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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Brandenburg
Beschluss verkündet am 12.10.2004
Aktenzeichen: 4 A 580/03.Z
Rechtsgebiete: GG, VwGO, BGB, NamÄndG


Vorschriften:

GG Art. 6
GG Art. 6 Abs. 2
VwGO § 42 Abs. 2
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 2
VwGO § 124 a Abs. 4 Satz 1
VwGO § 124 a Abs. 4 Satz 4
BGB § 1626
BGB § 1626 a
BGB § 1626 a Abs. 1
BGB § 1626 a Abs. 1 Nr. 1
BGB § 1626 a Abs. 2
NamÄndG § 3 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERVERWALTUNGSGERICHT FÜR DAS LAND BRANDENBURG BESCHLUSS

4 A 580/03.Z

In dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren

wegen Namensrechts;

hier: Antrag auf Zulassung der Berufung

hat der 4. Senat am 12. Oktober 2004 durch

den Vorsitzenden Richter am ..., den Richter am ... und den Richter am ...

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 25. März 2003 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Cottbus wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 4.000,00 € festgesetzt.

Gründe:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. Die geltend gemachten Zulassungsgründe rechtfertigen eine Berufungszulassung nicht. Bei der Überprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung ist das Oberverwaltungsgericht dabei grundsätzlich auf die mit dem Zulassungsantrag geltend gemachten tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte beschränkt. Dies entspricht dem fristgebundenen Darlegungserfordernis des § 124 a Abs. 4 Satz 1 und 4 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -.

Auf dieser Beurteilungsgrundlage unterliegt die Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung keinen ernstlichen Zweifeln i. S. v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Der Kläger hat keine durchgreifenden Gründe dargelegt, die dafür sprechen, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Ergebnis keinen Bestand haben könnte (vgl. zum Erfordernis der Ergebnisrichtigkeit: Beschluss des erkennenden Senats vom 1. Dezember 1999 - 4 B 127/99 -, ZFSH/SGB 2000, 164m. w. N.).

Die Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass dem Kläger eine Klagebefugnis i. S. v. § 42 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - nicht zustehe, ist vom Kläger nicht mit durchgreifenden Rügen angegriffen worden. Durch den Namensänderungsbescheid des Beklagten vom 16. April 2002 können unter keinem Gesichtspunkt eigene subjektive Rechte des Klägers verletzt sein, so dass eine Klagebefugnis ausscheidet (vgl. zum Begriff der Klagebefugnis: BVerwG, Urteil vom 22. Februar 1994 - 1 C 24/92 -, BVerwGE 95, 133 [134]).

Das Recht zur Bestimmung des Vornamens für ein Kind folgt aus dem Personensorgerecht (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Januar 1979 - IV ZB 39/78 -, NJW 1979, 2469; Palandt/Diederichsen, Bürgerliches Gesetzbuch, 63. Aufl. 2004, Einf. v. § 1616, Rdnr. 13). Ist ein Elternteil alleiniger Inhaber der elterlichen Sorge, so steht ihm auch allein das Bestimmungsrecht über den Vornamen des Kindes zu (vgl. Hinz, in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. 8, 3. Aufl. 1992, § 1616 Rdnr. 15). Das Personensorgerecht stand und steht - was auch vom Kläger nicht bestritten wird - vorliegend allein der Mutter des Beigeladenen gem. § 1626 a Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch - BOB - zu. Der Kläger war offenkundig zu keinem Zeitpunkt Inhaber des Personensorgerechts und hat selbst die Erklärung über die Anerkennung der Vaterschaft des Beigeladenen erst im April 2002 abgegeben, also drei Jahre nach dessen Geburt. Auch die Voraussetzungen für einen Erwerb des Personensorgerechts durch den Kläger nach §§ 1626, 1626 a Abs. 1 BGB sind nicht dargetan. Der Kläger war weder im Zeitpunkt der Geburt des Beigeladenen mit dessen Mutter verheiratet noch ist eine solche Heirat später erfolgt (§ 1626 a Abs. 1 Nr. 2 BGB). Ebenso wenig haben die Eltern des Beigeladenen übereinstimmend nach § 1626 a Abs. 1 Nr. 1 BGB erklärt, die elterliche Sorge gemeinsam ausüben zu wollen. Gegen den Willen der Mutter des Beigeladenen könnte der Kläger ein gemeinsames Sorgerecht im Übrigen nicht erreichen (vgl. Palandt/Diederichsen, a. a. O., § 1626 a, Rdnr. 11).

Dieses einfachgesetzliche Regelungskonzept unterliegt auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten keinen Wirksamkeitszweifeln. Das Kindeswohl verlangt, dass das Kind ab seiner Geburt eine Person hat, die für das Kind rechtsverbindlich handeln kann. Angesichts der Unterschiedlichkeit der Lebensverhältnisse, in die nichteheliche Kinder hineingeboren werden, ist es verfassungsgemäß, das nichteheliche Kind bei seiner Geburt sorgerechtlich grundsätzlich der Mutter zuzuordnen (BVerfG, Urteil vom 29. Januar 2003 - 1 BvL 20/99, 1 BvR 933/01 -, BVerfGE 107, 150 [169 ff.]).

Rechtlich ohne Belang ist der Einwand des Klägers, die Vornamenswahl "..." sei von der Mutter des Beigeladenen auf Wunsch des Klägers hin erfolgt. Das Bestimmungsrecht hinsichtlich des Vornamens stand allein der Mutter des Beigeladenen zu und ist von dieser deshalb auch allein ausgeübt worden. Die inneren Motivationen, denen die Mutter des Beigeladenen bei der Wahl des Vornamens unterlag, sind für die Wirksamkeit der alleinigen Ausübung des Namensbestimmungsrechts ohne Bedeutung.

Damit unterscheidet sich die hier zu beurteilende Konstellation deutlich von der Konstellation, bei der die Bestimmung des Vornamens aufgrund eines ursprünglich bestehenden gemeinsamen Sorgerechts beider Elternteile erfolgt war, im späteren Zeitpunkt der Namensänderung das Sorgerecht jedoch allein auf den anderen Elternteil übergegangen ist. Von einer solchen Konstellation geht auch die vom Kläger angeführte Entscheidung des OVG Münster (Urteil vom 25. November 1993 - 10 A 2423/90 -, StAZ 1994, 195 sowie in JURIS) aus. Im Übrigen erscheint selbst in einer solchen Konstellation eine Klagebefugnis des nicht mehr sorgeberechtigten Elternteils zweifelhaft. Denn dem Vornamen kommt keine Dokumentationsfunktion hinsichtlich der Abstammung eines Kindes zu, so dass die Beibehaltung eines Vornamens nicht geeignet ist, für Dritte erkennbar die Abstammung des Kindes vom nicht (mehr) sorgeberechtigten Elternteil kundzutun (vgl. VGH Kassel, Beschluss vom 11. Dezember 1991 - 11 UE 3173/90 -, FamRZ 1992, 1100 [1101]).

Ebenso wenig ist die Rechtsprechung zum Klagerecht des nicht sorgeberechtigten Elternteils bei Änderung des bis dahin gemeinsamen Familiennamens auf die vorliegende Konstellation übertragbar. Denn in solchen Fällen geht es stets um die Aufrechterhaltung des verbindenden Familiennamens. Ein solches Namensband stellt der Vorname nicht dar (vgl. VGH Kassel, Beschluss vom 27. Juli 1994 - 11 UE 842/94 -, FamRZ 1995, 586 f.). Auch die vom Kläger angeführte Entscheidung der Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 6. Dezember 2001 (- 31178/96 -, NJW 2003, 1921) betrifft eine Familiennamensänderung und ist damit für den vorliegenden Fall nicht einschlägig.

Dass eine Anhörung des Klägers zur Vornamensänderung durch die Beklagte aufgrund der Verwaltungsvorschriften zum Namensänderungsgesetz hätte erfolgen müssen, wird im Ergebnis vom Kläger selbst nicht behauptet. Eine Anhörung des Klägers hätte für diesen im Übrigen kein Klagerecht begründet. Denn eine solche Anhörung setzt nicht ein subjektives Recht voraus, sondern kann der Unterrichtung und der Amtsermittlung durch die Behörde nach § 3 Abs. 2 Namensänderungsgesetz - NamÄndG - dienen (vgl. auch OVG Münster, Urteil vom 17. Dezember 1992 - 10 A 1598/91 -, NJW 1993, 2132 f.). Ebenso ist das angebliche Antragsrecht des Klägers zu einer Namensänderung des Beigeladenen in Syrien für das Klagerecht im vorliegenden Verfahren ohne Relevanz, denn vorliegend geht es allein um eine Namensänderung nach deutschem Recht.

Aus dem Elternrecht als Vater eines nichtehelichen Kindes gem. Art 6 Abs. 2 Grundgesetz -GG - kann der Kläger ein Klagerecht gleichfalls nicht ableiten. Auch insofern hat der Kläger keine durchgreifenden Bedenken gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts erhoben. Die Regelung des § 1626 a BGB konkretisiert - wie das Bundesverfassungsgericht zutreffend festgestellt hat - das Elternrecht insofern in zulässiger Weise und lässt daneben für ein eigenes Klagerecht unmittelbar aus Art. 6 Abs. 2 GG keinen Raum (vgl. BVerfG, Urteil vom 29. Januar 2003 - 1 BvL 20/99, 1 BvR 933/01 -, BVerfGE 107, 150 [169 ff.]).

Angesichts des fehlenden Klagerechts kommt es auf die weiteren vom Kläger geltend gemachten materiell-rechtlichen Einwände gegen den angegriffenen Namensänderungsbescheid (keine ordnungsgemäße Antragstellung zur Namensänderung; Verstoß gegen das Kindeswohl; Unzulässigkeit der Namensänderung nach syrischem Recht) nicht an.

Der weiter geltend gemachte Zulassungsgrund der besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache liegt ebenfalls nicht vor. Eine Rechtssache weist jedenfalls dann keine besonderen Schwierigkeiten i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf, wenn die Angriffe des Rechtsmittelführers gegen die erstinstanzliche Entscheidung keinen begründeten Anlass zu Zweifeln an ihrer Richtigkeit geben bzw. sich ohne weiteres im Zulassungsverfahren klären lassen, so dass es der Durchführung eines Rechtsmittelverfahrens nicht bedarf (ständige Rechtsprechung des erkennenden Senats, vgl. etwa Beschluss des Senats vom 24. März 2000 - 4 A 173/98 -; ebenso OVG Münster, Beschluss vom 31. Juli 1998 - 10 A 1329/98 -, NVwZ 1999, 202 ff.).

Gemessen an diesem Maßstab hat der Kläger hier nicht schlüssig dargelegt, worin die besonderen Schwierigkeiten der Rechtssache begründet sein sollen. Entscheidungserheblich ist allein die Rechtsfrage der Klagebefugnis, die vom Verwaltungsgericht ohne durchgreifende Einwände des Klägers beantwortet worden ist. Weitergehende materiellrechtliche Fragen der Berührung ausländischen Rechts sind aufgrund der fehlenden Klagebefugnis ohne Entscheidungserheblichkeit. Demnach ist für eine Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO hier kein Raum.

Der Rechtssache kommt schließlich die vom Kläger geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) nicht zu. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine tatsächliche oder rechtliche Frage aufwirft, die für die Berufungsinstanz entscheidungserheblich ist und über den Einzelfall hinaus im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der Klärung bedarf. Der Kläger macht insofern sinngemäß geltend, seine unterbliebene Beteiligung im Behördenverfahren über die Namensänderung sei unter dem Gesichtspunkt der Reichweite von Art. 6 GG grundsätzlich klärungsbedürftig. Diese Frage ist jedoch - wie ausgeführt - durch die Entscheidung des BVerfG (Urteil vom 29. Januar 2003 - 1 P-L 20/99, 1 BvR 933/01 -, BVerfGE 107, 150) bereits geklärt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 2, § 14 Abs. 1 und Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes (i.F.: GKG a.F.), das hier noch in der bis zum 30. Juni 2004 geltenden Fassung anzuwenden ist (vgl. § 72 Nr. 1 GKG i.d.F. des Art. 1 des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts vom 5. Mai 2004, BGBl. I S. 718).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 25 Abs. 3 Satz 2 GKG a.F.).

Ende der Entscheidung

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