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Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin
Beschluss verkündet am 10.08.2005
Aktenzeichen: OVG 8 M 31.04
Rechtsgebiete: VwGO, SchulG, VO-KA
Vorschriften:
VwGO § 123 Abs. 1 | |
SchulG § 40 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 | |
SchulG § 40 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 n.F. | |
SchulG § 40 Abs. 6 Satz 2 | |
SchulG § 48 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 | |
SchulG § 48 Abs. 3 Satz 3 | |
VO-KA § 6 Abs. 3 Nr. 1 |
OVG 8 S 148.04 OVG 8 M 31.04
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 8. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg durch die Vorsitzende Richterin am Oberverwaltungsgericht Xalter und die Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Schrauder und Weber am 10. August 2005 beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 1. Oktober 2004 wird zurückgewiesen.
Der Antrag der Antragstellerin, ihr Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren zu bewilligen und ihr den prozessbevollmächtigten Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 2 500 € festgesetzt.
Gründe:
Die Beschwerde ist unbegründet.
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag der Antragstellerin, den Antragsgegner im Wege einstweiliger Anordnung zu verpflichten, sie vorläufig zum nächstmöglichen Zeitpunkt zum Besuch des Abendgymnasiums Prenzlauer Berg zuzulassen, zu Recht und mit zutreffender Begründung abgelehnt. Es fehlt bereits an dem nach § 123 Abs. 1 VwGO erforderlichen Anordnungsanspruch. Die Antragstellerin erfüllt nicht die Voraussetzungen für eine reguläre Aufnahme in das Abendgymnasium. Denn nach § 40 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SchulG ist die Aufnahme in das Abendgymnasium abhängig vom Nachweis einer abgeschlossenen Berufsausbildung oder einer mindestens dreijährigen geregelten Berufstätigkeit. Daran fehlt es im Falle der Antragstellerin, die noch bis zum 3. Juli 2002 Schülerin der 11. Klasse eines Gymnasiums gewesen ist und erst im Oktober 2003 nach Überwindung einer psychischen Symptomatik/Erkrankung mit Schul- und Arbeitsunfähigkeit eine Lehre als Tierarzthelferin aufgenommen hat. Die Antragstellerin hat aber auch nach dem für Inhalt und Umfang der rechtsmittelgerichtlichen Prüfung maßgeblichen Beschwerdevorbringen (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) keinen Anspruch auf Zulassung zum Besuch des Abendgymnasiums im Wege der Härtefallregelung glaubhaft gemacht.
Nach § 6 Abs. 3 Nr. 1 der Verordnung über Kollegs und Abendgymnasien - VO-KA - vom 23. April 1987 (GVBl. S. 1637) i.d.F. vom 18. März 2004 (GVBl. S. 195) können im Einzelfall zur Vermeidung besonderer Härten auch Bewerber zugelassen werden, "die die Voraussetzungen des § 48 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SchulG ... nicht erfüllen". Danach bezieht sich die Härtefallregelung ersichtlich noch auf das Schulgesetz vom 26. Juni 1948 (VOBl. I S. 358) i.d.F. vom 20. August 1980 (GVBl. S. 2103), zuletzt geändert durch Gesetz vom 3. Juli 2003 (GVBl. S. 251, 306), dessen § 48 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 mit § 40 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SchulG n.F. insoweit wortgleich war und dessen § 48 Abs. 3 Satz 3 die Verordnungsermächtigung enthielt, u.a. Abweichungen von den Aufnahmevoraussetzungen festzulegen. Der beschließende Senat geht im einstweiligen Rechtsschutzverfahren zu Gunsten der Antragstellerin davon aus, dass die einschlägige Verordnung ihre ausreichende Ermächtigungsgrundlage nach Aufhebung des Schulgesetzes a.F. (vgl. § 130 Nr. 1 SchulG n.F.) nunmehr in § 40 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 SchulG n.F. findet, zumal da sie nach diesem Zeitpunkt durch teilweise Änderung bestätigt worden ist, und dass die Härtefallregelung deshalb - sachlich allerdings mit Bezug auf § 40 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SchulG n.F. - fort gilt. Anderenfalls fehlte es bereits an einer wirksamen Rechtsgrundlage für eine Aufnahme in das Abendgymnasium aus Härtegründen, so dass dem Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin dann schon aus diesem Grunde der Erfolg zu versagen wäre.
Die Umstände, auf die sich die Antragstellerin für ihr von dem regulären Aufnahmebedingungen abweichendes Begehren beruft, begründen jedoch keine besondere Härte, die es zu vermeiden gilt. Sie verkennt insoweit Sinn und Zweck der Härteregelung. Wenn zur Vermeidung besonderer Härten von der Erfüllung qualifizierter beruflicher Anforderungen als Aufnahmevoraussetzung abgesehen werden können soll, folgt daraus, dass die Regelung Schwierigkeiten Rechnung tragen will, die die Erfüllung dieser Anforderungen dem Bewerber im Einzelfall bereitet. Das ist etwa der Fall, wenn es diesem konkret unmöglich oder unzumutbar ist, die vorausgesetzten beruflichen Qualifizierungen zu erreichen. Darauf weist auch der in der Verordnung nur beispielhaft angeführte Fall einer Behinderung, die den Bewerber je nach Art und Ausmaß hindern kann, einer Berufstätigkeit nicht prinzipiell, wohl aber in dem laufend notwendigen Mindestumfang (vgl. § 6 Abs. 1 und 2 VO-KA) nachzugehen.
An derartigen Schwierigkeiten scheitert indes die Erfüllung der Voraussetzungen für eine reguläre Aufnahme der Antragstellerin in das Abendgymnasium nicht. Denn sie absolviert gegenwärtig eine Berufsausbildung zur Tierarzthelferin und erwartet nach ihrem Vorbringen, diese Ausbildung innerhalb der vorgesehenen Ausbildungsdauer im Januar 2006 erfolgreich abzuschließen. Hingegen ist es nicht Ziel der Härtefallregelung, dem Bewerber einen Zeitgewinn zu ermöglichen oder einen eingetretenen Zeitverlust gegenüber dem abgebrochenen Besuch der gymnasialen Oberstufe auszugleichen und ihn gegenüber Mitbewerbern, die sich der Berufsausbildung oder -ausübung unterzogen haben, zu privilegieren. Hiernach beruft sich die Antragstellerin ohne Erfolg auf schwere zeitliche Nachteile und damit einhergehende finanzielle Einbußen.
Gleichermaßen ohne Belang für die Annahme eines Härtefalls ist die Ermächtigung nach § 40 Abs. 6 Satz 2 SchulG, in der Verordnung die Aufnahme auch vorübergehend nicht berufstätiger Personen vorzusehen. Es handelt sich um eine Ausnahme von dem gänzlich anderen Aufnahmekriterium aktueller Berufstätigkeit. Irgendwelche Schlussfolgerungen für die Bedeutung einer erfolgreichen Berufsausbildung bzw. langjährigen geregelten Berufsausübung als Aufnahmevoraussetzung lassen sich daraus nicht ableiten. Das ergibt schon die Erwägung, dass diese Voraussetzung auch für die Aufnahme im Kolleg erfüllt sein muss (§ 40 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SchulG), das gerade solche Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Tagesunterricht zur allgemeinen Hochschulreife führt, die nicht berufstätig sind (§ 40 Abs. 2 Satz 1 SchulG). - Endlich kommt es auch auf die von der Antragstellerin geltend gemachte "medizinische Komponente" ihres Begehrens nicht entscheidungserheblich an. Denn abgesehen davon, dass zumindest ungewiss ist, ob ein Antragserfolg zu einer psychischen Stabilisierung der Antragstellerin führen würde, dient die Härtefallregelung nicht derartigen Rehabilitierungszwecken.
Mangels hinreichender Erfolgaussicht von Rechtsschutzantrag und Beschwerde war auch die Prozesskostenhilfebeschwerde zurückzuweisen und war der zweitinstanzliche Prozesskostenhilfeantrag abzulehnen (§§ 166 VwGO, 114 ZPO).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Festsetzung des Wertes des Beschwerdegegenstandes beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 2, 47 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
Ende der Entscheidung
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