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Gericht: Oberverwaltungsgericht Brandenburg
Beschluss verkündet am 27.08.2004
Aktenzeichen: 2 A 217/04.Z
Rechtsgebiete: VwGO, KAG
Vorschriften:
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1 | |
VwGO § 124 a Abs. 4 | |
VwGO § 124 a Abs. 4 Satz 4 | |
KAG § 8 Abs. 4 | |
KAG § 8 Abs. 7 Satz 2 |
OBERVERWALTUNGSGERICHT FÜR DAS LAND BRANDENBURG BESCHLUSS
In dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren
wegen Kanalanschlussbeitrag;
hier: Antrag auf Zulassung der Berufung
hat der 2. Senat durch
den Vorsitzenden Richter am ..., den Richter am ... und den Richter am ...
am 27. August 2004
beschlossen:
Tenor:
Der Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 8. März 2004 wird abgelehnt.
Der Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 4.608,-- € festgesetzt.
Gründe:
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
Zwar ist nicht auszuschließen, dass das Urteil des Verwaltungsgerichts in seinem Ergebnis bei Überprüfung in einem Berufungsverfahren keinen Bestand hätte, denn es ist vor Verabschiedung der neuen Beitragssatzung vom 14. April 2004 erlassen worden und konnte diese noch nicht berücksichtigen. Die im Erlass einer neuen Satzung liegende Änderung der Rechtslage ist im Berufungsverfahren zu berücksichtigen (vgl. zu Gesetzesänderungen BVerwG, Beschluss vom 15. Dezember 2003 - 7 AV 2.03 - NVwZ 2004, 744) und kann daher unter dem Gesichtspunkt ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zur Zulassung der Berufung führen, wenn im Zulassungsverfahren festgestellt werden kann, dass ein Heilungserfolg hinsichtlich der vom Verwaltungsgericht beanstandeten Mängel mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eingetreten ist. Die Prüfung erstreckt sich auch im Zulassungsverfahren - wenn auch nur summarisch - auf die formelle und materielle Gültigkeit der neuen Vorschriften, da nur dann von einer Veränderung der Rechtslage ausgegangen werden kann. Im Hinblick auf die Häufigkeit formeller Fehler beim Erlass kommunaler Satzungen erfordert die (summarische) Prüfung der formellen Gültigkeit grundsätzlich auch den Nachweis des Beschlusses, der Ausfertigung und der Bekanntmachung der Satzung; in materieller Hinsicht beschränkt sich die Prüfung im Zulassungsverfahren grundsätzlich auf die Kontrolle offensichtlicher Mängel und den Nachweis, dass die in erster Instanz aufgezeigten Fehler des für ungültig befundenen Satzungsrechts ausgeräumt worden sind. Die nach diesen Maßstäben erforderliche Prüfung kann indes nur anhand des Vertrages und von Unterlagen erfolgen, die die erstinstanzlich unterlegene Behörde, die sich auf den betreffenden Zulassungsgrund beruft, im Rahmen ihrer Verpflichtung aus § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO zur Darlegung der Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, vorgelegt hat (vgl. Beschluss des Senats vom 6. Mai 2004 - 2 A 178/02.Z - MittStGB Bbg. 2004, 205; bereits früher zum Beschwerdeverfahren: Beschluss des Senats vom 7. Juni 2002 - 2 B 66/02 - S. 6 f. des Beschlussabdrucks). Vorbringen und Unterlagen reichen hier schon nicht dafür aus, dem Senat die Prüfung zu ermöglichen, ob die Satzung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit gültiges Recht ist, weil weder dem Einlegungs- noch dem Begründungsschriftsatz der einschlägige Beschluss der Verbandsversammlung und die Ausfertigung der Satzung beigefügt waren. Nur anhand der Bekanntmachung kann die formelle Gültigkeit der Satzung nicht beurteilt werden. Das Vorbringen beschränkt sich insoweit auf die nicht näher unterlegte Behauptung, die Satzung sei formell gültig, die für eine nähere Prüfung anhand des geltenden Wahrscheinlichkeitsmaßstabes ebenso untauglich ist. Ob hier Beschluss und Ausfertigung der Satzung im Sinne einer nicht fristgebundenen Ergänzung der einzureichenden Satzungsunterlagen noch hätten vorgelegt werden können, weil es im vorliegenden Fall nicht um die Heilung formeller, sondern vielmehr um eine solche von materiellen Fehlern ging, mag offenbleiben. Denn der Senat vermag aufgrund der Zulassungsbegründung und der mit ihr vorgelegten Unterlagen selbst dann, wenn er die formelle Gültigkeit unterstellt, keine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür zu erkennen, dass die Satzung materiell gültig ist. Es ist nicht ersichtlich, dass die der bisherigen Beitragssatzung anhaftenden Mängel, welche das Verwaltungsgericht im Wesentlichen unter Bezugnahme auf das Urteil des Senats vom 3. Dezember 2003 - 2 A 417/01 -, das die inzidente Prüfung dieser Satzung einschloss, festgestellt hat, in für den angefochtenen Bescheid erheblicher Weise ausgeräumt sind. Dies wird zwar mit der Zulassungsbegründung behauptet, aber nicht im Einzelnen unterlegt. Insbesondere kann der Senat die Gültigkeit der Vorschrift über den Beitragssatz, der nach der neuen Satzung 2,33 €/Maßstabseinheit in m2 betragen soll, ohne die zugrunde liegende Kalkulation nicht mit der für eine Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit beurteilen. Die Zulassungsschrift enthält auch keine näheren Ausführungen und Nachweise dazu, nach welcher der in § 8 Abs. 4 KAG genannten Aufwandsermittlungsmethoden vorgegangen wurde, so dass die Aussagen zur Berücksichtigung von Flächen bei der Ermittlung der Maßstabseinheiten gleichsam "in der Luft" hängen und allenfalls Vermutungen zu den der neuen Satzung zugrunde liegenden Erwägungen eröffnen, die aber für die Feststellung des Zulassungsgrundes nicht ausreichen. Der schlichte Hinweis, dass die Kalkulation zu einem bestimmten Klageverfahren des Verwaltungsgerichts eingereicht wurde, genügt für die Darlegung nicht (vgl. Beschluss des Senats vom 25. Februar 2004 - 2 A 319/03.Z - S. 2 f. des Beschlussabdrucks).
Auch die Darlegungen zum Zulassungsgrund der besonderen rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) genügen nicht den Anforderungen, die gemäß § 124 a Abs. 4 VwGO insoweit an die Darlegung zu stellen sind. Die abstrakt gehaltenen Ausführungen zur Ergebnisoffenheit lassen die notwendige Auseinandersetzung mit dem Streitstoff vermissen. Hier nämlich hat das Urteil des Verwaltungsgerichts auf der Grundlage der von ihm berücksichtigungsfähigen Rechtslage eine zweifellos taugliche Begründung, die sich allein unter dem Gesichtspunkt einer Veränderung der Rechtslage in Frage stellen ließ. Hierzu bedurfte es aber zunächst ebenfalls einer prüffähigen Darlegung, dass sich die Rechtslage tatsächlich in beachtlicher Weise verändert hat. Jenseits solcher Darlegungen bestehende, im Zulassungsverfahren nicht abschließend im Hinblick auf den Maßstab des Zulassungsgrundes nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bewertbare offene Fragen hinsichtlich des Heilungserfolges einer neuen Satzung mögen geeignet sein, zur Zulassung der Berufung zu führen. Hier fehlt es aus den dargelegten Gründen schon an der Möglichkeit einer Beurteilung, ob eine die Begründung des Verwaltungsgerichts in Frage stellende Änderung der satzungsmäßigen Grundlage eingetreten ist. Auf die als schwierig angesehene Rechtsfrage, ob sog. altangeschlossene Grundstücke nach dem Zweiten Gesetz zur Entlastung der Kommunen von Pflichtigen Aufgaben und der damit verbundenen Ergänzung des § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG noch zu Beiträgen herangezogen werden können, käme es hingegen in einem Berufungsverfahren nicht an, wenn - wie dem Zulassungsvorbringen entnommen werden kann - ihre Flächen jedenfalls bei der Flächenberechnung berücksichtigt wurden und weiter unterstellt wird - was dem Vorbringen so nicht entnommen werden kann -, es würde wie bisher nach den tatsächlichen Aufwendungen kalkuliert. Denn die Anschlussmöglichkeit für das beitragsbefangene Grundstück ist erst im Jahre 2002 geschaffen worden, so dass sich Probleme hinsichtlich des Ablaufs der Festsetzungsfrist unter keinem tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkt stellen können.
Aus diesen Gründen sowie der unzureichenden Darlegung einer Heilung der Beitragssatzung besitzt die Rechtssache auch nicht die ihr vom Beklagten beigemessene grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Mit der Zulassungsbegründung wird nicht dargelegt, warum es für die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Beitragsforderung auf die Frage der Beitragsfähigkeit sog. altangeschlossener Grundstücke in einem Berufungsverfahren ankommen sollte. Das Zulassungsvorbringen verkennt darüber hinaus, dass sowohl die Frage der Berücksichtigung sog. altangeschlossener Grundstücke bei einer Beitragskalkulation nach den tatsächlichen Herstellungsaufwendungen als auch diejenige der grundsätzlichen Beitragsfähigkeit sog. altangeschlossener Grundstücke in der Rechtsprechung des Senats bereits grundsätzlich geklärt sind (vgl. Urteile vom 12. April 2001 - 2 D 73/00.NE -, vom 5. Dezember 2001 - 2 A 611/00 - MittStGB Bbg. 2002, 126 und vom 3. Dezember 2003 - 2 A 417/01 -) und sich lediglich - aber nicht im vorliegenden Fall - aufgrund der ab 1. Februar 2004 geänderten Bestimmung des § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG die Frage erneut stellt, ob für sog. altangeschlossene Grundstücke, die noch nicht veranlagt wurden, bereits vor der Rechtsänderung Festsetzungsverjährung eingetreten ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 13 Abs. 2, 14 Abs. 1 und 3 des Gerichtskostengesetzes, das hier noch in der bis zum Ablauf des 30. Juni 2004 geltenden Fassung anzuwenden ist - GKG a.F. - (vgl. § 72 Nr. 1 GKG in der Fassung des Art. 1 des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts vom 5. Mai 2004, BGBl. I S. 718).
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 25 Abs. 3 Satz 2 GKG a.F.).
Ende der Entscheidung
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