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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Brandenburg
Beschluss verkündet am 07.12.2004
Aktenzeichen: 2 D 14/02.NE
Rechtsgebiete: VwGO, ZPO, GG


Vorschriften:

VwGO § 47 Abs. 5 Satz 2
VwGO § 82
VwGO § 133
VwGO § 133 Abs. 5 Satz 3
VwGO § 153 Abs. 1
ZPO §§ 578 ff.
GG Art. 19 Abs. 4
GG Art. 20 Abs. 3
Die Darlegung eines Sachverhalts in der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision, der einen Wiederaufnahmegrund darstellen könnte, wahrt nicht - jedenfalls nicht ohne weiteres - die Frist für eine nach Rechtskraft des Urteils erhobene Restitutionsklage.
OBERVERWALTUNGSGERICHT FÜR DAS LAND BRANDENBURG BESCHLUSS

2 D 14/02.NE

In dem Normenkontrollverfahren

wegen Normenkontrolle einer Jagdsteuersatzung;

hier: Wiederaufnahme des Verfahrens durch Restitutionsklage

hat der 2. Senat am 7. Dezember 2004 durch

den Vorsitzenden Richter am ..., den Richter am ..., den Richter am ..., die ehrenamtliche Richterin ..., den ehrenamtlichen ...

beschlossen:

Tenor:

Die Restitutionsklage wird verworfen.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Wiederaufnahmeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Wiederaufnahmeverfahren wird auf 8.000,00 € festgesetzt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Antragsgegner erstrebt die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Normenkontrollverfahrens im Wege der Restitutionsklage.

Der Senat hat mit Urteil vom 19. Februar 2003 (- 2 D 14/02.NE -, Jagdrechtliche Entscheidungen XVI Nr 80) festgestellt, dass die §§ 1 bis 8 der Jagd- und Jagderlaubnissteuersatzung des Landkreises Oder-Spree vom 21. Dezember 1999 nichtig sind, soweit sie die Jagdsteuer betreffen. Die Revision wurde nicht zugelassen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 KAG (a. F.) erteilten kommunalaufsichtlichen Genehmigung die zur erstmaligen Einführung der Jagdsteuer erforderliche ministerielle Zustimmung fehle. Das Ministerium des Innern habe mit Schreiben vom 1. Juli 2002 ausdrücklich erklärt, dass eine ministerielle Zustimmung zur Einführung der Jagdsteuer im Land Brandenburg (bisher) nicht erteilt worden sei.

Der Antragsgegner hat am 23. April 2003 ausdrücklich "Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision" eingelegt. Zur Begründung machte er in erster Linie geltend, dass das Oberverwaltungsgericht aufgrund einer unrichtigen Tatsachengrundlage entschieden habe. Erst nach der mündlichen Verhandlung in dem Normenkontrollverfahren und der Verkündung des Urteils seien im Archiv des Ministeriums des Innern Unterlagen aufgefunden worden, über die der Antragsgegner dann informiert worden sei. Das Ministerium des Innern und das Ministerium der Finanzen hätten nach diesen Unterlagen die Zustimmung zur Genehmigung der ersten Jagdsteuersatzung, nämlich der Satzung des Landkreises Beeskow, mit Schreiben vom 22. Oktober 1993 erteilt. Das Ministerium habe dies auch mit dem Runderlass III Nr. 88/92 - der im Internet verfügbar gewesen sei - bekannt gegeben. Beglaubigte Unterlagen über diese Zustimmung seien den Vertretern des Antragsgegners am 3. April 2003 vom Ministerium des Innern übergeben worden.

Der Senat hat der Nichtzulassungsbeschwerde nicht abgeholfen. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 27. Juni 2003 (- 9 BN 5/03 - veröffentlicht in Juris) die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die Beschwerde einen Revisionszulassungsgrund i. S. d. § 132 Abs. 2 VwGO nicht aufzeige. Darüber hinaus führte es aus, es könne dahinstehen, ob die Beschwerde mit ihrem Vortrag, nach der mündlichen Verhandlung seien die Unterlagen über die Genehmigung der Jagdsteuersatzung im Archiv des Ministeriums des Innern aufgefunden worden, einen Wiederaufnahmegrund i. S. d. § 580 Nr. 7 Buchst. b ZPO i.V.m. § 153 Abs. 1 VwGO dargetan hat. Die Zuständigkeit, über einen Wiederaufnahmeantrag zu befinden, läge nach § 584 Abs. 1 ZPO nicht beim Revisionsgericht. Der ablehnende Beschluss wurde durch die Geschäftsstelle des 9. Senats am 10. Juli 2003 aus dem Bundesverwaltungsgericht an die Post gegeben.

Mit Schriftsatz vom 28. Oktober 2003, der am 4. November 2003 beim Oberverwaltungsgericht eingegangen ist, teilte der Antragsgegner "klarstellend noch einmal" mit, dass der mit Schriftsatz von 23. April 2003 gestellte Antrag auf Nichtzulassungsbeschwerde auch als Antrag auf die Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 153 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 580 Nr. 7 Buchst. b ZPO "zu werten" sei. Der Antragsgegner ist der Ansicht, dass die Restitutionsklage bereits am 23. April 2003 fristgerecht erhoben worden sei. Sie sei konkludent mit dem Antrag auf Nichtzulassungsbeschwerde gestellt worden. Es sei ausführlich zu dem Wiederaufnahmegrund des § 580 Nr. 7 ZPO ausgeführt worden, auch wenn die Norm nicht explizit genannt worden sei. Aus der Begründung sei ersichtlich gewesen, dass der Antragsgegner begehrt habe, dass die nachträglich bekannt gewordenen Urkunden in einer neuen Entscheidung des Gerichts berücksichtigt werden sollten. Zudem gebiete das verfassungsrechtliche Gebot des effektiven Rechtsschutzes eine Auslegung zu Gunsten des Antragsgegners. Das Gericht habe hier das Rechtsschutzziel im Wege der Umdeutung erkennen können und gemäß § 86 VwGO eine Klarstellung anregen müssen.

Der Antragsgegner beantragt sinngemäß im Wiederaufnahmeverfahren,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Brandenburg vom 19. Februar 2003 - 2 D 14/02.NE - aufzuheben und den Normenkontrollantrag abzulehnen.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

die Klage zurückzuweisen.

Die Klage auf Wiederaufnahme des Verfahrens sei unzulässig, da sie erstmals mit Schriftsatz vom 28. Oktober 2003 und damit nicht fristgerecht erhoben worden sei.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Streitakten Bezug genommen.

II.

Nach § 153 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 585, 589 Abs. 1 Satz 2 ZPO und § 47 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann der Senat die Wiederaufnahmeklage nach der hier erfolgten vorherigen Anhörung der Beteiligten durch Beschluss als unzulässig verwerfen, da er eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (vgl. BVerwG, Beschluss vom 31. Oktober 1995 - 5 B 176.95 - Buchholz 310 § 153 VwGO Nr. 29, für das Berufungsverfahren). Das Oberverwaltungsgericht entscheidet in der für die abschließende Entscheidung im Normenkontrollverfahren gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 BbgVwGG vorgeschriebenen Besetzung von drei Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern; an dieser Besetzung ändert sich nichts dadurch, dass das Oberverwaltungsgericht hier ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entscheidet (vgl. näher BVerwG, Entscheidung vom 18. September 1985 - 2 N 1.84 -, BVerwGE 72, 122).

Die Klage auf Wiederaufnahme des Normenkontrollverfahrens durch Restitutionsklage (vgl. § 153 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 578 Abs. 1, 580 Nr. 7 Buchst. b, 585 ff. ZPO) ist unzulässig i.S. von § 153 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 589 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Der Senat kann offen lassen, ob die Aufhebung des Urteils vom 19. Februar 2003, in dem eine satzungsrechtliche Norm für nichtig erklärt wurde (vgl. § 47 Abs. 1 Satz 2 VwGO), im Wege der Restitutionsklage überhaupt erreicht werden kann. Nach allgemeiner Ansicht (vgl. u.a. VGH BW, Beschluss vom 26. März 1963 -1332/62 -, ESVGH 13, 79; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 153 Abs. 1 Rdnr. 5; Sodan/Ziekow, VwGO, § 153 Rdnr. 17; Kopp/Schenke, VwGO § 153 Rdnr. 5, Eyermann, VwGO, 10. Aufl. § 153 Rdnr. 5) wird eine Wiederaufnahmeklage in Normenkontrollverfahren, in denen festgestellt wurde, dass angegriffene Normen nichtig sind, für unstatthaft gehalten, da eine einmal für nichtig erklärte Vorschrift (vgl. § 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO) nicht wieder aufleben könne.

Die vorliegende Restitutionsklage ist jedenfalls unzulässig, weil sie schon nicht fristgerecht erhoben worden ist.

Die Klage ist nach § 153 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 586 Abs. 1 Satz 1 ZPO vor Ablauf der Notfrist eines Monats zu erheben. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem die Partei von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erhalten hat, jedoch nicht vor eingetretener Rechtskraft des Urteils (§ 153 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 586 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Vom Anfechtungsgrund hat eine Partei Kenntnis, wenn sie die Tatsachen, die zur Wiederaufnahme des Verfahrens berechtigen, kennt; auf die zutreffende rechtliche Einordnung kommt es nicht an (vgl. Schoch/ Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 153 Rdnr. 17; Sodan/Ziekow, VwGO, § 153 Rdnr. 35). Die Rechtskraft eines erfolglos mit der Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesverwaltungsgericht angefochtenen Urteils tritt nach § 133 Abs. 5 Satz 3 VwGO mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundesverwaltungsgericht ein. Dessen Beschluss wird in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er endgültig aus dem Verfügungsbereich des Spruchkörpers hinausgelangt, so dass auch ein Zurückholen in den Spruchkörper tatsächlich nicht mehr möglich ist. Danach tritt die Rechtskraft der angefochtenen Entscheidung mit der Herausgabe des Beschlusses über die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde aus dem Gerichtsgebäude zur Beförderung mit der Post ein (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Januar 1994 - 6 C 2.92 - BVerwGE 95, 64).

Nach diesen Grundsätzen ist die Klage hier nicht fristgerecht erhoben worden. Die Frist zur Erhebung der Restitutionsklage begann am 10. Juli 2003 zu laufen. Die Vertreter des Antragsgegners haben nach ihrem eigenen Vorbringen bereits am 3. April 2003 beglaubigte Kopien der Unterlagen über die Zustimmung des Ministeriums des Innern und des Ministeriums der Finanzen zur erstmaligen Einführung einer Jagdsteuersatzung und damit Kenntnis von den zur Wiederaufnahme berechtigenden Tatsachen erhalten. Die Klagefrist begann nach § 153 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 586 Abs. 2 Satz 1 ZPO mit Eintritt der Rechtskraft des Urteils des Oberverwaltungsgerichts vom 19. Februar 2003 und damit zu einem nach der Kenntnisnahme von Wiederaufnahmegrund liegenden Zeitpunkt. Der die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision zurückweisende Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Juni 2003 ist am 10. Juli 2003 zur Beförderung an die Post herausgegeben worden. Dies ist durch den in der Gerichtsakte befindlichen "Ab-Vermerk" der Geschäftsstelle des 9. Senats des Bundesverwaltungsgerichts dokumentiert worden. Die Frist zur Erhebung der Klage endete demnach gemäß § 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 222 Abs. 2 ZPO am 11. August 2003, da der 10. August 2003 ein Sonntag war. Die Restitutionsklage des Antragsgegners ist aber erst am 4. November 2003 beim Oberverwaltungsgericht - und damit nicht fristgerecht - erhoben worden.

Entgegen der Ansicht des Antragsgegners ist die Restitutionsklage nicht bereits am 23. April 2003 mit Eingang des Schriftsatzes über die Einlegung der "Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision" oder mit Eingang deren Begründung am 20. Mai 2004 beim Oberverwaltungsgericht erhoben worden.

Die Erhebung einer Restitutionsklage richtet sich gemäß § 153 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 585 ZPO grundsätzlich nach der allgemeinen Vorschrift des § 82 VwGO (vgl. Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 153 Rdnr. 16). Danach muss die Klage den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen. Zudem muss in der Klage die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Nichtigkeits- oder Restitutionsklage gerichtet wird, und die Erklärung, welche dieser Klagen erhoben wird, enthalten sein (§ 153 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 587 ZPO). Zwar ist es nicht unbedingt notwendig, dass das Wiederaufnahmebegehren ausdrücklich als solches in der Klageschrift bezeichnet wird, und es muss auch nicht ausdrücklich erklärt werden, ob Nichtigkeits- oder Restitutionsklage erhoben wird, wenn sich das Gewollte mit hinreichender Deutlichkeit aus dem Inhalt des Gesuchs entnehmen lässt (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 26. Aufl. § 587 Rdnr. 1, Sodan/Ziekow, VwGO, § 153 Rdnr. 30). Das Gericht hat bei der Erfassung des Klagebegehrens nämlich das tatsächliche Rechtsschutzziel zu ermitteln. Insoweit gelten die für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden allgemeinen Grundsätze - §§ 133, 157 BGB - (BVerwG, Beschluss vom 17. Mai 2004 - 9 B 29.04 - zu § 82 VwGO). Aus der Klageschrift muss sich aber zumindest im Wege der Auslegung mit hinreichender Deutlichkeit ergeben, dass der Rechtsbehelfsführer die gerichtliche Wiederaufnahme eines (rechtskräftig) abgeschlossenen Gerichtsverfahrens begehrt (Sodan/Ziekow, VwGO, § 153 Rdnr. 30).

Das ist indessen nicht der Fall. Eine Auslegung und Würdigung der Nichtzulassungsbeschwerde des Antragsgegners vom 23. April 2003 ergibt auch unter Berücksichtigung ihrer Begründung vom 20. Mai 2003 nicht mit hinreichender Deutlichkeit, dass der Antragsgegner bereits zum damaligen Zeitpunkt auch die Wiederaufnahme des gerichtlichen Verfahrens durch Restitutionsklage begehrte.

Der Antragsgegner hat ausdrücklich "Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision" eingelegt und beantragt, die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 19. Februar 2003 aufzuheben und die Revision zuzulassen. Auch in der Begründung des Rechtsmittels ist nur von der Erhebung einer Nichtzulassungsbeschwerde und nicht von der Wiederaufnahme des Verfahrens die Rede. Angesichts dieser klaren Anträge wird deutlich, dass Rechtsschutzziel des Antragsgegners damals nicht die gerichtliche Wiederaufnahme des - damals noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen - Gerichtsverfahrens durch das Oberverwaltungsgericht - als Gericht, das im ersten Rechtsschutz über den Normenkontrollantrag erkannt hat (vgl. § 584 ZPO) - war, sondern ausschließlich die Zulassung der Revision und damit die Überprüfung der Sache in einem Revisionsverfahren durch das Bundesverwaltungsgericht. Vor diesem Hintergrund bestand auch nicht, wie der Antragsgegner meint, nach § 86 Abs. 2 VwGO eine Pflicht, auf eine Klarstellung des Antrags im Sinne eines Wiederaufnahmeantrages hinzuwirken oder den gestellten Antrag gar umzudeuten, zumal die prozessuale Fürsorgepflicht des Gerichts gegenüber dem Antragsgegner als Landkreis, der sich des volljuristischen Sachverstandes seines - mit einem Kreisoberrechtsrat besetzten - Rechtsamts bediente, weniger weit reicht als gegenüber einem nicht rechtskundigen Beteiligten.

Die Beschwerde und ihre Begründung enthalten auch sonst keine Anhaltspunkte, dass bereits damals das Rechtsschutzziel des Antragsgegners auf die Wiederaufnahme des Verfahrens vor dem Oberverwaltungsgericht gerichtet war. Ein Wiederaufnahmebegehren unter Bezeichnung der Regelungen über den Wiederaufnahmegrund nach § 580 Nr. 7 b ZPO i.V.m. § 153 ZPO wird weder ausdrücklich geltend gemacht noch wird es sonst hinreichend deutlich. Allein aus dem Umstand, dass der Antragsgegner mitteilte, dass im Archiv des Ministeriums des Innern nach Verkündung des Urteils Unterlagen zur erstmaligen Genehmigung einer Jagdsteuersatzung aufgefunden worden seien, lässt sich nicht ableiten, dass der Antragsgegner in Hinblick auf die Regelung des § 580 Nr. 7 b ZPO die Wiederaufnahme des Verfahrens begehrte. Denn der Antragsgegner führte dies im Schriftsatz vom 20. Mai 2003 ausschließlich zur Begründung der "Beschwerde" aus, mit der ein Verstoß der richterlichen Sachaufklärungspflicht als Revisionsgrund (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 86 Abs. 1 VwGO) gerügt wurde. Erst recht kann dem Inhalt der Beschwerdebegründung nichts für die nach § 153 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 587 ZPO erforderliche Erklärung entnommen werden, ob die Klage als Nichtigkeits- oder Restitutionsklage erhoben wird. Inwieweit es zur Zeit der Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde und ihrer Begründung prozessual schon den Interessen des Antragsgegners hätte entsprechen können, neben oder anstelle des betreffenden Beschwerdeverfahrens eine Wiederaufnahme des Verfahrens im Wege der Restitutionsklage zu betreiben, bedarf keiner näheren Prüfung. Es ist grundsätzlich Sache des - insbesondere juristisch vertretenen - Verfahrensbeteiligten, sich hinsichtlich der prozessualen Möglichkeiten der Verfahrensführung, der Fortführung des Verfahrens und seiner Wiederaufnahme selbst schlüssig zu werden und sich entsprechend zu artikulieren; eine gerichtliche Belehrungspflicht besteht von Gesetzes wegen nur hinsichtlich des Rechtsmittels (vgl. § 117 Abs. 2 Nr. 6 VwGO). Insofern wäre es Sache des Antragsgegners gewesen, ggf. zum Ausdruck zu bringen, dass im Falle einer Zurückweisung der Beschwerde ein Wiederaufnahmeverfahren betrieben werden solle. Ob damit dann auch die Frist des § 586 Abs. 1 ZPO hätte gewahrt werden können, kann hier offen bleiben, da es - wie dargelegt - an Anhaltspunkten fehlt, dass seitens des Antragsgegners schon damals solche Ziele verfolgt wurden. Eine solche Zielsetzung versteht sich auch nicht von selbst, da das Nichtzulassungsbeschwerde- und das Wiederaufnahmeverfahren voneinander zu trennen sind und in Fällen des § 580 ZPO keine Automatik des Überganges von einem Verfahren in das andere besteht.

Entgegen der Ansicht des Antragsgegners ist aus dem Beschhluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Juli 2003 nichts anderes zu entnehmen. Insbesondere ist darin nicht die Feststellung getroffen, dass mit der Nichtzulassungsbeschwerde des Antragsgegners vom 23. April 2003 und ihrer Begründung eine Restitutionsklage erhoben worden wäre. Das Bundesverwaltungsgericht hat ausdrücklich "dahinstehen" lassen, ob die Beschwerde mit ihrem Vortrag, nach der mündlichen Verhandlung seien die Unterlagen über die Genehmigung der Jagdsteuersatzung im Archiv des Ministeriums des Innern aufgefunden worden, einen Wiederaufnahmegrund im Sinne des § 580 Nr. 7 Buchst. b ZPO i.V.m. § 153 Abs. 1 VwGO dargetan habe. Eine Aussage, dass der Antragsgegner bereits damals eine Restitutionsklage erhoben hätte, hat das Bundesverwaltungsgericht nicht getroffen. Hierzu bestand auch keine Veranlassung, weil zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts die Klagefrist nach § 586 Abs. 1 ZPO noch nicht abgelaufen war. Sie war noch nicht einmal in Lauf gesetzt. Es war demnach Sache des Antragsgegners, in Hinblick auf die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts zu einem Wiederaufnahmegrund i.S.d. § 580 Nr. 7 Buchst. b ZPO i.V.m. § 153 Abs. 1 VwGO bis zum 11. August 2003 einen Wiederaufnahmeantrag - ggf. unter Bezugnahme auf sein Vorbringen und der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde - zu erheben.

Auch Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gebietet nicht, wie der Antragsgegner meint, in diesem Einzelfall die Erklärungen des Antragsgegners vom 23. April 2003 dahin gehend auszulegen, dass bereits damals die Wiederaufnahme des gerichtlichen Verfahrens durch Restitutionsklage begehrte wurde. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleistet den Rechtsweg im Rahmen der jeweiligen einfach-gesetzlichen Prozessordnungen. Der Weg zu den Gerichten, insbesondere auch die Wiederaufnahme des Verfahrens, darf von der Erfüllung und dem Fortbestand bestimmter formaler Voraussetzungen (vgl. u. a. BVerfG, Beschluss vom 21. Januar 2000 - 2 BvR 2125/97 - DVBl 2000, 407), wie hier die Regelung über die Klageerhebung (§ 153 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 585 Abs. 1, 587 ZPO und § 82 VwGO) und einer Klagefrist (§ 153 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 585 Abs. 1 ZPO), abhängig gemacht werden. Zwar dürfen die verfahrensrechtlichen Vorschriften durch die Gerichte nicht unzumutbar und übermäßig streng gehandhabt werden. So liegt der Fall hier indessen nicht. Vielmehr läuft das Begehren des Antragsgegegners letztlich darauf hinaus, dass die mit der Klagefrist für Restitutionsklagen bezweckte Rechtssicherheit über den Bestand des rechtskräftigen Urteils unterlaufen würde. Das rechtsstaatliche Gebot der Rechtssicherheit (Art. 20 Abs. 3, 28 Abs. 1 GG) gebietet aber, dass rechtskräftige Entscheidungen nach einer gewissen Zeit nicht mehr geändert werden können und rechtsbeständig werden. Die Rechtssicherheit verlangt nämlich, dass rechtlich geordnete Verfahren einmal einen Abschluss finden, damit Rechtsfrieden eintreten kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 31. Mai 1968 - I B 23.68 - Bucholz Nr. 310 § 153 Nr. 1; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 153 Rdnr. 3).

Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kam für den Antragsgegner - unabhängig von der Frage, ob eine solche im Wiederaufnahmeverfahren überhaupt statthaft wäre und welchen gesetzlichen Regeln sie zu folgen hätte (§§ 233 ff. ZPO oder § 60 VwGO, BVerwG, Beschluss vom 9. März 1995 - 2 WBW 1/94 - NZWehrr 1995, 163) - schon deshalb nicht in Betracht, weil der Antragsgegner - auch auf den gerichtlichen Hinweis, die Klage sei nicht fristgerecht erhoben worden, hin - weder Wiedereinsetzung beantragt hat und auch sonst keine Gründe ersichtlich sind, wonach der Antragsgegner ohne Verschulden gehindert gewesen wäre, die Klagefrist nach § 153 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 586 ZPO einzuhalten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 6 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes (a. F.). Dabei entspricht der Wert im Wiederaufnahmeverfahren dem Streitwert im Hauptsacheverfahren. Der Antragsgegner begehrt nämlich, dass die rechtskräftige Entscheidung insgesamt durch eine ihm günstigere Entscheidung ersetzt werden soll (vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 25. Februar 1998 - 8 S 1/97 - veröffentl. in Juris).

Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der dafür in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Ende der Entscheidung

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