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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Bremen
Urteil verkündet am 02.09.2008
Aktenzeichen: 1 A 161/06
Rechtsgebiete: BremVwVG, PassG, PAuswG


Vorschriften:

BremVwVG § 16
PassG § 7 Abs. 1 Nr. 1
PassG § 7 Abs. 2
PassG § 8
PAuswG § 2 Abs. 2
1. Die Beschränkung des Geltungsbereichs des Reisepasses ist unverhältnismäßig, wenn das Ziel der Maßnahme - die Verhinderung der Ausreise in einen Mitgliedstaat der Europäischen Union, für den keine Passpflicht besteht - durch die Beschränkung des Geltungsbereichs des Personalausweises in gleicher Weise oder sogar besser erreicht werden kann.

2. Sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland im Sinne von § 2 Abs. 2 PAuswG i.V.m. § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG werden nicht schon dadurch gefährdet, dass das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland Schaden zu nehmen droht. Erforderlich ist vielmehr, dass unabhängig von dem damit verbundenen Ansehensverlust ein Schutzgut unmittelbar geschädigt zu werden droht, das der inneren oder äußeren Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zumindest nahe kommt. Das ist der Fall, wenn von dem Inhaber des Personalausweises die Beteiligung an Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder Sachen im Ausland zu befürchten ist, die aus einer Menschenmenge in einer die öffentliche Sicherheit gefährdenden Weise mit vereinten Kräften begangen werden (hier: sog. Fußball-Hooligans).

3. Zu den Anforderungen an die Androhung unmittelbaren Zwangs zur Durchsetzung passbeschränkender Maßnahmen.


Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen Im Namen des Volkes! Urteil

OVG: 1 A 161/06

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen - 1. Senat - durch Richter Prof. Alexy, Richter Göbel und Richterin Feldhusen sowie die ehrenamtlichen Richter G. Beske und G. Schönborn aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 02.09.2008 für Recht erkannt:

Tenor:

Das Berufungsverfahren wird eingestellt, soweit der Kläger die Berufung zurückgenommen hat.

Auf die Berufung des Klägers wird unter entsprechender Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Bremen vom 06.04.2006 festgestellt, dass die Passbeschränkung in der Verfügung der Beklagten vom 17.05.2004 rechtswidrig war. Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Auf die Berufung der Beklagten wird die Feststellung im Urteil des Verwaltungsgerichts Bremen vom 06.04.2006, die Meldeauflage in der Verfügung vom 17.05.2004 sei rechtswidrig gewesen, aufgehoben; insoweit wird die Klage abgewiesen. Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

Die Kostenentscheidung des Verwaltungsgerichts wird aufgehoben, soweit sie die Kostentragung des Klägers und der damaligen Beklagten zu 1. betrifft. Die Kosten des Verfahrens tragen, soweit sie nicht aufgrund der Kostenentscheidung des Verwaltungsgerichts von der damaligen Beklagten zu 2. zu tragen sind, der Kläger zu 2/3 und die Beklagte (zu 1.) zu 1/3.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Beteiligten können die Vollstreckung jeweils durch Sicherheitsleistung in Höhe des Vollstreckungsbetrags abwenden, wenn nicht der jeweils andere Beteiligte zuvor Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit von Maßnahmen zur Beschränkung seiner Freizügigkeit während der Fußball-Europameisterschaft in Portugal im Jahre 2004.

Der Kläger wurde 1968 geboren. Er wird von der Beklagten der Szene gewalttätiger Fußballfans, so genannter Althooligans, zugerechnet und in der polizeilichen Datei "Gewalttäter Sport" geführt. Ausweislich der Behördenakte fiel er der Polizei seit 1998 wiederholt im Zusammenhang mit Fußballspielen auf:

(1.) Am 07.03.1998 wurde der Kläger im Zusammenhang mit der Begegnung 1. FC. Köln gegen Hertha BSC Berlin in Köln-Müngersdorf in Gewahrsam genommen. Nach dem polizeilichen Protokoll, bei dem es sich um ein vorgedrucktes Formular handelt, das offenbar auch zur Verwendung bei anderen Fußballspielen vorgesehen war, erfolgte die Ingewahrsamnahme "nach einer auf diesen Anlass bezogenen Straftat bzw. Ordnungswidrigkeit ... zur Verhinderung weiterer Delikte". Als "vorgeworfenes Delikt" ist handschriftlich eingetragen: "Verhinderung von Straftaten".

(2.) Am 15.05.1999 kam es vor der Begegnung 1860 München gegen Werder Bremen in München zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden Skinheadgruppen. Vor und während des Spiels wurden zahlreiche Personen in Gewahrsam genommen; einige von ihnen hatten Verletzungen oder Beschädigungen der Kleidung erlitten. Nach Spielende wurden die Personen, die nicht mit dem Fan-Bus, sondern mit angemieteten Pkws angereist waren, von der Polizei zu ihren Fahrzeugen gebracht. Bei der Durchsuchung der Pkws wurden "verschiedene gefährliche Gegenstände", darunter ein Baseballschläger, und "Gegenstände, die zum Schutz gegen Verletzungen gedacht sind", wie z.B. Zahnschutzplastiken sichergestellt. Zu den Personen, die in Gewahrsam genommen worden waren, gehörte auch der Kläger.

(3.) Am 29.05.1999 kam es in der Altstadt von Düsseldorf zu einem Treffen unterschiedlicher Hooligangruppen. Der Kläger wurde nach einer gewalttätigen Auseinandersetzung überprüft. Ihm wurde ein Platzverweis erteilt.

(4.) Für den 25.03.2000 meldete der Kläger in Berlin als Versammlungsleiter einen Aufzug "Keine Sondergesetze für Fußballanhänger - gegen Meldeauflagen, Passeintragungen und Einschränkungen der Reisefreiheit" an. Da der Kläger zuletzt in Bremen an einer Demonstration der "Freien Nationalisten" in Bremen teilgenommen habe, schloss die Berliner Polizei im Vorfeld nicht aus, dass zu diesem Aufzug auch innerhalb der "rechten Szene" mobilisiert werden solle. - Erkenntnisse über den Ablauf der Veranstaltung sind in den Akten nicht enthalten.

Im Zusammengang mit der Fußball-Europameisterschaft 2000 in Belgien und den Niederlanden beschränkte die Beklagte den Geltungsbereich seines Reisepasses und seines Personalausweises mit Verfügung vom 31.05.2000 dahingehend, dass der Kläger nicht zur Ausreise in die Benelux-Staaten und nach Frankreich berechtigt sei; die sofortige Vollziehung dieser Verfügung wurde angeordnet. Den Antrag des Klägers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Verfügung lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 09.06.2000 (4 V 1242) ab; die Beschwerde gegen diesen Beschluss ließ das Oberverwaltungsgericht nicht zu (Beschl. v. 28.06.2000 - 1 B 240/00). Den Widerspruch des Klägers wies der Senator für Inneres, Kultur und Sport mit Bescheid vom 13.12.2000 als unbegründet zurück.

In der Folgezeit trat der Kläger wie folgt polizeilich in Erscheinung:

(5.) Am 22.09.2001 wurden in Hamburg vor dem Fußballspiel Hamburger SV - Werder Bremen Personen, "die offensichtlich der Bremer Hooligan-Szene zuzurechnen waren" und die sich in Richtung AOL-Arena begaben, überprüft. Die Personen, zu denen auch der Kläger gehörte, hatten keine Eintrittskarten für das Stadion; die Polizei hatte den Verdacht, dass sie sich "eventuell" mit "gleichgesinnten Hamburger C-Fans" treffen wollten. Ihnen wurden bis zum Ende des Tages geltende Platzverweise für den Bereich St. Pauli erteilt.

(6.) Am 09.03.2002 "soll es vor dem Bundesligaspiel des 1. FC Nürnberg gegen Werder Bremen zu einer Auseinandersetzung im Innenstadtbereich gekommen sein". Nachdem bekannt geworden war, dass "Bremer Problemfans" mit einem Reisebus angereist seien, wurden die Fahrgäste einer Identitätsfeststellung unterzogen. Zu ihnen gehörte auch der Kläger. Anschließend wurde der Bus von der Polizei bis auf die Autobahn begleitet.

(7.) Vor dem UEFA Cup-Spiel Vitesse Arnheim gegen Werder Bremen am 31.10.2002 wurden in der Innenstadt von Arnheim von Bremer Polizeibeamten ca. 50 Bremer "C-Fans" festgestellt. Dabei gab es - ebenso wie nach dem Spiel - "Geschrei" und "Gerenne", als holländische Fans auftauchten. Die holländische Polizei trennte die Gruppen. Die Bremer "Fans" wurden von der holländischen Polizei gebeten, mit einem bereitgestellten Bus zum Stadion zu fahren. Den Vorschlag der Bremer Beamten, die Identität der Personen festzustellen, lehnte die holländische Polizei aus Rechtsgründen ab. Der Kläger wurde von den Bremer Beamten unter den "C-Fans" erkannt.

(8.) Am 15.03.2003 wurde in Rostock anlässlich des Spiels Hansa Rostock gegen Werder Bremen die Identität der Fahrgäste eines "Gästefanbus mit Personen der Kategorie C festgestellt". Zu ihnen gehörte auch der Kläger. Nach dem Spiel fuhr der Bus in Bremen zum Nordausgang des Hauptbahnhofs. Die Fahrgäste erwarteten dort eine Gruppe von "Hooligans/Fußballfans" aus Gelsenkirchen, die auf der Rückfahrt von dem Spiel Hamburger SV gegen Schalke 04 ihren Zug in Bremen über den Nordausgang verließen. Die Polizei verhinderte ein Aufeinandertreffen der Gruppen und nahm einzelne Personen in Gewahrsam; der Kläger gehörte nicht dazu.

(9.) Am 24.05.2003 reisten Bremer "C-Fans" mit einem Bus zu dem Bundesliga-Spiel Borussia Mönchengladbach gegen Werder Bremen. Die Polizei stellte die Identität der Busreisenden fest, zu denen auch der Kläger gehörte. Da "weitere Ermittlungen" ergäben hätten, dass die Bremer und Mönchengladbacher Hooligans sich vor dem Spiel zu einer Auseinandersetzung in einem Viersener Industriegebiet verabredet hätten, begleitete die Polizei die Gruppe.

Im März 2004 teilte die Polizei Bremen dem Stadtamt mit, es sei damit zu rechnen, dass es auch bei der bevorstehenden Fußball-Europameisterschaft zu gewalttätigen Auseinandersetzungen komme und Bremer Hooligans dort hinführen. Der Kläger gehöre seit Ende der achtziger Jahre zur Bremer Hooliganszene und sei einer ihrer Anführer.

Nach vorheriger Anhörung, auf die der Kläger nicht reagierte, erließ das Stadtamt der Beklagten am 17.05.2004 die folgende Verfügung:

"1. Der Geltungsbereich Ihres Reisepasses wird dergestalt eingeschränkt, dass eine Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland nach Portugal unmittelbar oder über ein Drittland von Sonnabend, 05. Juni 2004, bis Montag, 05.Juli 2004, nicht gestattet ist.

2. Sie werden aufgefordert, Ihren Reisepass bis spätestens Dienstag, den 01. Juni 2004, 12.00 Uhr bei der Passbehörde des Stadtamtes zur Eintragung der Passbeschränkung vorzulegen.

2.1 Soweit Sie Ihrer Verpflichtung zur Vorlage des Reisepasses nicht nachkommen, wird Ihnen hiermit angedroht, dass Ihnen der Reisepass durch den Polizeivollzugsdienst zur Eintragung der Passbeschränkung mittels unmittelbaren Zwangs abgenommen werden kann.

3. Der Geltungsbereich Ihres Bundespersonalausweises wird dergestalt eingeschränkt, dass er nicht zum Verlassen des Gebietes der Bundesrepublik Deutschland zum Zwecke der Einreise nach Portugal unmittelbar oder über ein Drittland von Sonnabend, 05. Juni 2004, bis Montag, 05.Juli 2004, berechtigt.

4. Sie werden hiermit verpflichtet, in der Zeit vom 12. Juni bis zum 4. Juli 2004 an den Spieltagen der deutschen Fußballnationalmannschaft jeweils um 18.00 Uhr bei der Wache des für Ihren Wohnsitzes zuständigen Polizeireviers persönlich zu erscheinen und dort unter Hinweis auf diese Verfügung Ihren Personalausweis vorzulegen.

Für den Fall, dass Sie sich zu den o.g. Zeiten nicht an Ihrem Wohnsitz aufhalten möchten (z.B. wegen auswärtiger Termine oder Besuche) können Sie mit dem o.g. Polizeirevier mindestens 24 Stunden zuvor schriftlich vereinbaren, dass Sie sich zu den o.a. Zeiten an einem anderen, von Ihnen zu benennenden Polizeirevier im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland melden.

4.1. Für den Fall, dass Sie sich nicht melden sollten, drohen wir für jeden Tag der Nichtmeldung die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 250 Euro an.

An die Stelle des Zwangsgeldes tritt die Ersatzzwangshaft, wenn die Beitreibung des Zwangsgeldes ohne Erfolg versucht wurde oder wenn feststeht, dass sie keinen Erfolg haben wird.....

5. Es wird die sofortige Vollziehung der vorstehenden Maßnahmen und Verfügungen angeordnet."

In der Begründung wurde unter Bezugnahme auf die vorliegenden polizeilichen Erkenntnisse u.a. ausgeführt, es sei zu erwarten, dass der Kläger zur Europameisterschaft reisen und sich dort mit hoher Wahrscheinlichkeit erneut an gewalttätigen Auseinandersetzungen beteiligen werde. Dadurch würden erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährdet. Die Beschränkung des Geltungsbereichs der Ausweispapiere sei erforderlich und angemessen. Die Androhung eines Zwangsgeldes zur Durchsetzung der Passvorlage sei nicht Erfolg versprechend. Die Meldeauflage werde auf die polizeiliche Generalklausel gestützt; sie sei erforderlich, um der Gefahr zu begegnen, dass der Kläger Gewalttaten begehe.

Den Widerspruch des Klägers wies der Senator für Inneres und Sport mit Bescheid vom 22.10.2004 als unbegründet zurück.

Am 15.11.2004 hat der Kläger Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der getroffenen Maßnahmen erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen: Die Verfügung sei nicht auf konkrete Tatsachen gestützt, sondern auf unbewiesene Behauptungen und Vermutungen. Er sei nicht wegen Gewalttaten strafrechtlich verfolgt worden und gehöre auch nicht zur Hooliganszene. Zu den über ihn gespeicherten Daten sei er niemals gehört worden.

Die Beklagte hat entgegnet: Die Verfügung sei auf konkrete und belegbare Erkenntnisse der Polizei gestützt. Auf strafrechtliche Verurteilungen komme es für die Gefahrenprognose nicht an. Im Übrigen sei der Kläger am 23.08.2005 anlässlich des Champions League - Qualifikationsspiels Werder Bremen - FC Basel erneut einschlägig aufgefallen. Er sei zusammen mit anderen Hooligans, bei denen z.T. Schlagwerkzeuge und Schutzkleidung gefunden worden sei, festgenommen worden; dabei seien sog. Hool-Handschuhe sichergestellt worden. Der Kläger sei auf richterlichen Beschluss bis zum Ende des nächsten Tages in Gewahrsam gehalten worden, um ihn an der Begehung von Straftaten zu hindern.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat der Senator für Inneres und Sport den Widerspruchsbescheid vom 22.10.2004 aufgehoben. Die Beteiligten haben insoweit den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Mit Urteil vom 06.04.2006 hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die Androhung unmittelbaren Zwangs für den Fall der Nichtvorlage des Reisepasses und die Meldeauflage (Ziff. 2. 1 und Ziff. 4 der Verfügung vom 17.05.2004) rechtswidrig gewesen seien; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Wegen der Begründung wird auf das Urteil Bezug genommen.

Die Berufung ist vom Verwaltungsgericht zugelassen worden, soweit die Klage hinsichtlich der Pass- und Personalausweisbeschränkung abgewiesen worden ist und soweit festgestellt worden ist, dass die Meldeauflage rechtswidrig gewesen sei. Das Oberverwaltungsgericht hat sie darüber hinaus zugelassen, soweit festgestellt worden ist, dass die Androhung unmittelbaren Zwangs rechtswidrig gewesen sei.

Beide Beteiligten haben innerhalb der gesetzlichen Fristen Berufung eingelegt, mit der sie jeweils die Abänderung der sie beschwerenden Teile des verwaltungsgerichtlichen Urteils begehren. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufungen zu einem Verfahren verbunden.

Der Kläger trägt zur Begründung seiner Berufung vor:

Eine Beeinträchtigung von Belangen der Bundesrepublik Deutschland liege nur vor, wenn er in den letzten 12 Monaten vor der Verfügung schwere Straftaten begangen habe oder mindestens die konkrete Gefahr bestanden habe, dass er sich an solchen Taten unmittelbar beteiligen werde. Er sei kein gewaltbereiter Hooligan. Die Beklagte stütze sich auf bloße Verdächtigungen, Vermutungen und Behauptungen. Die Speicherung der Vorfälle sei rechtswidrig. Sie beträfen im Übrigen nur einen Bruchteil der Fußballspiele der Mannschaften, deren Fan er sei. Er könne sich an die Vorfälle, die ihm zur Last gelegt würden, nicht mehr in allen Einzelheiten erinnern und sei deshalb in Beweisnot. Das Verwaltungsgericht hätte daher Beweis erheben und die in den Behördenakten zitierten Polizeibeamten als Zeugen vernehmen müssen. Die von ihm benannten Zeugen könnten bestätigen, dass bei den erwähnten Spielen keine Auseinandersetzungen mit den Fans der gegnerischen Mannschaften geplant gewesen seien und er nicht an ihnen teilgenommen habe bzw. hätte. Der Beschluss über die Ingewahrsamnahme am 23.05.2005 sei vom Oberlandesgericht Bremen wegen unzureichender und widersprüchlicher Tatsachenfeststellungen aufgehoben worden. Im Übrigen habe die Beklagte bei der Beschränkung des Geltungsbereichs des Reisepasses kein Ermessen ausgeübt.

In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger die Berufung zurückgenommen, soweit sie die Androhung eines Zwangsgeldes hinsichtlich der Meldeauflage betraf.

Der Kläger beantragt,

unter entsprechender Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 06.04.2006 festzustellen, dass

1. die Passbeschränkung,

2. die Personalausweisbeschränkung

in der Verfügung der Beklagten vom 17.05.2004 rechtswidrig waren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers gegen die Feststellung der Rechtmäßigkeit der Pass- und Personalausweisbeschränkung zurückzuweisen.

Sie trägt vor:

Es komme nicht darauf an, ob der Kläger selbst Gewalttaten verübt habe. Es sei ausreichend, dass er zum engeren, unterstützenden Umfeld der gewaltbereiten Hooligans gehöre, denn der Unterstützerkreis biete denjenigen, die selbst zuschlügen, Deckung, damit diese unerkannt blieben. Seine Einbindung in diesen Unterstützerkreis habe der Kläger nicht in Frage gestellt. Ihres Ermessens sei sich die Beklagte bewusst gewesen; das zeigten ihre Ausführungen zur Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen. Im Übrigen liege, wie das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen habe, ein Fall des sog. intendierten Ermessens vor; seien die Voraussetzungen für die beschränkenden Maßnahmen erfüllt, könne nur bei atypischen Sachverhalten von ihnen abgesehen werden.

Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Beklagte vor:

Die Meldeauflage sei erforderlich gewesen. Beschränkungen des Geltungsbereichs von Reisepass und Personalausweis hätten wegen fehlender Grenzkontrollen nicht ausgereicht, die Ausreise des Klägers hinreichend sicher zu verhindern. Die Meldeauflage sei auch nicht unverhältnismäßig gewesen; sie sei auf die Spieltage der deutschen Nationalmannschaft begrenzt und so ausgestaltet gewesen, dass sich der Kläger auch an diesen Tagen innerhalb des Bundesgebiets habe bewegen können. Zur Durchsetzung der Eintragung der Beschränkungen des Geltungsbereichs in die Personalpapiere wäre ein Zwangsgeld unzureichend gewesen. Das gelte insbesondere wegen der Kürze des zur Verfügung stehenden Zeitraums. Im Übrigen habe der Kläger selbst durch seine Missachtung der Meldeauflage an zwei von drei Tagen unter Beweis gestellt, dass ihn ein Zwangsgeld nicht beeindrucke.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts hinsichtlich der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Meldeauflage und der Rechtswidrigkeit der Androhung unmittelbaren Zwangs aufzuheben und die Klage insoweit abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung insoweit zurückzuweisen.

Er trägt vor:

Selbst wenn eine Gefahr von ihm ausgegangen wäre, sei die Meldeauflage rechtswidrig. Angesichts der strengen Grenzkontrollen, die die portugiesischen Behörden während der Europameisterschaft vorgenommen hätten, hätten die Eintragungen der Beschränkung des Geltungsbereichs in die Personalpapiere ausgereicht, um seine Einreise nach Portugal zu verhindern. Die Androhung unmittelbaren Zwangs sei schon deshalb rechtswidrig, weil sie nur formelhaft begründet worden sei; außerdem sei sie unverhältnismäßig gewesen. Für die Kürze des Zeitraums sei die Beklagte selbst verantwortlich. Im Übrigen habe er den Pass unverzüglich abgegeben.

Dem Oberverwaltungsgericht haben die den Vorgang betreffenden Behördenakten des Stadtamts der Beklagten vorgelegen; ihr Inhalt war, soweit das Urteil auf ihm beruht, Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Soweit der Kläger die Berufung zurückgenommen hat, ist das Berufungsverfahren in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen. Die Berufung des Klägers ist begründet, soweit sie sich gegen die Beschränkung des Geltungsbereichs des Reisepasses wendet (A.). Sie hat keinen Erfolg, soweit sie die Beschränkung des Geltungsbereichs des Personalausweises betrifft (B.). Die Berufung der Beklagten ist erfolgreich, soweit sie die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Meldeauflage angreift (C.). Sie ist zurückzuweisen, soweit sie sich gegen die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Androhung unmittelbaren Zwangs für den Fall der Nichtvorlage des Reisepasses richtet (D.).

A.

Die Berufung des Klägers ist begründet, soweit sie sich gegen die Beschränkung des Geltungsbereichs des Reisepasses (Ziffer 1 und 2 der angefochtenen Verfügung) wendet. Insoweit hat das Verwaltungsgericht die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Beschränkung war rechtswidrig.

Der Geltungsbereichs eines Reisepasses kann nach § 8 i.V.m. § 7 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 PassG nachträglich beschränkt werden, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme begründen, dass der Passinhaber die innere oder äußere Sicherheit oder "sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland" gefährdet. Unter den gleichen Voraussetzungen kann die zuständige Behörde nach § 2 Abs. 2 PAuswG i.V.m. § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG anordnen, dass der Personalausweis entgegen seiner Funktion als Passersatz (§ 2 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 und 3 DVPassG 1988/96; jetzt § 7 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 und 3 PassV 2007) nicht zum Verlassen des Geltungsbereichs des Grundgesetzes über eine Auslandsgrenze berechtigt. Das ist hier geschehen.

Die Beschränkung des Geltungsbereichs des Reisepasses und die Anordnung nach § 2 Abs. 2 PAuswG haben die gleichen Rechtsfolgen: Der Betroffene darf nicht unmittelbar oder über ein Drittland nach Portugal einreisen; versucht er es dennoch, macht er sich strafbar (§ 24 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 PassG).

Beide Maßnahmen unterscheiden sich lediglich durch ihren Vollzug: Die Beschränkung des Geltungsbereichs des Reisepasses ist im Pass zu vermerken (§ 7 Abs. 2 Satz 2 PassG). Die Beschränkung des Geltungsbereichs des Personalausweises wird hingegen nicht in den Personalausweis eingetragen. Die ursprüngliche Fassung des § 2 Abs. 2 Satz 2 PAuswG, die das vorsah, ist durch das Änderungsgesetz vom 06.03.1980 (BGBl. I S. 270) gestrichen worden, um den ausreichenden Schutz der Persönlichkeitsrechte des Betroffenen zu gewährleisten (vgl. die Begründung in BT-Drs. 8/3129, S. 6).

Die unterschiedliche Ausgestaltung der Durchführung der Maßnahmen führt dazu, dass mit der Beschränkung des Geltungsbereichs des Reisepasses stärker in das Persönlichkeitsrecht und die allgemeine Handlungsfreiheit des Inhabers eingegriffen wird als mit der Beschränkung des Geltungsbereichs des Personalausweises: Die Eintragung stigmatisiert den Inhaber auch bei anderen Reisen, für die die Beschränkung des Geltungsbereichs nicht gilt. Zwar kann sich der Inhaber nach Ablauf der Beschränkung einen neuen Pass ausstellen lassen (§ 7 Abs. 2 Satz 3 PassG); dadurch entstehen aber Kosten.

Der darin liegende zusätzliche Eingriff ist hier unverhältnismäßig, weil sich das Ziel, das mit der Maßnahme verfolgt wird, nicht nur in gleicher Weise, sondern sogar besser auch mit der weniger belastenden Maßnahme erreichen lässt. Die Beschränkung des Geltungsbereichs des Reisepasses bezieht sich nämlich auf ein Land, für das - ebenso wie für die in Betracht kommenden Transitländer - keine Passpflicht besteht (vgl. das Europäische Übereinkommen über die Regelung des Personenverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten des Europarates vom 13.12.1957 <BGBl. II 1959, S. 389> , zuletzt geändert durch Bekanntmachung der Anlage zu diesem Abkommen vom 23.01.1996 < BGBl. II S. 274>). Es entspricht den üblichen Gepflogenheiten der meisten Reisenden, auf dem Wege nach Portugal nur den Personalausweis mitzuführen. Eine solche Verhaltensweise ist erst recht von jemandem zu erwarten, der sich trotz einer entgegenstehenden Beschränkung seiner Reisefreiheit nach Portugal begeben will. Er wird sich bei eventuellen Kontrollen regelmäßig nicht mit dem Reisepass ausweisen, in den diese Beschränkung eingetragen wird, sondern den Personalausweis vorlegen, aus dem die Beschränkung nicht ersichtlich ist. Da er zur Vorlage des Reisepasses nicht verpflichtet ist, macht die (zusätzliche) Beschränkung von dessen Gültigkeit keinen Sinn. Auch die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung nicht angeben können, welchen Nutzen die (zusätzliche) Beschränkung der Gültigkeit des Reisepasses haben könnte.

B.

Die Berufung des Klägers ist hingegen unbegründet, soweit sie die Beschränkung des Geltungsbereichs des Personalausweises betrifft (Ziffer 3 der angefochtenen Verfügung). Insoweit hat das Verwaltungsgericht die Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Beschränkung zu Recht abgewiesen.

Die angeordnete Beschränkung findet ihre Rechtsgrundlage in § 2 Abs. 2 PAuswG i.V.m. § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG. Danach kann angeordnet werden, dass der Personalausweis nicht als Passersatz zum Verlassen des Gebietes des Geltungsbereichs des Grundgesetzes über eine Auslandsgrenze berechtigt, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme begründen, dass der Passinhaber die innere oder äußere Sicherheit oder "sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland" gefährdet. Die Anordnung muss nicht umfassend, sondern kann auch räumlich und zeitlich beschränkt erfolgen.

I.

Entgegen der Auffassung der Beklagten und des Verwaltungsgerichts werden erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland nicht schon allein dadurch gefährdet, dass das deutsche Ansehen im Ausland Schaden zu nehmen droht. Eine solche Gefährdung kann nur angenommen werden, wenn die Handlungen, die durch die passrechtlichen Maßnahmen verhindert werden sollen, unabhängig von einem damit verbundenen Ansehensverlust selbst unmittelbar ein Schutzgut zu schädigen drohen, das der inneren oder äußeren Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zumindest nahe kommt (1.). Das setzt voraus, dass zu befürchten ist, der Inhaber des Personalausweises werde im Ausland Straftaten begehen, die nicht nur individuelle Rechtsgüter, sondern die allgemeine öffentliche Sicherheit beeinträchtigen (2.). Unter diesen Voraussetzungen ist die Beschränkung der Gültigkeit des Personalausweises auch mit europäischem Gemeinschaftsrecht vereinbar (3.).

1.

Die Notwendigkeit einer solchen restriktiven Auslegung der Vorschrift ergibt sich aus den folgenden Erwägungen:

Die Beschränkung des Geltungsbereichs des Passersatzes greift in die durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Ausreisefreiheit ein (BVerfGE 6, 32 <34ff.>; 72, 200 <245>). Ein solcher Eingriff bedarf der gesetzlichen Grundlage; die gesetzliche Ermächtigung muss den rechtstaatlichen Anforderungen der Bestimmtheit und Klarheit genügen. Das Bestimmtheitsgebot soll sicherstellen, dass der demokratisch legitimierte Parlamentsgesetzgeber die wesentlichen Entscheidungen über Grundrechtseingriffe und deren Reichweite selbst trifft, dass Regierung und Verwaltung im Gesetz steuernde und begrenzende Handlungsmaßstäbe vorfinden und dass die Gerichte eine wirksame Rechtskontrolle durchführen können. Ferner erlauben die Bestimmtheit und Klarheit der Normen, dass der betroffene Bürger sich auf mögliche belastende Maßnahmen einstellen kann. Der Gesetzgeber hat deshalb Anlass, Zweck und Grenzen des Eingriffs hinreichend bereichsspezifisch, präzise und normenklar festzulegen (stRspr; vgl. zuletzt BVerfG, Urt. v. 27.02.2008 - 1 BvR 370/07 u.a. -, NJW 2008, 822 <827f.>, Rn 209; Beschl. v. 10.03.2008 - 1 BvR 2388/03 - NJW 2008, 2099 <2101>, Rn 83; Beschl. v. 11.03.2008 - 1 BvR 2074/05 u.a., NJW 2008, 1505 <1509>, Rn 94; jeweils m.w.Nwn.). Die Verwendung von Generalklauseln als Ermächtigungsgrundlage für Grundrechtseingriffe ist nur zulässig, wenn diese Klauseln über einen langen Zeitraum hinweg durch Rechtsprechung und Lehre nach Inhalt, Zweck und Ausmaß hinreichend präzisiert, in ihrer Bedeutung geklärt und im juristischen Sprachgebrauch verfestigt sind (für die polizeiliche Generalklausel: BVerfGE 54, 143 <144f.>, BVerwGE 115, 189 <195f.>; 129, 142 <148>, Rn 33).

Vergleichbare Anforderungen ergeben sich auch aus Art. 2 Abs. 2 und 3 des 4. Zusatzprotokolls zur Europäischen Menschenrechtskonvention, deren Gewährleistungen als Auslegungshilfen für die Bestimmung von Inhalt und Reichweite von Grundrechten heranzuziehen sind (BVerfGE 111, 307 <317, 329>, Beschl. v. 26.02.2008 - 1 BvR 1602/07 - , NJW 2008, 1793 <1795>, Rn 52). Danach darf das Recht, jedes Land einschließlich des eigenen jederzeit zu verlassen, nur Einschränkungen unterworfen werden, die gesetzlich vorgesehen sind. Das Erfordernis einer gesetzlichen Regelung umfasst auch die Notwendigkeit der hinreichenden Bestimmtheit einer solchen Regelung (vgl. Grabenwarter/Marauhn, in: Grote/Marauhn <Hg.>, EMRK/GG, 2006, Kap. 7 Rn 28ff.).

Die verfassungsrechtlichen Bedenken, die sich im Hinblick auf die Bestimmtheit des Tatbestandsmerkmals "sonstige erhebliche Belange" aufdrängen, hat das Bundesverfassungsgericht bereits in seinem "Elfes-Urteil" vom 16.01.1957 aufgegriffen: Die Verwendung eines inhaltlich so unbestimmten Begriffs lege die Gefahr nahe, dass die Passversagung praktisch in das unüberprüfbare Ermessen der Passbehörde gestellt sei (BVerfGE 6, 32 <42>). Es hat die Bestimmung aber in der Auslegung, die ihr zuvor das Bundesverwaltungsgericht gegeben hatte, für mit rechtsstaatlichen Grundsätzen vereinbar angesehen. Das Bundesverwaltungsgericht hatte entschieden, dass die Vorschrift eng auszulegen sei. Die Zusammenfassung der Merkmale "äußere Sicherheit", "innere Sicherheit" und "sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland" lasse erkennen, dass der Gesetzgeber an solche Belange gedacht habe, die "in ihrer Erheblichkeit den beiden anderen Tatbeständen wenn nicht gleich-, so doch nahe kommen" (BVerwGE 3, 171 <176>).

An die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist das Oberverwaltungsgericht gebunden (§ 31 BVerfGG): Die herangezogene Vorschrift ist mit dem Grundgesetz vereinbar, aber nur bei einer engen Auslegung, die sich von der beschriebenen Vergleichbarkeit der Schutzgüter leiten lässt. Eine Auslegung hingegen, die weniger erhebliche oder völlig anders geartete Schutzgüter in den Anwendungsbereich der Vorschrift einbezieht, missachtet die verfassungsrechtlichen Vorgaben (vgl. auch Rossi, AöR 127 <2002>, 612 <627>).

Entgegen einer früher in der Rechtsprechung vertretenen Auffassung (vgl. z.B. BVerwG, DöV 1969, 74 <75> und die weiteren Nachweise bei Rossi, a.a.O., S. 632, FN 89) kann das "Ansehen der Bundesrepublik Deutschland" allein deshalb noch nicht als erheblicher Belang im Sinne der Vorschrift angesehen werden. Schon von ihrem Gewicht her wird eine Beeinträchtigung des Ansehens der Bundesrepublik Deutschland allenfalls in seltenen Fällen der Gefährdung der äußeren oder inneren Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland nahe kommen. Vor allem aber ist der Begriff des "Ansehens" der Bundesrepublik Deutschland" noch unbestimmter als der Begriff der Gefährdung von erheblichen Belangen. Er knüpft an subjektive Wertungen an, und dementsprechend liegt es in seiner Natur begründet, dass er unterschiedlich interpretiert wird (vgl. näher Rossi, a.a.O., S. 635f.). Ein verallgemeinerungsfähiger Konsens über die Beeinträchtigung des Ansehens der Bundesrepublik Deutschland wird nur für solche Handlungen herzustellen sein, die bereits als solche selbst ein wichtiges und auch international als schutzwürdiges anerkanntes Rechtsgut gefährden. Für diese Fälle kann aber auf das gefährdete Schutzgut selbst abgestellt werden, ohne dass es noch des Umweges über das Merkmal "Beeinträchtigung des Ansehens" bedarf (vgl. ähnlich für ein Versammlungsverbot nach § 15 Abs. 1 VersammlG: BVerfG, Kammerbeschluss vom 06.06.2007 - 1 BvR 1423/07 - NJW 2007, 2168). Allein die Tatsache, dass eine Handlung geeignet ist, dem Ansehen Deutschlands zu schaden, reicht deshalb für eine Gefährdung von erheblichen Belangen nicht aus. Dementsprechend wird die Ansehensbeschädigung auch in der jüngeren Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte nur noch "unter besonderen Umständen" (BVerwGE 129, 142 <145>, Rn 28; VGH Baden-Württemberg ESVGH 50, 283 <285> = NJW 2000, 3658 <3659>) als Gefährdung von erheblichen Belangen angesehen.

2.

Die Beteiligung Deutscher an Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder Sachen im Ausland, die aus einer Menschenmenge in einer die öffentliche Sicherheit gefährdenden Weise mit vereinten Kräften begangen werden, beeinträchtigt erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland.

Nach Auffassung des Gesetzgebers können Gewalttätigkeiten deutscher Bürger bei Veranstaltungen im Ausland erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigen. Das ergibt sich aus der Begründung des Gesetzes zur Änderung des Pass- und Personalausweisgesetzes vom 01.05.2000 (BGBl. I. S. 626). Danach liegt eine "erhebliche Gefährdung sonstiger Belange" auch beim "Auftreten gewaltbereiter deutscher Hooligans im Ausland" vor. Nachdem vor allem am Rande der Fußball-Weltmeisterschaft 1998 in Frankreich deutsche Hooligans "in einer das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland schädigenden Weise durch besonders brutale Gewalttaten auffällig" geworden seien, sollte die Strafbewehrung der passrechtlichen Beschränkungen ausgeweitet werden, um die "Ausreise einschlägig bekannter Gewalttäter" und die "Begehung von Straftaten durch diese Personen im Ausland" zu verhindern (BT-Drs. 14/2727, S. 5f.).

Der Beeinträchtigung von Belangen der Bundesrepublik Deutschland steht nicht entgegen, dass die Straftaten nicht in Deutschland, sondern im Ausland begangen werden sollen. Jedenfalls nach dem Wegfall der Grenzen in Europa und dem Zusammenwachsen der Europäischen Union zu einem einheitlichen "Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts" (Art. 2 Satz 1 EU) können Belange der inneren Sicherheit nicht mehr auf den einzelnen Mitgliedstaat isoliert betrachtet werden. Gerade die gewaltsamen Auseinandersetzungen bei internationalen Sportveranstaltungen sind ein den Bereich der Mitgliedstaaten, auch der Union überschreitendes Phänomen, das nicht allein aus der Perspektive des einzelnen Staates betrachtet werden kann (vgl. in diesem Zusammenhang auch - auf Europaratsebene - das Europäische Übereinkommen über Gewalttätigkeiten und Fehlverhalten von Zuschauern bei Sportveranstaltungen und insbesondere bei Fußballspielen, BGBl. II 2004 S. 1642 und - auf Unionsebene - z.B. den Beschluss des Rates vom 25. April 2002 über die Sicherheit bei Fußballspielen von internationaler Bedeutung, ABl. EG L 121/1).

Die Schwelle der "erheblichen" Belange wird aber erst dann erreicht, wenn die Begehung schwerer Straftaten droht, die auch von ihrem Gewicht her der Gefährdung der inneren oder äußeren Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland nahe kommen. Der Begriff der (äußeren und inneren) Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland (vgl. die Legaldefinition in § 92 Abs. 3 Nr. 2 StGB) ist enger zu verstehen als die öffentliche Sicherheit nach dem allgemeinen Gefahrenabwehrrecht. Die Gefährdung der (inneren) Sicherheit in diesem Sinne setzt voraus, dass die Sicherheit der Einrichtungen des Bundes und der Länder, der Amtsführung ihrer Organe und des friedlichen und freien Zusammenlebens der Bewohner, ferner der Sicherheit lebenswichtiger Verkehrs- und Versorgungseinrichtungen gefährdet ist und diese Gefährdung die bloße Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit in beachtlichem Maße übersteigt (vgl. für das Ausländerrecht BVerwGE 96, 86 <91>; OVG Bremen NVwZ-RR 2006, 643 <644>). Eine diesen Gefährdungen nahe kommende Gefährdung wird nicht schon durch einzelne Straftaten verwirklicht (vgl. auch Rossi, a.a.O., S. 638f.). Sie wird aber durch Gewalttaten erreicht, die nicht nur individuelle Rechtsgüter der Beteiligten, sondern darüber hinaus auch die allgemeine Sicherheit oder den öffentlichen Frieden beeinträchtigen. Das setzt in der Regel voraus, dass sie mehr oder weniger organisiert in Gruppen oder aus Gruppen heraus begangen werden und ein solches Ausmaß erreichen, dass sie von der Polizei nicht ohne weiteres unterbunden werden können. Auch wenn in diesem Zusammenhang nicht unmittelbar auf Vorschriften des deutschen Strafgesetzbuches zurückgegriffen werden kann, dürften diese Anforderungen im Ergebnis mindestens dem Tatbestand des Landfriedensbruchs in § 125 Abs. 1 Nr. 1 StGB entsprechen. Dieser erfasst die Beteiligung an "Gewalttätigkeiten gegen Menschen und Sachen ..., die aus einer Menschenmenge in einer die öffentliche Sicherheit gefährdenden Weise mit vereinten Kräften begangen werden."

3.

Unter den vorstehend dargelegten Voraussetzungen ist die Herausnahme eines Mitgliedstaates der Europäischen Union aus dem Geltungsbereich des Personalausweises auch mit europäischem Gemeinschaftsrecht vereinbar.

Nach Art. 18 Abs. 1 EG hat jeder Unionsbürger das Recht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vorbehaltlich der in diesem Vertrag und in den Durchführungsvorschriften vorgesehenen Beschränkungen und Bedingungen frei zu bewegen und aufzuhalten. Auf dieses Recht kann sich der Unionsbürger auch gegenüber Ausreisebeschränkungen des Mitgliedstaates berufen, dessen Staatsangehöriger er ist (vgl. zuletzt EuGH, Urt. v.10.07.2008 - C-33/07 - Jipa, InfAuslR 2008, 337 <338>, Rn 17 m.w.Nwn.; BVerwGE 110, 40 <57f>; 129, 142 <155>, Rn 48).

Unter welchen Voraussetzungen die Mitgliedstaaten dieses Recht beschränken dürfen, regelt Art. 27 der "Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rats vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten ..." (RL 04/38). Danach darf eine Beschränkung u.a. aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erfolgen, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Die Richtlinie war zwar zum hier entscheidungserheblichen Zeitpunkt (Sommer 2004) bereits in Kraft getreten (Art. 41), die Frist, binnen deren sie durch die Mitgliedstaaten umzusetzen war, lief aber erst zum 30.04.2006 ab (Art. 40 Abs. 1). Bis zu diesem Datum blieben die zuvor geltenden Richtlinien in Kraft, die den Vorbehalt zugunsten der öffentlichen Ordnung und Sicherheit in den wirtschaftlichen Grundfreiheiten ausfüllten (Art. 38 Abs. 2). Auf sie kann daher zurückgegriffen werden (BVerwGE 110, 40 <57f.>; 129, <155>, Rn 46). Der Kläger hätte, wäre er nach Portugal gereist, die in Art. 49 EG verankerte passive Dienstleistungsfreiheit in Anspruch genommen (vgl. EuGH, Urt. v. 31.01.1984 - 286/82 u.a. - Luisi und Carbone, Slg. 1984, 377, Rn 16; Urt. v. 02.02.1989 - 186/87 - Cowan, Slg. 1989, 195 Rn 15; Urt. v. 10.01.1999 - C-348/96 - Calfa, Slg. 1999, I-11, Rn 16). Diese konnte aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit eingeschränkt werden (Art. 55 i.V.m. Art. 46 Abs. 1 EG; Art. 8 RL 73/148/EWG, Art. 2 Abs. 2 UA 3 RL 90/364/EWG, Art. 2 RL 64/221/EWG). Die öffentliche Sicherheit umfasst sowohl die äußere als auch die innere Sicherheit des Staates im Sinne seiner Existenz und des Funktionierens seiner Einrichtungen (vgl. zu Art. 36 EGV = Art 30 EG: EuGH, Urt. v. 04.10.1991 - C- 367/89 - Richardt u.a., Slg. 1991, I-4621, Rn 22; Urt. v. 10.07.1984 - 72/83 - Campus Oil u.a., Slg, 1984, 2727, Rn 34). Eine Einschränkung aus Gründen der öffentlichen Ordnung setzt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs voraus, dass außer der sozialen Störung, die jeder Gesetzesverstoß darstellt, eine tatsächliche, gegenwärtige und hinreichend schwere Gefährdung vorliegt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt (vgl. EuGH, Urt. v. 27.10.1977 - 30/77 - Bouchereau, Slg. 1997,1999, Rn 35; Urt. v. 10.01.1999 - C-348/96 - Calfa, Slg. 1999, I-11, Rn 21ff.; Urt. v. 29.04.2004 - C-482/01 u.a. -Orfanopoulos und Oliveri, Slg. 2004, I-5257,Rn 66; Urt. v. 10.07.2008 - C-33/07 - Jipa, InfAuslR 2008, 337 <338f.>, Rn 23; die Verhütung von Straftaten allein reicht deshalb - entgegen BVerwGE 129, 142 <155>, Rn 48 - nicht aus.) Die Gefährdung muss sich nicht auf ein Grundinteresse der Gesellschaft in dem handelnden Staat beziehen; dieser kann vielmehr auch zum Schutz vor einer Gefährdung tätig werden, die in einem anderen Mitgliedstaat droht (ohne nähere Problematisierung vorausgesetzt im Urteil des EuGH vom 31.01.2006 - C 503/03 - Kommission/Spanien, Slg. 2006, I-1097, Rn 46).

II.

Es lagen bestimmte Tatsachen vor, die die Annahme begründeten, der Kläger werde sich während der Europameisterschaft in Portugal an Gewalttätigkeiten in dem beschriebenen Sinne beteiligen und damit erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden.

1.

Tatsachen sind, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, Vorgänge oder Zustände in der Vergangenheit oder Gegenwart, die wahrnehmbar in Erscheinung getreten und deswegen dem Beweis zugänglich sind. Erforderlich sind also konkrete belegbare Ereignisse (vgl. schon der Beschl. des Senats vom 28.06.2000 - 1 B 240/00 -, NordÖR 2001,107). Die Aufnahme in die polizeiliche Datei "Gewalttäter Sport" und die Einschätzung von szenekundigen Polizeibeamten allein sind keine solchen Ereignisse, sondern daraus oder aus anderen Fakten gezogene Schlussfolgerungen. Zu Recht hat daher auch die Beklagte inzwischen davon Abstand genommen, der Eintragung des Klägers in die Datei "Gewalttäter Sport" eigenständige Bedeutung beizumessen. Auf die rechtlichen Bedenken, die gegen die Datei "Gewalttäter Sport" erhoben worden sind (vgl. z.B. May, NdsVBl 2002, 42 <43>; zuletzt VG Hannover, Urt. v. 22.05.2008 - 10 A 2412/07), kommt es daher nicht an.

Es müssen Tatsachen vorliegen, "die auf eine Gefährlichkeit des Betroffenen schließen lassen und aufgrund derer damit zu rechnen ist, dass er bei dem bevorstehenden Anlass erneut gewalttätig wird" (BT-Drs. 14/2726, S. 6). Feststellungen darüber, dass der Betroffene in der Vergangenheit einschlägig aufgefallen ist, reichen also nicht ohne weiteres aus; sie müssen vielmehr - allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen - die Prognose einer erneuten Beteiligung an gewalttätigen Ausschreitungen in der Zukunft rechtfertigen. Diese Prognose setzt in der Regel voraus, dass der Betroffene auch in jüngster Zeit noch einschlägig in Erscheinung getreten ist. In der bereits zitierten Begründung des Gesetzes zur Änderung des Pass- und Personalausweisrechts (BT-Drs. 14/2726, S. 6) wird dazu ausgeführt, der Betroffene müsse " als gewaltbereiter Hooligan bekannt sein und in jüngster Zeit, d.h. innerhalb der letzten zwölf Monate im Zusammenhang mit Gewalttaten oder als Teilnehmer an gewalttätigen Ausschreitungen aufgefallen sein." Entgegen der Auffassung des Klägers kann daraus jedoch keine starre Grenze in dem Sinne abgeleitet werden, dass eine Gefährdung immer dann verneint werden müsse, wenn der Betroffene in den letzten zwölf Monaten nicht mehr im Zusammenhang mit Gewalttätigkeiten in Erscheinung getreten sei. Eine solche Betrachtungsweise stünde, wie das Verwaltungsgericht im Anschluss an ein Urteil des VGH Baden-Württemberg (Urt. v. 07.12.20004 - 1 S 2218/03 - ESVGH 55, 153 <155>; vgl. auch Breucker, Transnationale polizeiliche Gewaltprävention, 2003, S. 160f. m.w.Nwn.) überzeugend ausgeführt hat, einer sachgerechten einzelfallbezogenen Gefährdungsprognose entgegen, bei der individuelle Besonderheiten zu berücksichtigen sind, zu denen insbesondere die persönliche Entwicklung des Betroffenen gehört.

2.

Das Verhalten des Klägers vor dem Erlass der angefochtenen Maßnahmen war geeignet, die Prognose zu rechtfertigen, der Kläger werde, wenn er zur Europameisterschaft nach Portugal reise, sich dort an Gewalttätigkeiten beteiligen.

a.

Aus den letzten zwölf Monaten vor Erlass der angegriffenen Verfügung ist nur der Vorfall vom 24.05.2003 anlässlich des Bundesligaspiels Borussia Mönchengladbach gegen Werder Bremen (Nr. 9) bekannt geworden.

Für eine Auffälligkeit "im Zusammenhang mit Gewalttaten oder als Teilnehmer an gewalttätigen Ausschreitungen" geben die vorgelegten Erkenntnisse sowohl hinsichtlich des Klägers als auch hinsichtlich seines Umfelds allerdings unmittelbar nichts her. Gesichert ist lediglich die Feststellung, dass der Kläger sich mit anderen Personen in einem Bus nach Mönchengladbach begeben hat, die fast alle von der Polizei in der Kategorie der (gewaltbereiten) C-Fans geführt wurden und denen die Polizei eine Körperverletzung oder einen Landfriedensbruch zuschrieb, ohne das diese Zuschreibung allerdings nachvollziehbar wäre (vgl. die bei der Personenüberprüfung auf der BAB 52 erstellte Liste, die die Beklagte im Berufungsverfahren übergeben hat, GA Bl. 154). Der Kläger wird in dieser Liste mit dem Zusatz "Waffeng." geführt.) Abgesehen von dem Fund einer geringen Menge Kokain, die keiner Person zugeordnet werden konnte, und der Festnahme einer aus anderen Gründen (Haftbefehl) gesuchten Person wurden darüber hinaus keine Auffälligkeiten festgestellt. Der Bus wurde durch Polizeikräfte unmittelbar zum Eingang des Gästeblocks begleitet. "Dort wurden die Personen direkt in den Block geleitet und traten während der Vor- und Nachspielphase nicht weiter in Erscheinung." (Erkennntnisfernschreiben der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze, GA Bl. 152). An anderer Stelle heißt es in dem zitierten "Erkenntnisfernschreiben": "Spätere Ermittlungen ergaben, dass die Bremer und Mönchengladbacher Hooligans eine Auseinandersetzung in einem Industriegebiet der Mönchengladbacher Nachbarstadt Viersen während der Vorspielphase verabredet hatten." Nähere Angaben darüber, ob auch die Businsassen verabredet waren, warum diese "Verabredung" nicht eingehalten wurde und ob das möglicherweise auf eine frühzeitig einsetzende Begleitung des Busses zurückzuführen war, lassen sich den vorgelegten Unterlagen nicht entnehmen. Sie tragen nur den Schluss, dass der Kläger sich in einem Umfeld von Personen bewegte, die die Polizei - wie den Kläger selbst - aufgrund früherer Vorfälle - der gewaltbereiten Hooligan-Szene zurechnete.

Die Tatsache, dass der Kläger sich aus diesem Umfeld noch nicht gelöst hatte, rechtfertigt noch nicht die Annahme einer Gewaltbereitschaft; sie gibt aber Veranlassung, dass frühere Verhalten des Klägers in die Gefahrenprognose einzubeziehen.

b.

In diesem Zusammenhang sind die nur kurze Zeit zurückliegenden Ereignisse nach dem Fußballspiel Werder Bremen gegen Hansa Rostock am 15.03.2003 (Vorfall Nr. 8) bedeutsam.

Auch hier wurde der Kläger in einem Bus festgestellt, dessen Insassen die Polizei dem Kreis der C-Fans zuordnete. Wie auch vom Kläger nicht bestritten wird, setzte dieser Bus seine Insassen gegen 23.30 Uhr im Bereich des Nordausgangs des Bremer Hauptbahnhofs ab, wo es kurz nach Mitternacht zu dem Versuch einer Auseinandersetzung mit Hooligans aus der Anhängerschaft des FC Schalke 04 kam. Die Schalker Hooligans hatten ihren aus Hamburg kommenden Zug während eines kurzen Stops im Bremer Hauptbahnhof über den Nordausgang verlassen und waren den dort versammelten Bremer "Fans" entgegengestürmt. Der äußere Tatablauf lässt keinen vernünftigen Zweifel daran, dass die "Begegnung" der beiden Gruppen geplant und verabredet war. Die Tatsache, dass der Kläger zu den Insassen des Bremer Busses gehörte, der den Nordausgang des Hauptbahnhofs zum fraglichen Zeitpunkt ansteuerte, reicht aus, um die Annahme zu rechtfertigen, er habe sich an der gewalttätigen Auseinandersetzung beteiligen wollen, die letztendlich nur durch massiven Polizeieinsatz unterbunden wurde.

Die Behauptung des Klägers, es sei keine Auseinandersetzung mit anderen "Fans" geplant gewesen, wird durch den Ablauf der Ereignissen widerlegt; die weitere Behauptung, er hätte sich, wenn es dazu gekommen wäre, daran nicht beteiligt, ist deshalb nicht glaubhaft. Allein die Tatsache, dass der Kläger während der sich anbahnenden gewaltsamen Auseinandersetzungen selbst nicht polizeilich aufgefallen ist und insbesondere nicht zu den in Gewahrsam genommenen Personen gehörte, reicht nicht aus, seine Beteiligung in Frage zu stellen. Die Tatsache, dass nur 4 von den insgesamt 30 bis 35 Bremer "Fans" (neben 16 Schalker "Fans") in Gewahrsam genommen wurden, zeigt, dass die Polizei von dieser Möglichkeit nur punktuell Gebrauch machte. Ohne Bedeutung ist schließlich auch, ob der Kläger eine Führungsrolle bei den Ereignissen ausgeübt hat, indem er den Bus mit den Bremer "Problemfans" vom Kläger zum Nordausgang des Hauptbahnhofs dirigierte, wie es in dem Polizeibericht vom 15.06.2006 (Bl. 150 GA) heißt.

c.

Die weiter zurückliegenden Ereignisse vermitteln, soweit die Angaben der Beklagten überhaupt noch belegbar sind, keine weiterführenden Erkenntnisse. Für eine aktive Beteiligung des Klägers an Gewalttätigkeiten geben sie nichts her. Sie bestätigen lediglich, dass sich der Kläger mehrfach bei Fußballspielen in Gruppen gewaltbereiter Fans aufgehalten und Objekt präventivpolizeilichen Einschreitens geworden ist. Insoweit berechtigen sie aber zu dem Schluss, dass der Kläger seit langem der einschlägigen Szene verhaftet und bei den letzten Ereignissen nicht rein zufällig in eine ihm an sich fremde Umgebung hineingeraten ist.

3.

Die Beklagte durfte auch annehmen, der Kläger werde, wenn er nicht durch die angefochtenen Maßnahmen daran gehindert werde, zur Europameisterschaft nach Portugal reisen.

Erforderlich für eine solche Prognose sind konkrete personenbezogene Erkenntnisse, aus denen sich eine entsprechende Absicht des Betroffenen ergibt (vgl. Breucker, a.a.O., S. 161). Der Beklagten lag hier lediglich eine entsprechende Einschätzung des für die Beobachtung der Hooligans zuständigen und damals seit zehn Jahren szenekundigen Polizeibeamten vor, in der dieser sich auf seine langjährige Erfahrung und seine vielfältigen Kontakte zur Hooliganszene stützt, ohne konkrete Einzelheiten zu benennen. Die Frage, ob eine solche Einschätzung ausreicht, bedarf hier keiner Vertiefung. Seine Absicht, nach Portugal zu reisen, hat der Kläger nämlich weder bei seiner Anhörung vor Erlass der angegriffenen Maßnahme noch im Gerichtsverfahren bestritten.

III.

Von dem ihr nach § 2 Abs. 2 PAuswG eingeräumten Ermessen hat die Beklagte rechtsfehlerfrei Gebrauch gemacht. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sind solche Ermessenserwägungen erforderlich (1.), aber auch tatsächlich angestellt worden (2.).

1.

Ermessenserwägungen sind hier nicht schon deshalb entbehrlich, weil, wie das Verwaltungsgericht meint, ein Fall des so genannten intendierten Ermessens vorläge.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. z.B. BVerwGE 71,1 <6>; 105, 55 <56>) bedarf es keiner Begründung der Ermessensentscheidung, wenn die Richtung der Ermessensausübung von dem Gesetz, das zu ihr ermächtigt, in der Weise vorgezeichnet ist, dass ein bestimmtes Ergebnis im Regelfall gewollt ist und von ihm nur ausnahmsweise abgesehen werden darf, wenn besondere Gründe dafür sprechen. Die Kann-Vorschrift wird also entgegen ihrem Wortlaut wie eine Soll-Vorschrift angewandt. Das ist nur möglich, wenn sich die Ermächtigungsnorm in diesem Sinne auslegen lässt (Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 16. Aufl. 2006, § 7 Rn 12). Andernfalls würde die Entscheidung des Gesetzgebers unterlaufen, der Verwaltung Handlungsspielräume einzuräumen und ihr Abwägungspflichten aufzugeben (Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, Rn 30 zu § 40; Gerhardt, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Rn 20 zu § 114). Von intendiertem Ermessen kann, wenn der Begriff entgegen einer in der Literatur verbreiteten Meinung (vgl. die Nachweise bei Maurer, a.a.O.) überhaupt mit eigenem Bedeutungsgehalt verwandt werden soll, deshalb nur gesprochen werden, wenn im Wege der Interpretation der konkreten Ermächtigungsnorm hergeleitet werden kann, dass die Ausübung des Ermessens nach Sinn und Zweck der Ermächtigung trotz ihres Wortlautes als "kann"-Vorschrift im Regelfall in einer bestimmten Richtung erfolgen soll. Dabei ist Zurückhaltung geboten (Sachs und Gerhardt, a.a.O.).

Für eine Auslegung des § 2 Abs. 2 PAuswG in diesem Sinne lassen sich überzeugende Gründen nicht feststellen. Die Vorschrift dient der Abwehr von Gefahren (vgl. BVerwGE 129, 142 <146>, Rn 29; BT-Drs. 14/2726, S. 5). Die Voraussetzungen für ein Tätigwerden der zuständigen Behörden sind außerordentlich weit gefasst. Die Behörden wären - auch bei besserer personeller Ausstattung - schon aus Kapazitätsgründen hoffnungslos überfordert, wenn sie jedes Mal, wenn erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährdet sind, die Gültigkeit von Personalausweisen beschränken müssten. Oftmals sind andere Maßnahmen zweckmäßiger, um den angestrebten Erfolg zu erreichen. Unabhängig davon ist angesichts der weitreichenden Folgen, die eine Anordnung nach § 2 Abs. 2 PAuswG für den Betroffenen haben kann, eine Abwägung der öffentlichen und privaten Interessen unerlässlich. Es spricht deshalb alles dafür, dass § 2 Abs. 2 PAuswG den Behörden lediglich eine Möglichkeit zur Gefahrenabwehr an die Hand gibt, von der sie Gebrauch machen können, wenn sie das nach Abwägung aller Umstände im konkreten Einzelfall als zweckmäßig ansehen (vgl. zum ordnungsbehördlichen Ermessen allgemein: Pieroth/Schlink/Kniesel, Polizei- und Ordnungsrecht mit Versammlungsrecht, 4. Aufl. 2007, § 10 Rn 32f.; zum Ermessen nach § 2 Abs. 2 PAuswG: Ordemann, Passrecht, Ausweisrecht, Melderecht des Bundes, 1988, S. 45; Medert/Süßmuth, Paß- und Personalausweisrecht, 3. Aufl. 2001, Rn 10 zu § 2 PAuswG; Breucker, a.a.O., S. 149).

Die Erwägungen, mit denen das Verwaltungsgericht demgegenüber die Annahme eines intendierten Ermessens begründet, vermögen nicht zu überzeugen. Das Verwaltungsgericht verweist insoweit lediglich auf seine Ausführungen zur Passbeschränkung nach § 8 i.V.m. § 7 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 PassG. Dort vertritt es die Auffassung, wenn die Behörde im Fall der Erteilung des Passes nach Art 7 Abs. 1 PassG gebunden sei ("Der Pass ist zu versagen...), könne für die nachträgliche Entziehung - oder die nachträgliche Beschränkung als deren minus - nach § 8 PassG trotz des abweichenden Wortlauts ("Ein Pass ... kann dem Inhaber entzogen werden ...") in der Regel nichts anderes gelten, weil der Lebenssachverhalt, auf den die Behörde zu reagieren habe, in beiden Fällen weitgehend identisch sei. Dem kann nicht gefolgt werden. Zum einen wäre mit der gleichen logischen Berechtigung der umgekehrte Schluss zulässig. Zum anderen unterscheiden sich beide Fallgestaltungen schon dadurch, dass in den Fällen des § 8 PassG bereits ein Pass erteilt worden ist, der Sache nach also ein begünstigender Verwaltungsakt nachträglich ganz oder teilweise zurückgenommen wird. Schon der damit verbundene Eingriff in eine bereits eingeräumte Rechtsposition macht eine Abwägung im Einzelfall erforderlich (für uneingeschränktes Ermessen bei Maßnahmen nach § 8 PassG deshalb: Ordemann, a.a.O., S. 18; Medert/Süßmuth, a.a.O., Rn 2 zu § 8 PassG; Breucker, a.a.O., S. 148).

2.

Von dem eingeräumten Ermessen hat die Beklagte auch tatsächlich Gebrauch gemacht.

Das Verwaltungsgericht stützt seine gegenteilige Auffassung darauf, dass die Beklagte zwar eine gründliche und zutreffende Verhältnismäßigkeitsprüfung vorgenommen, aber nicht zu erkennen gegeben habe, dass sie sich auch der Möglichkeit bewusst gewesen sein habe, von der verhältnismäßigen Maßnahme nach Maßgabe eigener Zweckmäßigkeitserwägungen abzusehen zu können; sie habe daher ihr Entschließungsermessen nicht ausgeübt. Dem kann nicht gefolgt werden. Die eingehende Erörterung der Frage, ob die angeordnete Maßnahme geeignet und erforderlich war, der Gefahr der Beteiligung des Klägers an Ausschreitungen in Portugal zu begegnen, setzt voraus, dass sich die Beklagte der Möglichkeit bewusst war, von der Maßnahme auch absehen zu können. Wäre die Behörde davon ausgegangen, dass die Anordnung der Maßnahme zwingend vorgeschrieben gewesen sei, hätte sie die Maßnahme anordnen müssen, ohne deren Verhältnismäßigkeit im Einzelfall überprüfen zu können.

Eine Ermessensentscheidung liegt daher vor. Ermessensfehler sind nicht zu erkennen.

C.

Die Berufung der Beklagten ist begründet, soweit sie die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Meldeauflage (Ziffer 4 der angefochtenen Verfügung) betrifft.

I.

Meldeauflagen wie die gegenüber dem Kläger angeordnete Maßnahme können grundsätzlich auf die polizeiliche Generalermächtigung des § 10 Abs. 1 BremPolG gestützt werden. Danach darf die Polizei die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine im einzelnen Fall bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit abzuwehren, soweit nicht die §§ 11 bis 35 die Befugnisse der Polizei besonders regeln.

Die Anwendung polizeirechtlicher Vorschriften ist nicht durch die bundesrechtlichen Regelungen des Passgesetzes und des Personalausweisgesetzes über die Beschränkung von Reisemöglichkeiten ausgeschlossen. Mit den zitierten Vorschriften des Bundesrechts sollen Gefährdungen der inneren oder äußeren Sicherheit oder sonstiger erheblicher Belange der Bundesrepublik Deutschland verhindert werden. Die Vorschriften des Bremischen Polizeigesetzes hingegen dienen der Abwehr auch solcher Gefahren für die öffentliche Sicherheit, die u.a. durch die Begehung strafbarer Handlungen unterhalb dieser Schwelle - also auch durch einfache Körperverletzungen und Sachbeschädigungen - und unabhängig vom Ort ihrer Begehung drohen (vgl. VGH BW, Beschl. v. 14.06.2000 - 1 S 1271/00 - ESVGH 50, 282 <287>= NJW 2000, 3658 <3660>; im Ergebnis ebenso BVerwGE 129, 142 <146>, Rn 29).

§ 12 Abs. 1 BremPolG steht der Anwendbarkeit der polizeilichen Generalermächtigung nicht entgegen. Die dort geregelte Vorladung dient der Informationsgewinnung und damit erkennbar anderen Zwecken als denen, die mit der Meldeauflage verfolgt werden (vgl. auch OVG BerlinBrandenburg, Urt. v. 21.03.2006 - 1 B 7.04 - <juris>).

II.

Eine polizeiliche Maßnahme, die auf § 10 Abs. 1 BremPolG gestützt wird, setzt eine konkrete Gefahr voraus. Das ist eine Sachlage, bei der im einzelnen Fall die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass in absehbarer Zeit ein Schaden für die öffentliche Sicherheit eintreten wird (§ 2 Nr. 3. lit. a BremPolG). Wie sich aus den Ausführungen unter B. II. 2. und 3. ergibt, durfte die Beklagte mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass sich der Kläger an gewalttätigen Ausschreitungen am Rande der Fußball-Europameisterschaften in Portugal beteiligen werde.

III.

1.

Die Beklagte hat von ihrer Befugnis dem Zweck der Ermächtigung entsprechend Gebrauch gemacht. Sie hat die Meldeauflage insbesondere nicht als ein bloßes Mittel zur Durchsetzung der pass- und personalausweisrechtlichen Beschränkungen angesehen, sondern ausschließlich mit der Verhinderung von Straftaten begründet.

2.

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts war die Meldeauflage auch verhältnismäßig.

a.

Die Anordnung der Meldeauflage war geeignet, die Beteiligung des Klägers an Straftaten in Portugal zu verhindern. Hielt sich der Kläger in Deutschland auf, konnte er sich nicht an gewalttätigen Auseinandersetzungen in Portugal beteiligen.

b.

Sie war auch erforderlich, um diesen Zweck zu erreichen.

Zwar war es dem Kläger schon durch die Personalausweisbeschränkung verwehrt, nach Portugal zu reisen, um dort Straftaten zu begehen. Es war aber nicht sichergestellt, dass der Kläger sich an diese - schwer zu kontrollierenden - Beschränkungen halten werde. Die Meldeauflage war daher ein zusätzliches und unter Umständen wirksameres Mittel, um die Gefahr von Straftaten, die vom Kläger ausgingen, zu verhindern (vgl. auch BVerwGE 129, 142 <152f.>, Rn 41).

Sie ging zeitlich nicht über das erforderliche Maß hinaus, denn sie war auf die Tage beschränkt, an denen Spiele der deutschen Nationalmannschaft stattfanden. Sie war auch örtlich in der Weise flexibel gestaltet, dass der Kläger, wenn er sich an einem anderen Ort in Deutschland aufhalten wollte, dort der Meldepflicht genügen konnte, wenn er rechtzeitig eine entsprechende Absprache mit der Beklagten traf.

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ging die Meldeauflage nicht deshalb über das gebotene Maß hinaus, weil sie den Kläger auch daran hinderte, sich in andere Staaten als Portugal zu begeben. Das Verwaltungsgericht verkennt, dass die Beklagte nicht über die tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten verfügte, dem Kläger nachzulassen, der Meldepflicht auch bei einem ausländischen Polizeirevier nachzukommen. Eine Meldepflicht konnte deshalb nur im Inland erfüllt werden.

c.

Die Meldeauflage war deshalb aber nicht unverhältnismäßig im engeren Sinne. Auch die kurzfristige Suspendierung der Ausreisefreiheit des Klägers stand - ebenso wie die übrigen mit der Meldeauflage verbundenen Freiheitsbeschränkungen - nicht außer Verhältnis zu dem Schaden, der durch die Auflage abgewendet werden sollte (vgl. BVerwGE 129, 142 <154>, Rn 44).

D.

Die Berufung der Beklagten ist unbegründet, soweit sie sich gegen die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Androhung unmittelbaren Zwangs für den Fall der Nichtvorlage des Reisepasses (Ziffer 2.1 der angefochtenen Verfügung) richtet.

I.

Dabei kann offen bleiben, ob die Rechtswidrigkeit der Androhung unmittelbaren Zwangs schon deshalb festzustellen ist, weil der Kläger mit seiner Fortsetzungsfeststellungsklage gegen die Grundverfügung obsiegt (vgl. oben A.).

Nach der vom Verwaltungsgericht vertretenen Auffassung (zu der hier nicht mehr in Streit stehenden Zwangsgeldandrohung für den Fall der Missachtung der Meldeauflage) wirkt sich die festgestellte Rechtswidrigkeit der Grundverfügung nicht auf die Rechtmäßigkeit der Zwangsmittelandrohung aus, weil die Grundverfügung sofort vollziehbar und nach § 11 Abs. 1 Satz 2 BremVwVfG daher unabhängig von ihrer Rechtmäßigkeit vollstreckbar gewesen sei. Richtig daran ist, dass der Kläger bis zum Eintritt der Erledigung der Verfügung aufgrund von deren sofortiger Vollziehbarkeit Vollstreckungsmaßnahmen dulden musste und sich ihnen gegenüber nicht auf die Rechtswidrigkeit der Grundverfügung berufen konnte. Ob daraus allerdings abgeleitet werden kann, dass es auch im Rahmen einer Fortsetzungsfeststellungs-klage, die sich gegen Grundverfügung und Vollstreckungsmaßnahme gleichermaßen richtet, für die Beurteilung der Vollstreckungsmaßnahme grundsätzlich nicht mehr auf die Rechtmäßigkeit der Grundverfügung ankomme, erscheint zumindest zweifelhaft. Eine solche Betrachtungsweise würde nämlich dazu führen, dass - jedenfalls in den Fällen, in denen einstweiliger Rechtsschutz gegen die Grundverfügung nicht rechtzeitig möglich ist, wie dies zum Beispiel bei polizeilichen Vollstreckungsmaßnahmen die Regel ist - wirksamer Rechtsschutz gegen Vollstreckungsmaßnahmen nicht erlangt werden kann. Das erscheint im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG bedenklich. Aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, auf die sich das Verwaltungsgericht beruft, ergibt sich nichts Anderes. Der zitierte Kammerbeschluss (NVwZ 1999, 290 <292>) bezieht sich, wie ausdrücklich hervorgehoben wird, auf einen Fall, in dem nicht die Rechtmäßigkeit der Grundverfügung, sondern allein die Rechtmäßigkeit der Vollstreckungsmaßnahmen Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung war. Auch das dort zitierte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (NJW 1984, 2591 <2592>) hält die Rechtswidrigkeit der Grundverfügung nur in den Fällen für unbeachtlich, in denen diese nichtig oder nicht mehr anfechtbar ist.

Die Problematik bedarf jedoch keiner Vertiefung und abschließenden Entscheidung, denn die Zwangsmittelandrohung war hier (zumindest auch) aus anderen Gründen rechtswidrig.

II.

Die Androhung unmittelbaren Zwangs verstieß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, wie er im Bremischen Verwaltungsvollstreckungsgesetz seinen Niederschlag gefunden hat.

Nach § 13 Abs. 2 Satz 1 BremVwVG ist das angedrohte Zwangsmittel so zu bestimmen, dass der Betroffene und die Allgemeinheit am wenigsten beeinträchtigt werden. Dementsprechend schreibt § 16 BremVwVG vor, dass die Behörde den Pflichtigen nur dann zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung mit Gewalt zwingen kann, wenn das Zwangsgeld nicht zum Ziel führt oder untunlich ist.

Es ist nicht erkennbar, dass diese Voraussetzungen hier vorgelegen haben. Der angefochtene Bescheid beschränkt sich auf die pauschale Aussage, die Androhung eines Zwangsgeldes sei nicht Erfolg versprechend und es sei nicht zu erwarten, dass mit der Androhung eines Zwangsgeldes der angestrebte Zweck erreicht werden könne. Gründe für diese Erwartung werden nicht mitgeteilt. Sie sind auch sonst nicht ersichtlich. Es fehlt jeder konkrete Anhaltspunkt für die Annahme, der Antragsteller werde sich durch die Androhung eines Zwangsgeldes - das bis zu einer Höhe von 50.000 Euro zulässig ist - nicht beeindrucken lassen. Es war weder ersichtlich, dass eine Zwangsgeldandrohung ins Leere gegangen wäre, weil der Kläger ohnehin mittellos gewesen sei, noch lagen Erkenntnisse darüber vor, dass der Kläger in der Vergangenheit bei ähnlichen Maßnahmen die Androhung eines Zwangsgeldes ignoriert hätte. Die Tatsache, dass der Kläger der zwangsgeldbewehrten Meldeauflage aus der angefochtenen Verfügung lediglich an zwei von drei Tagen nachgekommen ist, betrifft dessen späteres Verhalten und konnte daher nicht zur Stützung der hier in Streit stehenden Zwangsmittelandrohung herangezogen werden. Solange die Androhung und Festsetzung eines Zwangsgeldes nicht wenigstens versucht worden war, war die Androhung unmittelbaren Zwanges daher unverhältnismäßig (vgl. auch die Beschlüsse des Senats vom 06.02.2007 - 1 B 466/06 - <juris> und vom 15.05.2007 - 1 B 447/06 -, NordÖR 2007, 317 <320>).

Entgegen der Auffassung der Beklagten waren der Verzicht auf eine Zwangsgeldandrohung und die sofortige Androhung unmittelbaren Zwangs auch nicht durch die Zeitnot gerechtfertigt, in der sich die Behörde befand. Die Zeit, die zwischen dem Erlass der Verfügung (17.05.2004) und dem Beginn der Passbeschränkung (05.06.2004) lag, bot in ausreichendem Maße die Möglichkeit, die Durchsetzung der Passeintragung durch ein Zwangsgeld zu versuchen, ohne im Falle ihres Scheiterns zur Erfolglosigkeit verurteilt zu sein. Das hat das Verwaltungsgericht im Einzelnen zutreffend ausgeführt, und darauf wird Bezug genommen. Bei der Angemessenheit des Zeitraums zu berücksichtigen ist aber nicht nur die Zeit seit Erlass der Verfügung, sondern auch die Zeit davor. Es lag nämlich in der Hand der Beklagten, die Verfügung zu einem früheren Zeitpunkt zu erlassen, da ihr alle Umstände, die für das Tätigwerden der Behörde entscheidend waren, bekannt waren (vgl. den Vermerk der Polizei vom 14.03.2004). Der Hinweis der Beklagten auf den Beschluss des VGH Baden-Württemberg vom 14.06.2000 (ESVGH 50, 283 <288> = NJW 2000, 3658 <3660>) geht schon deshalb fehl, weil der dort zur Verfügung stehende Zeitraum ungleich kürzer bemessen war.

Unabhängig davon wird das Gewicht, das die Beklagte dem Risiko unzureichender Zeit für eine wirksame Vollstreckung beimisst, hier auch dadurch relativiert, dass - und darauf wird in dem angefochtenen Bescheid ausdrücklich hingewiesen - die zu vollstreckende "Eintragung der Ausreisebeschränkung nur deklaratorische Bedeutung hat (te, weil) eine fehlende Eintragung der Beschränkung im Reisepass ... keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit der verfügten Ausreisebeschränkung" hatte.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 und 2, 155 Abs. 1 und 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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