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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin
Urteil verkündet am 18.11.2003
Aktenzeichen: OVG 4 B 7.03
Rechtsgebiete: LSAG, LWahlG, LAbgG


Vorschriften:

LSAG § 2 Abs. 1 in Verbindung mit Anlage 1 Nr. 1
LWahlG § 26 Abs. 1
LWahlG § 26 Abs. 1 Nr. 1
LWahlG § 26 Abs. 3
LAbgG § 28 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OVG 4 B 7.03

Im Namen des Volkes Urteil

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 4. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin auf die mündliche Verhandlung vom 18. November 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Günther, die Richter am Oberverwaltungsgericht Nebe und Lehmkuhl sowie den ehrenamtlichen Richter Warszus und die ehrenamtliche Richterin Behling

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der 1949 geborene Kläger trat 1977 als Assessor des Lehramts für die Fächer Musik und Sport in den Schuldienst des Bezirks Neukölln von Berlin und wurde am 17. April 1985 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zum Studienrat ernannt.

Auf Grund des durch Artikel I, § 2 Abs. 1 in Verbindung mit Anlage 1 Nr. 1 des Gesetzes über die Neuorganisation der Schulaufsicht und die Errichtung eines Landesschulamts in Berlin vom 26. Januar 1995 (GVBl. S. 26) - LSAG - angeordneten Personalübergangs wurde der Kläger am 1. Februar 1995 Dienstkraft des als nachgeordnete Einrichtung der Hauptverwaltung errichteten Landesschulamts (Art. I, § 1 Abs. 1, Art. XII LSAG).

Seit Januar 1989 ist der Kläger Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin. Damals blieb er neben dem Mandat unter Ermäßigung seiner Pflichtstundenzahl als Lehrer tätig. Nachdem er am 11. November 1995 erneut ein Mandat als Mitglied des Abgeordnetenhauses angenommen hatte, beschied ihn das Landesschulamt am 11. Januar 1996 dahin, er scheide (nach § 26 Abs. 1 Nr. 1 LWahlG i.V.m. § 28 Abs. 1 LAbgG) aus der beruflichen Funktion aus. Seinen hiergegen gerichteten Widerspruch wies die Senatsverwaltung für Schule, Jugend und Sport mit Widerspruchsbescheid vom 23. Mai 1996 zurück.

Seine gegen jene Bescheide gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht durch Urteil vom 10. Juli 2001 abgewiesen: Sie entsprächen den gesetzlichen Vorschriften, die ihrerseits höherrangiges Recht nicht verletzten.

Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Senat durch am 10. Juni 2003 zugestellten Beschluss zugelassene Berufung, die die Prozessbevollmächtigte des Klägers durch am 10. Juli 2003 eingegangenen Schriftsatz (später ergänzt) begründet hat: Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei sein Amt nicht gemäß § 26 Abs. 1 Nr. 1 LWahlG mit der Wahrnehmung eines Abgeordnetenmandats unvereinbar. Die Vorschrift sei verfassungskonform dahin auszulegen, dass sein Amt nicht inkompatibel sei. Sie fuße auf Artikel 137 Abs. 1 GG, der dem einfachen Gesetzgeber ermöglichen wolle, die organisatorisch-funktionelle Gewaltenteilung im Verhältnis zwischen Legislative einerseits und Exekutive und Judikative andererseits durch personelle Inkompatibilitäten zu unterfüttern. Da derartige Regelungen das gleiche passive Wahlrecht einschränkten, seien sie auch hieran zu messen. Schon früh habe das BVerfG ausgesprochen, bei Lehrern komme es mangels bedeutsamer Verwaltungsaufgaben in der Regel nicht zu einer die Inkompatibilität rechtfertigenden Interessenkollision. Bis in die jüngste Zeit habe sich das Gericht auf den Standpunkt gestellt, dass die Anordnung von Inkompatibilität als sachgerechte Ausgestaltung des passiven Wahlrechts von der Ermächtigung des Artikels 137 Abs. 1 GG nur dann gedeckt werde, wenn sie ausschließlich gewählte Bewerber betreffe, deren berufliche Stellung die Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit von Interessen- und Entscheidungskonflikten nahe lege. - Das Berliner Regelungsmodell enthalte einen Wertungswiderpruch. Während Beamte der Bezirksämter mit quasi-ministerialen Leitungsaufgaben in der Bezirksverwaltung ihr Amt unbeschadet des Abgeordnetenmandats fortführen dürften, sei dies den Lehrern einer Schule versagt; während Professoren z.B. als Abgeordnete im Wissenschaftsausschuss mitwirken könnten, solle das Amt der Lehrer wegen Gefahr einer Interessenkollision ruhen. Ohne verfassungskonforme Auslegung würde dieses Regelungsmodell verfassungswidrig sein. Gegenstand der Hauptverwaltung seien Agenden gesamtstädtischer Bedeutung, insbesondere Leitungsaufgaben (Planung, Grundsatzangelegenheiten, Steuerung, Aufsicht), Polizei-/Justiz- und Steuerverwaltung sowie einzelne andere, zwingend der Wahrnehmung in unmittelbarer Regierungsverantwortung bedürfende Aufgabenbereiche. Dies treffe auf Pflichten, Befugnisse eines Lehrers nicht zu. Sie seien nicht typische Beamte der Hauptverwaltung, fielen nicht unter die Inkompatibilitätsnorm, die mit der gewählten Umschreibung "unmittelbare Landesbeamte der Hauptverwaltung" zu erkennen gebe, dass der Gesetzgeber den Kreis der unmittelbaren Landesbeamten im Hinblick auf die Inkompatibilität habe einschränken und zumindest untypische Beamtengruppen von jener ausnehmen wollen. Wenn Zweck der Vorschrift (im Lichte der Ermächtigung) sei zu verhindern, dass Mitglieder des Parlaments als Kontrolleure der Verwaltung sich selbst kontrollierten, so sei dieser verfehlt, wenn Lehrer als Abgeordnete ihr Amt nicht mehr wahrnehmen dürften. Ihr durch pädagogische Aufgaben geprägtes Tätigkeitsfeld sei für eine parlamentarische Einflussnahme nicht geeignet. Gefahr rechtsstaatsgefährdender Gewaltendurchmischung bestehe nicht. Wenn der Gesetzgeber die Anwendung des § 26 Abs. 1 LWahlG auf hauptberufliche Professoren ausschließe, so lege dies den Schluss nahe, dass er den Wertungswiderspruch übersehen habe, der darin liege, dass Lehrer in weit geringerem Ausmaß Verwaltungsfunktionen wahrnähmen als Hochschullehrer. Sie ungleich zu behandeln, entbehre des hierfür im Hinblick auf die Beeinträchtigung des passiven Wahlrechts erforderlichen besonderen rechtfertigenden Grundes, der Artikel 137 Abs. 1 GG nicht entnommen werden könne.

Der Kläger beantragt,

unter Änderung des angefochtenen Urteils den Bescheid des Landesschulamts Berlin vom 11. Januar 1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides der Senatsverwaltung für Schule, Jugend und Sport vom 23. Mai 1996 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für richtig und seine Bescheide für rechtmäßig: Sie fänden ihre Rechtsgrundlage in § 26 Abs. 1 Nr. 1 LWahlG in Verbindung mit § 28 Abs. 1 LAbgG. Der Wortlaut dieser Vorschriften sei eindeutig und lasse keinen Raum für die vom Kläger erstrebte verfassungskonforme Auslegung. Für die von ihm für nötig gehaltene verfassungskonforme Auslegung bestehe zudem kein Bedürfnis, da die Inkompatibilitätsregelung mit höherrangigem Recht in Einklang stehe. Die Tätigkeit eines Lehrers sei auch von Exekutivbefugnissen maßgeblich geprägt (Notenerteilung; Mitwirkung an Entscheidungen über Versetzung, Aufnahme in die gymnasiale Oberstufe, Verlassenmüssen des Schulzweigs).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akten sowie die den Kläger betreffende Personalakte (2 Bände) und den Widerspruchsvorgang verwiesen, die vorgelegen haben und deren Inhalt - soweit wesentlich - Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Die in ihnen festgestellte Rechtsfolge war eingetreten.

Der Kläger war mit Annahme der Wahl zum Mitglied des Abgeordnetenhauses aus seiner Funktion als Studienrat ausgeschieden.

1. Nach § 28 Abs. 1 LAbgG vom 21. Juli 1978 (GVBl. S. 1497) scheidet ein in das Abgeordnetenhaus gewählter Beamter mit dem Tage des Erwerbs der Mitgliedschaft (§ 5 Abs. 2 LWahlG vom 25. September 1987 [GVBl. S. 2370]) aus seinem Amt, ruhen seine Rechte und (im Wesentlichen) Pflichten aus dem Dienstverhältnis, wenn sein Amt nach den Vorschriften des LWahlG mit dem Mandat unvereinbar ist (§ 27 LAbgG). Dies ist (u.a.) für unmittelbare Landesbeamte (mit Dienstbezügen) in der Hauptverwaltung der Fall (§ 26 Abs. 1 Nr. 1 LWahlG).

Das LWahlG knüpft allein an die beamten- und organisationrechtliche Zuordnung. Sein Text ist eindeutig, lässt keinen Raum für relativierende, etwa Lehrer von der getroffenen Regelung ausnehmende Interpretation, was übrigens (sofern sie erforderlich sein sollte) verfassungskonforme Auslegung prinzipiell hinderte (BVerfGE 71, 81 [105], st. Rspr.).

Studienräte sind unmittelbare Landesbeamte der Hauptverwaltung. Sie stehen in einem Beamtenverhältnis zum Land Berlin (§ 2 Abs. 1 LBG) und haben dieses zum Dienstherrn (§ 2 Abs. 2 Satz 1 LBG). Als Personal des Landesschulamtes, das nachgeordnete Behörde und damit Teil der Hauptverwaltung (§ 2 Abs. 2 AZG, § 1 Abs. 1 LSAG) war, zählten sie zu deren Beamten. Zwischen "typischen" und "nicht typischen" Beamten der Hauptverwaltung unterscheidet § 26 Abs. 1 Nr. 1 LWahlG nicht. Für solche Differenzierung lässt sich (anders als die Berufung meint) selbst den Vorschriften des LSAG nichts entnehmen. Grund der darin angeordneten Überleitung der an den Schulen tätigen Lehrkräfte auf das Landesschulamt war nicht etwa, dass Lehrer "nicht typische Verwaltungsbeamte" sind, an sich nicht zur Hauptverwaltung gehören; der Personalüberleitung bedurfte es allein zur Verwirklichung des Gesetzeszwecks, die bisher bei den Bezirksämtern liegende Personalverwaltung für u.a. die Lehrkräfte an den Schulen im Landesschulamt zusammenzufassen (§ 1 Abs. 5 Satz 1 LSAG), sie zu Dienstkräften der Hauptverwaltung zu machen.

Der Wortlaut des § 26 Abs. 1 Nr. 1 LWahlG entspricht dessen Sinn und Zweck, in klarer generalisierender Abgrenzung zwecks Ausschlusses denkbarer Interessenkollisionen das Mandat im Abgeordnetenhaus von Verwaltungstätigkeit innerhalb der unmittelbarer parlamentarischer Kontrolle unterliegenden Hauptverwaltung zu trennen.

Dieses Normverständnis, Lehrer von der Inkompatibilität nicht auszunehmen, wird durch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift bestätigt: Bereits das LWahlG vom 4. August 1954 (GVBl. S. 471) sah entsprechende Inkompatibilität vor. Es ordnete sie grundsätzlich u.a. für alle unmittelbaren Landesbeamten an (§ 20 Abs. 1 Satz 1), um hiervon (Exemtion: Lehrer) u.a. die Beamten der Bezirksverwaltungen auszunehmen (§ 20 Abs. 5). Bei dieser Regelung war sich der Gesetzgeber bewusst, dass Lehrer Dienstkräfte der Bezirksverwaltungen waren, wollte sie jedoch im Hinblick auf den Gesetzeszweck (Interessenkollisionen zu verhindern) wegen der ihnen, den Lehrern gegenüber bestehenden Weisungs- und Aufsichtsbefugnisse der Hauptverwaltung deren Bediensteten gleichstellen (vgl. AbgH Sten. Ber., I. Wahlperiode 106. Sitzung, S. 593, 597; 107. Sitzung, S. 655, 656 f.). In der Sache gleich verfuhr nach neuerlicher Erörterung der Lehrerproblematik (AbgH Sten. Ber., II. Wahlperiode, 80. Sitzung, S. 163) das LWahlG vom 28. März 1958 (GVBl. S. 305). Die von ihrer dienstrechtlichen Zugehörigkeit zu den Bezirksverwaltungen absehende wahlgesetzliche Gleichstellung der Lehrkräfte mit Bediensteten in der Hauptverwaltung wurde erst durch das Zweite Gesetz zur Änderung des LWahlG vom 25. Februar 1965 (GVBl. S. 313) beseitigt, um für alle Dienstkräfte an die dienstbehördliche Zuordnung anzuknüpfen (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs, AbgH.-Drs. IV. Wahlperiode, Nr. 652 S. 3 [Nr. 2]; AbgH Sten. Ber., IV. Wahlperiode, 37. Sitzung, S. 499 ff.; 47. Sitzung, S. 52, 53 f.). Dass die Inkompatibilitätsregelung strikt, Lehrer eingeschlossen, die Zuordnung der Dienstkräfte zur Hauptverwaltung maßgebend sein lässt, erhellt auch die durch das LSAG (Art. XI) in das Landeswahlgesetz eingefügte Übergangsregelung (nach der § 26 Abs. 1 LWahlG nur befristet bis zum Ende der laufenden Wahlperiode auf die aus einem Bezirk zum Landesschulamt übergeleiteten Beamten und Angestellten nicht anwendbar ist).

2. Die Vorschrift hält sich im Rahmen der grundgesetzlichen wie der landesverfassungsrechtlichen Ermächtigung (Art. 137 Abs. 1 GG, Art. 39 Abs. 5 VvB), verstößt auch sonst nicht gegen höherrangiges Recht.

2.1. Artikel 137 Abs. 1 GG ermächtigt (ebenso Artikel 39 Abs. 5 VvB), die Wählbarkeit u.a. von Beamten gesetzlich zu beschränken; der Bund wie die Länder dürfen durch Gesetz das prinzipiell formal, egalitär zu verstehende Recht auf gleiche Wählbarkeit (vgl. dazu BVerfGE 40, 296 [318]; 57, 43 [56 f.] m. Nachw.), auf Länderebene durch Artikel 28 Abs. 1 Satz 2 GG (in Berlin durch Artikel 39 Abs. 4 VvB) gewährleistet, gestalten, es beschränken.

Studienräte sind Beamte im Sinne des Artikels 137 Abs. 1 GG.

Wer Beamter ist, bestimmt sich (auch hier) grundsätzlich nach (allgemeinem) Beamtenrecht (BVerfGE 57, 43 [59 f.] m. Nachw.), also dem Landesbeamtengesetz (§ 2 Abs. 1) und den dieses ergänzenden beamtenrechtlichen Bestimmungen (§§ 1 Satz 1, 2 Abs. 4 Nr. 4 LfbG, 10 SchulLVO). Damit steht zwar noch nicht abschließend fest, ob Studienräte Beamte auch im Sinne des Artikels 137 Abs. 1 GG sind, doch trägt dessen an seinem Zweck orientierte Auslegung (BVerfGE 57, 43 [61 f.]), die Gruppe als umfasst zu werten.

Die Norm will die organisatorische Gewaltenteilung gegen Gefahren sichern, die durch Personalunion zwischen Exekutivamt und Abgeordnetenmandat entstehen können; insbesondere sollen Verwaltungsbeamte nicht derjenigen Vertretungskörperschaft angehören, der die Kontrolle über ihre Behörde obliegt (BVerfGE 12, 73 [77]; 18, 172 [183]; 38, 326 [338 f.]; 48, 64 [82]). Anders formuliert, die Ermächtigung ermöglicht zu verhindern, dass Mandatsträger einem Parlament angehören, die in ihrer beruflichen Funktion der Kontrolle dieses Parlaments unterliegen (BVerfGE 98, 145 [156]). Im relevanten, potenziellen Konflikt stehen auch Studienräte. Wie andere Beamte unterstehen sie in ihrer Amtstätigkeit der Dienstaufsicht sowie der fachlichen und rechtlichen Aufsicht, welche hier der für das Schulwesen zuständigen Senatsverwaltung obliegen (Schulaufsicht: §§ 9 SchulVerfG, 5 Abs. 1 bis 3 SchulG), die ihrerseits der parlamentarischen Kontrolle unterworfen ist. - Entspricht die Regelung dem Art. 137 Abs. 1 GG, bedarf es keines besonderen zwingenden rechtfertigenden Grundes (BVerfGE 38, 326 [340], in früheren Entscheidungen [BVerfGE 12, 73 <78>; 18, 172 <182> offen gelassen]). - Daraus, dass Lehrer, die hoheitlich tätig werden (zutreffende, h.M. [vgl. zuletzt Manssen ZBR 1999, 253 ff.; s. auch Summer ZBR 2003, 365, 371]), möglicherweise weniger stark oder weniger häufig hier relevanten Interessen- und Entscheidungskonflikten ausgesetzt sein könnten (dies träfe auch auf andere Beamte der Hauptverwaltung zu, z.B. das weite Feld des mittleren und gehobenen Dienstes) als andere Beamtengruppen, folgt nichts. Der Gesetzgeber ist zu (unterschiedlich hoher Wahrscheinlichkeit von Konflikten Rechnung tragender) differenzierender Regelung nicht verpflichtet. Ihm ist vielmehr wegen der Schwierigkeit der Abgrenzung ein Einschätzungsspielraum bei der Bestimmung der von der Inkompatibilität betroffenen beruflichen Stellungen zuzugestehen. Insbesondere kann er die Ermächtigung des Artikels 137 Abs. 1 GG durch generalisierende Tatbestände ausschöpfen, die an die Wahrscheinlichkeit einer Konfliktlage anknüpfen (BVerfGE 98, 145 [161] m. Nachw.).

Abweichendes folgt nicht etwa daraus, dass Länder unterschiedliche Inkompatibilitäten festgelegt haben, andere Regelungen für erforderlich, zweckgerecht gehalten haben als der Berliner Gesetzgeber. Schon da Artikel 137 Abs. 1 GG nur eine Ermächtigung enthält, die Adressaten nicht zwingt, sie auszuschöpfen (BVerfGE 38, 326 [340]; 48, 64 [85]; BayVerfGH, VwRspr. 31, 129 [136 f.]; StGH BaWü VBlBW 1981, 348 [349 r.Sp.]), lässt sich andernorts getroffenen "großzügigeren" Regelungen nichts dafür entnehmen, dass "strengere" gegen höherrangiges Recht verstoßen. Aus dem gleichen Grunde ist in diesem Zusammenhang auch bedeutungslos, dass das BVerfG (BVerfGE 18, 172 [185]) eine landesrechtliche Regelung für zulässig erachtet hat, durch die im Beamtenverhältnis zum Staat stehende Lehrer wegen in der Regel nicht eintretender Kollision von einer Inkompatibilität für Mandate im "Gemeindeparlament ausgenommen" sind.

2.2. Die im Wahlgesetz getroffene Regelung (die als Einheit mit den Folgeregelungen, z.B. §§ 6 Abs. 1, 7 Abs. 2, 29, 30 LAbgG, zu betrachten ist, BVerfGE 18, 172 [182]) hält sich ferner im Rahmen der Beschänkbarkeit, bewirkt keine prinzipiell (Ausnahme: BVerfGE 48, 64 [89]) unzulässige faktische Ineligibilität (BVerfGE 18, 172 [182]; 38, 326 [338]; 48, 64 [88]; 98, 145 [156]).

Ihre beamtenrechtliche Stellung bleibt den betroffenen Beamten (§§ 29, 30 LAbgG) erhalten. Die Freiheit, sich für das Mandat zu entscheiden, wird nicht relevant dadurch beeinträchtigt, dass die Abgeordnetenentschädigung (seinerzeit monatlich 5 100 DM zuzüglich 1 460 DM Kostenpauschale [§§ 6 Abs. 1, 7 Abs. 2 LAbgG in der Fassung des 12. ÄndG LAbgG vom 26. September 1995 <GVBl. S. 625>]) womöglich hinter der Höhe ihrer bisherigen Besoldung zurückbleibt. Faktische Unwählbarkeit besteht nicht, mag die zeitweilige "Aufgabe" der beruflichen Tätigkeit den Betroffenen je nach den Umständen mal schwerer mal leichter fallen (BVerfGE 38, 326 [338]).

2.3. Verfassungswidrigkeit der im Landeswahlgesetz getroffenen Regelung ergibt sich auch nicht aus dem Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG).

Der Gesetzgeber hat zwar einen weiten Gestaltungsspielraum, wenn er von der ihm durch Artikel 137 Abs. 1 GG eingeräumten Ermächtigung nicht durch eine diese ausschöpfende Inkompatibilitätsregelung Gebrauch macht, stattdessen differenzierend vorgeht und bestimmte Personengruppen von der Unvereinbarkeit von "Amt" und Mandat ausnimmt (StGH BaWü VBlBW 1981, 348 [349 r.Sp.]), ist aber an den Gleichheitssatz gebunden. Seine Unterscheidungen dürfen nicht willkürlich sein, es muss für sie einen sachlich einleuchtenden Grund (SachsAnhVerfG NVwZ-RR 1995, 457 [460 f.]) geben; eine systemwidrige (StGH BaWü a.a.O.), von der selbst gewählten Sachgesetzlichkeit abweichende Regelung (StGH Bremen, DVBl. 1978, 444 [447 r.Sp.]) wäre gleichheitswidrig.

Den Anforderungen wird die Berliner Regelung gerecht (zweifelnd Magen in Pfennig/Neumann, Verfassung von Berlin, 3. Aufl. 2000, Art. 39 Rdnr. 25).

Ausgehend von dem Prinzip, dass die "Personalunion" von "Kontrolleur" und "Kontrolliertem" dem Gewaltenteilungsprinzip zuwider läuft, unterscheidet sie prinzipiell, und zwar legitim (vgl. BayVerfGH NJW 1970, 1311 [1312 r.Sp.]) nach dem auf den unterschiedlichen Ebenen der (als Einheit von Landes- und Kommunalverwaltung angelegten) Berliner Verwaltung (§ 1 AZG) typischerweise verschiedenen Maß denkbarer Interessenkollisionen. Der (eigentlichen) Landesebene (Abgeordnetenhaus/Hauptverwaltung) stellt sie die kommunaler Verwaltung teilweise ähnelnde (vgl. Art. 66 Abs. 2, 67 VvB) Bezirksebene (Bezirksverordnetenversammlung/Bezirksverwaltung) gegenüber. Den Bereich der mittelbaren Staatsverwaltung nimmt sie wegen der fehlenden unmittelbaren Kontrolle durch die Vertretungskörperschaften insgesamt von der Inkompatibilität aus (vgl. dazu zum LWahlG 1954: AbgH Sten. Ber., I. Wahlperiode, 106. Sitzung, S. 591, 597, 598, 606; zum LWahlG 1958: Begründung zum Regierungsentwurf, AbgH-Drs., II. Wahlperiode, Nr. 946 S. 12; AbgH Sten. Ber., 80. Sitzung, S. 163, 171). Die ehemalige, gemessen an der Systematik der Regelung möglicherweise bedenkliche Gleichstellung der bei den Bezirksverwaltungen beschäftigten Lehrer mit Bediensteten der Hauptverwaltung ist inzwischen beseitigt.

Für die Ausnahme von diesem Prinzip hinsichtlich der Bezirksamtsmitglieder (§ 26 Abs. 1 Nr. 5 LWahlG, § 1 BAMG) besteht normzweckorientiert ein sachlicher Grund. Als Leiter ihres Geschäftsbereichs (§ 38 BezVerwG) repräsentieren sie das Bezirksamt im Rahmen der sogar unmittelbare Eingriffe zulassenden (§ 13 a AZG) Bezirksaufsicht des Senats (§§ 9 ff. AZG) und haben, da der Regierende Bürgermeister ihre oberste Dienstbehörde ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 BAMG), die beamtenrechtlichen Vorschriften für sie nicht umfassend gelten (§ 1 Abs. 2 Satz 2 und 3 BAMG), auch dienstrechtlich eine Sonderstellung.

Entsprechendes gilt für die mittelbaren Landesbediensteten; bei ihnen kann es zu Interessenkollisionen von der Art, dass sie sich unmittelbar selbst kontrollieren, nicht kommen. - Zu dieser Gruppe zählen weithin auch die Professoren, da die Universitäten und Fachhochschulen Körperschaften des öffentlichen Rechts und Dienstherr der bei ihnen tätigen Beamten sind (§ 2 Abs. 1, 4 BerlHG).

Sofern Professoren danach überhaupt unmittelbare Landesbeamte sind und die spezielle Exemtion von der Unvereinbarkeitsregelung (§ 26 Abs. 3 LWahlG) gilt, folgt hieraus nicht, dass zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen auch Lehrkräfte an Schulen von der Inkompatibilität ausgenommen werden müssten. Es kann in diesem Zusammenhang dahinstehen, ob es gemessen an der Systematik der Inkompatibilitätsregelung einen hinreichenden Grund für die Ausnahme zu Gunsten von Hochschullehrern gibt, dieser von einer Beschränkung ihrer Dienstaufgaben auf Lehre, Forschung (vgl. BVerfGE 18, 172 [185]) und Kunst oder ihrer Stellung als diesbezüglicher Grundrechtsträger (Stober in Bonner Kommentar zum GG, Art. 137 Rdnr. 313 ff.) hergeleitet werden kann (zweifelnd: Lübbe-Wolff in Dreier, GG, III 2000, Art. 137 Rdnr. 8, Fn. 37; Tsatsos, Die parlamentarische Betätigung von öffentlichen Bediensteten, 1970, S. 189; Versteyl in von Münch/Kunig, Grundgesetz, III, 4./5. Aufl. 2003, Art. 137 Rdnr. 7). Tragen diese Gründe die in § 26 Abs. 3 LWahlG getroffene Regelung, so besteht ein im Hinblick auf den Normzweck relevanter Unterschied zu den an öffentlichen Schulen tätigen Lehrkräften, tragen sie nicht (verstößt jene gegen das Gebot, gleiche Sachverhalte gleich zu behandeln), bedeutet dies nicht, dass eine gleichheitswidrige Ausnahme auch zu Gunsten der Lehrer normiert sein müsste.

Irrelevant ist in diesem Kontext endlich, dass die Mitglieder der Landesregierung zugleich dem Abgeordnetenhaus angehören können. Mitglieder von Landesregierungen sind schon nicht von der grundgesetzlichen Ermächtigung erfasst, weil sie keine Beamten sind, vielmehr durchweg (in Berlin gemäß § 1 SenG) in einem besonderen öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis stehen. Ministeramt und Mandat als miteinander vereinbar anzusehen, diese Durchbrechung des Gewaltenteilungsgrundsatzes hinzunehmen, entspricht weithin (Ausnahmen: Art. 39 der Hamburgischen Verfassung und Art. 108 der Bremischen Landesverfassung) deutscher Verfassungstradition und Staatspraxis, wird als Normalfall vorausgesetzt, im Lande Nordrhein-Westfalen sogar durch Artikel 52 Abs. 1 der Landesverfassung für den Ministerpräsidenten vorgeschrieben (vgl. dazu Badura, Staatsrecht, 3. Aufl. 2003, E 27 [S. 465]; ders. in Schneider/Zeh, Parlamentsrecht und Parlamentspraxis, 1989, § 15 Rdnr. 81 (S. 515); Ipsen, Staatsorganisationsrecht, 5. Aufl. 1993, Rdnrn. 766 f. [S. 238 f.]; Morlok in Dreier, GG, II 1998, Art. 38 Rdnr. 135; Stern, Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, I, 2. Aufl. 1984, S. 1055). Jene hat der Verfassungsgeber vorgefunden, vorausgesetzt, als er die Ermächtigung in Artikel 137 Abs. 1 GG schuf, insoweit also zwischen Regierungsmitgliedern und anderen öffentlich Bediensteten mit Verfassungsrang selbst differenziert.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der in § 132 Abs. 1 VwGO bzw. § 127 Nr. 1 BRRG vorgesehenen Gründe vorliegt.

Ende der Entscheidung

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