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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin
Beschluss verkündet am 24.11.2004
Aktenzeichen: OVG 4 N 5.04
Rechtsgebiete: BBesG


Vorschriften:

BBesG § 6 Abs. 1
BBesG § 40 Abs. 4 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OVG 4 N 5.04

Berlin, den 24. November 2004

In der Verwaltungsstreitsache

Tenor:

wird der Antrag der Klägerin, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 30. September 2003 zuzulassen, abgelehnt.

Gründe:

Der Rechtsbehelf ist unbegründet. Die allein geltend gemachte Zulassungsvariante ernstlicher Richtigkeitszweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zieht nicht.

Das Verwaltungsgericht hat angenommen (Seite 4 f. des Urteils), der Anspruch der Klägerin (die Kindergeld bezog und deren Mann ebenfalls im öffentlichen Dienst beschäftigt war) auf die Hälfte des ehegattenbezogenen Anteils des Familienzuschlags (§ 40 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 BBesG) sowie den vollen kinderbezogenen Anteil des Familienzuschlags (§ 40 Abs. 2 BBesG) sei wegen ihrer Teilzeitbeschäftigung entsprechend gekürzt (§ 6 Abs. 1 BBesG), denn die Ausnahmeregelungen (§ 40 Abs. 4 Satz 2, Abs. 5 Satz 3 BBesG) griffen nicht, weil ihr Mann (anders als sie) nicht mit mindestens der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit im öffentlichen Dienst beschäftigt sei; und es hat (Urteil Seite 5 ff.) dargelegt, die Vorschriften seien mit dem Grundgesetz, insbesondere auch mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1) kompatibel.

Die auf Verfassungsrecht (Art. 6 [gemeint: Abs. 1, 2] GG, wohl ebenso, wie erstinstanzlich, Art. 3 [konkret: Abs. 1] GG) gestützte, beschränkte Argumentation des Zulassungsantrags hat keine Überzeugungskraft. Vielmehr trifft das angefochtene Urteil, dessen Wertung in der obergerichtlichen Judikatur (zu Art. 3 Abs. 1 GG Senatsbeschluss vom 21. April 2004 OVG 4 N 35.03 sowie Beschluss des OVG Münster vom 28. Februar 2002 6 A 5050/00 [zitiert nach juris]) sowie vom Schrifttum (ebenfalls zu Art. 3 Abs. 1 GG Schinkel/Seifert in Fürst, GKÖD III K § 40 Rdnrn. 119, 147) im Ansatz geteilt, auch sonst zumindest nicht beanstandet wird (keine einschlägigen, durchgreifenden Bedenken u.a. bei Clemens/Millack, BBesG § 40 Anm. 8 ff. und Sander in Schwegmann/Summer, BBesG § 40 Anm. 12.10), mit ganz übewiegender Wahrscheinlichkeit zu, und zwar ohne dass einer der geltend gemachten Aspekte in einem Berufungsverfahren erwogen werden müsste.

1. Das gilt zunächst zum Monitum, die Kürzungsregeln, speziell deren Ausnahmen (§ 40 Abs. 4 Satz 2, Abs. 5 Satz 3 BBesG [vgl. § 29 B auch § 29 B Abs. 5 Satz 2, Abs. 6 Satz 3 BAT]) widersprächen ihrem Text nach verstanden dem Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG [Art. 10 Abs. 1 VvB]), wohl sinngemäß ergänzt: sie seien verfassungskonform umzuinterpretieren.

Der Senat hat dazu (im zitierten Beschluss) schon generell ausgeführt (Seite 2 ff. des Abdrucks):

"Ohne Erfolg (wird) geltend (gemacht), die Anwendung der Kürzungsvorschrift des § 6 Abs. 1 BBesG auf den Familienzuschlag ... verstoße gegen den Gleichheitssatz ...

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 107, 218 [244 f.] m.w.N.) ist der allgemeine Gleichheitssatz verletzt, wenn die gleiche oder ungleiche Behandlung der geregelten Sachverhalte mit Gesetzlichkeiten, die in der Natur der Sache selbst liegen, und mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise nicht mehr vereinbar ist, wenn also bezogen auf den jeweils in Rede stehenden Sachbereich und seine Eigenart ein vernünftiger einleuchtender Grund für die Regelung fehlt. Beim Erlass besoldungsrechtlicher Vorschriften hat der Gesetzgeber einen weiten Spielraum politischen Ermessens, innerhalb dessen er das Besoldungsrecht den tatsächlichen Notwendigkeiten und der fortschreitenden Entwicklung anpassen und verschiedenartige Gesichtspunkte berücksichtigen darf. Dem Bundesverfassungsgericht (schon deswegen auch der Fachgerichtsbarkeit) ist die Überprüfung verwehrt, ob der Gesetzgeber die gerechteste, zweckmäßigste und vernünftigste Lösung gewählt hat. Es kann, sofern nicht von der Verfassung selbst getroffene Wertungen entgegenstehen, nur die Überschreitung äußerster Grenzen beanstanden, jenseits derer sich gesetzliche Vorschriften bei der Abgrenzung von Lebenssachverhalten als evident sachwidrig erweisen (zu Vorstehendem BVerfG a.a.O.).

Dieser Maßstab gilt auch für die Bemessung der Bestandteile des Familienzuschlags. Dem Gesetzgeber steht es weitgehend frei, deren Voraussetzungen und Höhe nach seinen Vorstellungen zu regeln: Im Rahmen der ihm zustehenden Entscheidungsfreiheit kann er darüber befinden, was in concreto als im Wesentlichen gleich und was als so verschieden anzusehen ist, dass die Verschiedenheit eine Ungleichbehandlung rechtfertigt; er ist befugt, aus der Vielzahl der Lebenssachverhalte die Tatbestandsmerkmale auszuwählen, die für die Gleich- oder Ungleichbehandlung maßgebend sein sollen (BVerfGE 71, 39 [53]).

... Dass die Reduzierung des Familienzuschlags für teilzeitbeschäftigte Beamte (prinzipiell) zulässig ist, hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden. Die Erwägungen seines Beschlusses ... (BVerfGE 71, 39 [50 ff.]), die sich mit der doppelten Kürzung für teilzeitbeschäftigte Ehegatten vor Einführung des § 40 Abs. 4 Satz 2 BBesG befassen, sind (gegebenenfalls) übertragbar ..."

Wie nach älterem Recht, als nach dem Willen des Gesetzgebers die Merkmale der Voll- bzw. Teilzeitbeschäftigung und nicht andere Kriterien die in Frage stehende Behandlung der beiden im öffentlichen Dienst beschäftigten bzw. teilzeitbeschäftigten Ehegatten rechtfertigen, für sie maßgebend sein sollten (BVerfGE 71, 39, 53), so sind es jetzt die Elemente Voll- bzw. jeweils mindestens hälftige Teilzeitbeschäftigung. Wie ehemals kommt es aber nicht speziell darauf an, ob die im öffentlichen Dienst beschäftigten Eheleute zusammen (!) mindestens eine volle Dienstzeit verrichten (BVerfGE 71, 39, 54 f.). Und der eine Differenzierung legitimierende Aspekt, dass Vollzeitbeschäftigung verfassungsbedingt die Struktur des Beamtenverhältnisses prägt (BVerfGE 71, 39, 59 f.; dazu Bauschke in Fürst, GKÖD I K vor § 72 a Rdnr. 37), dass mehrere Teilzeitbeschäftigungen der Vollzeitbeschäftigung eines Beamten qualitativ nicht gleichstehen (BVerfGE 71, 39, 61), wirkt sozusagen erst recht, wenn nicht einmal hälftige Teilzeit (Minimum des Regelfalls der Teilzeitbeschäftigung, § 72 a Abs. 1 BBG) geleistet wird, eben unterhälftige Teilzeit (§ 72 a Abs. 5 BBG) bewilligt ist, zumal diese Ausnahme bilden, Ausnahme bleiben muss (zutreffend Schachel in Schütz/Maiwald, Beamtenrecht § 85 a LBG NRW Rdnr. 18).

Der Rechtsbehelf gibt nach alledem nichts Relevantes dafür her, die besoldungsrechtliche Privilegierung von Teilzeitbeschäftigten hinsichtlich des Familienzuschlags (Bauschke a.a.O. I K vor § 72 a Rdnr. 51) müsse noch stärker ausgedehnt werden, es müssten hier ein mehr als hälftig Beschäftigter und ein unterhälftig Beschäftigter dem Regelfall zweier Vollbeschäftigter, dem Fall zweier mindestens hälftig Beschäftigter, gleichgestellt werden. Dabei mag offen bleiben, ob das Postulat nicht die Grenze gleichheitssatzwidriger Benachteiligung von vollzeitbeschäftigten Eheleuten, die eben (wie zwei Teilzeitbeschäftigte) nur einmal, nicht doppelt Zuschlag erhalten (§ 40 Abs. 4 Satz 1 BBesG), zumindest tangieren würde (vgl. OVG Münster wie zitiert). Der Gesetzgeber darf angesichts des besoldungsrechtlichen Gestaltungsspielraums (s.o.) pauschalieren (vgl. Sander wie zitiert). Und das Motiv des Ehemanns der Klägerin, wegen Konsequenzen bei der Altersversorgung (§ 6 Abs. 1 Satz 3 ff. BeamtVG) nicht die generelle Teilzeitregelung in Anspruch nehmen zu wollen, sondern das Institut Elternzeit zu aktivieren mit spezieller Teilzeitregel (§ 800 BBG nebst jetzt EltZV, ehemals ErzUrlV), die entsprechende Normlage, die ihn gehindert habe, im Rahmen des "Erziehungsurlaubs" mindestens hälftig zu arbeiten (Hinweis auf "§ 1 Abs. 3 S. 1 ErzUrlV i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1 BErzGG" [gemeint sind die Fassungen der Bekanntmachungen BGBl. 1997 I Seite 984 bzw. 1994 I Seite 181]), sind vorliegend ohnehin irrelevant; der Gleichheitssatz gebietet nicht (wie der Rechtsbehelf letztlich will), Kumulation von Vergünstigungen vorzunehmen ungeachtet legitimer Grundentscheidungen des Beamtenrechts.

2. Im Ergebnis Gleiches gilt soweit der Rechtsbehelf das Grundrecht auf Schutz der Familie (Art. 6 Abs. 1 GG), sinngemäß mit Blick auf Pflege, Erziehung der Kinder (Art. 6 Abs. 2 GG), beruft.

Die Antragsbegründung macht nicht deutlich, weshalb das Institut, das Grundrecht nicht die allgemeinen besoldungsrechtlichen Konsequenzen ziehen dürfte, wenn der Normgeber um seinetwillen das Vollbeschäftigungsprinzip noch weiter derogiert, es in den Ausnahmen detailliert. Die Alimentation, um die es hier geht, wird unter dem Aspekt Familienbedarf gerade nicht relevant tangiert (vgl. cum grano salis BVerfGE 71, 39, 62). Die übrigen bedeutsamen Gesichtspunkte des Rechtsbehelfs sind abgehandelt.

Von noch weiterer Erörterung sieht der Senat ab.

Die Kosten des Antragsverfahrens trägt die Klägerin (§ 154 Abs. 2 VwGO).

Der Wert des Streitgegenstandes wird für die zweite Rechtsstufe auf 2 289,38 € festgesetzt (§ 72 Nr. 1 GKG i.V.m. § 14 Abs. 1 und 3, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F.).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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