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Gericht: Oberverwaltungsgericht Brandenburg
Beschluss verkündet am 16.12.2003
Aktenzeichen: 3 B 241/03.NE
Rechtsgebiete: BauGB, BNatSchG, VwGO, BVerfGG, BauNVO
Vorschriften:
BauGB § 1 Abs. 3 | |
BauGB § 14 Abs. 1 | |
BauGB § 35 Abs. 3 Satz 3 | |
BauGB § 35 Abs. 1 Nr. 6 | |
BNatSchG § 19 | |
VwGO § 47 Abs. 6 | |
VwGO § 47 Abs. 2 Satz 1 | |
BVerfGG § 32 | |
BauNVO § 11 Abs. 2 |
OBERVERWALTUNGSGERICHT FÜR DAS LAND BRANDENBURG BESCHLUSS
3 B 241/03.NE
In dem Normenkontrollverfahren
wegen Bauplanungs-, Bauordnungs- und Städtebaurorderungsrecnts;
hier: Erlass einer einstweiligen Anordnung
hat der 3. Senat am 16. Dezember 2003 durch
den Vizepräsidenten des ..., die Richterin am ... und den Richter am ...
beschlossen:
Tenor:
Die am 26. Februar 2003 beschlossene Satzung der ... über eine Veränderungssperre für den Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 3 "..." wird bis zur Entscheidung über den Normenkontrollantrag des Antragstellers außer Vollzug gesetzt.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 10.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Der Antragsteller wendet sich mit dem vorliegenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen eine von der Antragsgegnerin, einer amtsangehörigen Gemeinde, erlassene Veränderungssperre.
Am 24. Oktober 2000 beschloss der Amtsausschuss des Amtes ... einen Flächennutzungsplan mit Geltung u.a. für das Gemeindegebiet der Antragsgegnerin. Wegen eines Widerspruchs zu dem in Aufstellung befindlichen Regionalplan ..., Sachlicher Teilplan "Windenergienutzung, Rohstoffsicherung und -gewinnung" nahm der Landrat des Landkreises ... den sachlichen Teil Windenergienutzung des Flächennutzungsplans von seiner unter dem 14. März 2001 erteilten Genehmigung aus; den hiergegen erhobenen Widerspruch des Amtes wies er zurück. Nachdem der Flächennutzungsplan ohne Festlegungen zur Windenergienutzung in Kraft getreten war, fasste der Amtsausschuss am 10. Dezember 2002 einen Aufstellungsbeschluss zur Änderung des Flächennutzungsplans u.a. mit dem Ziel der "Streichung" eines im Regionalplan ausgewiesenen Windeignungsgebiets auf dem Gemeindegebiet der Antragsgegnerin. Am 26. Februar 2003 beschloss die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 3 "...". Zur Begründung wurde in der Beschlussvorlage darauf hingewiesen, dass der für die Gemeinden des Amtes erarbeitete Flächennutzungsplan durch den Landkreis erst genehmigt worden sei, nachdem "die Ausnahme 1: 'Ausweisung von Flächen zur Nutzung von Windenergie' durch den Amtsausschuss ... ersatzlos zurückgenommen" worden sei. Ferner wurde ausgeführt:
"Somit sind die Windenergiegebiete im Bereich der amtsangehörigen Gemeinden derzeit nicht durch die Gemeinden beplant.
In diesem Falle greift für diesen Bereich der Regionalplan ..., Sachlicher Teilplan Windnutzung, Rohstoffsicherung, -gewinnung.
Der v.g. Regionalplan weist im Bereich "..." (südlich der Ortsverbindungsstraße zwischen und OT ...) ein entsprechendes Windfeld aus.
Bisher liegen derzeit keine Bauanträge zur Errichtung von Windrädern vor.
Die angrenzende Gemeinde ... hat für den Bereich ihrer Gemarkung, westlich angrenzend an das Windfeld "..." einen Bebauungsplan aufgestellt, da die Gemeinde die Belange der Öffentlichkeit nicht ausreichend beachtet sieht; u.a. Beachtung der dortigen Geländestruktur (Hänge, Geländekanten, Solle), Höhe der Windräder, Schattenschlag, Auswirkungen auf die Flora und Fauna.
Die gleichen Befindlichkeiten sind im Bereich des Wind-Gebietes "..." vorhanden und wären im Rahmen eines Bebauungsplanes zu prüfen.
Um zukünftig die Problematik dieses Windfeldes eindeutig zu beurteilen [,] sollte ein entsprechender Bebauungsplan durch die Gemeinde erstellt werden.
Im Rahmen dieses Verfahrens sind die Auswirkungen von Windrädern grundhaft zu prüfen.
Die Ergebnisse dieser Planung sollte[n] die Grundlage für die Änderung bzw. Ergänzung des jetzigen vorliegenden FNP sein."
Ebenfalls am 26. Februar 2003 beschloss die Gemeindevertretung "zur Sicherung der Planung" die hier streitgegenständliche Veränderungssperre als Satzung, die im Amtsblatt für das Amt... Nr. 3/2003 vom 27. März 2003 öffentlich bekannt gemacht wurde. Nach § 2 der Satzung erstreckt sich der Geltungsbereich der Veränderungssperre u.a. auf das im Regionalplan ..., Sachlicher Teilplan "Windnutzung, Rohstoffsicherung und -gewinnung", als Eignungsgebiet Windnutzung ausgewiesene Flurstück 104/2 der Flur 1 in der Gemarkung ..., für das der Antragsteller nach seinen eigenen Angaben im Februar 2002 - nach Angaben der Antragsgegnerin sogar bereits im Dezember 2001 - eine Baugenehmigung zur Errichtung einer Windkraftanlage beantragt hatte.
Der Antragsteller hat am 31. Juli 2003 einen Normenkontrollantrag (3 D 79/03.NE) und gleichzeitig den vorliegenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt, zu dessen Begründung er im Wesentlichen vorträgt:
Der Antrag sei zulässig. Durch eine vorläufige Außervollzugsetzung der Satzung könne er, der Antragsteller, seine Rechtsstellung verbessern, weil die Genehmigungsbehörde unverzüglich eine Genehmigung erteilen müsste. Seine Antragsbefugnis ergebe sich daraus, dass er von den Grundstückseigentümern zur Einreichung eines Bauantrags ermächtigt sei. Der Antrag sei auch begründet, weil die beantragte einstweilige Anordnung aus wichtigen Gründen dringend geboten sei. Die Veränderungssperre werde sich im Hauptsacheverfahren als nichtig erweisen, weil es sich vorliegend um eine unzulässige Negativplanung handele. Da weder der Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan noch die vorgelegten Verwaltungsvorgänge ein zu sicherndes positives Plankonzept erkennen ließen, fehle es an dem notwendigen Planerfordernis im Sinne von § 1 Abs. 3 des Baugesetzbuches (BauGB). Ein Plankonzept werde insbesondere nicht dadurch dargelegt, dass überhaupt erst untersucht werden solle, ob es Konflikte geben könne. Da der Gesetzgeber die Windenergienutzung mit der Regelung des § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB planartig dem Außenbereich zugewiesen habe, sei eine gemeindliche Planung insoweit nicht erforderlich. Ein Bebauungsplan zur Steuerung der Windkraftentwicklung könne demnach nur dann erforderlich sein, wenn in dem betreffenden Gebiet besondere Konflikte auftreten würden, die einer planerischen Steuerung bedürften. Dass dies hier nicht der Fall sei, zeige der Umstand, dass die Antragsgegnerin ein dreiviertel Jahr nach dem Aufstellungsbeschluss noch keine konkreten Planungsaktivitäten entfaltet habe. Der Verweis auf fehlende Haushaltsmittel für die Planung könne die mit der Veränderungssperre verbundenen Grundrechtseingriffe nicht rechtfertigen. Auch die Behauptung, der Regionalplan sei unwirksam, könne einen Bebauungsplan nicht erforderlich machen. Der Antragsgegnerin gehe es allein um die Verhinderung der von ihm, dem Antragsteller, beantragten Windkraftanlage. Durch den Vollzug der Veränderungssperre würden nicht mehr rückgängig zu machende Tatsachen geschaffen. Ohne die begehrte einstweilige Anordnung könne er, der Antragsteller, vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens keine Genehmigungen erhalten. Die ihm dadurch entstehenden erheblichen wirtschaftlichen Nachteile seien ihm jedoch wegen der großen Wahrscheinlichkeit des Erfolgs des Normenkontrollantrags nicht zuzumuten. Zudem sei das Verkaufsangebot der Grundeigentümer nur bis zum 31. Dezember 2003 befristet, so dass das Bauvorhaben ohne die Außervollzugsetzung der Veränderungssperre endgültig zu scheitern drohe.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
die am 26. Februar 2003 beschlossene Satzung der Antragsgegnerin über eine Veränderungssperre für den Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 3 "... Süd" bis zur Entscheidung über den Normenkontrollantrag des Antragstellers außer Vollzug zu setzen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus: Der Eilantrag sei prozessual verwirkt, da er erst vier Monate nach Bekanntmachung der Veränderungssperre eingelegt worden sei. Im Übrigen sei er auch mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig. Der Antragsteller sei nicht antragsbefugt, denn da bisher nur ein notariell beurkundetes Kaufangebot vorliege, könne er dem Grundstückseigentümer nicht gleichgestellt werden. Zudem könne der Antragsteller mit einer vorläufigen Außervollzugsetzung der Veränderungssperre seine Rechtsstellung nicht verbessern, weil die Baugenehmigung auch wegen entgegenstehender Belange des Naturschutzes versagt werden müsste. Die Abwägung dieser Belange in dem - auch schon aus formellen Gründen ungültigen - Regionalplan sei fehlerhaft, da die im Plan selbst geforderten Mindestabstände und Tabubereiche bei der Ausweisung des hier fraglichen Windeignungsfeldes nicht berücksichtigt worden seien. Dies habe zur Folge, dass die Konfliktbewältigung auf der Ebene der Bauleitplanung erfolgen müsse. Unabhängig davon sei die Regionalplanung auch nicht abschließend, sondern ermögliche eine Feinsteuerung durch Flächennutzungspläne. Außerdem sei eine Überprüfung am Maßstab der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung nach § 19 BNatSchG erforderlich. Die einstweilige Anordnung sei nicht dringend geboten, da der Normenkontrollantrag voraussichtlich unbegründet sei. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass das Bauvorhaben des Antragstellers durch die Veränderungssperre konkret behindert werden solle. Dass es nach dem Aufstellungsbeschluss zu keinen weiteren Planungsaktivitäten gekommen sei, liege an der nicht vorhersehbaren Sperrung der für die Planung vorgesehenen Haushaltsmittel durch die Kommunalaufsicht. Es sei jedoch geplant, diese Mittel für die Bebauungsplanung für das Jahr 2004 bereitzustellen. Das Planerfordernis ergebe sich vor allem aus den durch die Untersuchungen zum Flächennutzungsplan deutlich gewordenen Konflikten mit den naturschutzrechtlichen Belangen, insbesondere aus der unmittelbaren Nähe des Plangebiets zu dem FFH-Gebiet ... und dem Vogelschutzgebiet .... Ausweislich des Aufstellungsbeschlusses solle die grundsätzliche Eignung des Gebietes für Windkrafträder untersucht und die Lösung von Konflikten u.a. durch die Begrenzung der Höhe von Windrädern ermöglicht werden. Dabei habe sich die Antragsgegnerin die Planungsziele der angrenzenden Gemeinde ... zu eigen gemacht. Der Antragsteller habe schließlich auch nicht ausreichend dargelegt, dass die ihm drohenden Nachteile irreparabel seien und die Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigen könnten. Der Verweis auf die gesetzlich vorgesehene Minderung der Mindestvergütung um jährlich 1,5% bei späterer Inbetriebnahme der Windkraftanlage reiche hierzu nicht aus.
II.
1. Der Antrag ist gemäß § 47 Abs. 6 VwGO statthaft und auch sonst zulässig. Er ist entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin nicht "prozessual verwirkt", da Anhaltspunkte für eine unredliche, gegen Treu und Glauben verstoßende Verzögerung der Antragstellung nicht ersichtlich sind. Der Antragsteller ist auch gemäß § 47 Absatz 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Er hat hinreichend substanziiert Tatsachen vorgetragen, die es zumindest möglich erscheinen lassen, dass er durch die von der Antragsgegnerin erlassene Satzung über die Veränderungssperre in absehbarer Zeit in seinen Rechten verletzt wird. Dass er nicht Eigentümer des Grundstücks oder in sonstiger Weise dinglich berechtigt an dem Grundstück ist, auf dem er die Errichtung und den Betrieb von Windkraftanlagen beabsichtigt, ist dabei ohne Belang. Für die Bejahung einer Antragsbefugnis genügt es bereits, dass der Antragsteller einen Bauantrag mit Zustimung der Grundstückseigentümer gestellt hat, denn damit wird nicht nur die Beachtlichkeit und Ernsthaftigkeit des Begehrens unterstrichen, sondern auch eine ausreichende Beziehung zur Bodennutzung und zum Grundeigentum hergestellt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Mai 1994 - 4 NB 27.93 - UPR 1994, 308, 309). Schließlich bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass dem Antragsteller das besondere Interesse an einer Außervollzugsetzung der Veränderungssperre fehlen könnte. Soweit die Antragsgegnerin darauf verweist, dass die Baugenehmigung auch wegen entgegenstehender Belange des Naturschutzes versagt werden müsste, rechtfertigt dies schon deshalb keine Zweifel am Rechtsschutzinteresse des Antragstellers, weil die Prüfung weiterer Genehmigungsvoraussetzungen dem Baugenehmigungsverfahren vorbehalten bleiben muss und jedenfalls nicht ersichtlich ist, dass die Erteilung der Baugenehmigung aus anderen Gründen als der Veränderungssperre offensichtlich rechtswidrig wäre. Dass die Ausweisung des hier fraglichen Windeignungsfeldes im Regionalplan - wie von der Antragsgegnerin vorgetragen - aus formellen Gründen oder wegen Abwägungsfehlern nichtig sein mag, hat nicht schon für sich genommen die Rechtswidrigkeit einer zu erteilenden Baugenehmigung zur Folge. Die Zulässigkeit von Windkraftanlagen wäre in diesem Fall nicht ausgeschlossen, sondern würde sich nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB richten.
2. Der Antrag ist auch begründet. Nach § 47 Abs. 6 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Die im Rahmen des § 47 Abs. 6 VwGO anzustellenden Erwägungen decken sich weitgehend mit den zu § 32 Bundesverfassungsgerichtsgesetz entwickelten Grundsätzen; beide Vorschriften entsprechen sich in ihrer Zielrichtung. Weil eine Rechtsnorm außer Vollzug gesetzt werden soll, ist es notwendig, bei der Prüfung der Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO einen strengen Maßstab anzulegen. Die für eine vorläufige Regelung sprechenden Gründe müssen so schwer wiegen, dass sie ihren Erlass als unabweisbar erscheinen lassen. Es sind die Folgen, die eintreten würden, wenn die einstweilige Anordnung nicht erginge, der Normenkontrollantrag später aber in der Hauptsache Erfolg hätte, mit den Nachteilen abzuwägen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Normenkontrollantrag aber in der Hauptsache später erfolglos bliebe. Hierbei kommt der Frage der Rechtsgültigkeit der im Normenkontrollverfahren angefochtenen Satzung grundsätzlich keine Bedeutung zu, es sei denn, dass die Gültigkeit oder Ungültigkeit der Norm bereits bei summarischer Prüfung offensichtlich ist (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. zuletzt Beschluss vom 24. September 2003 - 3 B 116/03.NE -).
Nach diesem Maßstab ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO im vorliegenden Fall geboten, weil die angegriffene Satzung offensichtlich ungültig ist. Es fehlt an den Voraussetzungen für den Erlass einer Veränderangssperre.
Zwar setzt die Wirksamkeit einer Veränderungssperre nach § 14 Abs. 1 BauGB neben dem Planaufstellungsbeschluss lediglich voraus, dass ein Bedürfnis zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich besteht. Da die Veränderungssperre die Gemeinde nach der gesetzgeberischen Zielsetzung in die Lage versetzen soll, planerische Vorstellungen umzusetzen, ist es auch nicht erforderlich, dass die Planung bereits einen Stand erreicht hat, der nahezu den Abschluss des Verfahrens ermöglicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. September 1976 - IV C 39.74 - BVerwGE 51, 121). Es genügt vielmehr, dass sich aus dem Planaufstellungsbeschluss oder weiteren Verfahrensschritten wenigstens ansatzweise ersehen lässt, was Inhalt des zukünftigen Bebauungsplans sein soll (vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. Februar 1990 - 4 B 191.89 - Buchholz 406.11 § 15 BauGB Nr. 6). Das schließt es aus, bereits ein detailliertes und abgewogenes Planungskonzept zu fordern (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Dezember 1993 - 4 NB 40.93 - Buchholz 406.11 § 14 BauGB Nr. 23). Unzulässig ist die Veränderangssperre jedoch, wenn sich der Inhalt der beabsichtigten Planung im Zeitpunkt ihres Erlasses noch in keiner Weise absehen lässt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. August 1991 - 4 B 135.91 - Buchholz 406.11 § 14 BauGB Nr. 17). Darüber hinaus ist die Veränderungssperre als Sicherungsmittel ungeeignet, wenn der Bauleitplan einer positiven Planungskonzeption entbehrt und der Förderung von Zielen dient, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuchs nicht bestimmt sind, oder wenn rechtliche Mängel schlechterdings nicht behebbar sind (BVerwG, Beschluss vom 21. Dezember 1993 - 4 NB 40.93 -, a. a. O.).
Die Bauleitplanung, deren Sicherung die streitgegenständliche Veränderungssperre dient, ist nicht auf ein zulässiges Ziel gerichtet und mithin nicht nach § 1 Abs. 3 BauGB städtebaulich gerechtfertigt ("erforderlich"). In dem Planaufstellungsbeschluss vom 26. Februar 2003 wird weder ausreichend erläutert, welcher Baugebietstyp in dem fraglichen Gebiet angestrebt wird noch welchen Konflikten vorgebeugt werden soll oder welche anderen Belange zu einem Ausgleich zu bringen sind. Der Umstand, dass die Windenergiegebiete im Bereich der Antragsgegnerin und der anderen amtsangehörigen Gemeinden "derzeit nicht durch die Gemeinden beplant" sein mögen, weil der Landrat den die Windenergienutzung betreffenden sachlichen Teil von der Genehmigung des Flächennutzungsplans ausgenommen hat, lässt das Ziel einer möglichen Bauleitplanung der Antragsgegnerin schon deshalb nicht erkennen, weil sich aus dem Fehlen einer Darstellung im Flächennutzungsplan nicht das - hier allein maßgebliche - Erfordernis der Aufstellung eines Bebauungsplans ergibt. Darüber hinaus ist das Fehlen entsprechender Darstellungen im Flächenutzungsplan kein Indiz für deren Erforderlichkeit. Die Gemeinde ist nicht verpflichtet, von dem Planvorbehalt des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB Gebrauch zu machen, wenn geeignete Flächen vorhanden sind. Unterlässt sie es, richtet sich die Zulässigkeit von Windkraftanlagen nach dem allgemeinen Zulässigkeitstatbestand des § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2002 - 4 C 15.01 - NVwZ 2003, 733, 735).
Im Übrigen hat die Gemeindevertretung in der Begründung des Aufstellungsbeschlusses sogar selbst zum Ausdruck gebracht, dass jedenfalls insoweit eine Planung vorliege, als der Regionalplan ..., Sachlicher Teilplan Windnutzung, Rohstoffsicherung, -gewinnung im Bereich "..." (südlich der Ortsverbindungsstraße zwischen ... und OT ...) ein Windfeld ausweise. Ist damit eine Ausweisung von für die Windenergienutzung geeigneten Flächen bereits als Ziel der Raumordnung erfolgt (vgl. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB), bedürfte es jedoch einer eingehenderen Begründung für das Erfordernis einer zusätzlichen Flächennutzungsplanung. Soweit die Antragsgegnerin hierzu im gerichtlichen Verfahren ausgeführt hat, dass sie eine Bindungswirkung des Regionalplans als nicht gegeben ansehe, ist schon fraglich, ob an die Darlegung eines Planungserfordernisses nur deshalb geringerere Anforderungen gestellt werden können, weil die Gemeinde sich an höherrangige Planungen nicht gebunden fühlt. Jedenfalls findet der Gesichtspunkt eines sich aus der Unwirksamkeit der Festlegungen des Regionalplans ergebenden Planungserfordernisses weder in dem Aufstellungsbeschluss noch in dem Sitzungsprotokoll oder sonstigen Materialien des Aufstellungsverfahrens einen Niederschlag. Die in der Begründung des Aufstellungsbeschlusses enthaltene Feststellung, dass mangels einer Darstellung im Flächennutzungsplan für diesen Bereich der Regionalplan greife, lässt gerade nicht erkennen, dass zu jenem Zeitpunkt Zweifel an der Gültigkeit der Ausweisung eines Windfeldes in dem fraglichen Bereich als Ziel der Raumordnung bestanden haben könnten.
Eine Erwähnung möglicher Konflikte, deren Lösung Gegenstand eines Bebauungsplans sein könnte, findet sich in der Begründung des Aufstellungsbeschlusses nur mittelbar, indem auf die Gründe für die Aufstellung eines Bebauungsplans durch die Nachbargemeinde ... sowie darauf hingewiesen wird, dass "die gleichen Befindlichkeiten" auch im Bereich des Wind-Gebietes "..." vorhanden seien und im Rahmen eines Bebauungsplanes zu prüfen wären. Auch die damit in Bezug genommenen Gesichtspunkte sind jedoch nicht geeignet, eine positive Planungskonzeption der Antragsgegnerin in Bezug auf das fragliche Gebiet darzulegen. Die Beachtung der "Belange der Öffentlichkeit" sowie der "Geländestruktur (Hänge, Geländekanten, Solle), Höhe der Windräder, Schattenschlag, Auswirkungen auf die Flora und Fauna" mag zwar im Rahmen einer Abwägung erforderlich sein; dies ersetzt jedoch nicht die Darlegung, mit welchen Festsetzungen hinsichtlich der Art der Nutzung der Ausgleich dieser abwägungsbeachtlichen Belange erreicht werden soll (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 19. Dezember 2002 - 1 MN 297/02 - BauR 2003, 508). Welche Vorstellungen hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung die Gemeindevertretung zum maßgeblichen Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses über die Veränderungssperre hatte, ergibt sich weder aus der Begründung des Planaufstellungsbeschlusses noch aus dem Sitzungsprotokoll oder dem Aufstellungsvorgang im Übrigen. Insbesondere kann nicht unterstellt werden, dass das Plangebiet der Errichtung von Windenergieanlagen dienen und deshalb möglicherweise als sonstiges Sondergebiet im Sinne des § 11 Abs. 2 BauNVO dargestellt werden soll; denn aus dem in der Begründung des Aufstellungsbeschlusses erwähnten Zielen, "zukünftig die Problematik dieses Windfeldes eindeutig zu beurteilen", "die Auswirkungen von Windrädern grundhaft zu prüfen" und "die Ergebnisse dieser Planung" zur "Grundlage für die Änderung bzw. Ergänzung des jetzigen vorliegenden FNP" zu machen, geht hervor, dass die Gemeindevertretung sich schon mangels ausreichender Tatsachengrundlage noch gar nicht in der Lage gesehen hat, eine Entscheidung über die in dem aufzustellenden Bebauungsplan festzusetzende Art der Nutzung zu treffen.
Insbesondere der zuletzt genannte Gesichtspunkt lässt zudem die Schlussfolgerung zu, dass das eigentliche, gemäß § 14 Abs. 1 BauGB nicht durch den Erlass einer Veränderungssperre sicherungsfähige Planungsziel der Antragsgegnerin - vermutlich mit Blick auf die Ausschlusswirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB - die Darstellung von Flächen für die Windenergienutzung im Flächennutzungsplan ist. Hierfür spricht auch, dass der Amtsausschuss am 10. Dezember 2002 den Aufstellungsbeschluss zur Änderung des Flächennutzungsplans u.a. mit dem Ziel gefasst hatte, ein im Regionalplan ausgewiesenes Windeignungsgebiet auf dem Gemeindegebiet der Antragsgegnerin zu "streichen". Dass es ihr nicht etwa um eine planerische "Feinsteuerung" der Errichtung von Windenergieanlagen in einem Windeignungsgebiet in Bezug auf Anzahl, Einzelstandorte oder Höhe geht, die die Aufstellung eines Bebauungsplans u.U. rechtfertigen könnte, sondern um die - nur im Wege einer Darstellung im Flächennutzungsplan zu bewirkende - Konzentration auf bestimmte Flächen im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB, hat die Antragsgegnerin auch im gerichtlichen Verfahren mittelbar bestätigt, indem sie darauf hingewiesen hat, dass "Hintergrund" der Begründung des Beschlusses über die Aufstellung des Bebauungsplans "eine durch die Auseinandersetzung um den Flächennutzungsplan bekannte Konfliktsituation" sei. All dies rechtfertigt die Annahme, dass die Aufstellung eines Bebauungsplans nur deshalb beschlossen wurde, um die Flächennutzungsplanung durch eine Veränderungssperre nach § 14 Abs. 1 BauGB sichern zu können. Auf den von der Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 16. Dezember 2003 mitgeteilten Umstand, dass "der Gemeinderat innerhalb der nächsten Tage einen Beschluss über die Einstellung der Mittel für die B-Planung in den Haushalt 2004 fassen" werde, kommt es vor diesem Hintergrund nicht an.
Da demnach von einer offensichtlichen Ungültigkeit der Veränderungssperre auszugehen ist, die zu einem Erfolg des Normenkontrollantrags führen muss, ist die einstweilige Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO aus wichtigen Gründen dringend geboten. Auf die Frage, ob darüber hinaus auch die Folgenabwägung zu Ungunsten der Antragstellerin ausgefallen wäre, kommt es bei dieser Sachlage nicht an (vgl. Beschluss des Senats vom 4. November 2002 - 3 B 28/01.NE-).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung findet ihre Grundlage in § 20 Abs. 3 i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes; hinsichtlich der Höhe des Streitwerts hat sich der Senat an seiner bisherigen Rechtsprechung in vergleichbaren Verfahren orientiert (vgl. Beschluss vom 24. September 2003 - 3 B 116/03.NE-).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 25 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 in Verbindung mit § 5 Abs. 2 Satz 3 GKG).
Ende der Entscheidung
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