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Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin
Beschluss verkündet am 04.11.2004
Aktenzeichen: OVG 8 S 111.04
Rechtsgebiete: SchulG, VwVfG, BlnVwVfG
Vorschriften:
SchulG § 8 Abs. 3 | |
SchulG § 8 Abs. 3 Satz 1 a.F. | |
SchulG § 8 Abs. 3 Satz 3 a.F. | |
SchulG § 8 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 a.F. | |
SchulG § 8 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 a.F. | |
SchulG § 8 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 a.F. | |
SchulG § 28 Abs. 1 | |
SchulG § 28 Abs. 2 | |
SchulG § 55 Abs. 3 n.F. | |
SchulG § 129 Abs. 6 n.F. | |
VwVfG § 23 Abs. 1 | |
BlnVwVfG § 2 Abs. 2 Satz 1 |
OVG 8 S 111.04
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 8. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin durch die Vizepräsidentin des Oberverwaltungsgerichts Xalter und die Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Schrauder und Weber am 4. November 2004 beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 6. August 2004 wird zurückgewiesen.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 2.500 € festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Antragsteller begehren die Aufnahme der Antragstellerin zu 1., der Tochter der Antragsteller zu 2. und 3., in eine der vier Vorklassen, die die J. - Staatliche Europa-Schule Berlin -, eine Ganztagsschule mit bilingualem Unterricht (Deutsch und Französisch), im Schuljahr 2004/05 eingerichtet hat. Von den 64 zu vergebenden Plätzen - je Vorklasse 16 Plätze - sind je 32 für Kinder mit der Muttersprache Deutsch bzw. Französisch vorgesehen.
Da die Zahl der Interessenten die der zur Verfügung stehenden Plätze überschritt, wurde eine Rangfolge unter den Bewerbern in der Weise bestimmt, dass für die Auswahl nur die Bewerber vorgesehen wurden, deren Eltern primär den Wunsch nach einer bilingualen Erziehung ihrer Kinder in den oben genannten Sprachen geäußert hatten. Vorrangig wurden sodann Kinder aufgenommen, die bereits ein Geschwister auf der Schule haben, danach Kinder, die aus anderen Gründen die Aufnahmekriterien der Betreuungserleichterung und der gewachsenen sozialen Bindungen zu andern Kindern erfüllen. Der Antragsgegner vergab auf diese Weise in der französischsprachigen Gruppe 12 Plätze an Geschwisterkinder sowie 17 Plätze an Kinder, die mindestens ein weiteres Auswahlkriterium erfüllten. Die danach verbliebenen 3 Plätze verloste der Antragsgegner unter 9 Bewerbern, die nur das Kriterium des besonderen Elternwunsches erfüllen, darunter die Antragstellerin zu 1. Bei diesem Losverfahren ist sie leer ausgegangen.
Das Ergebnis des Auswahlverfahrens wurde den Antragstellern durch Bescheid vom 14. Mai 2004 mitgeteilt. Die Antragsteller haben gegen diesen Bescheid Widerspruch erhoben und Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt, mit dem sie begehren, die Antragstellerin zu 1. in die J. aufzunehmen. Sie sind der Ansicht, die Antragstellerin zu 1. erfülle wegen der Berufstätigkeit, die ihre Mutter, die Antragstellerin zu 2., im Sommer des Jahres 2004 nach Beendigung eines Erziehungsurlaubs wieder aufgenommen habe, mindestens zwei Aufnahmekriterien, sodass sie, die Antragstellerin zu 1., vorrangig, unabhängig vom Ausgang des Losverfahrens hätte aufgenommen werden müssen.
Das Verwaltungsgericht hat dem Begehren unter Zurückweisung im Übrigen teilweise entsprochen, indem es den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet hat, ein Losverfahren zwischen 14 Bewerbern einschließlich der Antragstellerin zu 1. zur Vergabe von 8 Plätzen unter Bestimmung einer Rangfolge durchzuführen und die Antragstellerin zu 1. in die J. aufzunehmen, falls einer der Rangplätze 1 bis 8 auf sie entfallen sollte. Es hat seine Entscheidung im Wesentlich wie folgt begründet: Der Vergabeentscheidung sei das Schulgesetz in der bis zum 31. Januar 2004 geltenden Fassung zu Grunde zu legen. Die festgesetzte Aufnahmekapazität sei rechtlich ebenso wenig zu beanstanden wie der Umstand, dass jeweils die Hälfte der zur Verfügung stehenden Plätze an Kinder deutscher bzw. französischer Muttersprache vergeben worden sei. Die Antragstellerin zu 1. könne allerdings nicht vorrangige Aufnahme wegen Erfüllung mehrerer Aufnahmekriterien beanspruchen, weil das von ihr nachträglich substanziierte besondere Betreuungsbedürfnis im maßgeblichen Zeitpunkt der Durchführung des Auswahlverfahrens nicht hinreichend dargelegt gewesen sei. Das Losverfahren sei aber deshalb erneut durchzuführen, weil bei insgesamt fünf Bewerberinnen und Bewerbern zu Unrecht angenommen worden sei, sie erfüllten zwei Aufnahmekriterien und seien deshalb vorrangig aufzunehmen. Da diese der Antragstellerin zu 1. zu Unrecht vorgezogen worden seien, müsse ein bezüglich der bereits aufgenommenen Kinder gleichsam virtuelles Losverfahren ohne Auswirkungen auf die Vergabe der Plätze an die zu Unrecht bevorzugten Bewerberinnen und Bewerber durchgeführt werden, denn Gegenstand dieses gerichtlichen Verfahrens sei nicht die Frage, ob erfolgreiche Bewerberinnen und Bewerber ihren Platz behalten dürften, sondern allein das Recht der Antragstellerin zu 1., gegenüber aufgenommenen Kindern nicht benachteiligt zu werden. Der Antragsgegner könne dem Aufnahmebegehren der Antragsteller insoweit nicht entgegenhalten, die Kapazität sei erschöpft.
Da die Antragstellerin zu 1. auch in diesem Losverfahren keinen Erfolg hatte, verfolgen sie und ihre Eltern, die Antragsteller zu 2. und 3., ihr Begehren auf unmittelbare Zulassung zum Besuch der J. im Beschwerdeverfahren weiter.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
Das Beschwerdevorbringen, das den Umfang der obergerichtlichen Prüfung des angefochtenen Beschlusses bestimmt (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigt nicht dessen Änderung oder Aufhebung.
Grundlage für die rechtliche Beurteilung des Wunsches der Antragsteller auf Zulassung der Antragstellerin zu 1. zum Besuch der Vorklasse der J. und für die vom Antragsgegner über diesen Antrag zu treffende Entscheidung sind nicht die Bestimmungen des am 1. Februar 2004 in Kraft getretenen Schulgesetzes vom 26. Januar 2004 (GVBl. S. 26 - SchulG n.F.). Maßgebend sind vielmehr für die hier in Rede stehende vorzeitige Aufnahme in die Schule bis zum Beginn des Schuljahres 2004/05 (einschließlich) die §§ 28 Abs. 1 und 2, 8 Abs. 3 des Schulgesetzes für Berlin - SchulG - in der Fassung vom 20. August 1980 (GVBl. S. 2103), zuletzt geändert durch Gesetz vom 3. Juli 2003 (GVBl. S. 251, ber. S. 306 - SchulG a.F.). Das ergibt sich, wie das Verwaltungsgericht zutreffend erkannt und im Einzelnen ausgeführt hat, aus den Übergangsbestimmungen in § 129 Abs. 6 SchulG n.F. Danach werden in die Vorklasse als Teil der Grundschule (§ 28 Abs. 1 Satz 1 SchulG a.F.) Kinder aufgenommen, die - wie die Antragstellerin zu 1. - am 30. September eines Kalenderjahres fünf Jahre alt sind (§ 28 Abs. 2 Satz 2 SchulG a.F.) und deren Eltern den Besuch der Vorklasse wünschen (§ 28 Abs. 2 Satz 3 SchulG a.F.). Für die Aufnahme in die Vorklasse gilt § 8 Abs. 3 SchulG a.F. entsprechend (§ 28 Abs. 1 Satz 2 SchulG a.F.).
Nach § 8 Abs. 3 Satz 1 SchulG a.F. haben die Erziehungsberechtigten ihr Kind zur Aufnahme in die Vorklasse bei der Grundschule anzumelden, in deren vom Bezirksamt festgelegtem (§ 8 Abs. 3 Satz 2 SchulG a.F.) Einschulungsbereich das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (zuständige Grundschule). Auf Antrag der Erziehungsberechtigten kann das Kind unter im Gesetz näher bezeichneten Voraussetzungen zum Besuch auch einer anderen als der zuständigen Grundschule zugelassen werden (§ 8 Abs. 3 Satz 3 SchulG a.F.); über diesen Antrag hat das für die andere Grundschule zuständige Bezirksamt unter Berücksichtigung der Aufnahmekapazität zu entscheiden.
Dass § 8 Abs. 3 Satz 3 SchulG a.F. auch für solche Grundschulen anwendbar ist, die einen Schulversuch durchführen, ohne - wie hier die J. - über einen eigenen Einschulungsbereich zu verfügen, ist in der Rechtsprechung des Senats (Beschluss vom 20. September 2002 - OVG 8 S 224.02 -) geklärt.
Die Beschwerde nimmt zu Unrecht an, die Aufnahmekapazität der J. sei durch die Frequenzvorgabe von 16 Schülern pro Vorklasse des Genehmigungsschreibens vom 13. April 1993 (S. 6) nicht ausgeschöpft. Das Verwaltungsgericht hat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des beschließenden Senats (Beschluss vom 20. September 2002 - OVG 8 S 224.02 - BA S. 9) erkannt, dass diese Vorgaben im weiten, von pädagogischen und schulorganisatorischen Überlegungen bestimmten Ermessen des Antragsgegners stehen. Dessen sachwidrige Ausübung versuchen die Antragsteller erfolglos daraus herzuleiten, dass für die Vorklassen der J. ausweislich Nr. 2.3 der Richtlinien für die Lehrerstundenzumessung und die Organisation der Berliner Schule ab dem Schuljahr 2003/04 vom 28. Mai 2003 (Rdschr. II 49/2003; veröffentlicht durch Rdschr. vom 6. Juni 2003, abgedr. in Schulrecht, Ausgabe Berlin, Luchterhand-Verlag, Gliederungsnr. 2.2.1 S. 1 ff.) mehr Lehrerstunden, nämlich 21 pro Vorklasse zur Verfügung gestellt würden als für eine erste Klasse der Regelschule mit 20 Stunden, obgleich diese eine erheblich höhere Frequenzvorgabe von 24 Schülern pro Klasse habe. Abgesehen davon, dass für die erste Klasse einer Regelschule (Nr. 1.1.1 der o.g. Richtlinien) die Stundentafel einschließlich Förderstunden und freiwilligem Unterricht 22,300 Stunden vorsieht, ist die vergleichsweise bessere Ausstattung der Vorklassen der J. offensichtlich der bilingualen Erziehung der Kinder geschuldet. Zu entscheiden, ob und inwieweit dieses besondere pädagogische Konzept einen erhöhten Lehrerstundenbedarf im Einzelnen rechtfertigt, gehört zum Kernbereich des pädagogisch-fachlichen Bewertungsspielraums des Antragsgegners, dessen willkürliche Ausübung nicht deshalb angenommen werden kann, weil die auf einem anderen pädagogischen Konzept basierende Regelschule mit einer gemessen an der Frequenzvorgabe geringeren Lehrerstundenzahl in einer anderen Klassenstufe ausgestattet ist.
Der Antragstellerin zu 1. steht ein direkter Aufnahmeanspruch nicht etwa deshalb zu, weil der Antragsgegner das Aufnahmeverfahren zu Unrecht auf der Grundlage des § 55 Abs. 3 SchulG n.F. durchgeführt hat. Denn die Aufnahmekriterien des neuen Rechts entsprechen in der Sache denen des § 8 Abs. 3 Satz 3 SchulG a.F. Das Verwaltungsgericht hat zudem zutreffend erkannt, dass das beanstandete Verfahren des Antragsgegners den geltend gemachten Anspruch nicht zu begründen vermag, weil es entscheidend darauf ankommt, ob die Antragstellerin zu 1. nach dem anzuwendenden Recht den im Wege der einstweiligen Anordnung zu sichernden Anspruch glaubhaft gemacht hat.
Die Antragstellerin zu 1. kann nicht deshalb ihre direkte Aufnahme in die J. verlangen, weil sie, wie andere unmittelbar zugelassene Kinder mindestens zwei Auswahlkriterien erfüllt. Entgegen ihrer Auffassung hat sie zum maßgeblichen Zeitpunkt der Durchführung des Aufnahmeverfahrens weder dargelegt, dass der Besuch der J. ihre Betreuung wesentlich im Sinne von § 8 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 SchulG a.F. erleichtern, noch, dass der Besuch der zuständigen Grundschule an Stelle der J. gewachsene Bindungen zu anderen Kindern beeinträchtigen würde (§ 8 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 SchulG a.F.).
Die auf die oben genannten Aufnahmekriterien zielenden Fragen Nr. 4 c) und d) des Aufnahmeantrages beantworteten die Antragsteller zu 2. und 3. (in deutscher Übersetzung) wie folgt:
"Wir haben sehr guten Kontakt zur Familie M.. F. ist in der Dritten [Klasse der J.] und L. ist noch nicht eingeschult. Wir gehören zu einer Gruppe von Franzosen, die ihre Kinder über Spiel, Lieder und Basteleien einladen und motivieren, Französisch zu sprechen.
Aus der Sicht der Mutter könnte ich die schulische Laufbahn meiner Tochter sehr viel einfacher auf Französisch verfolgen als auf Deutsch. Dank der außerschulischen Aktivitäten [an der J.] würde M. weiterhin in zwei Sprachen begleitet. Außerdem muss ich im Sommer 2004 wieder anfangen zu arbeiten".
Dieses Vorbringen genügt nicht den an die Darlegung und Glaubhaftmachung des Aufnahmekriteriums der Beeinträchtigung gewachsener Bindungen zu anderen Kindern zu stellenden Anforderungen, falls ein Kind die zuständige Grundschule besuchen muss (§ 8 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 SchulG a.F.). Es führt nicht zwangsläufig zu einer Beeinträchtigung gewachsener Bindungen zwischen Kindern, wenn sie verschiedene Schulen besuchen. Dass und warum die sehr guten Kontakte zur Familie des Schülers F. M., der bereits die dritte Klasse der J. besucht, darunter leiden sollten, wenn die Antragstellerin zu 1. die zuständige Grundschule besucht, ist nicht nachvollziehbar. Es versteht sich nicht gleichsam von selbst, dass und inwiefern eine solche Freundschaft, wenn sie denn trotz des geringen Alters der Kinder zu den gewachsenen sozialen Bindungen gerechnet werden könnte, durch den Besuch unterschiedlicher Schulen beeinträchtigt wird. Die Gruppe der Franzosen, der die Antragstellerin zu 1. und F. M. angehören, ist nicht gehindert, weiterhin ihre Kinder durch Spiel, Lieder und Basteleien zu motivieren, Französisch zu sprechen, auch wenn die Antragstellerin zu 1. nicht die J. besucht.
Soweit die Antragsteller geltend machen, der Besuch der gewünschten Schule werde die Betreuung der Antragstellerin zu 1. wesentlich erleichtern, ist ihnen entgegenzuhalten, dass der knappe Hinweis, die Antragstellerin zu 2. müsse im Sommer 2004 wieder anfangen zu arbeiten, zu unsubstanziiert ist, um eine wesentliche Betreuungserleichterung im Sinne von § 8 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 SchulG a.F. wegen der in der J. vorgesehenen Ganztagsbetreuung bejahen zu können. Darauf hat bereits das Verwaltungsgericht zutreffend abgestellt. Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass auch die Berufstätigkeit des Vaters der Antragstellerin zu 1., des Antragstellers zu 3., nur daraus zu entnehmen war, dass er einen dienstlichen Telefonanschluss unter Nr. 2 a) des Aufnahmeantrages mitteilte. Zwar ist im verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzverfahren inzwischen durch Vorlage einer Bescheinigung der Firma W. vom 6. Juni 2003 und durch die eidesstattlichen Versicherungen der Antragstellerin zu 2. und des Antragstellers zu 3. jeweils vom 16. Juli 2004 substanziiert dargelegt und glaubhaft gemacht, dass beide Eltern, die Antragstellerin zu 2. ab August 2004, durch berufliche Tätigkeit zeitlich so erheblich in Anspruch genommen sind, dass der Besuch einer Ganztagsschule zu einer erheblichen Betreuungserleichterung führen würde; dieses Vorbringen konnte der Antragsgegner indessen im Auswahlverfahren nicht berücksichtigen, weil es seinerzeit nicht bekannt war. Er ist entgegen der Auffassung der Antragsteller auch nicht gehalten, dem verspäteten Vorbringen durch nachträgliche Vergabe eines Platzes an die Antragstellerin zu 1. Rechnung zu tragen. Das ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
Bei Ermessensentscheidungen ist zwar in aller Regel auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung abzustellen, sodass bis dahin Änderungen der tatsächlichen Entscheidungsgrundlagen und ergänzendes Vorbringen berücksichtigt werden müssen. Das gilt jedoch nicht, wenn sich aus dem materiellen Recht, das darüber entscheidet, ob der mit einem Verpflichtungsbegehren geltend gemachte Anspruch besteht und welcher Beurteilungszeitpunkt maßgeblich ist, etwas anderes ergibt (stdg. höchstrichterl. Rspr. vgl. u.a. BVerwG, Urteil vom 21. Mai 1976 - 4 C 80.74 - BVerwGE 51, 15 [24 f.], Kopp/Schenke, VwGO 13. Aufl. 2003, § 113 Rn. 220).
Auszugehen ist davon, dass ein legitimes Interesse der Schule, der Eltern und der Kinder daran besteht, das Auswahlverfahren geraume Zeit vor dem Beginn des Schuljahres durchzuführen, um rechtzeitig Gewissheit darüber zu erlangen, an welcher Schule die Kinder den Besuch der Vorklasse absolvieren werden. Denn es sind seitens der Behörde die organisatorischen Vorkehrungen für einen reibungslosen Unterrichtsbeginn zu treffen, und die Eltern müssen in die Lage versetzt werden, die weiteren Entscheidungen, z.B. hinsichtlich der nachschulischen Betreuung der Kinder, zu treffen. Das legitime Interesse, diese Regelungen auf einer hinreichend sicheren Entscheidungsgrundlage vornehmen zu können, wäre bei genereller Zulassung nachträglicher Darlegung der Aufnahmekriterien des § 8 Abs. 3 Satz 3 Nrn. 1 bis 3 SchulG a.F. gefährdet. Das Bezirksamt wäre verpflichtet, das Auswahlverfahren unter Umständen sogar mehrfach durchzuführen, um solche Bewerber zumindest am Losverfahren zu beteiligen und, falls ein Platz auf sie entfällt, andere Kinder gegebenenfalls vom Besuch der gewünschten Schule auszuschließen. Bewerberinnen und Bewerber, deren Eltern die maßgeblichen Auswahlkriterien bereits im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung substanziiert dargelegt haben und die schon zum Besuch der Schule durch entsprechende Bescheide zugelassen worden sind, könnten davon nur noch unter Schwierigkeiten nachträglich ausgeschlossen werden. Ihre Zulassung wäre zu Recht erfolgt, jedenfalls genössen sie Vertrauensschutz. Widerrufs- (§ 49 VwVfG) und Rücknahmegründe (§ 48 VwVfG) dürften in der Regel nicht vorliegen. Zudem fehlt jeder Anhaltspunkt dafür, dass ein evtl. insoweit dennoch eröffnetes Widerrufs- oder Rücknahmeermessen zwingend durch entsprechenden Widerrufs- oder Rücknahmebescheid auszuüben wäre, um Plätze für besagte Kinder frei zu machen. Ist die Kapazität, wie hier, bereits ausgeschöpft, könnten Bewerberinnen und Bewerber bei nachträglicher Darlegung der Aufnahmekriterien praktisch nur unter Überschreitung der Aufnahmekapazität zugelassen werden; dazu ist die Behörde aber gemäß § 8 Abs. 3 Satz 3 SchulG grundsätzlich nicht verpflichtet.
Erfordert es das materielle Recht, hier auf einen früheren Zeitpunkt als den des Erlasses des Widerspruchsbescheides abzustellen, nämlich wegen der materiellrechtlichen Besonderheiten des Auswahlverfahrens auf den der Auswahlentscheidung, darf der Antragsgegner grundsätzlich außer Acht lassen, ob sich später die Voraussetzungen für eine Aufnahme in die Vorklasse verbessert haben bzw. substanziiert dargelegt worden sind. - Sofern die Ausführungen des Senats in seinem Beschluss vom 20. September 2002 (- OVG 8 S 224.02 - BA S. 9/10) anders zu verstehen sein sollten, wird daran nicht festgehalten. Mit ihnen hat der Senat insbesondere berücksichtigen wollen, dass die seinerzeitigen Aufnahmeformulare anders als die im vorliegenden Verfahren verwendeten, es den Eltern mangels entsprechender Aufforderung nicht geboten, zu dem Aufnahmekriterium des § 8 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 SchulG a.F. substanziiert vorzutragen.
Der Senat vermag der Beschwerde auch nicht insoweit zu folgen, als diese meint, im Wege des Losverfahrens hätten jedenfalls 9 Schulplätze vergeben werden müssen, weil der Bewerber Nr. 104 nur das Auswahlkriterium des § 8 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 SchulG a.F. (gewünschter Besuch einer Grundschule mit besonderem pädagogischem Angebot oder mit Ganztagsbetrieb), nicht aber das der wesentlichen Betreuungserleichterung (§ 8 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 SchulG a.F.) erfülle. Beide Eltern dieses Kindes haben in dem an die J. gerichteten Aufnahmeantrag angegeben, dass sie durch ihren Beruf als freischaffende Musiker auf das Angebot einer Ganztagsschule angewiesen seien und dass die umfangreichen Nachmittagsangebote der Schule ihren Vorstellungen sehr entsprächen. Dies genügt, wie auch schon das Verwaltungsgericht zutreffend erkannt hat, entgegen der Auffassung der Antragsteller zur Substanziierung des letztgenannten Auswahlkriteriums.
Schließlich leidet das Auswahlverfahren nicht an Verfahrensfehlern.
Die Antragsteller bemängeln zu Unrecht, es habe keine französischsprachigen Aufnahmeanträge für die französische Sprachgruppe gegeben. Da die Amtssprache nach § 23 Abs. 1 VwVfG, dessen Anwendbarkeit nach § 2 Abs. 2 Satz 1 BlnVwVfG gegeben ist, Deutsch ist, vermag der Senat keinen Verfahrensfehler zu erkennen.
Gegen die vom Verwaltungsgericht angeordnete (teilweise) Wiederholung des Auswahlverfahrens bestehen keine Bedenken. Die Durchführung eines hinsichtlich bereits aufgenommener Kinder "virtuellen" Losverfahrens ist zulässig. Das Vergabeverfahren ist rechtlich in zwei selbstständige Abschnitte unterteilt, soweit es darum geht, ob Kinder unmittelbar vorrangig oder im Wege des Losverfahrens zuzulassen sind, falls auf sie ein entsprechender Rangplatz entfällt. Die Wiederholung des Vergabeverfahrens in vollem Umfang ist unmöglich, soweit es rechtmäßig zugelassene Bewerber und Bewerberinnen betrifft. Sollten Kinder rechtswidrig aufgenommen worden sein, ist es dem Gericht verwehrt, diesen den zuerkannten Vorschulplatz zu entziehen. Bei dieser Sachlage sind die Rechte der Antragstellerin durch ein "virtuelles" Losverfahren hinreichend gewahrt.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Festsetzung des Wertes des Verfahrensgegenstandes beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 2, 47 Abs. 1 Satz 1, 72 Nr. 1 GKG n. F.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
Ende der Entscheidung
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