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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Brandenburg
Beschluss verkündet am 18.08.2004
Aktenzeichen: 2 B 213/04
Rechtsgebiete: VwGO, KAG Bbg, BBodSchG, GKG


Vorschriften:

VwGO § 146 Abs. 1
VwGO § 146 Abs. 4
KAG Bbg § 8 Abs. 2 Satz 1
BBodSchG § 4 Abs. 3
GKG § 71 Abs. 1 Satz 2 n. F.
Zum beitragsfähigen Aufwand einer Straßenausbaumaßnahme gehört grundsätzlich der Aufwand, der in Erfüllung des Bauprogramms verursacht wird und der erforderlich ist, wobei bei der Beurteilung der Erforderlichkeit der Gemeinde ein Ermessensspielraum zusteht. Insbesondere sind sogenannte Freilegungskosten beitragsfähig, die erforderlich sind und dazu dienen, Hindernisse im oder unter dem Straßenraum zu beseitigen, welche der Realisierung eines Bauprogramms entgegenstehen.
OBERVERWALTUNGSGERICHT FÜR DAS LAND BRANDENBURG BESCHLUSS

2 B 213/04

In dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren

hat der 2. Senat durch

den Vorsitzenden Richter am ..., den Richter am ... und den Richter am ...

am 18. August 2004

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 22. Juni 2004 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 1.438,00 € festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde (§ 146 Abs. 1 u. 4 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -), mit der der Antragsteller seinen vom Verwaltungsgericht abgelehnten Antrag, die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen den Straßenbaubeitragsbescheid betreffend die Ausbaumaßnahme an den Straßen "..." (bis zur Brücke am ...) in der Gemarkung ....... anzuordnen, weiter verfolgt, hat keinen Erfolg.

Gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO überprüft das Oberverwaltungsgericht in den Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes - in einer ersten Prüfungsstufe - nur die zur Rechtfertigung der Beschwerde dargelegten Gründe. Soweit es danach um die Frage geht, ob die Begründung des Verwaltungsgerichtes geeignet ist, das Beschlussergebnis zu tragen, ist demnach die Prüfung des Oberverwaltungsgerichtes auf diese Darlegungen beschränkt (vgl. näher u.a. Beschluss des Senates vom 27. November 2003 - 2 B 303/03 - LKV 2004, 275 m.w.N.).

Die Darlegungen des Antragstellers rechtfertigen keine Änderung der angefochtenen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Straßenbaubeitragsbescheides keine ernstlichen Zweifel i.S.v. § 80 Abs. 5 i.V.m. § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO (analog) bestehen.

Soweit der Antragsteller rügt, die angegriffene Entscheidung "versage" wegen der nur erfolgten summarischen Prüfung und habe - soweit er offensichtliche Anhaltspunkte gegen die Rechtmäßigkeit des Bescheides vorgetragen habe - die Nichtgewährung von einstweiligem Rechtsschutz zur Folge, berücksichtigt dies den Entscheidungsmaßstab für das vorläufige Rechtsschutzverfahren gegen Abgabenbescheide (§ 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht hinreichend. Das Verwaltungsgericht stellt auf der Grundlage der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. u. a. Beschlüsse des Senats vom 27. November 2003, a.a.O. und vom 15. September 2003 - 2 B 130/02 - KStZ 2004, 54 jeweils m.w.N.) zutreffend darauf ab, dass ernstliche Zweifel i.S. des § 80 Abs. 5 i.V.m. Abs. 4 Satz 3 VwGO erst gegeben sind, wenn der Erfolg des Rechtsbehelfs in der Hauptsache wahrscheinlicher ist als dessen Misserfolg und der Prüfungsrahmen im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegenüber der Vollprüfung im Hauptsacheverfahren eingeschränkt ist. Das Gericht hat sich auf die (summarische) Kontrolle der äußeren (formellen) Gültigkeit der Norm und sich ersichtlich aufdrängender materieller Satzungsfehler sowie die Prüfung spezieller Einwände des Antragstellers gegen das Satzungsrecht und die sonstigen Voraussetzungen der Abgabenerhebung zu beschränken, wobei die Prüfung der Einwendungen des Antragstellers dort ihre Grenze findet, wo es um die Klärung schwieriger Rechts- und Tatsachenfragen geht. Geht es bei der Bewertung der Rechtmäßigkeit des Abgabenbescheides um derartige schwierige Tatsachen- oder Rechtsfragen, die im Hinblick auf den nur summarischen Charakter des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO nicht abschließend zu klären sind, scheiden ernstliche Zweifel im Sinne des Gesetzes aus und verbleibt es bei der sofortigen Vollziehbarkeit des Abgabenbescheides i. S. v. § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 VwGO.

Gemessen an diesem Maßstab begründen die Einwendungen des Antragstellers gegen den Umfang des beitragsfähigen Aufwandes keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Straßenbaubeitragsbescheides.

Dies gilt zunächst für die Erwägungen des Verwaltungsgerichtes, dass im Rahmen der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren lediglich gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage die Geldleistungen für die Bergung und Entsorgung des unterirdischen Tanks (einer ehemaligen Tankstelle) unter dem Gesichtspunkt von Freilegungskosten in den beitragsfähigen Aufwand einbezogen werden dürfen. Der angefochtene Beschluss wird insoweit durch die Darlegungen des Antragstellers nicht entscheidungserheblich erschüttert.

Welche Aufwendungen zum beitragsfähigen Aufwand gehören, regelt § 8 KAG (mit Ausnahme seines Abs. 4) nicht im Einzelnen. Aus der Bestimmung des § 8 Abs. 2 Satz 1 KAG, wonach (Straßenbau-)Beiträge dem Ersatz des Aufwands für die Herstellung, Anschaffung, Erweiterung und Verbesserung öffentlicher Einrichtungen und Anlagen dienen, ergibt sich, dass grundsätzlich der Aufwand beitragsfähig ist, der durch eine derartige Maßnahme in Erfüllung des Bauprogramms verursacht wird und erforderlich ist, wobei bei der Beurteilung der Erforderlichkeit der Gemeinde ein Ermessensspielraum zusteht. Auch (unvorhersehbarer) Aufwand für im Bauprogramm nicht ausdrücklich vorgesehene Arbeitsvorgänge oder Maßnahmen kann beitragspflichtig sein, wenn er in einem unmittelbaren ausbautechnischen Zusammenhang mit der Maßnahme steht. Insbesondere sind sogenannte Freilegungskosten beitragsfähig, die erforderlich sind und dazu dienen, Hindernisse im oder unter dem Straßenraum zu beseitigen, welche der Realisierung eines Bauprogramms entgegenstehen (vgl. OVG NW, Urteil vom 22. November 1990 - 2 A 2223/86 -, ZKF 1991, 254 Ls. 2; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 7. Aufl., 2004, § 33 Rdnr. 36). Aufwand für Maßnahmen, die nicht die öffentliche Einrichtung oder Anlage selbst zum Gegenstand haben und nicht sonst in einem unmittelbaren bautechnischen Zusammenhang stehen, sind hingegen nicht beitragsfähig. Arbeiten auf Privatgrundstücken werden daher grundsätzlich als nicht beitragsfähiger Aufwand angesehen (vgl. Dietzel/Hinsen/Kallerhoff, Straßenbaubeitragsrecht nach § 8 KAG NW, 4. Aufl. Rdnr. 147 m. w.N.).

Nach diesen Grundsätzen spricht alleine die etwaige Belegenheit des Tanks außerhalb des Straßenraumes, auf die sich die Beschwerde beruft, jedenfalls nicht mit der erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit gegen die Einbeziehung der Kosten für die Bergung und Entsorgung des unterirdischen Tanks in den beitragsfähigen Aufwand. Ob die Bewertung des Antragsgegners und des Verwaltungsgerichtes, wonach die Beseitigung des Tanks in unmittelbaren bautechnischen Zusammenhang mit der Erfüllung des Bauprogramms steht und es sich danach um beitragsfähigen Aufwand handelt, zutrifft, ist zumindest eine offene Frage. Für die Berücksichtigung des Aufwandes könnte sprechen, dass der unterirdische Tank einschließlich seiner Zuleitungen im Zusammenhang mit dem Ausbau der Abschnitte "..." aufgefunden wurde und - worauf die Schreiben des Ingenieurbüros ... vom 11. und 23. April 2001 (die Bestandteil der dem Gericht vorgelegten Verwaltungsvorgänge sind) hindeuten - sich in der von der Ausbaumaßnahme betroffenen Fläche befand, weil es in den Schreiben heißt, dass der Tank "in der Rw-Trasse", also der vorgesehenen Regenwassertrasse, gefunden wurde und an anderer Stelle, dass der Tank "im südlichen Randstreifen" (der Straße) zwischen Pumpwerk und Fußweg gefunden wurde. Das deutet drauf hin, dass seine Bergung als Beseitigung eines faktischen Hindernisses zur Realisierung der Baumaßnahmen an der Straße ursächlich und erforderlich war. Die Behauptung des Antragstellers, dass der unterirdische Tank "nicht im Straßenbereich", sondern in einem anliegenden Grundstück belegen war, stellt die Beitragsfähigkeit des Aufwandes, abgesehen davon, dass sie nicht durch Unterlagen (z. B. Fotos, Skizzen) oder andere Beweisangebote (z.B. Zeugen) untermauert ist, im summarischen Verfahren nicht in Frage. Eine abschließende Klärung dieser Tatsachen- und Rechtsfragen muss daher dem Hauptsacheverfahren überlassen bleiben, wobei das Verwaltungsgericht nicht nur zu klären haben wird, wo sich der unterirdische Tank befunden hat, sondern ob seine Bergung und Entsorgung in erster Linie zur Realisierung der Straßenbaumaßnahmen oder (auch) und ggf. in welchem Umfang der Erfüllung der Verpflichtung des Grundstückseigentümers oder der anderen Verantwortlichen den Boden und mögliche Altlasten zu sanieren (vgl. dazu § 4 Abs. 3 Bundes-Bodenschutzgesetz), diente. Letzteres könnte zur Folge haben, dass nur ein Teil des Aufwandes der Bergung und der Entsorgung des unterirdischen Tankes beitragsfähig i.S.v. § 8 Abs. 2 Satz 1 KAG ist.

Auch soweit der Antragsteller sinngemäß darlegt, dass die Entwässerungsanlagen in der Straße "Im Grund" auch die Oberflächenentwässerung anderer (höhergelegener) Straßen, insbesondere der Straßen "..." und "Straße des ..." dient, worauf auch das vom Antragsgegner vorgelegte Regenwasserkonzept der Ingenieurgesellschaft ... (Bl. 445 ff. des Verwaltungsvorganges) spricht, rechtfertigt dies die Abänderung der angefochtenen Entscheidung nicht. Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Beantwortung der in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht schwierigen Frage, ob und ggf. inwieweit die Aufnahme bzw. Durchleitung von auf anderen gelegenen Straßen angefallenem Regenwasser durch die abgerechnete Entwässerungseinrichtung sich bei der Beitragserhebung auswirken, dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben muss. Zur Klärung dieser Frage im Hauptsacheverfahren dürfte es sich in erster Linie nicht, wie der Antragsteller meint, "um ein Problem der Abschnittsbildung" (vgl. § 8 Abs. 5 KAG) und dessen Überprüfung am Maßstab des aus dem allgemeinen Gleichheitssatz folgenden Willkürverbotes (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 18. November 2002 - 9 C 2.02 -, BVerwGE 117, 200) handeln. Vielmehr geht es im Kern um die schwierig zu ermittelnde Tatsachenfrage und die sich daran anschließenden Rechtsfragen, in welchem Umfang der Aufwand der Oberflächenentwässerungsanlage beitragsfähig ist, weil sie der Straßenentwässerung der ausgebauten Straße dient (vgl. dazu Dietzel/Hinsen/Kallerhoff, a. a. O., Rdnr. 163 ff. m. w. N.). Die insoweit erforderliche Sachverhaltsaufklärung kann im summarischen Verfahren in der Regel nicht vorgenommen werden und muss daher dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.

Auch soweit der Antragsteller sinngemäß vorträgt, die vom Antragsgegner abgerechneten Aufwendungen der Straßenbaumaßnahme seien hinsichtlich der Kosten, "insbesondere im Hinblick auf die entstandenen Mehrkosten", nicht nachvollziehbar, die Planung und die Bieterauswahl sei fehlerhaft und die Abrechnung des Architektenhonorars sei "fälschlich", entspricht die Beschwerdebegründung nicht den Darlegungsanforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO. Der Antragsteller hat insoweit auch die im Hinblick auf den eingeschränkten Prüfungsrahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens erforderliche Sichtung und rechtliche Durchdringung des konkreten Streitstoffes zum umlagefähigen Aufwand nicht vorgenommen und nicht substantiiert dargelegt, dass und wo der Antragsgegner seinen Spielraum bei der Beurteilung der Erforderlichkeit des Aufwandes überschritten hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Für die Streitwertfestsetzung gilt das Gerichtskostengesetz - GKG - i. d. F. vom 5. Mai 2004 (BGBl. I, 718), da die Beschwerde des Antragstellers nach In-Kraft-Treten der Gesetzesänderung am 1. Juli 2004 eingelegt wurde (vgl. § 71 Abs. 1 Satz 2 GKG). Die Streitwertfestsetzung in Höhe eines Viertels des herangezogenen Straßenbaubeitrages beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 3, 47 Abs. 1 und 3 GKG in Anlehnung an I Nr. 7 Satz 1 des Streitwertkataloges (NVwZ 1996, 563).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 68 Abs. 1 Satz 4 GKG i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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