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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Brandenburg
Beschluss verkündet am 28.01.2005
Aktenzeichen: 4 A 716/03.AZ
Rechtsgebiete: AsylVfG, VwGO, AuslG


Vorschriften:

AsylVfG § 30 Abs. 3 Nr. 4
AsylVfG § 78 Abs. 3
AsylVfG § 78 Abs. 3 Nr. 1
AsylVfG § 78 Abs. 3 Nr. 2
AsylVfG § 78 Abs. 3 Nr. 3
AsylVfG § 78 Abs. 4
VwGO § 138
VwGO § 138 Nr. 3
AuslG § 51 Abs. 1
AuslG § 53
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERVERWALTUNGSGERICHT FÜR DAS LAND BRANDENBURG BESCHLUSS

4 A 716/03.AZ

In dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren

wegen Asylverfahrensrechts;

hier: Antrag auf Zulassung der Berufung

hat der 4. Senat am 28. Januar 2005 durch

den Vorsitzenden Richter am ..., die Richterin am ... und den Richter am ...

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 4. Juni 2003 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.

Gründe:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Nach § 78 Absatz 3 des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) ist die Berufung nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1 der Vorschrift), oder das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr. 2), oder ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt (Nr. 3).

Die hier geltend gemachten Zulassungsgründe des § 78 Absatz 3 Nr. 1 und Nr. 2 AsylVfG sind auf der - insoweit allein maßgeblichen (vgl. § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylVfG) - Grundlage des Vortrags des Klägers im Zulassungsverfahren nicht gegeben.

A. I. Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, der Kläger, der seine ursprünglich auch auf eine Anerkennung als Asylberechtigter gerichtete Klage insoweit zurückgekommen hat, habe keinen Anspruch auf Feststellung von Abschiebungsverboten gemäß § 51 Abs. 1 des Ausländergesetzes (AuslG) oder Abschiebungshindernissen gemäß § 53 AuslG. Eine Verfolgung drohe ihm in seinem Heimatland nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit. Dieser - gewöhnliche -Wahrscheinlichkeitsmaßstab sei zu Grunde zu legen, weil die einem Vorverfolgten grundsätzlich zu gewährende Nachweiserleichterung zu Gunsten des Klägers nicht eingreife. Er habe sein Heimatland aus Gründen verlassen, auf die die früher unter Umständen bestehende Verfolgungssituation ohne Einfluss gewesen sei. Sein Motiv für die Ausreise sei nicht die Furcht vor Verfolgung gewesen. Dafür spreche, dass er nach dem Attentat auf seinen Vater in ... im April 1987, aus dem er seine (eigene) politische Verfolgung herleite, seine politischen Aktivitäten noch verstärkt habe, dabei in hohe parteipolitische Ämter aufgestiegen und zum Zwecke des politischen Kampfes häufig auch in diesen Ort gereist sei. Außerdem habe er sein Heimatland erst ein Jahr und vier Monate nach dem Attentat verlassen und sei Anfang 1994 für einen Ferienaufenthalt dorthin zurückgekehrt. Überdies habe er im Rahmen seines anwaltlich verfassten Asylantrages als Grund seiner Ausreise in die ... im August 1988 allein seinen Wunsch angegeben, dort zu studieren. Ferner habe er sich weder in der ... noch später in der ... um Asyl bemüht. Seit seiner letzten Einreise in die Bundesrepublik Deutschland im März 1996 habe er etwa zwei Jahre und fünf Monate verstreichen lassen, bevor er einen Asylantrag gestellt habe. Schließlich habe er als Grund seiner Einreise lediglich die Suche nach einem Studium angegeben. Seine Einlassungen, dass er geglaubt habe, sich als Tourist in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten zu dürfen, hat das Verwaltungsgericht nicht für glaubhaft, jedenfalls unbeachtlich gehalten.

Diese Feststellungen des Verwaltungsgerichts werden in der individuell auf den Fall des Klägers bezogenen Würdigung nicht mit durchgreifenden Zulassungsgründen angegriffen. Der Kläger macht im Zulassungsverfahren zur Frage der Vorverfolgung nur geltend, der Umstand, dass er seinerzeit in der damaligen ... und später der ... keine Asylanträge gestellt habe, spreche nicht gegen seine Schutzbedürftigkeit und sein subjektives Schutzinteresse. In der ... habe er sich legal in einem Land aufhalten dürfen, welches ihm freundlich gesonnen gewesen sei; ausweislich eines von ihm in Bezug genommenen Lageberichts des Auswärtigen Amtes sei der Schutz ausländischer Flüchtlinge in der ... sowohl in der Gesetzgebung wie auch der Realität lückenhaft gewesen. Ein Zulassungsgrund im Sinne von § 78 Abs. 3 AsylVfG wird mit diesem Vorbringen nicht dargelegt, ganz abgesehen davon, dass damit auch in der Sache die vom Verwaltungsgericht der Entscheidung zu Grunde gelegten Tatsachen nicht als solche angegriffen werden, sondern lediglich ihre Aussagekraft im Hinblick auf die daraus abgeleiteten Schlussfolgerungen. Jedoch wird damit die auf eine Vielzahl von (auch weiteren) Indizien gestützte Meinungsbildung des Verwaltungsgerichts nicht erschüttert. Hiernach ist auch im vorliegenden Verfahren davon auszugehen, dass der Kläger sein Heimatland aus Gründen verlassen hat, auf die die früher unter Umständen bestehende Verfolgungssituation ohne Einfluss gewesen ist.

II. Das Verwaltungsgericht hat ferner ausgeführt, nach dem Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit drohe dem Kläger im Falle einer Rückkehr keine Gefahr politischer Verfolgung. Dieser Prognosemaßstab enthalte neben dem Element der Eintrittswahrscheinlichkeit auch das Element der zeitlichen Nähe des befürchteten Eingriffs. Von einer mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohenden Verfolgung sei dann auszugehen, wenn die für die Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besäßen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwögen. Dabei sei eine rein quantitative oder statistische Betrachtung nicht angezeigt. Maßgebend sei letztlich der Gesichtspunkt der Zumutbarkeit einer Rückkehr in den Heimatstaat; dieser bilde das vorrangige qualitative Kriterium, das bei der Beurteilung anzulegen sei, ob die Wahrscheinlichkeit einer Gefahr "beachtlich" sei. Die Möglichkeit einer Verfolgung im Heimatland müsse derart "real" sein, dass ein verständiger Mensch das Risiko einer Rückkehr nicht auf sich nehme, wobei die Schwere des befürchteten Eingriffs in gewissem Umfang zu berücksichtigen sei.

Dieser rechtliche Maßstab wird vom Kläger ebenfalls nicht angegriffen und bleibt daher auch im Zulassungsverfahren anzuwenden.

III. Auf der vorstehend dargelegten Grundlage hat das Verwaltungsgericht die beachtliche Wahrscheinlichkeit einer politischen Verfolgung des Klägers im Falle einer Rückkehr nach ... aus zwei Gründen verneint:

1. Im Hinblick auf den Umstand, dass der Kläger auch nach dem Attentat auf seinen Vater des Öfteren zu Veranstaltungen oder Kundgebungen seiner Partei nach ... gereist sein und sich dabei im Rahmen des Wahlkampfes exponiert haben wolle, hatte es bereits Bedenken, ob er dort tatsächlich von politischer Verfolgung bedroht war. Jedenfalls habe ihm aber eine inländische Fluchtalternative offen gestanden, die er auch über ein Jahr und vier Monate genutzt habe. Er sei nämlich mit seinen Eltern auf ein Angebot der Regierung hin nach ... gezogen. Dort habe er sich nach seinen Schilderungen über ein Jahr lang nicht nur frei von Verfolgung aufgehalten, sondern es sei ihm auch gelungen, in die nationale Leitung der Jugendorganisation der Union ... (UP) aufzusteigen, sein vormaliges politisches Engagement also erheblich zu steigern.

2. "Unbeschadet dieser Erwägungen", daher im Sinne einer - selbstständig tragenden - weiteren Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, es sei dem Kläger jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt zuzumuten, nach ... zurückzukehren. Es hat damit auch aus diesem Grund das Bestehen einer beachtlichen Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung abgelehnt. Nach nunmehr nahezu 15 Jahren seit seiner Ausreise sei die Erinnerung an ihn selbst und seine Aktivitäten stark verblasst, wenn all dies nicht sogar gänzlich in Vergessenheit geraten sei. Dass etwaige paramilitärische Milizen das Interesse an seinem Vater verloren hätten, zeige sich bereits daran, dass die Eltern des Klägers seit ihrer Rückkehr aus ... frei von Verfolgungen bis zum Tage der gerichtlichen Entscheidung in ... hätten leben können. Dabei hätten sich die Eltern nach Angaben des Klägers bis vor zwei Jahren in ... selbst aufgehalten und wohnten nunmehr in der Provinzhauptstadt .... Lebe indes der Vater, der in erster Linie als Verfolgungsziel in den Blick der paramilitärischen Milizen geraten sein solle, seit 15 Jahren in seinem Heimatland unbehelligt, müsse diese Möglichkeit erst recht für den Kläger, der seine Bedrohung aus dem Attentat auf seinen Vater ableite, nach ebenso langer Abwesenheit gelten. Dass der Kläger, wie seine Familie, keine über die einem jeden Kolumbianer drohende allgemeine Gefährdung hinausgehende Gefahr zu gewärtigen habe, zeige sich auch daran, dass sein Bruder bis zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung in ... lebe und in der dortigen Verwaltung arbeitend sogar als Repräsentant des Staates wirke.

Schließlich belege auch der einmonatige Ferienaufenthalt des Klägers in ... Ende Dezember 1993, mit dem er sich unter den Schutz des kolumbianischen Staates gestellt habe (§ 72 Abs. 1,3. Alt. AsylVfG), dass ihm auch nach seiner eigenen Einschätzung keine reale Möglichkeit einer politischen Verfolgung in ... gedroht habe.

B. Da die angegriffene Entscheidung die beachtliche Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung des Klägers im Falle einer Rückkehr aus - wie auch der Kläger selbst erkennt - zwei selbstständig tragenden Gründen verneint, besteht ein Zulassungsanspruch von vornherein nur dann, wenn er für jede der beiden Begründungen (zumindest) einen durchgreifenden Zulassungsgrund geltend macht. Das ist nicht der Fall.

I. Der zunächst vorgebrachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG) liegt nicht vor. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Sache nur dann, wenn sie eine entscheidungserhebliche, bisher höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht beantwortete Rechts- oder Tatsachenfrage von allgemeiner Bedeutung aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts einer obergerichtlichen Klärung bedarf (ständige Rechtsprechung des erkennenden Senats, vgl. etwa Beschluss vom 12. August 2002 - 4 A 308/02.AZ -).

1. Soweit der Kläger eine grundsätzliche Bedeutung des Verfahrens in tatsächlicher Hinsicht mit der Frage geltend macht, ob "für ein früher aktives Mitglied der Partei 'Union ...' auch nach langjährigem Auslandsaufenthalt (hier 10 bzw. 15 Jahre) in der Gegenwart in ... wegen dieser früheren Aktivitäten eine Gefahr für Leben und Gesundheit seitens paramilitärischer Gruppen" bestehe, wendet er sich damit ersichtlich gegen die oben unter A. III. 2. dargestellte Annahme des Verwaltungsgerichts, ihm - dem Kläger - drohe eine politische Verfolgung nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit, weil nach dem verstrichenen Zeitraum die Erinnerung an ihn selbst und seine Aktivitäten stark verblasst, oder all dies gänzlich in Vergessenheit geraten sein müsse. Die Zulassung der Berufung vermag das diesbezügliche Vorbringen des Klägers indes nicht zu begründen, weil sich die aufgeworfene Frage auf der Grundlage einerseits der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und der Verwaltungsgerichte zu den Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs und andererseits der in tatsächlicher Hinsicht nicht angegriffenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts in dieser Weise nicht stellen würde.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 26. November 1986 - 2 BvR 1058/85 -, BVerfGE 74, 51, 64) bzw. des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 19. Mai 1987 - 9 C 184.86 -, BVerwGE 77, 258, 260) setzen das Asylgrundrecht bzw. ein Anspruch auf Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG (vgl. nunmehr § 60 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes) grundsätzlich einen kausalen Zusammenhang zwischen Verfolgung und Flucht voraus. Der erforderliche Zusammenhang ist aufgehoben, wenn die geltend gemachte Furcht vor Verfolgung keinerlei Verknüpfung mehr zu einer früher erlittenen aufweist oder wenn die frühere Verfolgung ohne Einfluss auf den späteren Entschluss zum Verlassen des Heimatstaates gewesen ist. Fehlt eine Kausalität zwischen Verfolgung und Flucht, kommt eine Asylberechtigung regelmäßig nur in Betracht, wenn aufgrund asylrechtlich erheblicher Nachfluchtgründe politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht (BVerwG, Urteil vom 9. September 1997 - 9 C 43.96 -, BVerwGE 105, 204, 206; Urteil vom 30. Oktober 1990 - 9 C 60.89 -, BVerwGE 87, 52, 56). Die in der vom Verwaltungsgericht herangezogenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 26. März 1985 - 9 C 107.84 -, BVerwGE 71, 175, 179) vertretene Rechtsauffassung, der noch entnommen werden konnte, dass ein fehlender kausaler Zusammenhang zwischen Verfolgung und Flucht die Annahme einer Vorverfolgung nicht ausschließe, sondern nur dazu führe, dass die einem Vorverfolgten grundsätzlich zu gewährende Nachweiserleichterung nicht mehr eingreife, ist mit dem zitierten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Mai 1987 (a. a. O.) im Wesentlichen aufgegeben worden.

Auf dieser rechtlichen Grundlage führen die nicht mit durchgreifenden Rügen angegriffenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts, wonach der Kläger sein Heimatland aus Gründen verlassen habe, auf die eine früher unter Umständen bestehende Verfolgungssituation ohne Einfluss gewesen sei und wonach das Motiv für seine Ausreise nicht die Furcht vor Verfolgung gewesen sei, ohne weiteres zur Verneinung einer Vorverfolgung und dazu, dass der geltend gemachte Anspruch auf Abschiebungsschutz nur dann bestehen kann, wenn ihm aufgrund asylrechtlich erheblicher Nachfluchtgründe nunmehr bei einer Rückkehr politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht.

Davon ausgehend bedürfte es mit Blick auf die vom Kläger aufgeworfene Frage jedenfalls der Darlegung einer nach seiner Ausreise eingetretenen Änderung solcher für die Annahme einer politischen Verfolgung maßgeblichen Umstände, die eine mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohende Rückkehrgefährdung auch der unverfolgt aus ... ausgereisten Mitglieder der UP noch nach langjährigem Auslandsaufenthalt begründen könnte. Dem Vorbringen des Klägers sind indes weder hinreichende Anhaltspunkte für derartige, einen Nachfluchtgrund für unverfolgt ausgereiste UP-Mitglieder begründende Umstände noch diesbezügliche konkrete Erkenntnisse zu entnehmen, die eine gewisse Wahrscheinlichkeit für derartige, von den Feststellungen des Verwaltungsgerichts abweichende Behauptungen begründen könnten.

Zunächst fehlt es an hinreichenden Anhaltspunkten dafür, dass etwa von Seiten paramilitärischer Kräfte der Verfolgungsdruck auf alle ehemaligen Mitglieder der selbst nicht mehr aktiven UP so sehr erhöht worden wäre, dass auch jemandem, der - wie der Kläger- vor mehr als 16 Jahren unverfolgt ausgereist ist, deswegen inzwischen Verfolgung droht. Soweit der Kläger der Meinung ist, die Paramilitärs behandelten jedes frühere Mitglied der Union ... als mutmaßlichen Guerilla-Unterstützer, deshalb bestehe bis in die Gegenwart die Gefahr der Stigmatisierung und die damit einhergehende Gefahr für Leben und Gesundheit der früheren Mitglieder dieser Partei, knüpft er vielmehr an eine in der Vergangenheit bereits angelegte Bedrohung an. Mit den - gerade insoweit nicht angegriffenen - Feststellungen des Verwaltungsgerichts, wonach der Kläger sogar als Vorsitzender der Jugendorganisation der Union ... in der Öffentlichkeit aufgetreten ist, jedoch selbst nicht von Verfolgungsmaßnahmen der Paramilitärs betroffen oder erkennbar bedroht war, ist dies indes schlechterdings nicht in Übereinstimmung zu bringen.

Auch die von ihm in Bezug genommenen Dokumente vermögen in dieser Hinsicht keinen Aufschluss zu geben. Im Bericht des UNHCR vom September 2002 wird unter der vom Kläger zitierten Randnummer 49 ausgeführt, zwischen 1985 und 1990 seien etwa 3000 Mitglieder dieser Partei getötet worden. Als Folge davon sei die Union ... nicht länger politisch aktiv. Trotz eines im Jahr 2001 initiierten Schutzprogramms der Regierung seien etwa 100 Mitglieder in den letzten zwei Jahren getötet worden. Im in spanischer Sprache vorgelegten UN-Menschenrechtsbericht wird nach dem vom Kläger im Zulassungsantrag auszugsweise zusammengefassten Inhalt der Ziffern 199 bis 201 lediglich ausgeführt, dort werde gezielt auf Gefährdungen von Mitgliedern der Union ... eingegangen. Diese Dokumente vermögen danach allenfalls zu belegen, dass nach einer Phase intensiver Verfolgung von Mitgliedern der UP in den Jahren von 1985 bis 1990 die Gefahr in den dem erstgenannten Bericht vom September 2002 vorausgegangenen zwei Jahren noch nicht vorüber war. Jedoch geben diese Berichte keinerlei Anhaltspunkte dafür her, dass die Gefährdung sogar zugenommen hätte, mit der Folge, dass jemand der - wie der Kläger in der Zeit vor seiner Ausreise im August 1988 - sich während der Dauer der dargestellten Verfolgungsmaßnahmen gegenüber der Union ... in ... aufgehalten und sich in der Öffentlichkeit für diese Partei engagiert hat, dabei in die nationale Leitung von deren Jugendorganisation aufsteigen konnte und bei alldem nicht von gegen ihn selbst gerichteten Verfolgungsmaßnahmen der Paramilitärs betroffen war, in eine solche Gefahr zum gegenwärtigen Zeitpunkt, also nach mehr als 16 Jahren mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit geraten können soll.

Auch seine weiteren Hinweise sind allgemeiner Art und lassen in Ansehung der Ausführungen des Verwaltungsgerichts, wonach er trotz der seiner Ausreise vorausgegangenen politischen Betätigung von Verfolgung durch die Paramilitärs - falls überhaupt zuvor - in diesem Zeitraum nicht mehr bedroht war, nicht erkennen, warum dies nunmehr der Fall sein sollte. Der im Zulassungsantrag in Bezug genommene Bericht der Tageszeitung "El Tiempo" vom 24. Januar 2003 in spanischer Sprache berichtet nach der Inhaltsangabe des Klägers unter der Überschrift "Meldung über gezielte Tötungen durch Paramilitärs in ..." von gezielten sozialen Säuberungen der Paramilitärs; diese hätten auch Personen getötet, die sie der Guerilla zurechneten. Es werde berichtet, dass Menschen schon getötet worden seien, nur weil sie in ein Gebiet hätten reisen wollen, welches unter Guerilla-Einfluss stehe; das sei ein Beispiel dafür, dass ganz oberflächliche Anknüpfungsmerkmale bei den Paramilitärs für die Stigmatisierung als Guerilla-Unterstützer ausreichten. Anhaltspunkte für eine Verschärfung der Bedrohungslage aller Mitglieder der UP gegenüber dem Zeitraum, als sich der Kläger noch in ... aufhielt, ergeben sich daraus nicht. Schließlich wird auch mit dem Hinweis auf den Bericht der Zeitung "El Espectador" vom 18. Mai 2002 über eine Durchsuchung der Räume der Partei "Union ..." seitens des militärischen Geheimdienstes der Präsidialgarde selbst dann kein Hinweis auf eine ihm selbst mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohende Gefahr einer politischen Verfolgung dargelegt, wenn - wie er meint - die staatlichen Sicherheitsdienste die UP tatsächlich als Risiko für die Staatssicherheit angesehen haben sollten, als sie noch existierte.

Soweit der Kläger zur näheren Begründung der von ihm aufgeworfenen Frage geltend macht, er besitze genügend "persönliches Profil" im Hinblick auf seine früheren politischen Aktivitäten, um auch heute noch in ... seitens der Paramilitärs gefährdet zu sein, und er habe bis in die Gegenwart Kontakt zu Personen gepflegt, die früher für die UP aktiv gewesen und heute der Kommunistischen Partei ... zugehörig seien, rechtfertigt das die Zulassung der Berufung ebenfalls nicht. Abgesehen davon, dass beide - an seine frühere politische Aktivität anknüpfenden - Umstände eine seit seiner Ausreise eingetretene Verschärfung seiner individuellen Bedrohungslage schon rein tatsächlich nicht zu begründen vermögen, ist nicht ersichtlich, inwiefern das Berufungsverfahren bei Vorliegen derartiger, gerade den Kläger individuell betreffender Umstände geeignet sein könnte, die aufgeworfene Frage nach einer Rückkehrgefährdung früher aktiver und unverfolgt ausgereister UP-Mitglieder wegen Vorliegens von Nachfluchtgründen über seinen Einzelfall hinaus im Sinne einer Grundsätzlichkeit für eine Vielzahl von Verfahren zu klären.

Schließlich ist auch der weitere Vortrag des Klägers, mit dem er auf Unterschiede zwischen ihm und seinen Eltern beziehungsweise seinem Bruder hinweist, ohne weiterführende Bedeutung. Der Kläger wendet sich damit gegen die Ansicht des Verwaltungsgerichts, der unbeeinträchtigte Aufenthalt der anderen genannten Personen in ... in den Jahren nach dem Attentat auf seinen Vater belege, dass erst recht er selbst dort in Sicherheit sein würde. Mit seinem Vortrag macht er geltend, im Unterschied zu seinen Eltern sei er jung und mobil; anders als jene sei er hinsichtlich seiner physischen und mentalen Verfassung gut für Spitzeldienste und verdeckte Guerilla-Aktivitäten geeignet. Das lasse ihn bei den Paramilitärs schneller in den Verdacht geraten, die Guerilleros auch heute noch zu unterstützen. Von seinem Bruder unterscheide er sich dadurch, dass er sich für die Jugendorganisation der IJP aktiv und öffentlich sichtbar engagiert habe. Als Verfolgungsgrund knüpft der Kläger mithin wiederum an seine politischen Aktivitäten in ... im Zeitpunkt vor seiner Ausreise im Jahr 1988 an, zeigt aber keinerlei - vorrangig zu prüfende - Anhaltspunkte dafür auf, warum nunmehr die Gefahr einer politischen Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit bestehen sollte, nachdem dies schon seinerzeit gerade nicht der Fall war. Entsprechendes gilt, soweit der Kläger auf Unterschiede zwischen einer dauerhaften Rückkehr und seiner kurzen Reise zum Jahreswechsel 1993/1994, das in ... auch nach langjähriger Abwesenheit nicht nachlassende Erinnerungsvermögen und auf eine gewisse Auffälligkeit seiner Erscheinung hinweist, aus denen sich ergeben soll, dass er nunmehr trotz der inzwischen abgelaufenen Zeit in die Gefahr einer Verfolgung geriete, und zwar in einer grundsätzlich klärungsbedürftigen Weise.

Hiernach kann der Zulassungsantrag insgesamt schon deshalb keinen Erfolg haben, weil die Erwägung des Verwaltungsgerichts, dem Kläger drohe im Falle einer Rückkehr nach ... eine politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit schon im Hinblick auf die zwischenzeitlich verstrichene Zeit nicht, selbstständig tragend war und der einzige insoweit vorgebrachte, vorstehend erörterte Zulassungsgrund nicht durchgreift. Aber auch die weiter geltend gemachten Zulassungsgründe sind nicht gegeben.

2. Soweit der Kläger die Frage aufwirft, "welchen Stellenwert ... die weit verbreitete Straflosigkeit bei Tötungsdelikten und anderen Verbrechen in ... für die Bewertung der Rückkehrgefahren von Kolumbianern nach ... [hat], die dort früher politisch aktiv waren", ist bereits zweifelhaft, ob damit die Darlegungsanforderungen des § 78 Abs. 4 AsylVfG erfüllt werden, denn seine Ausführungen lassen auch unter Berücksichtigung seiner Erläuterungen die Entscheidungserheblichkeit dieser Frage nicht erkennen. Jedenfalls bleibt der Antrag auch insoweit in der Sache ohne Erfolg.

Zunächst fehlt es an jeglicher Auseinandersetzung mit den Gründen, auf die das Verwaltungsgericht seine Entscheidung gestützt hat. So ist nicht nachzuvollziehen, welcher die erstinstanzliche Entscheidung tragenden Gesichtspunkte anders zu beurteilen wäre, wenn die vom Kläger aufgeworfene Frage in seinem Sinne beantwortet werden würde. Denn die in ihrer tatsächlichen Grundlage nicht angegriffenen Annahmen des Verwaltungsgerichts, wonach der Kläger sein Heimatland aus Gründen verlassen hat, auf die die früher unter Umständen bestehende Verfolgungssituation ohne Einfluss war und dass ihm bei einer Rückkehr dorthin jedenfalls nicht landesweit politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohe, weil ihm bereits vor seiner Ausreise in der Landeshauptstadt... eine inländische Fluchtalternative offen gestanden habe und dass unabhängig davon nach nunmehr nahezu 15 Jahren seit seiner Ausreise die Erinnerung an ihn selbst und seine Aktivitäten so stark verblasst sein müsse, dass ihm jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt zuzumuten sei, nach ... zurückzukehren, werden durch eine etwaige weit verbreitete Straflosigkeit bei Tötungsdelikten nicht berührt.

Aber selbst wenn das Zulassungsbegehren dahin zu verstehen sein sollte, dass der Kläger auf eine allgemeine Gefährdungslage für "früher politisch aktive" Kolumbianer durch Verfolgungsmaßnahmen von Paramilitärs abstellen will, rechtfertigt das die Zulassung der Berufung nicht. Eine mittelbare staatliche Gruppenverfolgung, die hier der Sache nach wohl vorgetragen werden soll, setzt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts voraus, dass die Verfolgungshandlungen im Verfolgungszeitraum und Verfolgungsgebiet auf alle sich dort aufhaltenden Gruppenmitglieder zielen und sich in quantitativer und qualitativer Hinsicht so ausweiten, wiederholen und um sich greifen müssen, dass daraus für jeden Gruppenangehörigen nicht nur die Möglichkeit, sondern ohne weiteres die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit entsteht (vergleiche Beschluss vom 23. Dezember 2002 - 1 B 42.02 -, Buchholz 11 Art. 16a GG Nr. 49). An diesen Voraussetzungen gemessen bietet der Zulassungsantrag vor dem Hintergrund der in seinem Fall fehlenden Vorverfolgung auch in Ansehung seiner näheren Erläuterungen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass diese Voraussetzungen (inzwischen) gegeben sein könnten.

3. Die weiter aufgeworfene Frage, ob "das Gebiet der kolumbianischen Landeshauptstadt ... in der Gegenwart als inländische Fluchtalternative für Personen geeignet [ist], die in anderen Landesteilen ... seitens der Paramilitärs gefährdet sind," vermag die Zulassung der Berufung ebenfalls nicht zu begründen, weil sie sich in einem Berufungsverfahren nicht stellen würde. Denn eine mit dieser Fragestellung auch vom Kläger für den Fall einer Rückkehr vorausgesetzte Gefährdung durch Paramilitärs in anderen Landesteilen als der Landeshauptstadt... hat das Verwaltungsgericht hinsichtlich des Klägers nicht festgestellt, und - wie bereits oben unter B. I. 1. ausgeführt - es ist auch mit dem Zulassungsvorbringen nicht dargelegt worden, dass dem nach den auch hier maßgeblichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts vor mehr als 16 Jahren unverfolgt ausgereisten Kläger bei einer Rückkehr nach ... aufgrund asylechtlich erheblicher Nachfluchtgründe (zu deren Bedeutung im Fall unverfolgt ausgereister Asylbewerber vgl. die bereits zitierten Entscheidungen des BVerwG vom 9. September 1997 und 30. Oktober 1990, a.a.O.) nunmehr politische Verfolgung im gesamten Land oder auch nur außerhalb von ... mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen würde.

Das Verwaltungsgericht hat die Frage einer politischen Verfolgung des Klägers bezogen auf den Zeitpunkt unmittelbar nach dem Attentat auf seinen Vater zwar offen gelassen, hat für die Zeit danach eine Vorverfolgung aber gerade verneint. Den insoweit zu Grunde gelegten Talsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts, wonach er sich in ... über ein Jahr lang nicht nur frei von Verfolgung habe aufhalten, sondern in dieser Zeit in die nationale Leitung der Jugendorganisation der Union ... habe aufsteigen, sein vormaliges politisches Engagement also erheblich habe steigern können und zum Zwecke des politischen Kampfes häufig nach .... gereist sei, ist der Kläger nicht mit Zulassungsgründen entgegengetreten. Ebenso wenig wird von ihm die weitere Annahme eines sicheren Zufluchtsortes in ... zum damaligen Zeitpunkt in Frage gestellt. Vielmehr führt er selbst aus, sein damaliger Aufenthalt "lasse nicht die Schlussfolgerung zu, dass auch heute noch - im Jahr 2003 - die kolumbianische Landeshauptstadt ... in gleicher Weise als inländische Fluchtalternative geeignet" sei.

Vor diesem Hintergrund stellt sich die vom Kläger aufgeworfene Frage nur, wenn überhaupt Anhaltspunkte für die in der Fragestellung vorausgesetzte Gefährdung durch Paramilitärs in anderen Landesteilen bestehen. Erst in einem zweiten Schritt wäre dann zu prüfen, ob die vom Verwaltungsgericht vor allem aus seinem damaligen dortigen Aufenthalt gefolgerte Annahme des Bestehens einer inländischen Fluchtalternative in ... noch immer Gültigkeit haben kann.

Aus den oben bereits ausgeführten Gründen sind aber gerade keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass der seinerzeit unverfolgt aus ... ausgereiste Kläger dort aufgrund asylrechtlich erheblicher Nachfluchtgründe inzwischen von einer politischen Verfolgung bedroht sein würde. Auch sein eigenes Vorbringen gibt, wie bereits ausgeführt, insoweit nichts her. Seine Darlegungen beziehen sich im vorliegenden Zusammenhang auf die erst in zweiter Linie maßgebenden Fragen und verneinen - eine Verfolgungsgefahr durch Paramilitärs vorausgesetzt - eine inländische Fluchtalternative in ..., lassen aber auch an dieser Stelle vor dem Hintergrund des in erster Instanz festgestellten Fehlens einer Vorverfolgung nicht erkennen, dass in seiner Person solche Nachfluchtgründe überhaupt gegeben sind. Die in Bezug genommenen Berichte der Zeitung "El Tiempo" vom 8. Mai 2003 und der Zeitung "El Espectador" vom 2. Oktober 2002 lassen von vornherein keinen Bezug zu seinem nach der erstinstanzlichen Entscheidung gerade maßgeblichen persönlichen Schicksal erkennen, sondern sollen belegen, dass in Fällen, in denen eine politische Verfolgung durch paramilitärische Kräfte droht, auch ... als inländische Fluchtalternative nicht in Betracht kommt. Der erstgenannte der beiden - vom Kläger nur in spanischer Sprache vorgelegten - Zeitungsberichte soll nach seiner Übersetzung den Titel tragen: "Aus Geldmangel sind 600 Richter und 300 Staatsanwälte lahmgelegt"; der letztere mache unter der Überschrift "Eine Stadt des Schweigens" Ausführungen über die Präsenz von Paramilitärs in ... und verdeutliche dabei das zahlenmäßige Erstarken paramilitärischer Gruppen und die Ausdehnung des Einflussgebietes dieser Gruppen in der Zeit der Präsidentschaften der Präsidenten ... und .... Für die Beantwortung der oben dargestellten - vorrangigen - Frage bieten sie keinen Anhalt. Entsprechendes gilt für die von ihm zur Vertiefung seines Zulassungsantrages vorgebrachten Erkenntnismittel.

4. Schließlich bietet auch die vom Kläger weiter aufgeworfene Frage, ob "eine asylrechtlich zurechenbare staatliche Mitverantwortung für die Verfolgungshandlungen von rechtsgerichteten Paramilitärs" bestehe, keinen Zulassungsgrund, weil ihre Klärung im vorliegenden Verfahren ebenfalls nicht entscheidungserheblich wäre. Auf diese Fragen käme es erst an, wenn von der individuellen Betroffenheit des Klägers von Verfolgungshandlungen im Fall der Rückkehr nach ... auszugehen wäre, was nach den vorhergehenden Ausführungen nicht in einer die Zulassung rechtfertigenden Weise dargelegt wurde.

II. Der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylVfG) ist ebenfalls nicht gegeben. Die hier geltend gemachte Abweichung der erstinstanzlichen Entscheidung von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts muss sich auf eine grundsätzliche Aussage beziehen. Diese darf das Verwaltungsgericht nicht nur im Einzelfall übersehen, übergangen oder falsch angewandt haben, sondern es muss insoweit erkennbar grundsätzlich anderer Auffassung sein. Zur Darlegung der Divergenzvoraussetzungen muss der Rechtsmittelführer deshalb gegenüberstellen, welche voneinander abweichenden abstrakten Rechtssätze in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts einerseits und in der Entscheidung des Verwaltungsgerichts andererseits aufgestellt worden sind (ständige Rechtsprechung des erkennenden Senats, vgl. Beschluss vom 29. Juni 2000 - 4 A 180/98.A -, Beschluss vom 12. Oktober 2001 - 4 A 728/01.AZ - sowie Beschluss vom 7. Januar 2004 - 4 A 769/0l.AZ-).

Hieran fehlt es im vorliegenden Fall. Der Kläger hat zwar zwei Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts bezeichnet und die insoweit tragenden Rechtssätze herausgearbeitet, wonach das Tatsachengericht seine Entscheidung für die Beteiligten und das Rechtsmittelgericht nachvollziehbar begründen und insbesondere angeben muss, woher es seine Sachkunde hat. Jedoch hat er dem schon keinen rechtlichen Ansatz des Verwaltungsgerichts gegenübergestellt, welcher erkennen ließe, dass dieses bereits grundsätzlich anderer Auffassung wäre.

Dessen ungeachtet genügt aber die hier angegriffene erstinstanzliche Entscheidung auch in der Sache den in den zitierten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten Anforderungen. Das Verwaltungsgericht hat, wie im Übrigen der Kläger selbst auch erkennt, seine zum Bestehen einer inländischen Fluchtalternative vertretene Ansicht in tatsächlicher Hinsicht auf das eigene Schicksal des Klägers gestützt; dieser habe sich über ein Jahr und vier Monate nach dem Attentat auf seinen Vater in ... aufgehalten und habe sich in dieser Zeit politisch betätigt. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang beanstandet, das Verwaltungsgericht habe sich damit nicht auf Grund aktueller Erkenntnismittel mit der aktuellen Sicherheitslage in ... befasst und sei auch nicht auf die Präsenz von Paramilitärs in ... eingegangen, zeigt er damit weder eine grundsätzliche noch auch nur eine - nach den oben gemachten Ausführungen ohnehin unbeachtliche - im Einzelfall bestehende Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auf. Vielmehr erhebt er der Sache nach eine Aufklärungsrüge oder macht ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung geltend.

Damit kann die erstinstanzliche Entscheidung - ganz abgesehen davon, dass für eine in diese Richtung gehende Aufklärung aus den oben ausgeführten Gründen kein Anlass bestand - nicht durchgreifend angegriffen werden. Die maßgeblichen Zulassungsgründe sind in § 78 Abs. 3 AsylVfG abschließend normiert. Eine Aufklärungsrüge ist danach weder vom Zulassungsgrund des § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG i. V. m. § 138 Nr. 3 VwGO (Verletzung des rechtlichen Gehörs) noch - in dieser Form - durch einen anderen der in § 78 Abs. 3 AsylVfG genannten Zulassungsgründe erfasst. Dies ist durch die Rechtsprechung des erkennenden Senats geklärt (vgl. Beschluss vom 28. Oktober 2001 - 4 A 11/01.AZ -; Beschluss vom 20. Februar 2002 - 4 A 55/02.AZ -; Beschluss vom 6. Mai 2002 - 4 A 53/01.AZ - und Beschluss vom 19. Dezember 2003 - 4 A 306/02.AZ -; siehe auch Beschluss des 2. Senats des erkennenden Gerichts vom 12. November 2001 - 2 B 435/01.AZ - und Beschluss vom 19. März 2002 - 2 A 169/00.AZ -). Auch den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel gibt es im verwaltungsgerichtlichen Asylverfahren nicht, weil er durch die engere spezialgesetzliche Regelung des § 78 Abs. 3 AsylVfG verdrängt wird (vgl. Beschlüsse des erkennenden Senats vom 19. April 2000 - 4 A 77/00.A - und vom 19. Januar 2004 - 4 A 23/04.AZ -) und im System dieser speziellen Zulassungsgründe nicht vorgesehen ist.

C. Schließlich bietet auch der Beschluss des Verfassungsgerichts des Landes Brandenburg vom 9. Dezember 2004 (VfGBbg 40/04) keine rechtliche Grundlage, die Berufung zuzulassen. Das Landesverfassungsgericht hat beanstandet, der andauernde Verfahrensstillstand in dem vorliegenden Berufungszulassungsverfahren verletze den Kläger in seinem Grundrecht auf ein zügiges Verfahren vor Gericht (Art. 52 Absatz 4 Satz 1 der Verfassung des Landes Brandenburg - LV Bbg). Es hat ferner unter Hinweis auf Bien/Guillaumont (EuGRZ 2004, 451, 457) angedeutet, ein solcher Verfassungsverstoß könne möglicherweise in dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren auch "materiell" zu berücksichtigen sein (Seite 8 des Entscheidungsabdrucks). Mit einer solchen materiellen Berücksichtigung ist - wie der Hinweis auf die zitierte Literaturmeinung verdeutlicht - wohl gemeint, dass die in der Entscheidung des Rechtsstreits eingetretene Verzögerung das Verfahrensergebnis zu Gunsten des Betroffenen beeinflussen können soll. Das könnte in einem Verfahren der vorhegenden Art nur bedeuten, dass eine Erweiterung der gesetzlich normierten Zulassungsgründe, eine Lockerung der Darlegungsanforderungen oder gar eine Gewährung der vom Kläger verfolgten Ansprüche unabhängig vom Bestehen der materiellen Voraussetzungen in Betracht zu ziehen wäre.

Der Senat hält dies - ohne dass es aus den nachstehenden Gründen darauf ankäme - in verwaltungsgerichtlichen Verfahren, zumal in Verpflichtungsklagen, jedenfalls dann für ausgeschlossen (ablehnend insoweit im Übrigen auch Bien/Guillaumont, a. a. O., S. 457), wenn die Verfahrensverzögerung nicht erkennbar zu Beweisnachteilen für den beweispflichtigen Beteiligten oder sonstigen Nachteilen für die Durchsetzbarkeit des Klagebegehrens geführt hat. Davon ausgehend kann die festgestellte überlange Dauer eines - hier asylverfahrensrechtlichen - Zulassungsverfahrens keine Auswirkungen auf das Verfahrensergebnis haben, weil die negative Zulassungsentscheidung schon wegen der sich aus § 78 Abs. 4 Satz 1 und 4 AsylVfG ergebenden Beschränkung der gerichtlichen Prüfung auf die innerhalb der zweiwöchigen Begründungsfrist dargelegten Zulassungsgründe keinesfalls auf infolge der Verfahrensdauer eingetretenen Beweisnachteilen beruhen kann. Auch sonstige Nachteile für die Durchsetzbarkeit des Zulassungsbegehrens sind nicht erkennbar. Im Übrigen sei bemerkt, dass eine Berücksichtigung der festgestellten überlangen Verfahrensdauer im vorliegenden Verfahren aber auch wegen der Besonderheiten des konkreten Einzelfalles nicht in Betracht kommen dürfte. Denn der Kläger selbst hat der von ihm mit dem Verfahren verfolgten materiellen Rechtsposition über längere Zeit keine erkennbare Bedeutung zugemessen.

Nach der Rechtsprechung des Landesverfassungsgerichts (vergleiche den Beschluss vom 20. März 2003 - VfGbg 108/02 - und den bereits zitierten Beschluss vom 9. Dezember 2004) ist schon für die Beurteilung der angemessenen Verfahrensdauer, die im Hinblick auf einen möglichen Verstoß gegen das Verfahrensgrundrecht des Art. 52 Absatz 4 Satz 1 LV Bbg vorzunehmen ist, neben einer Anzahl anderer Umstände auch das eigene prozessuale Verhalten des jeweiligen Rechtsschutzsuchenden und die Bedeutung der Angelegenheit für ihn zu berücksichtigen. Der Umstand, dass die genannte Verfassungsvorschrift den Anspruch auf ein zügiges gerichtliches Verfahren verbürgt, mag das Landesverfassungsgericht bewogen haben - zu dieser Frage verhält sich der Beschluss vom 9. Dezember 2004 nicht - dem nachstehend dargestellten vorprozessualen Verhalten des Klägers kerne Bedeutung beizumessen, und zwar auch insoweit nicht, als damit die Bedeutung der von ihm im Verfahren geltend gemachten Ansprüche erkennbar wird. Bei der Frage aber, ob aus einem vom Verfassungsgericht festgestellten Verstoß gegen dieses Verfahrensgrundrecht materielle Ansprüche herzuleiten sind, kann diese Betrachtung nicht auf das prozessuale Verhalten beschränkt bleiben. Soweit nämlich eine Berücksichtigung einer festgestellten überlangen Verfahrensdauer im Hinblick auf das Verfahrensergebnis erwogen wird, so ist kennzeichnend und - neben anderen Voraussetzungen - erforderlich, dass die abgelaufene Zeit ihrerseits mit besonderen Belastungen für den Betroffenen verbunden war (vergleiche etwa BVerfG, Beschluss vom 19. März 1992 - 2 BvPL 1/91 -, Juris; BGH, Urteil vom 25. Oktober 2000 - 2 StR 232/00 -, Juris; vergleiche auch die Fallgruppen bei Bien/Guillaumont, a. a. O., S. 457), mithin Auswirkungen auf seine materiellen Rechte hatte. Das eigene Verhalten des Klägers war hier jedoch dadurch gekennzeichnet, dass er der Erlangung des begehrten Schutzes vor politischer Verfolgung zunächst selbst keine Dringlichkeit beigelegt hat. Das gilt selbst dann, wenn insoweit außer Betracht gelassen wird, dass er sich nach dem seine eigene Verfolgungsfurcht auslösenden Attentat auf seinen Vater noch mehr als ein Jahr in ... aufgehalten hat, er sich auch bei seinem insgesamt etwa sechs Jahre dauernden Aufenthalt in der ... und der ... nicht um ein Bleiberecht bemüht und sogar nach einem zwischenzeitlichen Aufenthalt in seiner Heimat zum Jahreswechsel 1993/94 bei seinem ersten Aufenthalt in Deutschland im Jahre 1995 einen Asylantrag nicht gestellt hat. Denn der Kläger hat auch nach seiner letzten - trotz eines beabsichtigten längerfristigen Aufenthalts mit einem Touristenvisum und damit illegal erfolgten - Einreise in die Bundesrepublik Deutschland im März 1996 noch etwa zwei Jahre und fünf Monate verstreichen lassen, bevor er aus der Abschiebehaft heraus einen Asylantrag gestellt hat. Soweit der Kläger in erster Instanz versucht hat, sein Verhalten zu erklären, vermag das an der vorstehenden Beurteilung schon deshalb nichts zu ändern, weil das Verwaltungsgericht sein Vorbringen für unglaubhaft, jedenfalls aber unbeachtlich gehalten hat. In einem Fall aber, in dem - wie hier - ein unbegründeter Asylantrag gestellt worden ist, um eine drohende Aufenthaltsbeendigung abzuwenden, obwohl ausreichende Gelegenheit bestanden hat, zuvor einen Asylantrag zu stellen, ist die Erlangung der begehrten Rechtsposition für den Betroffenen ersichtlich so wenig dringlich und der materielle Wert der geltend gemachten Rechte erkennbar für den Betroffenen, aber auch nach der gesetzlichen Wertung des § 30 Absatz 3 Nr. 4 AsylVfG so gering (vergleiche im übrigen auch Art. 4 Absatz 5 Buchst. d) der Richtlinie des Rates vom 29. April 2004, ABl. EU L 304/12), dass selbst ein Verstoß gegen das Grundrecht auf ein zügiges gerichtliches Verfahren keinesfalls eine "Kompensation" (so Bien/Guillaumont, a. a. O., S. 456, 457) in der Form der Gewährung dieses Rechts oder der Vernachlässigung der prozessualen Anforderungen im Zulassungsverfahren erfordern kann.

D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO und § 83 b Abs. 1 AsylVfG.

Der Beschluss ist unanfechtbar. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist nunmehr rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylVfG).

Ende der Entscheidung

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