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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin
Beschluss verkündet am 29.11.2004
Aktenzeichen: OVG 8 S 146.04
Rechtsgebiete: VwGO, BerlHG


Vorschriften:

VwGO § 42 Abs. 2
VwGO §§ 68 ff.
VwGO § 123 Abs. 1
BerlHG § 71 Abs. 1 Nr. 3
BerlHG § 73
BerlHG § 73 Abs. 2
BerlHG § 101 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OVG 8 S 146.04

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 8. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin durch die Vizepräsidentin des Oberverwaltungsgerichts Xalter und die Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Schrauder und Weber am 29. November 2004 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 20. September 2004 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird unter Änderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung für beide Rechtsstufen auf je 2 500 € festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde ist unbegründet.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, ihn vorläufig bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens bzw. eines etwaigen anschließenden Klageverfahrens als mit allen Rechten und Pflichten ausgestattetes Mitglied der Berufungskommission zu behandeln, mit Recht als unzulässig abgelehnt, weil der Antragsteller nicht geltend machen kann, in seinen subjektiven Rechten verletzt zu sein. Das Beschwerdevorbringen, das Inhalt und Umfang der obergerichtlichen Überprüfung bestimmt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigt keine Änderung des angefochtenen Beschlusses.

Der Antragsteller betreibt formal keinen Innen-, sondern einen klassischen Außenrechtsstreit. Das folgt daraus, dass er sein Rechtsschutzbegehren gegen die Universität der Künste als Körperschaft und juristische Person richtet, nicht indes unmittelbar gegen das handelnde Organ (den Fakultätsrat) selbst, sowie daraus, dass er gegen seinen Ausschluss aus der Berufungskommission Widerspruch erhoben hat; in einem sog. Innenrechtsstreit hochschulverfassungsrechtlicher Art fände ein Vorverfahren gemäß §§ 68 ff. VwGO nicht statt (Schoch, JuS 1987, 783, 792 für den gleich gelagerten Kommunalverfassungsstreit). Ein Außenrechtsstreit zwischen dem Antragsteller und der Antragsgegnerin ist jedoch nach § 123 Abs. 1 VwGO nur zulässig, wenn sämtliche Zulässigkeitsvoraussetzungen des Hauptsacheverfahrens einschließlich der Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO - in direkter Anwendung - erfüllt sind (Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl. 2003 § 123 Rdnr. 18). Der Antragsteller muss danach geltend machen können, durch einen Verwaltungsakt der Universität oder durch dessen Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten als Person und Hochschullehrer verletzt zu sein. Das ist ersichtlich nicht der Fall. Die Neubesetzung der Berufungskommission ohne den Antragsteller berührt Individualrechte des Antragstellers ebenso wenig wie sein vermeintlicher Ausschluss und etwa die Ablehnung oder Unterlassung seiner erneuten Aufnahme. Denn sein persönlicher dienst- und korporationsrechtlicher Status als Hochschullehrer der Antragsgegnerin wird dadurch ebenso wenig geschmälert wie seine durch Art. 5 Abs. 3 GG grundrechtlich verbürgten Rechte wissenschaftlicher Betätigung in Forschung und Lehre.

Im Beschwerdeverfahren beruft sich der Antragsteller ausschließlich auf seine vermeintlichen Rechte als Mitglied der Berufungskommission, als welches er zur Mitwirkung berechtigt sei. Diese Rechte seien ihm rechtswidrig entzogen worden. Denn als Mitglied der Berufungskommission sei er für die Dauer ihrer Aufgabenerfüllung benannt worden, und für eine vorzeitige Beendigung gebe es keine Rechtsgrundlage. Dieses Vorbringen weist auf das Begehren im Rahmen eines hochschulverfassungsrechtlichen Interorganstreits zwischen dem Antragsteller nicht als Person, sondern als - vormaliger - Funktionsträger in der Berufungskommission als Gremium und dem Fakultätsrat als handelndem Organ der Fakultät (§ 70 Abs. 1 BerlHG).

Es kann auf sich beruhen, ob die Universität für dieses Begehren der richtige Antragsgegner ist. Der Streit betrifft allerdings nicht die Rechtmäßigkeit einer Verhaltensweise der Universität, sondern des Fakultätsrates für die Fakultät, deren Organ er ist und die ihrerseits die organisatorische Grundeinheit der Hochschule darstellt (§ 69 Abs. 1 Satz 1 BerlHG). Der Streit über die Rechtmäßigkeit des organschaftlichen Funktionsablaufs wird nämlich zwischen den organschaftlich strukturierten Beteiligten ausgetragen, während die Hochschule als diese umfassende, gemeinsame juristische Person des öffentlichen Rechts als Organträger selbst am Streit nicht beteiligt ist (Bethge in Achterberg/Püttner/ Würtenberger, Besonderes Verwaltungsrecht, Band I, 2. Aufl. 2000, Wissenschaftsrecht, Rdnr. 222, S. 1121). Auch im Rahmen eines hochschulverfassungsrechtlichen Interorganstreitverfahrens ist das Begehren des Antragstellers jedoch - unabhängig von der Frage nach dem richtigen Antragsgegner - unzulässig. Denn auch hier muss die Möglichkeit einer Verletzung subjektiver Rechte durch das andere Organ gemäß § 42 Abs. 2 VwGO analog bestehen (Bethge, a.a.O., Rdnr. 226 S. 1122; vgl. auch Kopp/Schenke, a.a.O., § 42 Rdnrn. 78, 80; Schoch, JuS 87, 783, 789 m.w.N.; BVerwG, NVwZ 1985, 112, 113; vgl. auch OVGE Bln 13, 47, 49) und schlüssig behauptet werden, weil anderenfalls dieses Streitverfahren ein objektives Beanstandungsverfahren darstellte. Das wäre mit dem auf Individualrechtsschutz angelegten System der Verwaltungsgerichtsordnung nicht zu vereinbaren (OVG Koblenz, NVwZ 1985, 283). An einer solchen eigenen Rechtsposition des Antragstellers, die durch die von ihm beanstandete Neubesetzung der Berufungskommission seitens des Fakultätsrats verletzt worden sein könnte, fehlt es.

Als Rechte, deren Verletzung geltend gemacht werden kann, kommen neben den subjektiven öffentlichen Rechten im traditionellen Sinne, den sog. Außenrechten, auch die sog. organschaftlichen Rechte und vergleichbaren "wehrfähigen" Innenrechtspositionen in Betracht, die einer natürlichen oder juristischen Person oder sonstigen beteiligungsfähigen Vereinigungen von der Rechtsordnung zur Wahrung eigener persönlicher oder "funktionaler" Interessen zuerkannt sind (Kopp/Schenke, a.a.O., § 42 Rdnr. 80). Das können namentlich mitgliedschaftliche Rechte auf Teilnahme (Kopp/Schenke, a.a.O.) und Mitwirkung (BVerwG, NVwZ 1985, 112, 113) sein. Allerdings begründet nicht jede Mitgliedschaft in einem Gremium derartige Rechtspositionen, dies umso weniger, je mehr der Mitgliedstatus sich in der Zugehörigkeit erschöpft. Es gibt keinen Grundsatz des Inhalts, dass die Zugehörigkeit zu einem Gremium stets mit einklagbaren Rechten verbunden ist. Es kommt auf das Gremium, namentlich auf dessen Aufgaben und den daran orientierten Zweck der Mitgliedschaft an. Wenn diese zur Zweckerreichung dem Schutz eigener Wahrnehmungsinteressen des Mitglieds dienen, kommen organschaftliche Rechte in Betracht. Ob die Körperschaftsverfassung den einzelnen Angehörigen eines Gremiums lediglich die Kompetenz zur Erfüllung ihrer Aufgabe zuweist oder sie darüber hinaus mit Rechten und Pflichten, also eigenen Wahrnehmungszuständigkeiten für die Aufgabenerfüllung ausstattet, ist durch Auslegung der maßgeblichen Normen zu ermitteln (Kopp/Schenke, a.a.O., Rdnr. 83), die den körperschaftsinternen Raum regeln (OVGE Bln 13, 47, 50).

Die einschlägigen Bestimmungen über Berufungskommissionen finden sich in § 73 BerlHG: Nach Abs. 1 Satz 1 kann der (dem Fachbereichsrat entsprechende) Fakultätsrat u.a. Kommissionen zu seiner Unterstützung und Beratung einsetzen, und er entscheidet nach Satz 2 über deren Aufgabenstellung und die Dauer der Einsetzung, Abs. 2 regelt die Benennung der Kommissionsmitglieder durch die Vertreter ihrer Mitgliedergruppen im Fakultätsrat, Abs. 3 definiert die Berufungskommissionen als Kommissionen zur Vorbereitung von Vorschlägen für die Berufung von Hochschullehrern und Hochschullehrerinnen und legt Mehrheitsverhältnisse fest. Diese Vorschriften regeln damit Befugnisse zur Einsetzung und Aufgabenstellung von Berufungskommissionen und bestimmen Art und Inhalt der Zusammensetzung. Status-, Teilnahme- und Mitwirkungsrechte der Mitglieder werden hingegen nicht erwähnt. Sie sind für die Erfüllung der spezifischen Aufgaben einer Berufungskommission auch nicht nötig.

Die Berufungskommission ist selbst kein Organ im Sinne des Hochschulrechts (§ 70 Abs. 1 BerlHG), sie hat hochschulorganisatorisch keine selbstständige Stellung und Bedeutung, sondern ist dem Fakultätsrat zugeordnet. Dieser kann, muss sie aber nicht einsetzen. Wird sie eingesetzt, beschränkt sich ihre Aufgabe auf die Unterstützung und Beratung des Fakultätsrats bei der Vorbereitung von Berufungsvorschlägen ohne eigene Entscheidungskompetenz. Sie macht mithin selbst keine Berufungsvorschläge, sondern erarbeitet sie für den Fakultätsrat, dessen Aufgabe es ist, die Vorschläge zu beschließen (§ 71 Abs. 1 Nr. 3 BerlHG). Nach außen tritt allein der Fakultätsrat auf, die Tätigkeit der Berufungskommission bleibt intern und akzessorisch. Die eigentliche Berufung erfolgt ohnehin nicht durch Hochschulorgane, sondern durch das zuständige Mitglied des Senats, dem der Berufungsvorschlag des Fakultätsrats (als des zuständigen Gremiums) rechtzeitig vorzulegen ist (§ 101 Abs. 1 bis 3 BerlHG). Nur dieser hat daher unmittelbar rechtlichen Einfluss auf die oberste Willensbildung. Der Einfluss der Berufungskommission beruht demgegenüber allein auf der fachlichen Kompetenz und Autorität ihrer Mitglieder und ist damit rein faktischer Natur.

Als solchermaßen nachgeordnetes und abhängiges Hilfsgremium des Fakultätsrats ist die Berufungskommission diesem gegenüber nicht mit einer selbstständigen Rechtsposition ausgestattet. Im Innenrechtsstreit kann die Ausstattung mit eigenen Rechten dann erforderlich und anzuerkennen sein, wenn innerorganisatorische Interessenkonflikte dadurch angelegt sind, dass mit der organisationsrechtlichen Zuweisung bestimmter Funktionen eine Förderung des pluralen Willensbildungsprozesses sowie eine Ausbalancierung unterschiedlicher Positionen angestrebt wird. In diesem Fall setzt die Funktionsfähigkeit des ausbalancierten Systems voraus, dass der Betroffene mit dem Recht ausgestattet sein muss, seine Befugnisse anderen gegenüber zu verteidigen (Schoch, JuS 1987, 783, 786). So liegt der Fall hier jedoch gerade nicht. Denn es fehlt insoweit an rechtlich relevanten konfliktträchtigen Interessengegensätzen, die es gebieten, der Berufungskommission eine spezifische Rechtsstellung und deshalb ihren Mitgliedern eigene Wahrnehmungszuständigkeiten einzuräumen. Die Innendifferenzierung der Hochschulorganisation dient in erster Linie dem reibungslosen Funktionsablauf, besteht also im Interesse der Arbeitsteilung der Organisation. Das gilt hier auf Grund der reinen Hilfs- und Unterstützungsfunktion der Berufungskommission in besonderem Maße. Es ist nicht denkbar, dass sie dem Fakultätsrat gegenüber in die Lage gerät und befähigt sein müsste, eigene Rechts- oder Interessenpositionen zu vertreten und durchzusetzen. Infolgedessen kommt ihr und ihren Mitgliedern lediglich die Berechtigung zu, bestimmte Aufgaben im Rahmen der Berufung eines Hochschullehrers oder einer Hochschullehrerin für das übergeordnete Organ wahrzunehmen, ohne dass dadurch eine "wehrfähige" Innenrechtsposition i.S. eines klagbaren subjektiven Rechts begründet wird (vgl. Schoch, a.a.O.).

Die Erwägungen der Beschwerde rechtfertigen keine andere Beurteilung.

Entgegen der Ansicht des Antragstellers stellt § 73 Abs. 2 BerlHG keine Mitwirkungsrechte der Kommissionsmitglieder begründende Schutznorm dar. Die Bestimmung regelt schon nicht die Mitgliedschaft in der Berufungskommission, sondern allein den technischen Vorgang ihres Zustandekommens. Ebenso wenig korrespondiert ggf. einer "Pflicht zur Mitwirkung ... zwangsläufig ein Recht auf Mitwirkung".

Auch die angenommene rechtliche Bindung des Fakultätsrats an einen "Vorschlag" der Berufungskommission besteht nicht. Es fehlt ihr bereits an einem "Vorschlagsrecht"; da sie nur unterstützt und berät, gibt sie lediglich Empfehlungen ab. Den Berufungsvorschlag macht erst der Fakultätsrat. Denn § 101 Abs. 2 BerlHG definiert den Berufungsvorschlag als eine Liste von Bewerbern, die der Fakultätsrat als das gemäß § 71 Abs. 1 Nr. 3 BerlHG zuständige Gremium beschließt. Dieser Berufungsvorschlag ist dem für Hochschulen zuständigen Senatsmitglied zur Entscheidung über die Berufung vorzulegen (§ 101 Abs. 1 und 3 BerlHG) und entfaltet in gewissem Umfang Bindungswirkungen gegenüber staatlichen Entscheidungsträgern (§ 101 Abs. 4 bis 7 BerlHG; vgl. BayVGH, NJW 2003, 1682, 1683). Der Einfluss der Berufungskommission ist demgegenüber rein faktisch. Er mag erheblich sein, beruht aber allein auf der Sachkunde der Mitglieder, nicht hingegen auf rechtlichen Bindungen oder Abweichungsverboten.

In der Sache liegt es nahe, dass dem Fakultätsrat aus seiner Befugnis, nicht nur über die Einsetzung der Berufungskommission, sondern auch über die Dauer der Einsetzung zu entscheiden, die Kompetenz zu ihrer vorzeitigen Auflösung oder zur Abberufung ihrer Mitglieder zusteht. Würde nämlich die Dauer der Einsetzung einer Kommission und die Zugehörigkeit ihrer Mitglieder stets durch die Erfüllung der Aufgabe bestimmt, deren Unterstützung und Beratung sie dienen soll, liefe die Regelung der Dauer ihrer Einsetzung leer. Die Bezugnahme des Antragstellers auf den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Sachsen-Anhalt vom 20. August 2001 - 2 M 169/01 - zur Berufung von Persönlichkeiten nach dem dortigen Landesgesetz über die Errichtung der S. in deren wissenschaftlichen Beirat rechtfertigt keine andere Beurteilung. Jener Beschluss und das Beschwerdevorbringen des Antragstellers lassen schon nicht erkennen, dass auch dort eine Entscheidungsbefugnis über die Einsetzungsdauer des Gremiums besteht. Die nicht zeitlich begrenzte, sondern auf Dauerhaftigkeit angelegte Aufgabenstellung des wissenschaftlichen Beirats der S. spricht eher dagegen. Ohne eine solche Befugnis wäre indes schon die Rechtslage nicht vergleichbar. Wenn ferner die Stiftungssatzung die Mitgliedschaft im Beirat auf fünf Jahre beschränkt, ist eine gesonderte Abberufungsbefugnis weniger notwendig als in Fällen ohne jede zeitliche Limitierung, in denen die Aufgabenerfüllung sich unabsehbare Zeit hinziehen kann. - Für den Fall des wichtigen Grundes erkennt im Übrigen auch der Antragsteller eine Abberufungsbefugnis an.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 2, 47 Abs. 1 Satz 1, 63 Abs. 3 Satz 1, 72 Nr. 1 GKG n.F.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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