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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Brandenburg
Urteil verkündet am 04.11.2004
Aktenzeichen: 4 A 167/02
Rechtsgebiete: BSHG, SGB I, SGB V, VwGO


Vorschriften:

BSHG § 2
BSHG § 29
BSHG § 36 b
BSHG § 37
BSHG § 97
BSHG § 121
SGB I § 30 Abs. 3
SGB V § 5
SGB V § 10
VwGO § 124
1. Zu den tatbestandlichen Voraussetzungen der Erstattung von Aufwendungen des Nothelfers nach § 121 BSHG.

2. Zur Frage der Passivlegitimation für den Aufwendungserstattungsanspruch des Nothelfers.


OBERVERWALTUNGSGERICHT FÜR DAS LAND BRANDENBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

4 A 167/02

verkündet am 4. November 2004

In dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren

wegen Sozialhilferechts;

hier: Berufung

hat der 4. Senat aufgrund der mündlichen Verhandlung am 4. November 2004 durch

den Vorsitzenden Richter am ..., die Richterin am ... und den Richter am ... sowie die ehrenamtliche Richterin ... und den ehrenamtlichen Richter ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14. Februar 2002 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Cottbus wird zurückgewiesen.

Das Berufungsverfahren des Beigeladenen wird eingestellt.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin und der Beigeladene je zur Hälfte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin und der Beigeladene dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung jeweils Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt vom Beklagten zu 1. Kostenerstattung für Aufwendungen infolge der stationären Behandlung von Frau ... und von dem Beklagten zu 2. Kostenerstattung für Aufwendungen infolge der stationären Behandlung des Kindes ....

Frau ... wurde am 21. April 1996 aufgrund schwangerschaftsbedingter Komplikationen und frühzeitig eingetretener Wehen stationär bei der Klägerin als "unabweisbar" aufgenommen. Noch am gleichen Tage wurde im Klinikum der Klägerin das Kind ... geboren. Auch für das Kind wurde die Unabweisbarkeit der Krankenhausbehandlung durch die Klägerin bescheinigt. Das Kind blieb bis zum 22. Juni 1996 wegen Unreife und Atemstörung in stationärer Behandlung der Klägerin. Danach kam das Kind zu einer Pflegefamilie, die im Gebiet des Beklagten zu 2. wohnte. Frau ... wurde bereits am 1. Mai 1996 aus der Behandlung bei der Klägerin "nach Hause, nicht arbeitsfähig" entlassen.

Als Wohnanschrift gab Frau ... bei der stationären Aufnahme "..., ..." an. Als "zu verständigende Personen" führte sie auf "..., ..., ..., Verwandtschaftsverhältnis: Eltern". Auch in der Geburtenmeldung vom 21. April 1996 wurde als Anschrift von Frau ... vor der Aufnahme in das Klinikum der Klägerin "..., ..." angegeben. In der "Anlage zum Aufnahmeantrag" für das Kind ... wurde als dessen Adresse gleichfalls "..., ..." angegeben. Unter der Rubrik "zu verständigende Personen" gab Frau ... die Anschrift "..., ..., bei..." an. Die Amtsverwaltung Mittenwalde bestätigte der Klägerin auf Anfrage im Oktober 1996, dass Frau ... und das Kind ... sowie Herr ... ... (als Ehemann) weiterhin unter der Anschrift "..., ..." gemeldet seien. Frau ... blieb dort bis zum 18. März 1997 gemeldet und verzog dann nach .... Mit schriftlicher "Bestätigung" vom 29. November 1996 teilte Frau ... der Klägerin auf deren Aufforderung hin mit, sie habe vom 6. Februar bis zum 10. Juli 1996 unter der Anschrift ..., ... bei ihren Eltern "gelebt". Diese Erklärung gab sie unter der Anschrift "..., ..." ab.

Die Klägerin stellte Frau ... für deren Behandlung Kosten in Höhe von 10.430,53 DM in Rechnung und für die Behandlung des Kindes ... 92.284,52 DM. Ein Ausgleich der Rechnungen durch Frau ... erfolgte - trotz Mahnung - nicht. Auch eine Rechnungsstellung gegenüber dem Ehemann führte nicht zu einer Begleichung der Behandlungskosten. Unter dem Datum des 17. Februar 1997 beantragte die Klägerin sowohl gegenüber Frau ... als auch gegenüber deren Ehemann wegen beider Rechnungen jeweils den Erlass eines Mahnbescheides. Eine Zustellung der Mahnbescheide scheiterte. Das Mahngericht teilte der Klägerin hinsichtlich des Ehemannes ... ... mit, dieser sei verstorben und hinsichtlich Frau ..., diese sei unbekannt verzogen.

Leistungen nach dem BSHG erhielt Frau ... vom Amt Mittenwalde weder vor noch nach dem Krankenhausaufenthalt.

Bei der stationären Aufnahme gab Frau ... an, bei der AOK Berlin als Mitglied versichert zu sein. Seitens dieser wurde mit Schreiben vom 25. April 1996 jedoch eine Übernahme der Behandlungskosten wegen fehlender Mitgliedschaft abgelehnt. Die Mitgliedschaft endete am 18. Januar 1996. Der Ehemann ... ... war vom 1. Juli 1995 bis zum 15. November 1996 Mitglied bei der AOK Berlin. Dort bestand für diesen Zeitraum auch eine Familienversicherung für die Kinder ... und ... .... Nach Mitteilung der AOK Berlin war für Frau ... sowie für das Kind ... ein Antrag auf Durchführung der Familienversicherung nicht gestellt worden. Frau ... war jedoch vom 15. November 1996 bis zum 3. Februar 1997 bei der DAK aufgrund der nunmehr dortigen Mitgliedschaft von Herrn ... ... familienversichert.

Mit Schreiben vom 16. Juli 1996 beantragte die Klägerin beim Beigeladenen erfolglos die Kostenübernahme für Frau ... und für das Kind .... Mit zwei weiteren Schreiben vom 5. November 1996 beantragte die Klägerin beim "Landkreis ..." die Kostenübernahme sowohl für Frau ... als auch für das Kind .... Diese Schreiben wurden hinsichtlich Frau ... weitergeleitet an das Amt Mittenwalde. Das Amt Mittenwalde lehnte die begehrte Kostenübernahme mit Bescheid vom 20. November 1996 ab und begründete dies damit, dass ein Kostenübemahmeantrag nach § 121 Satz 2 BSHG innerhalb angemessener Frist gestellt werden müsse, die vorhergehend nicht eingehalten sei. Der Krankenhausaufenthalt läge schon mehr als sechs Monate zurück.

Gegen den Ablehnungsbescheid erhob die Klägerin mit Schreiben vom 11. Dezember 1996 Widerspruch. Diesen Widerspruch wies der Landrat des Landkreises Dahme-Spreewald mit Widerspruchsbescheid vom 12. Februar 1997 zurück. Zur Begründung führte er aus, die Frage der Bedürftigkeit sei ungeklärt. Außerdem sei der Kostenerstattungsanspruch nicht in angemessener Frist nach § 121 Satz 2 BSHG gestellt worden.

Hinsichtlich des Kindes ... wurde der Antrag an den Beklagten zu 2. weitergeleitet. Dieser lehnte die Kostenübernahme mit Bescheid vom 2. Dezember 1996 ab. Zur Begründung führte er aus, der Kostenerstattungsantrag sei nicht innerhalb einer angemessenen Frist gem. § 121 Satz 2 BSHG gestellt worden. Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 18. Dezember 1996 Widerspruch ein. Den Widerspruch wies der Landrat des Landkreises Dahme-Spreewald mit Widerspruchsbescheid vom 6. Februar 1997 zurück. Zur Begründung führte er aus, die Frage der Bedürftigkeit des Kindes sei ungeklärt. Außerdem sei der Kostenerstattungsanspruch nicht in angemessener Frist nach § 121 Satz 2 BSHG gestellt worden.

Am 7. März 1997 hat die Klägerin Klage beim Verwaltungsgericht Cottbus erhoben.

Die Klägerin hat geltend gemacht, Frau ... sei ersichtlich einkommens- und vermögenslos, weil sie - nach eigenen Angaben - im Zeitpunkt der Aufnahme bei der Klägerin arbeitslos gewesen sei. Die Hilfebedürftigkeit sei ausreichend dargelegt. Die Klägerin habe keine weiteren Informationen über die persönlichen Daten von Frau ... erhalten können. Die Beklagten als Sozialhilfeträger seien jedoch zu weitergehenden Ermittlungen verpflichtet und in der Lage gewesen. Auch die Frist nach § 121 Satz 2 BSHG sei eingehalten worden, weil schon am 16. Juli 1996 der Kostenerstattungsantrag beim Beigeladenen gestellt wurde, nachdem die Recherche nach einer bestehenden Krankenkassenmitgliedschaft ergebnislos verlaufen sei.

Die Klägerin hat beantragt,

1. der Beklagte zu 1. wird unter Aufhebung des Bescheides vom 20. November 1996 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 12. Februar 1997 verpflichtet, an die Klägerin 5.333,05 Euro zu. erstatten.

2. der Beklagte zu 2. wird unter Aufhebung des Bescheides vom 2. Dezember 1996 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 6. Februar 1997 verpflichtet, an die Klägerin 47.184,33 Euro zu erstatten.

3. die jeweilige Hauptforderung mit 2 % über dem Basis- bzw. Diskontsatz aus 47.184,33 Euro ab dem 6. März 1997 und aus 5.333,05 Euro ab dem 12. März 1997 zu verzinsen, hilfsweise mit 4 % seit Rechtshängigkeit.

Der Beklagte zu 1. hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte zu 2. hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten haben die angefochtenen Bescheide verteidigt und die Ausführungen aus den Bescheidbegründungen vertieft.

Der Beklagte zu 1. hat ergänzend geltend gemacht, eine Hilfebedürftigkeit von Frau ... sei zu verneinen gewesen, weil jedenfalls eine Familienversicherung bei der AOK Berlin bestanden habe.

Der Beklagte zu 2. hat ergänzend ausgeführt, seine Zuständigkeit sei in keinem Fall gegeben gewesen. Soweit für die Frage der örtlichen Zuständigkeit auf den gewöhnlichen Aufenthalt der Mutter abzustellen sei, so werde dieser von dem im Klinikum der Klägerin geborenen Kind geteilt. Es komme unter diesem Gesichtspunkt deshalb nur eine Zuständigkeit des Beklagten zu 1. in Betracht, soweit nicht ohnehin auf den tatsächlichen Aufenthalt im Zuständigkeitsbereich des Beigeladenen abzustellen sei.

Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Der Beigeladene hat geltend gemacht, dass alles für einen gewöhnlichen Aufenthalt von Frau ... in ... spreche; er bestreite im Übrigen, dass sich Frau ... jemals bei der Familie ... in ... aufgehalten habe.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Dabei hat das Gericht maßgeblich darauf abgestellt, dass die Beklagten nicht passiv legitimiert seien, weil sie für die Nothelferkosten der Klägerin nicht gem. §§ 121, 97 BSHG (primär) erstattungspflichtig seien. § 121 Satz 1 BSHG ordne für die Bestimmung des Erstattungspflichtigen eine hypothetische Betrachtungsweise an; danach sei zu unterstellen, der Hilfebedarf sei dem zuständigen Träger der Sozialhilfe rechtzeitig bekannt geworden, so dass die für diesen Fall einschlägigen Zuständigkeitsregelungen zur Anwendung gekommen wären. Sinn der Regelung der §§ 121, 97 BSHG sei es, den ohne das Eingreifen des Nothelfers zuständigen Sozialhilfeträger mit der Erstattungspflicht und damit mit den Sozialhilfekosten zu belasten. In einem Eilfall wie dem vorliegenden sei nach § 97 Abs. 2 Satz 3 BSHG stets die Zuständigkeit des Trägers der Sozialhilfe nach § 97 Abs. 1 BSHG gegeben, in dessen Zuständigkeitsbereich sich der Hilfeempfänger bei Eintritt des Hilfefalles tatsächlich aufgehalten habe. Der solchermaßen zunächst in Anspruch genommene Sozialhilfeträger habe dann seinerseits einen Erstattungsanspruch (§§ 103, 111 BSHG) gegen den gem. § 97 Abs. 2 Satz 1 BSHG endgültig verpflichteten Sozialhilfeträger des gewöhnlichen Aufenthalts des Hilfeempfängers.

Der erkennende Senat hat aufgrund des Antrages der Klägerin und des Beigeladenen die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts mit Beschluss vom 22. März 2004 wegen besonderer tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zugelassen.

Zur Begründung der Berufung macht die Klägerin geltend, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht den Eilfallbegriff aus § 97 Abs. 2 Satz 3 BSHG und aus § 121 Satz 1 BSHG gleichgesetzt. Da die notwendige Hilfe vorliegend durch die Klägerin geleistet worden sei, habe für die Frage der Zuständigkeitsbestimmung kein Eilfall mehr vorgelegen. Die Beklagten seien nach § 97 Abs. 2 Satz 1 BSHG aufgrund des gewöhnlichen Aufenthalts der Hilfesuchenden zuständig. Zur Frage des Bestehens einer Familienversicherung wie auch zur sozialhilferechtlichen Bedürftigkeit von Frau ... seien der Klägerin weitergehende Ermittlungen nicht zumutbar gewesen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 14. Februar 2002 abzuändern und

1. den Beklagten zu 1. unter Aufhebung des Bescheides vom 20. November 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Februar 1997 zu verpflichten, an die Klägerin 5.333,05 Euro zu erstatten,

2. den Beklagten zu 2. unter Aufhebung des Bescheides vom 2. Dezember 1996 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 6. Februar 1997 zu verpflichten, an die Klägerin 47.184,33 Euro zu erstatten,

3. die jeweilige Hauptforderung mit 2 % über dem Basis- bzw. Diskontsatz aus 47.184,33 Euro ab dem 6. März 1997 und aus 5.333,05 Euro ab dem 12. März 1997 zu verzinsen, hilfsweise mit 4 % seit Rechtshängigkeit.

Der Beklagte zu 1. beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Der Beklagte zu 2. beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Der Beklagte zu 1. macht geltend, sowohl der gewöhnliche als auch der tatsächliche Aufenthalt von Frau ... habe im Zuständigkeitsbereich des Beigeladenen gelegen.

Der Beklagte zu 2. schließt sich dem Vorbringen des Beklagten zu 1. an.

Der Beigeladene hat seine Berufung im Einverständnis mit den Beklagten zurückgenommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf die von der Klägerin überreichten Verwaltungsvorgänge (Beiakten I - in) ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist unbegründet.

Ein Kostenerstattungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagten nach § 121 Bundessozialhilfegesetz - BSHG - besteht nicht.

1. Dies folgt - unabhängig von der Frage der örtlichen Zuständigkeit der Beklagten zu 1. und zu 2. als Sozialhilfeträger und damit unabhängig von deren Passivlegitimation [s. dazu 2.] - schon aus dem Fehlen tatbestandlicher Voraussetzungen des § 121 BSHG:

Zwar dürfte das Vorliegen einer Hilfeleistung in einem Eilfall i. S. d. § 121 BSHG vorliegend zu bejahen sein. Ein solcher Eilfall setzt voraus, dass nach den Umständen des Einzelfalls sofort geholfen werden muss und eine rechtzeitige Einschaltung des Sozialhilfeträgers nicht möglich ist. Die Notwendigkeit sofortiger Hilfe lässt in der Regel keine Zeit für eine Unterrichtung des zuständigen Sozialhilfeträgers, um dessen Entschließung über eine Gewährung der erforderlichen Hilfe abzuwarten (vgl. BVerwG, Urteil v. 30. Oktober 1979 - 5 C 31/78 -, BVerwGE 59, 73 [75]). Eine solche medizinische Notfallsituation war vorliegend sowohl hinsichtlich Frau ... selbst auch hinsichtlich ihrer frühgeborenen Tochter ... gegeben ausweislich der vorliegenden "Unabweisbarkeitsbescheinigungen". Nach diesen Bescheinigungen, deren Aussagegehalt von keinem der Beteiligten in Zweifel gezogen worden ist, hätte die Verweigerung einer Behandlung im Klinikum der Klägerin für die Patientinnen eine schwere Gefahr für Leben bzw. Gesundheit bedeutet.

Offen bleiben kann die Frage, ob es für das Vorliegen eines Eilfalles bedeutsam ist, dass die Klägerin mit Blick auf die Angabe einer - nicht bestehenden - AOK-Mitgliedschaft durch Frau ... auch zunächst keine Veranlassung sah, vor Hilfeleistung an einen Sozialhilfeträger heranzutreten (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 31.Mai 2001 - 5 C 20/00 -, BVerwGE 114, 298 [299 ff.]).

Entscheidend ist vorliegend vielmehr, dass weder die Hilfebedürftigkeit von Frau ... noch die des Kindes ... ersichtlich gegeben ist. Voraussetzung für die hier im Erstattungswege begehrten Leistungen der Hilfe bei Mutterschaft (§ 36 b BSHG) sowie der Hilfe bei Krankheit (§ 37 BSHG) ist, dass die erforderliche Hilfe nicht von Trägern anderer Sozialleistungen gewährt wird (§ 2 Abs. 1 BSHG). Zwar endete die eigene Mitgliedschaft von Frau ... bei der AOK Berlin am 18. Januar 1996. Im fraglichen Zeitraum der Krankenhausbehandlung vom 21. April 1996 bis zum 1. Mai 1996 bzw. bis zum 22. Juni 1996 bestand aber eine Mitgliedschaft des Ehemannes ... ... bei der AOK Berlin. Es ist von der Klägerin nicht dargelegt worden oder sonst ersichtlich, dass eine der in § 10 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - SGB V - (vom 20. Dezember 1988 [BGBl. I S. 2477], i. d. F. des Gesetzes vom 20. Dezember 1991 [BGBl. I S. 2325], des Gesetzes vom 17. Dezember 1993 [BGBl. I S. 2118] sowie des Gesetzes vom 29. Juli 1994 [BGBl. I S. 1890]) normierten Voraussetzungen für eine Familienversicherung dabei nicht vorgelegen haben. Insbesondere war Frau ... nicht selbst krankenversichert, etwa aufgrund des Bezuges von Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V). Der Bezug endete am 18. Januar 1996. Auch spricht nichts dafür, dass die Ausschlussgründe für eine Familienversicherung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Nr. 4 SGB V vorgelegen hätten. Fehlendes eigenes Einkommen von Frau ... ist von der Klägerin selbst behauptet worden, so dass auch die Voraussetzungen des Ausschlussgrundes nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V nicht ersichtlich sind. Hinsichtlich des Kindes ... lagen die Voraussetzungen für eine Familienversicherung gem. § 10 Abs. 2 Nr. 1 SGB V vor. Die AOK Berlin hat im Übrigen mit ihrem Schreiben vom 25. April 1996 nur eine Mitgliedschaft von Frau ... verneint; zu dem Anspruch auf Familienversicherung wurde dagegen von der AOK keine Auskunft erteilt. Bestätigt wird das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen für eine Familienversicherung durch die Tatsache, dass im fraglichen Zeitraum von April bis Juni 1996 eine Familienversicherung für die weiteren Kinder ... und ... der Eheleute ... bei der AOK Berlin bestand. Dies legt die Vermutung nahe, dass die Anmeldung von Frau ... zur Familienversicherung schlicht unterblieben war, nachdem ihre eigene Mitgliedschaft bei der AOK Berlin am 18. Januar 1996 ausgelaufen war. Gleiches gilt für die zunächst unterlassene Anmeldung des neugeborenen Kindes .... Weiterer Beleg für die Erfüllung der Voraussetzungen der Familienversicherung ist die Tatsache, dass Frau ... ab dem 15. November 1996 bei der DAK familienversichert war, nachdem Herr ... ... zu diesem Zeitpunkt als Mitglied dorthin gewechselt war, ohne dass Gründe für das Bestehen der Familienversicherung erst ab diesem Zeitpunkt ersichtlich wären.

Bei den Ansprüchen auf Familienversicherung handelt es sich um "bereite Mittel", die bei der Krankenkasse hätten beansprucht werden können und die deshalb den Nachrang von Leistungen der Sozialhilfe auslösen. Der Anspruch auf Familienversicherung besteht kraft Gesetzes. Keinesfalls mussten die Ansprüche auf Krankenversicherungsleistungen erst noch begründet werden, was der Annahme des Vorliegens "bereiter Mittel" entgegenstünde (vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 27. September 1995 - 6 S 2522/94 -, zit. n. JURIS). Die notwendige Meldung von Frau ... und des Kindes ... als Familienversicherte durch das Mitglied ... ... (§ 10 Abs. 6 SGB V) wäre nach dem Wortlaut der Norm nicht anspruchbegründend gewesen, sondern nur Voraussetzung für die Durchführung der Familienversicherung.

Die Klägerin kann sich weiterhin nicht auf eine Vermutung der Hilfebedürftigkeit nach Ziff. 9 (2) der "Vereinbarung zwischen dem Land Berlin und der Freien Universität Berlin" aus dem Jahre 1974 berufen. Nach dieser Vereinbarung wird die Hilfebedürftigkeit vermutet, wenn eine Krankenkasse die Kostenübernahme abgelehnt hat und der Patient eine ihm daraufhin zugegangene Kostenliquidation des Krankenhauses nicht innerhalb von zehn Tagen ausgleicht oder wenn er erklärt, er sei zahlungsunfähig. Diese Vereinbarung bindet naturgemäß die Beklagten nicht, weil dieser nicht deren Vertragspartner sind. Die Folgen einer Unaufklärbarkeit der Hilfebedürftigkeit von Frau ... und des Kindes ... während der Krankenhausbehandlung hätte vielmehr die Klägerin zu tragen. Maßgeblich ist insofern das materielle Recht: Wer einen Anspruch geltend macht, zu dessen Lasten geht die Nichtaufklärbarkeit der diesen Anspruch begründenden Tatsachen, es sei denn, das materielle Recht regelt eine andere Verteilung der Beweislast. Eine solche abweichende Beweislastverteilung ist nach § 121 Satz 1 BSHG nicht vorgesehen (vgl. BVerwG, Urteil v. 28. März 1974 - V C 27/73 -, BVerwGE 45, 131 [133 f.]).

Unerheblich ist schließlich, ob die Ansprüche aufgrund einer Familienversicherung noch in der Gegenwart realisierbar sind; entscheidend ist, dass die Realisierbarkeit bei Eintritt des Nothelfers jedenfalls bestand, was keinem Zweifel unterliegen kann. Dass die Klägerin elementare Maßnahmen zur Anspruchsrealisierung gegenüber der AOK Berlin nicht ergriffen hat, kann nicht den Beklagten zur Last fallen. Insbesondere hat die Klägerin sich mit der Auskunft der AOK zufriedengegeben, es bestehe keine Mitgliedschaft von Frau .... Diese Auskunft schloss einen möglichen Anspruch auf Familienversicherung freilich nicht aus. Die Frage der Familienversicherung musste sich bei dem Kind ... geradezu aufdrängen, weil hier ein Krankenversicherungsschutz allein aufgrund einer Familienversicherung in Betracht kam. Die Frage nach einer Krankenkassenmitgliedschaft des Kindesvaters lag - mangels Krankenkassenmitgliedschaft der Mutter - deshalb nahe. Ebenso lag es nahe, den Familienstand von Frau ... zu erfragen, um so einen Anknüpfungspunkt für eine mögliche Familienversicherung ihrerseits zu finden. In den Formular "Persönliche Daten des Patienten" war die Rubrik "Familienstand" von Frau ... nicht ausgefüllt worden. Insofern hätte die Klägerin nur die von ihr selbst - ausweislich des Formularinhalts - als notwendig erachteten Personaldaten vollständig erheben müssen, um Anlass für weitere Nachfrage nach einer Familienversicherung zu gewinnen. Eine weitergehende Nachfrage wäre im Übrigen auch noch nach der Entlassung von Frau ... aus dem Klinikum der Klägerin möglich gewesen. Der fortbestehende Kontakt wird durch das Schreiben von Frau ... an die Klägerin vom 29. November 1996 belegt. Die Klägerin hat freilich nach eigenem Bekunden bis heute keinerlei weitere Aktivitäten entwickelt, ihren Anspruch gegenüber der AOK Berlin geltend zu machen, ohne dass dafür ein Grund ersichtlich wäre.

Auch eine erweiterte Hilfe gem. § 29 BSHG kommt für die Durchsetzung eines Erstattungsanspruchs eines Krankenhauses, das Kosten für eine Krankenhausbehandlung übernommen wissen möchte, nicht in Betracht. Denn es liegt kein i. S. v. § 29 Satz 1 BSHG "begründeter Fall" vor, so dass sich keine Grundlage dafür ergibt, nachträglich im Interesse eines Krankenhauses die Kosten für eine Krankenhausbehandlung zu übernehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 1979 - 5 C 39.78 -, FEVS 28, 13 [16 f.]).

Offen bleiben kann weiterhin die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage, ob der Antrag auf Kostenerstattung innerhalb "angemessener Frist" (§ 121 Satz 2 BSHG) gestellt worden ist oder nicht. Was angemessen ist, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalles und hierbei nicht nur nach den Interessen des Nothelfers selbst und des Hilfesuchenden, sondern auch nach dem Interesse des Sozialhilfeträgers (vgl. BVerwG, Urteil v. 27. Januar 1971 - V C 74/70 -, BVerwGE 37, 133 [137]; VGH München, Urteil v. 18. Februar 1982 - 672 XII 78 -, FEVS 32, 151 [157 f.]; OVG Münster, Urteil vom 15. November 1999 - 16 A 2569/97 -, zit. n. JURIS). Jedenfalls kann eine Antragstellung, die so spät erfolgt, dass Ersatzansprüche, die der Sozialhilfeträger seinerseits geltend machen könnte, zwischenzeitlich verjährt oder sonst ausgeschlossen wären, regelmäßig nicht mehr als in (angemessener Frist erfolgt gelten. Andererseits ist eine "angemessene Frist" nicht mit einer unverzüglichen Geltendmachung gleichzusetzen. Der Klägerin ist insofern vorzuhalten, dass sie, nachdem ihr durch das Schreiben der AOK Berlin am 29. April 1996 mitgeteilt worden war, diese lehne eine Übernahme der Behandlungskosten ab, mehrere Monate verstreichen ließ, bis sie überhaupt an einen Sozialhilfeträger mit dem Kostenerstattungsanspruch nach § 121 BSHG herantrat. Andererseits ist von den Beklagten nicht vorgetragen worden oder sonst ersichtlich, dass ihnen durch die relativ späte Geltendmachung des Erstattungsanspruchs Rechtsnachteile entstanden sind oder entstehen könnten.

2. Die Frage der örtlichen Zuständigkeit der Beklagten und damit deren Passivlegitimation ist angesichts der fehlenden weiteren Voraussetzungen für den Erstattungsanspruch nach § 121 BSHG selbst jedenfalls nicht mehr entscheidungserheblich. Gleichwohl sieht sich der Senat aus Gründen der Rechtssicherheit mit Blick auf die Begründung des erstinstanzlichen Urteils zu folgenden Ausführungen veranlasst:

a) Hinsichtlich des Beklagten zu 2. ist festzustellen, dass dessen örtliche Zuständigkeit für das Erstattungsbegehren hinsichtlich der Behandlungskosten für das Kind ... unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt: in Betracht kommt. Die Bestimmung des zuständigen Erstattungspflichtigen nach § 121 BSHG hat durch die hypothetische Betrachtungsweise zu erfolgen, welcher Träger der Sozialhilfe bei rechtzeitiger Kenntniserlangung hätte tätig werden müssen. Der ohne das Eingreifen des Nothelfers nach Maßgabe des Aufenthalts des Hilfesuchenden zuständige Sozialhilfeträger (§ 97 BSHG) soll mit der Erstattungspflicht und damit mit den Sozialhilfekosten belastet werden. Weder eine mögliche Anknüpfung an den tatsächlichen noch an den gewöhnlichen Aufenthalt führt vorliegend zu einer örtlichen Zuständigkeit des Beklagten zu 2.

Der tatsächliche Aufenthalt (§ 97 Abs. 1 Satz 1 BSHG) des Kindes ... nach dessen Geburt war - infolge der Behandlung im Klinikum der Klägerin - im Zuständigkeitsbereich des Beigeladenen. Für die Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes ist jedoch auf den gewöhnlichen Aufenthalt der Mutter abzustellen, weil das Kind im Klinikum der Klägerin geboren worden ist (§ 97 Abs. 2 Satz 4 BSHG). Der gewöhnliche Aufenthalt der Mutter ... war vor dem Beginn der Krankenhausbehandlung bei der Klägerin jedoch unter keinem Gesichtspunkt im Zuständigkeitsbereich des Beklagten zu 2. Ein solcher gewöhnlicher Aufenthalt ist weder von der Klägerin noch von einem anderen Beteiligten behauptet worden oder sonst ersichtlich. Der veränderte gewöhnliche Aufenthalt des Kindes ... nach dessen Entlassung aus dem Krankenhaus infolge der Unterbringung bei Pflegeeltern ist für § 97 Abs. 2 BSHG unerheblich.

b) Hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit des Beklagten zu 1. (als Rechtsnachfolger des Amtes Mittenwalde) ist festzustellen, dass diese - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - nach Auffassung des Senats vorlag.

aa) Grundsätzlich ist für die Sozialhilfebedürftigkeit, die aus Anlass eines Krankenhausaufenthaltes entsteht, derjenige Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Zuständigkeitsbereich der Hilfeempfänger seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in das Krankenhaus hat (§ 97 Abs. 2 Satz 1 BSHG). Ein solcher gewöhnlicher Aufenthalt von Frau ... im Zuständigkeitsbereich des Beklagten zu 1. dürfte zu bejahen sein:

Der Begriff des "gewöhnlichen Aufenthalts" ist in § 30 Abs. 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - SGB I - legaldefiniert. Die Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG zählen gem. § 9 SGB I zu den Sozialleistungen i. S. d. SGB I, so dass gem. § 37 SGB I die Legaldefinition des § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I auch auf das BSHG anwendbar ist. Danach ist Voraussetzung für das Vorliegen eines gewöhnlichen Aufenthalts die nach außen erkennbare Absicht, sich an einem Ort nicht nur vorübergehend aufzuhalten. Der Betreffende muss sich an einem Ort danach "bis auf weiteres" im Sinne eines zukunftsoffenen Verbleibs aufhalten und dort den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen haben (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 1999 - 5 C 11/98 -, NVwZ-RR 1999, 583; Urteil des erkennenden Senats vom 12. August 1999 - 4 A 132/97 -; Bräutigam, in: Fichtner, BSHG, 1999, § 97 Rdnr. 23). Diese Absicht hat Frau... insofern kundgetan, als sie gegenüber der Klägerin durchgängig die Anschrift "..., ..." angegeben hat, und zwar sowohl bei der stationären Aufnahme als auch bei der Geburtsanmeldung des Kindes .... Dies folgt auch aus einer Vielzahl von Schreiben und Vermerken im Verwaltungsvorgang der Klägerin, die sämtlich die Anschrift in ... ausweisen. Insbesondere wurden zwei Schreiben der Klägerin an Frau ... an die Anschrift "..., ..." übersandt (Schreiben vom 16. Juli 1996 und vom 13. August 1996). Der Annahme eines gewöhnlichen Aufenthalts in ... steht außerdem nicht die Erklärung entgegen, die von Frau ... mit Anschrift "..., ..." unter dem Datum des 29. November 1996 auf Aufforderung der Klägerin hin abgegeben worden ist. Aus dieser Erklärung ist nur zu entnehmen, dass Frau ... vor und nach dem Aufenthalt im Klinikum der Klägerin bei ihren Eltern in ... "gelebt" habe, "der Aufenthalt" sich aber auf den Zeitraum vom 06.02.96 bis 10.07. 96 beschränkt habe. Aus der Erklärung ist nicht ersichtlich, dass sie mit diesem zeitlich befristeten Aufenthalt bei den Eltern gleichzeitig die Absicht verbunden hat, nicht mehr nach ... zurückzukehren und somit ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort aufzugeben. Vielmehr spricht für eine Beibehaltung des Wohnsitzes in ... der Umstand, dass Frau ... gegenüber der Klägerin fast durchgängig die Anschrift in ... angegeben hat.

bb) Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist eine gegenüber der örtlichen Zuständigkeit des gewöhnlichen Aufenthalts vorrangige Zuständigkeit des Sozialhilfeträgers des tatsächlichen Aufenthalts nicht anzunehmen. Eine solche Zuständigkeit könnte nur unter den Voraussetzungen des § 97 Abs. 2 Satz 3 BSHG vorliegen, doch sind dessen Voraussetzungen nach Auffassung des Senats nicht gegeben:

Der gewöhnliche Aufenthalt von Frau ... war der Klägerin von Anfang an bekannt, weil Frau ... bei der Aufnahme im Klinikum der Klägerin ihre Anschrift in ... angegeben hatte. Anlass für Zweifel am gewöhnlichen Aufenthalt, die eine Zuständigkeit nach dem tatsächlichen Aufenthalt gem. § 97 Abs. 2 Satz 3, 1. Alt. BSHG begründen könnte, bestand - wie vorstehend ausgeführt - bei verständiger Würdigung der tatsächlichen Umstände nicht. Damit konnte auch der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes ... gem. § 97 Abs. 2 Satz 4 BSHG keinen Zweifeln unterliegen.

Ebenso wenig sind die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbegründung nach § 97 Abs. 2 Satz 3, 2. Alt. BSHG ersichtlich. Dabei erscheint es schon als zweifelhaft, ob überhaupt ein "Eilfall" i. S. v. § 97 Abs. 2 Satz 3, 2. Alt. BSHG vorlag. Der systematische Zusammenhang zwischen der 1. und 2. Alternative von § 97 Abs. 2 Satz 3 BSHG legt ein Verständnis dahin gehend nahe, dass auch in einem solchen "Eilfall" der gewöhnliche Aufenthalt unbekannt bzw. nicht rechtzeitig zu ermitteln gewesen sein muss, um die Zuständigkeitsanknüpfung an den tatsächlichen Aufenthalt auszulösen. Insofern besteht auch ein wesentlicher Unterschied vom Sachverhalt her zu der vom Verwaltungsgericht angeführten Entscheidung des BVerwG (Urteil vom 14. Juni 2001 - 5 C 21/00 - BVerwGE 114, 326), bei der der gewöhnliche Aufenthalt der Kindeseltern gerade unbekannt war.

Würde bei einem (medizinischen) Eilfall i. S. v. § 121 BSHG auch bei Kenntnis des gewöhnlichen Aufenthaltsortes des Hilfesuchenden stets ein Eilfall i. S. d. § 97 Abs. 2 Satz 3, 2. Alt. BSHG vorliegen, so bedeutete dies eine generelle "Zuständigkeitsprivilegierung" für den Nothelfer. Der Nothelfer könnte dann seinen Erstattungsanspruch gem. § 121 BSHG stets gegenüber dem Sozialhilfeträger des tatsächlichen Aufenthaltsortes des Hilfesuchenden geltend machen, welche Regelung dann in § 121 BSHG selbst zu erwarten gewesen wäre. Für diese "Zuständigkeitsprivilegierung" besteht jedoch gar kein Bedürfnis, wenn der gewöhnliche Aufenthalt des Hilfesuchenden bekannt ist. Auch liefe eine solche generelle Zuständigkeitsänderung der mit der Novellierung der Zuständigkeitsregeln im Jahre 1993 verfolgten Intention des Gesetzgebers zuwider, die Zahl der Erstattungsfalle zu vermindern (vgl. BT-Drs. 12/4401, S. 84). Der Zuständigkeitseintritt des Sozialhilfeträgers des tatsächlichen Aufenthalts nach § 97 Abs. 2 Satz 3 BSHG löst stets einen Erstattungsanspruch dieses Sozialhilfeträgers nach § 103 Abs. 1 BSHG und damit einen erheblichen Verwaltungsaufwand aus. Zur Verminderung dieser Verwaltungskosten wollte der Gesetzgeber die Zahl der Erstattungsfälle jedoch auf das unumgängliche Minimum reduzieren.

Unabhängig davon muss es einem Nothelfer jedoch unbenommen bleiben, seinen Erstattungsanspruch auch gegenüber dem Sozialhilfeträger des gewöhnlichen Aufenthalts geltend zu machen. Denn die Zuständigkeit nach § 97 Abs. 2 Satz 3 BSHG ist nur eine komplementäre. Dies kommt schon in der Formulierung zum Ausdruck, der Sozialhilfeträger des Ortes des tatsächlichen Aufenthaltes habe "vorläufig" einzutreten. Auch wird aus § 103 Abs. 1 Satz 1 BSHG deutlich, dass der "nach § 97 Abs. 2 Satz 1 BSHG zuständige Träger" weiterhin verpflichtet bleiben soll und deshalb dem Leistungserbringer nach § 97 Abs. 2 Satz 3 BSHG die aufgewendeten Kosten zu erstatten hat. Diese Erstattungspflicht wäre rechtssystematisch nicht zu erklären, wenn nicht neben der Zuständigkeit aus § 97 Abs. 2 Satz 3 BSHG die (Haupt-)-Zuständigkeit aus § 97 Abs. 2 Satz 1 BSHG fortbestünde. Infolgedessen muss es dem Nothelfer unbenommen bleiben, in jedem Fall auch den nach § 97 Abs. 2 Satz 1 BSHG zuständigen Sozialhilfeträger des "gewöhnlichen Aufenthalts" auf Erstattung nach § 121 BSHG in Anspruch zu nehmen. Würde man den Nothelfer stets zwingen, den Sozialhilfeträger des tatsächlichen Aufenthalts in Anspruch zu nehmen, obwohl sich auch der Sozialhilfeträger des gewöhnlichen Aufenthalts leicht ermitteln lässt, so würden unnötige Erstattungsfälle erzeugt, was - wie ausgeführt - der gesetzgeberischen Intention widerspricht.

3. Das Berufungsverfahren des Beigeladenen ist nach dessen Berufungsrücknahme entsprechend §§ 125 Abs. 1, 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.

4. Die Kostenentscheidung folgt hinsichtlich der Klägerin aus § 154 Abs. 2 VwGO und hinsichtlich des Beigeladenen aus § 155 Abs. 2 VwGO. Entsprechend § 159 Satz 1 VwGO i. V. m. § 100 Abs. 1 Zivilprozessordnung - ZPO - ist dabei die Kostentragungspflicht zwischen den kostenpflichtigen Beteiligten hälftig zu teilen. Ein Anlass für eine Modifikation dieser Kostenverteilung nach § 100 Abs. 2 und Abs. 3 ZPO besteht nicht. Die Kostenverteilung bezieht sich allein auf das Verfahren zweiter Instanz, das im Übrigen gerichtskostenfrei ist (§ 188 Satz 2 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen nicht vorliegen (§ 132 Abs. 2 VwGO).

Ende der Entscheidung

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