitterstruktur mit 4,50 m breiten und 2,50 m hohen rhombenförmigen Maschen aus 5 cm dicken Metallverstrebungen - auf Grund seiner luft- und lichtdurchlässigen Ausgestaltung die abstandflächenrechtliche Relevanz abspricht, vermag der beschließende Senat dem im vorliegenden Verfahren nicht zu folgen.

Für eine abstandflächenrechtliche Privilegierung als vor die Außenwand vortretender Bauteil im Sinne von § 6 Abs. 7 Satz 1 BauO Bln erfüllt das Grid zwar das dafür konstitutive Merkmal, dass es nach der ihm zugewiesenen Funktion ausschließlich der architektonischen Gestaltung der Außenwände der überfangenen Gebäude dienen soll. Dem Grid fehlt jedoch die für die Privilegierung erforderliche weitere Voraussetzung einer quantitativen Unterordnung unter die Außenfassaden (vgl. zu diesen Kriterien die Urteile des Senats vom 22. Mai 1992, BRS 54 Nr. 97, und vom 21. August 1992, BRS 54 Nr. 93, und Beschluss vom 25. März 1993, BRS 55 Nr. 121, zur Relationsbetrachtung OVG Saar., Beschluss vom 14. Februar 2000, BRS 63 Nr. 146; Hbg. OVG, Urteil vom 21. Mai 2003, NVwZ-RR 2004, 637). Dies ergibt sich daraus, dass das Grid flächendeckend das gesamte Äußere der drei Bauteile des Gebäudekomplexes zusammenfassend überspannen soll. Allein mit dem Hinweis auf die weitmaschige Gitterstruktur kann diesem Einwand nicht begegnet werden. Auch wenn die dahinterliegende Fassade nach wie vor sichtbar bleiben wird, wird doch das Grid als solches für den Betrachter aus der Nähe und aus der Entfernung deutlich ins Auge fallen und das Erscheinungsbild des gesamten Gebäudekomplexes nachhaltig prägen. Dieser optische Effekt entspricht dem in der Baubeschreibung, in dem zwischen der Beigeladenen und dem Bezirk geschlossenen städtebaulichen Vertrag sowie in der Entwurfsbegründung zum Bebauungsplan I-39 formulierten gestalterischen Ziel der Anbringung des Grids, wonach die Verbindung der drei Baukörper des Vorhabens durch die umlaufende Fassadenstruktur dazu dienen soll, nach Außen die Wirkung eines in sich ruhenden Solitärs zu schaffen. Dass das Grid aufgrund seiner weitmaschigen Struktur den Zutritt von Tageslicht und Luft auf die benachbarten Grundstücke und Gebäude nur in geringerem Maße beeinträchtigt, als dies bei einer an der gleichen Stelle installierten geschlossenen Wandfläche der Fall wäre, schließt die Abstandflächenrelevanz des Grids nicht notwendig aus. Denn die Schutzwirkung der vorgeschriebenen Abstandflächen erschöpft sich nicht in der Sicherung der vom Gesetzgeber für erforderlich erachteten Belichtung und Belüftung der Nachbargrundstücke, sondern soll auch die Wahrung einer gewissen sozialen Distanz gegen ein als optisch beengend empfundenes zu großes Heranrücken der Bebauung an die Nachbargrundstücke garantieren.

Es erscheint nach den Darstellungen in den vorliegenden Akten unter Berücksichtigung der allgemeinen Lebenserfahrung durchaus wahrscheinlich, dass die außen angefügte Gitterstruktur auch aus der Nahsicht vom Grundstück der Beigeladenen her in diesem Sinne optisch den Eindruck einer Vorverlagerung der Außenwand vermitteln kann (vgl. auch Hbg. OVG, Urteil vom 21. Mai 2003, NVwZ-RR 2004, 637 f.). Das Grid nähert sich in seiner Beschaffenheit unter dem Aspekt der abstandflächenrechtlichen Belange damit einer flächendeckenden Verkleidung von Außenwänden, die gemäß § 6 Abs. 7 Satz 3 Nr. 1 BauO Bln nur für Zwecke der Energieeinsparung abweichend von den regulären Abstandflächen zugelassen werden könnten.

In noch stärkerem Maße gilt die erörterte Einschätzung der abstandflächenrechtlichen Auswirkungen des Grids für dessen den oberen Teil ab dem sechsten Geschoss und das gesamte Dach überspannenden Teil. Denn dort hat es - wie in den genannten Unterlagen ausdrücklich hervorgehoben wird - die Aufgabe, den stufenweise zurückgestaffelten Baukörper und die zerklüftete Dachstruktur mit ihren Aufbauten vereinheitlichend und optisch beruhigend durch Überdeckung zusammenzufassen, was nach den vorliegenden Planzeichnungen und den zu den Akten gereichten bildlichen Darstellungen auch aus der Perspektive des Grundstücks und der Fenster des Gebäudes der Antragstellerin ungeachtet der Lichtdurchlässigkeit der Konstruktion voraussichtlich das angestrebte Erscheinungsbild einer geschlossenen Dachoberfläche bewirken wird.

Wird hiernach bei summarischer Prüfung davon ausgegangen, dass das Grid nicht die ihm vom Verwaltungsgericht zugewiesene untergeordnete Funktion hat, und deshalb abstandflächenwirksam ist, so wäre die für die Tiefe der Abstandflächen maßgebende Wandhöhe nach den in § 6 Abs. 4 BauO Bln für Wände, Dächer und Dachteile getroffenen Regelung zu bestimmen. Hieraus folgt, dass der oberhalb einer Gebäudehöhe von 18,13 m ab dem sechsten Obergeschoss bis zu einer Gebäudehöhe von 28,33 m eine Neigung von circa 60 Grad aufweisende Teil dieser Dachüberdeckung durch das Grid nicht gemäß § 6 Abs. 4 Satz 3 BauO Bln entsprechend der Höhe der stufenweise zurückgestaffelten Wandteile zu ermitteln ist, sondern gemäß § 6 Abs. 7 Satz 5 BauO Bln mit einem Drittel seiner Höhe der senkrecht gemessenen Wandhöhe hinzuzurechnen ist, während der darüber hinaus bis zur Dachoberkante des neunten Obergeschosses eine Neigung von maximal 45 Grad aufweisende Teil nach der genannten Vorschrift unberücksichtigt bleiben müsste.

Die gegenüber dem Grundstück der Antragstellerin einzuhaltende Tiefe der Abstandfläche errechnet sich hiernach aus der mit 18,13 m anzusetzenden Traufhöhe der senkrechten Außenwand des Gebäudes bis zum sechsten Obergeschoss zuzüglich der mit einem Drittel anrechenbaren 60 Grad Dachüberdeckung durch das Grid im Bereich zwischen der Traufhöhe von 18,13 m und der Höhe von 28,33 m, mithin (10,2 : 3) 3,4 m, zusammen also 21,53 m. Das sich daraus ergebende Maß von 0,5 H, also 10,77 m, überschreitet zwar - gemessen von dem in einem Abstand von 0,4 m vor der 3,40 m hinter der Straßenbegrenzungslinie zurückgesetzten Gebäudewand angebrachten Grid - die im Abstand von 5,87 m verlaufende Mitte der 11,75 m breiten Straße um 1,90 m (10,77 m - 5,87 m - 3 m = 1,90 m). Gleichwohl kann sich die Antragstellerin insoweit nicht mit Erfolg auf eine Verletzung ihrer Nachbarrechte berufen. Dabei bedarf es keiner Klärung, ob dem von vornherein die ihrem Wortlaut nach hier anwendbare Vorschrift des § 6 Abs. 5 Satz 4 BauO Bln entgegensteht, wonach den Abstandflächen nach Satz 1 nur zur Hälfte ihres Maßes, mindestens jedoch zu drei Metern, nachbarschützende Wirkung zukommt, was vorliegend zu einer deutlich vor der Straßenmitte endenden schutzwürdigen Abstandfläche führen würde. Jedenfalls verstieße eine Berufung der Antragstellerin auf diese Überschreitung mit Rücksicht darauf, dass die einzuhaltende Abstandfläche des auf ihrem Grundstück befindlichen Gebäudes ihrerseits die Straßenmitte sogar um eine Tiefe von 2,90 m überschreitet, gegen den das öffentliche Nachbarrecht beherrschenden Grundsatz von Treu und Glauben. Wie der beschließende Senat seit der Grundsatzentscheidung vom 6. September 1994 (OVG 2 S 14.94, OVGE 21, S. 98 = BRS 56 Nr. 173) in ständiger Rechtsprechung (zuletzt Urteil vom 11. Februar 2003, BauR 2003, 770) entschieden hat, kann ein Grundstücksnachbar gegen die Verletzung abstandflächenrechtlicher Vorschriften Abwehrrechte grundsätzlich insoweit nicht geltend machen, als die Bebauung auf seinem Grundstück gegenüber dem Nachbargrundstück in vergleichbarem Umfang die nach dem geltenden Recht erforderlichen Abstandflächen nicht einhält. Für diese Beurteilung ist es unerheblich, ob sein Gebäude seinerzeit in Übereinstimmung mit baurechtlichen Bestimmungen errichtet worden ist oder Bestandsschutz genießt. Die Voraussetzungen, unter denen gegebenenfalls auch von diesem Grundsatz wiederum Ausnahmen in den Fällen zu machen sind, in denen die gegen das Abstandflächenrecht verstoßende neue Bebauung in gefahrenrechtlicher Hinsicht völlig untragbare Zustände schaffen würde (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18. November 2002, BRS 65 Nr. 193), sind hier offensichtlich nicht erfüllt.

Auf eine Verletzung Nachbarschutz gewährender planungsrechtlicher Vorschriften kann die Antragstellerin ihr vorläufiges Rechtsschutzbegehren ebenfalls nicht stützen. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist im vorliegenden Verfahren eine Rechtsverletzung der Antragstellerin bereits bei einer planungsrechtlichen Beurteilung nach Maßgabe der für das Bauvorhaben im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung anwendbaren Innenbereichsregelung des § 34 Abs. 1 BauGB nicht festzustellen, so dass es nicht darauf ankommt, ob eine sich etwa danach ergebende planungsrechtliche Unzulässigkeit des Vorhabens aufgrund der später in Kraft getretenen Festsetzungen des Bebauungsplans I-39 behoben worden ist oder ob dieser Bebauungsplan rechtsungültig ist.

Den den Maßstab für die bauliche Nutzbarkeit des Grundstücks bildenden Bereich der näheren Umgebung gemäß § 34 Abs. 1 BauGB hat das Verwaltungsgericht überzeugend mit den dem Grundstück gegenüberliegenden Häuserfronten der Straße einschließlich des S-Karree, dem B-Platz, dem daran angrenzenden Theater sowie der südwestlich des Grundstücks der Beigeladenen gelegene rückwärtige Bebauung der A-Straße umschrieben. Insbesondere wäre es - entgegen der Auffassung der Antragstellerin - nicht sachgerecht, den Bebauungskomplex des S-Karrees davon auszunehmen. Wenn dieses auch in seiner Nutzungsstruktur in erheblichem Umfang auf die F-Straße als einer großen innerstädtischen Geschäftsstraße und Verkehrsader hin ausgerichtet ist, kann dem S-Karree doch aufgrund seiner Lage in unmittelbarer Nähe des Baugrundstücks an der gegenüberliegenden Seite der ihrer Art und Funktion nach nicht trennend wirkenden Straße eine die städtebauliche Situation des Grundstücks am Z. hinsichtlich der Größe, Höhe und Dichte einer möglichen Bebauung prägende Wirkung nicht ernsthaft abgesprochen werden. In der dort vorhandenen Gemengelage unterschiedlicher, sowohl Wohnen als auch Gewerbe sowie kulturelle und soziale Zwecke einschließenden Nutzungsformen fügt sich die für das Bauvorhaben vorgesehene Büro- und Wohnnutzung der Art nach ohne weiteres ein. Ob sich das Vorhaben auch hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung dort einfügt, kann mit dem Verwaltungsgericht im Ergebnis offen bleiben, obgleich bereits viel dafür spricht, dass sich das Bauvorhaben - auch wenn von einer nachwirkenden Prägung des Baugrundstücks und der näheren Umgebung durch das Bauvolumen und die Höhe des 1985 abgerissenen alten F-Palastes abgesehen wird - nach Umfang, Höhe und baulicher Verdichtung dort unter Berücksichtigung des vorhandenen baulichen Bestandes, namentlich auch der ebenfalls über 30 m hohen und dichten Bebauung des S-Karrees, einfügen wird. Jedenfalls sind insoweit die Voraussetzungen einer die einstweilige Verhinderung der Errichtung des Vorhabens rechtfertigenden, die Antragstellerin als Grundstücksnachbarin qualifiziert treffenden Rechtsverletzung nicht festzustellen. Eine solche Rechtsverletzung kann sich im Falle einer Überschreitung der nicht unmittelbar nachbarschützenden planungsrechtlichen Vorschrift über die zulässigen Nutzungsmaße nur aus einer Verletzung des Rücksichtnahmegebotes ergeben. Dabei macht es für den Eintritt einer rücksichtslosen Verletzung der Rechte eines Grundstückseigentümers durch ein Bauvorhaben keinen entscheidenden Unterschied, ob dieses ein durch Bebauungsplan festgesetztes höchstzulässiges Nutzungsmaß überschreitet, oder ob es sich in einem unbeplanten Innenbereich insoweit nicht in die tatsächlich vorhandene Bebauung der näheren Umgebung gemäß § 34 Abs. 1 BauGB einfügt; es gelten hier wie dort für die Bejahung eines Rücksichtnahmeverstoßes inhaltlich die gleichen Kriterien, wonach ein durch die Überschreitung konkret betroffener Grundstückseigentümer unter Berücksichtigung der gesamten Situation und nach Abwägung der schutzwürdigen Belange der beteiligten Grundstücke unzumutbar beeinträchtigt sein muss (vgl. die Rechtsprechungsnachweise bei Dürr, Kohlhammer-Kommentar zum BauGB, Stand: Dezember 2002, § 34 Rdnr. 150, 151, ferner Dürr/Korbmacher, Baurecht für Berlin, 2. Aufl. 2001, Rdnr. 342). Hieraus folgt, dass ein Bauvorhaben, das sich hinsichtlich der zulässigen Nutzungsmaße nicht in jeder Beziehung im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB in die nähere Umgebung einfügt, nicht schon wegen dieser objektiven Planungsrechtswidrigkeit gegenüber anderen Grundstücken rücksichtslos ist, auf die sich die Überschreitung in irgend einer Weise tatsächlich negativ auswirkt. Vielmehr muss es sich um eine derjenigen Ausnahmesituationen handeln, in denen die Verletzung der nicht primär nachbarschützenden Vorschrift im konkreten Fall den Grad der Unzumutbarkeit, also einer billigerweise nicht mehr hinnehmbaren Verschlechterung der Situation des betroffenen Grundstücksnachbarn, erreicht. Das kann jedoch im Rahmen des vorliegenden Rechtsschutzverfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO nicht mit der erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit prognostiziert werden.

Was die durch das Bauvorhaben der Beigeladenen für das Grundstück der Antragstellerin etwa zu erwartenden Beeinträchtigungen des Zutritts von Tageslicht und Luft anbelangt, kann hier allerdings nicht auf die Erwägung zurückgegriffen werden, dass bei Einhaltung der bauordnungsrechtlichen Abstandflächenregelungen die Wahrung dieser nachbarlichen Schutzbelange grundsätzlich als gewährleistet angesehen werden kann und deshalb eine Verletzung des planungsrechtlichen Gebots der Rücksichtnahme darüber hinaus im Regelfall nicht gegeben sein wird (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 11. Januar 1999, DVBl. 1999, S. 786 und vom 6. Dezember 1996, NVwZ-RR 1997, S. 516). Denn - wie ausgeführt - bei Einbeziehung des Grids überschreitet die Abstandfläche des Bauteils A die zulässige Tiefe um bis zu 1,90 m gegenüber dem Grundstück der Antragstellerin. Andererseits folgt aus einem derartigen Verstoß gegen Abstandsregelungen nicht zwangsläufig auch eine rücksichtslose Beeinträchtigung des Grundstücks der Antragstellerin und ein entsprechendes Abwehrrecht gegen das Bauvorhaben. Denn aufgrund der hier gegebenen konkreten städtebaulichen Situation und der vorgesehenen Beschaffenheit des Gebäudes ist gleichwohl die Annahme gerechtfertigt, dass den genannten Nachbarbelangen in ausreichendem Maße Rechnung getragen wird und die - in § 136 Abs. 2 und 3 Nr. 1 BauGB näher umschriebenen - allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse gewahrt bleiben werden. Dies wird vor allem durch die von der Beigeladenen vorgelegten, auf Computersimulationen beruhenden Verschattungsstudie glaubhaft gemacht, nach der mit Ausnahme des gewerblich genutzten Erdgeschossbereichs für die Fassade des Grundstücks der Antragstellerin während der Tag- und Nachtgleiche am 2. März und 21. September eine direkte Besonnung von mindestens zwei Stunden sichergestellt ist, während im Erdgeschoss die direkte Besonnung noch immer etwa eine Stunde und 50 Minuten beträgt. Der Einwand der Antragstellerin, diese Belichtung ihres Gebäudes sei so gering, dass gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse nicht gewährleistet seien, ist nicht weiter substanziiert und vermag angesichts der zentralen Innenstadtlage dieses Bereichs, die eine erhöhte bauliche Verdichtung und dementsprechend geringere Anforderungen und Erwartungen an eine direkte Besonnung der Wohnräume bedingt, nicht zu überzeugen. Es kommt hinzu, dass die vorgelegte Simulation noch von einem 32,5 m gegenüber nunmehr genehmigten 30,61 m hohen Gebäude sowie von einer durch das Grid geschaffenen geschlossenen Wandfläche ausgeht und dass - wie ausgeführt - eine Außenwandwirkung des Grids weniger wegen dessen in gewissem Umfang licht- und luftdurchlässigen Konstruktion als vielmehr hauptsächlich im Hinblick auf den dadurch bewirkten optischen Eindruck des flächenhaften Vortretens als abstandflächenrelevante Außenwand eingestuft werden könnte. Der dadurch in erster Linie berührte Schutzzweck der Wahrung eines sozialen Abstands hat bei den zu öffentlichen Verkehrsflächen einzuhaltenden Abstandflächen ohnehin ein wesentlich geringeres Gewicht als bei den zu den seitlichen Grundstücksnachbar vorgeschriebenen Abständen. Unter Berücksichtigung dieser spezifischen Gegebenheiten könnten daher auch in einem Bebauungsplan entsprechend geringere Abstandflächentiefen durchaus abwägungsfehlerfrei festgesetzt werden. Überdies fällt zu Lasten eines möglichen Abwehrrechts der Antragstellerin auch in diesem Zusammenhang der bereits erörterte, aus dem Grundsatz von Treu und Glauben im Nachbarschaftsverhältnis hergeleitete Einwand ins Gewicht, dass die Abstandfläche ihres Gebäudes ebenfalls die Straßenmitte deutlich überschreitet.

Angesichts der in dieser Weise beschaffenen örtlichen Situation der vorgesehenen und der bestehenden Bebauung auf den Grundstücken der Beigeladenen und der Antragstellerin hat das Verwaltungsgericht überzeugend die Gefahr der Entstehung einer von der Antragstellerin befürchteten "erdrückenden Wirkung" des genehmigten Gebäudes auf das Grundstück der Antragstellerin ausgeschlossen. Danach ist hier keine der in der Rechtsprechung und Literatur diskutierten und anerkannten Ausnahmekonstellationen gegeben, bei denen von einer geradezu erdrückenden oder einmauernden Wirkung eines Gebäudes auf ein benachbartes Grundstück gesprochen werden kann, wobei der beschließende Senat diese Einschätzung anhand der in den Akten befindlichen Daten, Plänen und Darstellungen nachvollziehen kann, ohne dass es dafür noch einer erneuten Ortsbesichtigung bedurft hätte. Insbesondere kommt es für diese Einschätzung auf eine Überschreitung der für die Bauleitplanung in § 17 BauNVO vorgegebenen höchstzulässigen Nutzungsmaße nicht an. Soweit die Antragstellerin auf die sein rund 21 m hohes Wohngebäude mit einer Gebäudehöhe bis zu 30,61 m (Oberkante neuntes Geschoss) überragenden Gebäudekomplex der Beigeladenen hinweist, berücksichtigt sie nach wie vor nicht hinreichend den Umstand, dass das genehmigte Vorhaben ab dem sechsten Obergeschoss stufenweise zurückgesetzt, wenn auch durch das Grid überfangen, errichtet werden soll, wodurch der optische Eindruck der Massivität des Gebäudes sowohl aus der Betrachtungsperspektive der Straße vor dem Grundstück der Antragstellerin als auch aus derjenigen eines Fensters in einem der Obergeschosse des darauf stehenden Wohngebäudes wesentlich zurückgedrängt wird. Die Baumasse des durch das Grid zudem zusammengefassten Gebäudekomplexes kann aufgrund der Lage des Grundstücks der Antragstellerin gegenüber der nordöstlichen Ecke des Bauteils A von den Bewohnern und Nutzern des Wohngebäudes ohnehin nicht in ihrer Größe und Massivität erfasst werden. Die von der Antragstellerin geäußerte Befürchtung, ihr Grundstück werde namentlich auch wegen des aus der Nahsicht als ein "geradezu erschlagendes Stahlträgergewirr" wirkenden Grids in eine Art "Gefängnishofsituation" eingemauert, ist angesichts des zwischen den Gebäuden noch immer bestehenden Abstands von mehr als 14 m, der dargestellten Belichtungssituation und der großmaschigen Struktur der Gitterkonstruktion wenig realistisch.

Dem Verwaltungsgericht ist auch darin zu folgen, dass die mit der bestimmungs-mäßigen Nutzung des Bauvorhabens einhergehenden Erhöhung des Verkehrsaufkommens voraussichtlich nicht zu einer das Gebot der Rücksichtnahme verletzenden unzumutbaren Lärmbeeinträchtigung des Grundstücks der Antragstellerin führen wird. Insoweit ist es auf der Grundlage der im Bebauungsplanverfahren im Auftrag der Beigeladenen erstellten Gutachten (Aktualisierte Berechnung zum Schalleintrag entlang der Straße , Bericht Nr. 148 195/4 vom 24. Juli 2003 der Firma und Untersuchung zur verkehrlichen Erschließung vom 29. April 2003 der ) zu dem Ergebnis gelangt, dass eine relevante Überschreitung der hier gemäß Nr. 7.4 Abs. 2 TA-Lärm als maßgebende Orientierungswerte heranzuziehenden gebietsspezifischen Lärmgrenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung, 16. BImSchV (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 24.10.2003, BauR 2004, S. 472 ff.) nicht eintreten kann. Diese Feststellungen werden durch das Beschwerdevorbringen der Antragstellerin nicht in Frage gestellt. Das gilt namentlich für das der prognostischen Ermittlung des durchschnittlichen künftigen Verkehrsaufkommens zugrunde gelegte "Modal Split" von 80 zu 20 für das Verhältnis zwischen öffentlichem Nahverkehr und motorisiertem Individualverkehr, den die Gutachter plausibel mit den Besonderheiten der verkehrlichen Bedingungen und Bedürfnissen in diesem Bereich erläutert haben und dessen Sachgerechtigkeit die Antragstellerin nicht mit der bloßen Behauptung bezweifeln kann, diese gegenüber den Verhältnissen im gesamten Stadtgebiet angenommene Reduzierung um mehr als die Hälfte von 40 % auf 14 % sei "rechtfertigungsbedürftig". Auch die vom Verwaltungsgericht im Rahmen der voraussichtlichen Erhöhung der Lärmpegel angeführten Werte beanstandet die Antragstellerin im Ergebnis zu Unrecht. Auch bei Ansatz der von der Antragstellerin genannten Lärmwerte werden die Grenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung für Wohngebiete (tags 59 dB(A), nachts 49 dB(A) und damit die Zumutbarkeitsgrenze nicht überschritten. Das gilt umso mehr, als wegen des Aufeinandertreffens von Wohngebietsnutzung mit weniger schützwürdiger kerngebiets- und mischgebietstypischer Nutzung in diesem Bereich an sich ein über den Werten für Wohngebiete liegender Zwischenwert angesetzt werden müsste. Selbst wenn die derartigen Prognosen grundsätzlich anhaftenden Unsicherheiten berücksichtigt werden und sich später die ermittelten Lärmwerte nicht immer einhalten ließen, könnte dies im Hinblick auf die zur Verfügung stehenden verkehrslenkenden Maßnahmen eine Verhinderung des gesamten Bauvorhabens nicht rechtfertigen.

Soweit die Antragstellerin schließlich ohne nähere Erläuterungen und Ausführungen eine durch das verstärkte Verkehrsaufkommen verursachte erhöhte Luftverschmutzung geltend macht, sind damit keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass hierdurch aus Gründen des Gesundheitsschutzes nicht hinnehmbare Zustände in diesem Bereich eintreten werden.

Die Nebenentscheidungen folgen aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO sowie aus § 53 Abs. 3 Nr. 2, § 52 Abs. 1, § 72 Nr. 1 GKG n.F.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.

Ende der Entscheidung

Zurück