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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Bremen
Urteil verkündet am 12.02.2008
Aktenzeichen: 1 A 234/03
Rechtsgebiete: HeilpraktikerG, 1. DVO-HeilpraktikerG, VwGO


Vorschriften:

HeilpraktikerG § 1
1. DVO-HeilpraktikerG § 2 Abs. 1
VwGO § 110
VwGO § 128
1. Begehrt der Kläger mit dem Hauptantrag die Verpflichtung zur Erteilung einer Erlaubnis und mit dem Hilfsantrag die Verpflichtung zur Neubescheidung, kann die Verpflichtungsklage nicht vorab durch Teilurteil abgewiesen werden, wenn darin implizit auch die Voraussetzungen für eine Verpflichtung zur Neubescheidung verneint werden.

2. Ist ein Kläger, der die Erteilung einer Heilpraktikererlaubnis begehrt, in zwei Verwaltungsverfahren an der Überprüfung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten gescheitert und hat er gegen jede dieser Entscheidungen Klage erhoben, kann über die Klagen nur einheitlich entschieden werden. Maßgebend für die Frage, ob dem Kläger eine Erlaubnis zu erteilen ist, ist das Ergebnis der letzten Überprüfung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten.

3. Hat das Verwaltungsgericht in einer Sache, über die nur einheitlich entschieden werden kann, zu Unrecht ein Teilurteil erlassen, können Gründe der Prozessökonomie es rechtfertigen, dass das Oberverwaltungsgericht außer über die Berufung gegen das Teilurteil auch über den noch beim Verwaltungsgericht anhängigen Streitrest entscheidet.

4. Zu den Anforderungen an die Fragen zur Überprüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten eines Heilpraktikerbewerbers und deren Bewertung.


Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen Im Namen des Volkes! Urteil

OVG: 1 A 234/03

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen - 1. Senat - durch die Richter Stauch, Göbel und Alexy sowie die ehrenamtlichen Richter B. Erlenwein und B. Reichelt aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18.12.2007 und 22.01.2008 am 12.02.2008 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 28.08.2002 ergangene und am 10.09.2002 niedergelegte Teilurteil des Verwaltungsgerichts der Freien Hansestadt Bremen - 1. Kammer - wird zurückgewiesen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Erteilung der Erlaubnis zur berufsmäßigen Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung (Heilpraktikererlaubnis).

Aufgrund eines entsprechenden (ersten) Antrags vom 09.06.1999 unterzog sie sich einer Überprüfung ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten durch das Gesundheitsamt der Beklagten. Am 15.09.1999 nahm sie mit Erfolg am schriftlichen Teil der Überprüfung ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten teil. Wegen des Ergebnisses des mündlichen Teils der Überprüfung am 17.11.1999 lehnte das Stadtamt der Beklagten den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 10.01.2000 ab. Den Widerspruch der Klägerin gegen diesen Bescheid wies der Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales mit Widerspruchsbescheid vom 14.11.2000 zurück.

Am 13.12.2000 hat die Klägerin Klage (1 K 2656/00) mit dem Antrag erhoben den Bescheid des Stadtamtes Bremen vom 10.01.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Senators für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales vom 14.11.2000 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin eine Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde nach dem Heilpraktikergesetz zu erteilen,

hilfsweise

den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde nach dem Heilpraktikergesetz unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Bereits am 02.12.1999 hatte die Klägerin einen weiteren Antrag auf Erteilung der Heilpraktikererlaubnis gestellt. Bei der schriftlichen Überprüfung ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten am 15.03.2000 erreichte sie nicht die erforderliche Punktzahl; von den Antworten auf insgesamt 60 Fragen wurden nur 32 als richtig bewertet. Daraufhin lehnte das Stadtamt mit Bescheid vom 5.5.2000 den (weiteren) Antrag ab. Den Widerspruch der Klägerin wies der Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales mit Bescheid vom 16.07.2002 zurück. Zwar sei eine der gestellten Fragen als missverständlich anzusehen und deshalb aus der Bewertung herauszunehmen; am Ergebnis ändere das aber nichts.

Daraufhin hat die Klägerin am 05.08.2002 erneut Klage (1 K 1579/02) erhoben und beantragt,

den Bescheid des Stadtamtes Bremen vom 5.5.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Senators für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales vom 16.07.2002 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Klägerin zur mündlichen Prüfung zuzulassen.

Auf Antrag der Klägerin hat das Verwaltungsgericht durch Beschluss vom 20.08.2002 beide Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Mit Teilurteil vom 29.08.2002 hat das Verwaltungsgericht die Klage hinsichtlich des Hauptantrages aus der Klageschrift vom 12.12.2000 abgewiesen. In der Begründung des Teilurteils wird u. a. ausgeführt:

Das Gericht könne ein solches Teilurteil erlassen, denn Entscheidungsreife sei gegeben, soweit die Klägerin begehre, aufgrund ihres Antrags vom 09.06.1999, der schriftlichen Überprüfung vom 15.09.1999 und der mündlichen Überprüfung vom 17.11.1999 die Heilpraktikererlaubnis zu erhalten. "Hinsichtlich ihrer übrigen Anträge" sei dies nicht der Fall, weil der Klägerin Gelegenheit zu geben sei, in den von der Beklagten im Verfahren 1 K 1579/02 vorgelegten Verwaltungsvorgang Einsicht zu nehmen. Die Klage sei "hinsichtlich des Hauptantrags aus der Klageschrift vom 12.12.2000" nicht begründet. Die Heilpraktikererlaubnis dürfe nicht erteilt werden, wenn sich aus der Überprüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten des Antragstellers durch das Gesundheitsamt ergebe, dass die Ausübung der Heilkunde durch den Betreffenden eine Gefahr für die Volksgesundheit bedeuten würde. Hier stehe aufgrund der mündlichen Überprüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten vom 17.11.1999 auch zur Überzeugung des Verwaltungsgerichts fest, dass die Ausübung der Heilkunde durch die Klägerin eine solche Gefahr darstellen würde.

Mit Beschluss vom 05.06.2003, der Klägerin zugestellt am 12.06.2003, hat das Oberverwaltungsgericht die Berufung gegen dieses Teilurteil zugelassen.

Die Klägerin hat die Berufung mit Schriftsatz vom 14.07.2003, einem Montag, begründet. Der Schriftsatz trägt den Eingangsstempel vom 15.07.2002 (sic!). Nach einem Vermerk der zuständigen Mitarbeiterin der Geschäftsstelle des Oberverwaltungsgerichts befand sich der Schriftsatz, als sie am 15.07.2003 den Nachtbriefkasten geöffnet habe, oberhalb der Klappe. Bei einer Überprüfung des Nachtbriefkastens Anfang August 2003 ist kein technischer Defekt festgestellt worden. Der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin hat erklärt, der Schriftsatz sei am 14.07.2003 abends vor seinen Augen von der Rechtsanwältin K. in den Nachtbriefkasten geworfen worden. Rechtsanwältin K. hat eidesstattlich versichert, sie sei am Abend des 14.07.2003 vor 21.00 Uhr mit dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin zum OVG gefahren und habe den Brief in den Nachtbriefkasten geworfen.

In der Sache trägt die Klägerin vor:

Die Klage müsse Erfolg haben, wenn die Klägerin einen der beiden Prüfungsversuche bestanden habe. Wäre ihr erster Versuch erfolgreich gewesen, wäre ihr die beantragte Erlaubnis erteilt worden, so dass es zu dem zweiten Versuch nicht mehr gekommen wäre. In jedem Fall sei aber der zweite Versuch zu Unrecht als erfolglos gewertet worden. Schon die Tatsache, dass fast alle Prüflinge durchgefallen seien, zeige, dass die Prüfungsfragen ungeeignet gewesen seien. Das Gesundheitsamt Emden habe die gesamte Prüfung nicht gewertet. Bei einer Vielzahl der Fragen seien - wie im Einzelnen näher ausgeführt wird - entweder schon die Fragen selbst oder aber die Bewertung der Antworten zu beanstanden. Die ungeeigneten Fragen hätten die Bewerber verwirrt und Zeit gekostet; dies habe die Fähigkeit der Bewerber zur Beantwortung der anderen Fragen beeinträchtigt. In den Fällen, in denen mehrere der vorgegebenen Aussagen richtig gewesen seien, die Bewerber sich aber nur für einen Teil dieser Aussagen entschieden hätten, hätten Teilpunkte für die richtigen Aussagen vergeben werden müssen; so sei in Bayern verfahren worden.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide und des Teilurteils des Verwaltungsgerichts Bremen vom 28.08.2002 die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin eine Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde nach dem Heilpraktikergesetz zu erteilen,

hilfsweise,

den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde nach dem Heilpraktikergesetz unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor:

Maßgebend sei das Ergebnis der letzten schriftlichen Überprüfung. Die dort gestellten Fragen seien geeignet gewesen, das Vorhandensein der erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten festzustellen. Sie seien von dem federführenden Gesundheitsamt Ansbach aus einem Fragenpool ausgewählt worden, zu dem inhaltlich und fachlich zahlreiche Ärztinnen und Ärzte aus verschiedenen Bundesländern beigetragen hätten. Sie seien zeitgleich in mehreren Bundesländern gestellt worden. Für die Sorgfalt, mit der die Überprüfung vorgenommen worden sei, spreche, dass die Beklagte nachträglich solche Fragen aus der Bewertung herausgenommen habe, deren Beantwortung Interpretationsspielräume zugelassen habe. Die verbliebenen Fragen und ihre Bewertung seien - wie im Einzelnen näher ausgeführt wird - nicht zu beanstanden.

Das Oberverwaltungsgericht hat Beweis erhoben über die Behauptung der Klägerin, die Beklagte habe ihre Antworten auf insgesamt 28 im Einzelnen bezeichnete Fragen der schriftlichen Überprüfung am 15.03.2000 zu Unrecht ganz oder teilweise als falsch bewertet, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens von Prof. Dr. med. habil. Manfred M. , Sch. . Zu seinem Gutachten vom 13.01.2006 ist der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung vom 18.12.2007 und 22.01.2008 ergänzend befragt worden. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten (Bl. 392 - 405 GA) und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung (Bl. 548 - 549 und Bl. 566 - 574) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig (A.). Mit ihr war zugleich auch über den Teil der Klage zu entscheiden, der nicht Gegenstand des angefochtenen Teilurteils war (B.). Berufung und Klage sind unbegründet (C.).

A.

Die Berufung gegen das Teilurteil des Verwaltungsgerichts ist zulässig. Die Berufungsbegründungsfrist des § 124 Abs. 6 Satz 1 VwGO ist als gewahrt anzusehen. Zwar sprechen der Eingangsstempel auf der Berufungsbegründung und die Erklärung der zuständigen Mitarbeiterin der Geschäftsstelle des Oberververwaltungsgerichts, der Schriftsatz habe sich oberhalb der Klappe des Nachtbriefkastens befunden, dafür, dass die Berufungsbegründungsfrist erst nach Fristablauf eingegangen ist. Dem stehen jedoch die Erklärung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin und die eidesstattliche Versicherung der Rechtsanwältin K. entgegen, denen zufolge der Prozessbevollmächtigte den Schriftsatz am letzten Tag der Frist gegen 21.00 Uhr in den Briefkasten des Oberverwaltungsgerichts eingeworfen hat. Da ein technischer Defekt des Nachtbriefkastens nicht mit letzter Sicherheit ausgeschlossen werden kann, folgt das Oberverwaltungsgericht der eidesstattlichen Versicherung der Rechtsanwältin K.

B.

Über das Begehren der Klägerin kann nicht durch Teil- und Schlussurteil, sondern nur einheitlich entschieden werden (I.). Das hat hier in der Weise zu geschehen, dass das Oberverwaltungsgericht auch über den Teil der Klage entscheidet, der nicht Gegenstand des angefochtenen Teilurteils war (II.).

I.

Ein Teilurteil kann nach § 110 VwGO ergehen, wenn nur ein Teil des Streitgegenstandes zur Entscheidung reif ist. Voraussetzung dafür ist, dass der Streitgegenstand teilbar ist: Teilurteil und Schlussurteil müssen unabhängig voneinander ergehen können. Ein Teilurteil ist unzulässig, wenn beide Teile derart miteinander verknüpft sind, dass bei getrennter Beurteilung zu derselben Rechtsfrage der Rechtskraft fähige divergierende Entscheidungen nicht ausgeschlossen werden können (Clausing, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzcker, VwGO, Rn 8 zu § 110; Wolff, in: Sodan/Ziekow <Hg.>, VwGO, 2. Aufl. 2006, Rn 7 zu § 110). Das ist insbesondere dann der Fall, wenn beide Teile derart miteinander zusammenhängen, dass das Schlussurteil auch den durch das Teilurteil bereits entschiedenen Anspruch (BVerwG Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 124; OVG Nordrhein-Westfalen ZBR 1967, 367) oder umgekehrt eine Aufhebung des Teilurteils im Rechtsmittelverfahren den durch das Schlussurteil entschiedenen oder noch zu entscheidenden Anspruch berühren kann (Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl. 2007, Rn 3 zu § 110).

1.

Bei einer eventuellen Klagehäufung, wie sie hier hinsichtlich der Klage vom 13.12.2000 vorliegt, kann der Hauptantrag nur dann durch Teilurteil abgewiesen und der Hilfsantrag dem Schlussverfahren überlassen werden, wenn Haupt- und Hilfsantrag nicht der Sache nach auf das gleiche Ziel gerichtet sind (BVerwG Buchholz 310 § 110 VwGO Nr. 4; Clausing, a.a.O., Rn 5 zu § 110; Wolff, a.a.O., Rn 8 zu § 110; vgl. auch Eyermann-J.Schmidt, VwGO, 12. Aufl. 2006, Rn 2 zu § 110). Das ist nur dann nicht der Fall, wenn dem Hilfsantrag - seine Begründetheit unterstellt - auch noch entsprochen werden könnte, wenn der Hauptantrag rechtskräftig abgewiesen worden ist (Wolff, a.a.O., Rn 8 zu § 110). Kann der Hilfsantrag nach rechtskräftiger Abweisung des Hauptantrags ebenfalls nur noch abgewiesen werden, darf die Entscheidung über ihn nicht einer späteren Entscheidung vorbehalten bleiben (BVerwGE 98, 339 <342> = NVwZ 1996, 381 <382>) Die Verpflichtung zur Neubescheidung stellt - zumindest in Fällen wie dem hier zu entscheidenden - keinen abtrennbaren Teil des geltend gemachten Verpflichtungsantrags dar (Kuntze, in: Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/v.Albedyll, VwGO, 3. Aufl. 2005, Rn 5 zu § 110). Das Verwaltungsgericht hat den Hauptantrag aus der Klageschrift vom 12.12.2000 mit der Begründung abgelehnt, die Versagung der begehrten Erlaubnis sei rechtmäßig, weil die Ausübung der Heilkunde durch die Klägerin eine Gefahr für die Volksgesundheit darstellen würde. Wenn dies richtig ist, bleibt auch für eine hilfsweise Verpflichtung der Beklagten zur Neubescheidung des Antrags auf Erteilung der Erlaubnis kein Raum mehr. Über Haupt- und Hilfsantrag kann deshalb nicht getrennt, sondern nur einheitlich entschieden werden.

Gründe dafür, dass das Verwaltungsgericht gleichwohl den Verpflichtungsantrag durch Teilurteil abgewiesen und die Entscheidung über den Hilfsantrag einem Schlussurteil vorbehalten hat, sind nicht erkennbar. Der Senat hat erwogen, ob das angefochtene Urteil so ausgelegt werden kann, dass mit der Abweisung des Hauptantrags aus der Klageschrift vom12.12.2000 zugleich auch der Hilfsantrag abgewiesen werden solle. Diese Annahme verbietet sich jedoch nicht nur wegen des eindeutigen Tenors des Teilurteils, sondern auch angesichts der unmissverständlichen Aussagen in der Urteilsbegründung über die Entscheidungsreife des "Hauptantrags aus der Klageschrift vom 12.12.2000" und die fehlende Entscheidungsreife der "übrigen Anträge".

2.

Unabhängig davon kann auch über die zunächst erhobene Klage vom 12.12.2000 und die spätere Klage vom 05.08.2002, die das Verwaltungsgericht zu Recht miteinander verbunden hat, nicht getrennt entschieden werden. Auch diese Klagen sind nämlich derart miteinander verknüpft, dass über sie nur einheitlich entschieden werden kann. Das folgt zwar nicht schon daraus, dass ein Rechtsschutzbedürfnis für den Verpflichtungsantrag aus der zweiten Klage nur besteht, wenn die erste Klage abgewiesen wird; der ersten Klage darf aber nur stattgegeben werden, wenn der mit der zweiten Klage angefochtene Bescheid aufzuheben ist. Dies ergibt sich aus dem anzuwendenden materiellen Recht:

Nach § 2 Abs. 1 lit. i der 1. DVO-HeilprG i.d.F. der 2. DVO-HeilprG darf die Heilpraktikererlaubnis nicht erteilt werden, "wenn sich aus einer Überprüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten des Antragstellers durch das Gesundheitsamt ergibt, dass die Ausübung der Heilkunde durch den Betreffenden eine Gefahr für die Volksgesundheit bedeuten würde". Diese Überprüfung ist keine formalisierte Prüfung im herkömmlichen Sinne, die auf den Nachweis einer Fachqualifikation abzielt, sondern dient ausschließlich der Gefahrenabwehr; allein zur Aufklärung der Frage, ob eine Gefahr für die Volksgesundheit vorliegt, werden die Antragsteller auf eventuelle Kenntnismängel oder medizinische Fehlvorstellungen überprüft (BVerwGE 100, 221 <227f.>). Daraus folgt einerseits, dass die Überprüfung - anders als eine echte Prüfung - beliebig wiederholbar ist (BVerwGE 100, 221 <227>). Der Bewerber ist zuzulassen, wenn die letzte Überprüfung ergeben hat, dass Kenntnismängel oder Fehlvorstellungen nicht (mehr) bestehen und eine Gefahr für die Volksgesundheit nicht (mehr) gegeben ist. Bei mehreren Überprüfungen ist also allein auf das Ergebnis der letzten Überprüfung abzustellen. Das bedeutet andererseits aber auch, dass eine - bisher nicht erteilte - Erlaubnis nicht (mehr) erteilt werden darf, wenn die zuletzt durchgeführte Überprüfung Kenntnismängel und Fehlvorstellungen zu Tage gefördert hat, aus denen sich eine Gefahr für die Volksgesundheit ergibt. Dies gilt unabhängig davon, ob die Annahme einer solchen Gefahr auch schon zu einem früheren Zeitpunkt gerechtfertigt war oder nicht.

Für das Verfahren der Klägerin bedeutet dies: Aufgrund der Klage vom 12.12.2000 kann die Beklagte nur dann zur Erteilung einer Erlaubnis oder zur Neubescheidung verpflichtet werden, wenn sich zum maßgebenden Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz nicht aus einer Überprüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten ergibt, dass die Ausübung der Heilkunde durch sie eine Gefahr für die Volksgesundheit bedeuten würde. Selbst dann, wenn festgestellt werden könnte, dass die (erste) Überprüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten der Klägerin am 15.09. und 17.11.1999 keine Kenntnismängel und Fehlvorstellungen ergeben hat, wäre die Erlaubnis zu versagen, wenn solche Kenntnismängel und Fehlvorstellungen am 15.03.2000 festgestellt worden sind. Über die Klage vom 12.12.2000 kann deshalb nicht zu Gunsten der Klägerin entschieden werden, ohne dass zugleich auch der Bescheid der Beklagten vom 05.05.2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.07.2002, der Gegenstand der zweiten Klage vom 05.08.2002 ist, aufgehoben wird.

Über das Begehren der Klägerin kann daher nur einheitlich entschieden werden.

II.

Eine einheitliche Entscheidung kann nicht nur dadurch veranlasst werden, dass das Oberverwaltungsgericht das ergangene Teilurteil, gegen das Berufung eingelegt worden ist, aufhebt und das Verfahren entsprechend § 130 Abs. 2 VwGO an das Verwaltungsgericht zurückverweist. Sie kann auch dadurch herbeigeführt werden, dass das Oberverwaltungsgericht den vom Verwaltungsgericht noch nicht entschiedenen Teil an sich zieht. Grundsätzlich ist eine solche Vorgehensweise zwar ausgeschlossen, weil die Grenzen der Entscheidungsbefugnis des Berufungsgerichts durch das Urteil des erstinstanzlichen Gerichts festgelegt sind (§ 128 VwGO). An diesem Grundsatz ist nach einer in der Literatur vertretenen Auffassung auch dann festzuhalten, wenn das Verwaltungsgericht ein unzulässiges Teilurteil erlassen hat (Hamann DVBl 1991, 129 <131>; Kopp/Schenke, a.a.O., Rn 7 zu § 110; Redeker/v. Oertzen, VwGO, 14. Aufl. 2004, Rn 4 zu § 110). Gründe der Prozessökonomie sprechen jedoch dafür, bei einem zu Unrecht ergangenen Teilurteil dem Oberverwaltungsgericht ausnahmsweise die Möglichkeit einzuräumen, den noch beim Verwaltungsgericht anhängigen Streitrest an sich zu ziehen (OVG Nordrhein-Westfalen ZBR 1967, 367 <368>; Clausing, a.a.O., Rn 12 zu § 110; ebenso für ein Teilurteil nach § 301 ZPO: BGH NJW 1960, 339 <340>; NJW 1983, 1311 <1313>; NJW 1984, 120; NJW 1987, 441 <442>;NJW 1992, 511 <512>). Solche Gründe ergeben sich hier nicht nur aus dem Interesse beider Beteiligter an einer raschen Streitentscheidung, sondern insbesondere auch aus der berechtigten Erwartung der Klägerin, alsbald in den Genuss der begehrten Erlaubnis zu gelangen und die gewünschte Berufstätigkeit aufzunehmen, falls sie die Voraussetzungen dafür erfüllt.

Das Oberverwaltungsgericht hat daher über den gesamten Streitstoff zu entscheiden, den die Klägerin gerichtlicher Überprüfung zugeführt hat.

C.

Berufung und Klage sind unbegründet. Der Klägerin darf nach § 2 Abs. 1 lit. i der 1. DVO-HeilprG keine Heilpraktikererlaubnis erteilt werden. Aus der letzten Überprüfung ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten durch das Gesundheitsamt ergibt sich, dass die Ausübung der Heilkunde durch sie eine Gefahr für die Volksgesundheit bedeuten würde.

I.

Gegen das Erfordernis der Überprüfung und gegen deren Ausgestaltung bestehen keine grundsätzlichen rechtlichen Bedenken.

1.

Die Überprüfung ist eine subjektive Berufszulassungsschranke, die als präventive Kontrollmaßnahme zum Schutz der Volksgesundheit, eines besonders wichtigen Gemeinschaftsguts, gerechtfertigt ist (vgl. BVerfGE 78, 179 <194>; zuletzt NJW 2004, 2890). Die Regelung der Überprüfung im Einzelnen bedarf keines Rechtssatzes, sondern kann durch Verwaltungsvorschrift (hier: Erlass des Senators für Gesundheit, Jugend und Soziales zur Regelung des Verfahrens zur Erteilung der Heilpraktikererlaubnis und zur Durchführung der Überprüfung von Heilpraktikeranwärtern vom 25. Mai 1994, Brem. ABl. S. 207, zuletzt geändert durch Erlass vom 10. April 2002, Brem. ABl. S. 377; inzwischen Erlass des Senators für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales zur Regelung des Verfahrens zur Erteilung der Heilpraktikererlaubnis und zur Durchführung der Überprüfung von Heilpraktikeranwärtern vom 10. Mai 2007, Brem. ABl. S. 559) erfolgen. Sie betrifft keine statusbildende Normen zum Nachweis einer bestimmten Fachqualifikation; es geht vielmehr allein darum zu ermitteln, ob die Kenntnisse eines Bewerbers derartig mangelhaft oder mit Fehlvorstellungen behaftet sind, dass die Ausübung der Heilkunde durch ihn eine Gefahr für seine künftigen Patienten bedeuten würde. Auch die Durchführung der Überprüfung im multiple-choice-Verfahren bedarf deshalb - anders als eine entsprechende Ausgestaltung eines medizinischen Staatsexamens (vgl. BVerfGE 80, 1 <22f.>) - keines Rechtssatzes (vgl. ausführlich VGH Baden-Württemberg, ESVGH 56, 96 <98f.>; OVG Nordrhein-Westfalen, DVBl 2008, 124 <125f.>). Anders als dort ist auch die absolute Bestehensregelung in Form eines qualifizierten Quorums von 75% richtiger Antworten unbedenklich. Es geht nicht um die Ermittlung eines bestimmten Leistungsstandes angesichts in ihrem Schwierigkeitsgrad divergierender Prüfungsaufgaben, sondern allein um die Aufdeckung gefährlicher Unkenntnisse und Fehlvorstellungen zur Abwehr einer daraus resultierenden Gefahr durch auf diesen Zweck bezogene Fragen (vgl. VGH Baden-Württemberg, ESVGH 56, 96 <99>; OVG Nordrhein-Westfalen, DVBl 2008, 124 <127>).

2.

Dementsprechend war nach Ziff. 4.2 des Erlasses vom 25. Mai 1994 (ebenso der Erlass vom 10. Mai 2007) festzustellen,

"ob der Stand der Kenntnisse und Fähigkeiten des Antragstellers keine Anhaltspunkte dafür bietet, dass eine heilkundliche Tätigkeit durch ihn zu Schäden an der menschlichen Gesundheit führen könnte. In diesem Rahmen muss sie allerdings die wesentlichen Gegenstände umfassen, die für eine solche Feststellung relevant sind. Dies bedingt, dass ... auch solche fachlichen Grundlagenkenntnisse der Medizin zu überprüfen sind, ohne deren Beherrschung heilkundliche Tätigkeiten leicht mit Gefahren für die menschliche Gesundheit verbunden sein können."

Der schriftliche Teil der Überprüfung sollte sich deshalb gemäß Ziff. 5.2 des Erlasses u.a. auf den "Ausschluss von Gefahren in folgenden Sachgebieten" erstrecken:

1. ...

2. Grenzen und Gefahren diagnostischer und therapeutischer Methoden des Heilpraktikers,

3. Grundkenntnisse der Anatomie, pathologischen Anatomie, Physiologie und Pathophysiologie,

4. Grundkenntnisse in der allgemeinen Krankheitslehre, Erkennung und Unterscheidung von Volkskrankheiten, insbesondere der Stoffwechselkrankheiten, der Herz-Kreislaufkrankheiten, der degenerativen Erkrankungen, der übertragbaren Krankheiten, der bösartigen Neubildungen sowie ernster seelischer Erkrankungen,

5. Erkennung und Erstversorgung akuter Notfälle und lebensbedrohender Zustände,

6. Praxishygiene, Desinfektion und Sterilisation und

7. Deutung grundlegender Laborwerte."

Diese Konkretisierung ist nicht zu beanstanden. Es ist ohne weiteres ersichtlich, dass das Vorhandensein der geforderten Kenntnisse und Fähigkeiten erforderlich ist, damit der Heilpraktiker seine Tätigkeit ordnungsgemäß und ohne Gefährdung der Patienten ausüben kann, die sich ihm anvertrauen.

Keinen Bedenken begegnet auch, dass Bewerber, denen es nicht gelingt, im schriftlichen Teil der Überprüfung mindestens 75% der Fragen richtig zu beantworten, nicht mehr zum mündlichen Teil der Überprüfung zugelassen werden (Ziff. 5.5 und 5.6 des Erlasses). Eine Fehlerquote von mehr als 25% bei der Überprüfung der beschriebenen Kenntnisse und Fähigkeiten lässt den Schluss auf Mängel in der Beherrschung heilkundlicher Tätigkeiten zu, die zu Gefahren für die Gesundheit der Patienten führen können. Diese Mängel können durch eine erfolgreiche Teilnahme an der mündlichen Überprüfung nicht hinreichend kompensiert werden.

Nicht zu beanstanden ist schließlich auch, dass eine Antwort als nicht richtig gewertet wird, wenn mehrere der vorgegebenen Aussagen zutreffend sind, der Bewerber aber nur für einen Teil dieser Aussagen für zutreffend hält. Entscheidet sich der Bewerber für eine unvollständige Aussagekombination, ist mindestens eine zutreffende Aussage zu Unrecht als unzutreffend angesehen worden. Damit ist die Frage insgesamt nicht richtig beantwortet worden. Eine Notwendigkeit, in einem solchen Fall Teilpunkte zu vergeben, besteht deshalb nicht (vgl. ebenso OVG Nordrhein-Westfalen, DVBl 2008, 124 <128>).

II.

Die Überprüfung vom 15.03.2000 genügte - trotz einiger Mängel - den dargestellten Anforderungen.

1.

Die gestellten Fragen waren nicht schon deshalb ungeeignet, weil 13 von 14 Bewerbern das erforderliche Quorum nicht erreichten. Selbst im Prüfungsrecht ist anerkannt, dass eine hohe Durchfallquote allein noch nicht die Feststellung trägt, es seien falsche oder zu hohe Anforderungen gestellt worden, sondern allenfalls ein Indiz dafür sein kann (vgl. Zimmerling/Brehm, Prüfungsrecht, 3. Aufl. 2007, Rn 900, 905 m.w.Nwn.). Anlass zu einer kritischen Würdigung von Prüfungsanforderungen kann bestehen, wenn ein hoher Prozentsatz von Prüflingen die Prüfung nicht bestanden hat, obwohl er - bis zu diesem Zeitpunkt erfolgreich - eine Ausbildung absolviert hat, die in gleicher Weise wie die Prüfung auf ein bestimmtes Qualifikationsziel hin orientiert und dementsprechend ausgestaltet ist. Eine solche vorhergehende einheitliche Ausbildung mit vorgeschriebenen Inhalten fehlt hier aber. Zur Teilnahme an dem in Rede stehenden Überprüfungsverfahren reichte der Nachweis eines Volksschulabschlusses aus (Ziff. 3.1 Satz 2 des Erlasses vom 24.06.1994; vgl. nunmehr Ziff. 3.1 des Erlasses vom 10.05.2007: Hauptschulabschluss).

2.

Zwar sind einige der gestellten 60 Fragen zur Überprüfung der erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten nicht geeignet. Sie müssen bei der Bewertung außer Betracht bleiben. Das Ergebnis der Überprüfung wird dadurch aber nicht in Frage gestellt.

Die Fragen Nr. 14 und Nr. 49 hat die Beklagte bereits von sich aus der Bewertung herausgenommen.

Frage Nr. 38 geht über die Überprüfung bloßer Grundkenntnisse hinaus. Wie der Sachverständige Prof. Dr. M. in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar ausgeführt hat, betrifft die Frage Spezialkenntnisse aus dem Gebiet der Echokardiologie, über die auch ein Arzt im Regelfall nicht verfügt und die die Hinzuziehung eines Spezialisten geboten erscheinen lassen. Auch der Amtsarzt der Beklagten, der sich zur Beantwortung der Frage in der Lage sah, hat eingeräumt, dass ihm dabei eine besondere Befassung mit dem Gebiet der Kardiologie zugute kam. Der Senat folgt deshalb der Auffassung der Klägerin und hält die Frage für unzulässig.

Gegen die übrigen Fragen bestehen demgegenüber keine durchgreifenden Bedenken. Das gilt auch für die beiden Verknüpfungsfragen (Nr. 33 und 57). Zwar geht es bei der Beantwortung dieser Fragen, wie auch die Beklagte nicht in Abrede stellt, weniger um medizinische Kenntnisse als um logisches Denken. Auch die logische Verknüpfung zweier medizinischer Aussagen ist aber geeignet, über das - auf Grundfragen beschränkte - medizinische Verständnis des Bewerbers Aufschluss zu geben.

Die Tatsache, dass insgesamt drei von 60 Fragen ungeeignet sind, führt nur dazu, dass diese drei Fragen unberücksichtigt bleiben müssen. Weitergehenden Einfluss auf die Überprüfung im Übrigen hat sie nicht. Der Auffassung der Klägerin, die drei unklaren Fragen seien geeignet gewesen, die Bewerber zu verwirren, und das habe sich auf die angemessene Beschäftigung mit den übrigen Fragen innerhalb der vorgegebenen Zeit ausgewirkt, kann nicht gefolgt werden. Es ist Sache des Bewerbers, die zur Verfügung stehende Zeit so einzuteilen, dass er sich jeder Frage ausreichend widmen kann. Hat er bei einzelnen Fragen Schwierigkeiten, sie innerhalb angemessener Zeit zu beantworten, muss er sie zurückstellen und sich zunächst den anderen Fragen widmen. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Anteil der Fragen, die solche Schwierigkeiten verursachen können, das hier in Rede stehende Ausmaß nicht übersteigt. Im konkreten Fall der Klägerin ist im Übrigen nichts dafür ersichtlich, dass sie sich durch überlange Beschäftigung mit den drei ungeeigneten Fragen von der angemessenen Bearbeitung der übrigen Fragen hätte abhalten lassen. Sie hat vielmehr alle Fragen beantwortet.

Die Nichtbewertung von drei Fragen führt dazu, dass 43 von 57 Fragen richtig zu beantworten waren.

III.

Dieses Quorum hat die Klägerin nicht erreicht. Die Beklagte hat 33 Fragen als richtig beantwortet angesehen. Eine Überprüfung der negativen Bewertung der übrigen 24 Antworten ergibt, dass zwei Antworten zu Unrecht als falsch bewertet worden sind. Sie führt aber nicht dazu, dass 75% der Antworten als richtig anerkannt werden könnten.

1.

Der besondere Charakter der Überprüfung als Maßnahme der Gefahrenabwehr hat zur Folge, dass die Bewertung der Antworten als richtig oder falsch uneingeschränkter gerichtlicher Nachprüfung unterliegt. Ein Beurteilungsspielraum der Behörde besteht - anders als im Prüfungsrecht - nicht (BVerwGE 100, 221 <225>). Zum Zwecke der uneingeschränkten gerichtlichen Überprüfung hat sich das Gericht sachverständiger Hilfe bedient und ein Gutachten des früheren Chefarztes Prof. Dr. M. eingeholt, das in der mündlichen Verhandlung näher erläutert worden ist.

2.

Das Gutachten und seine Erläuterung haben ergeben, dass der überwiegende Teil der Bewertung der als falsch eingestuften Antworten offensichtlich zu Recht erfolgt ist. Auch die Klägerin hat insoweit in der mündlichen Verhandlung keine substantiierten Bedenken mehr geäußert. Der Senat kann sich deshalb im Folgenden auf eine Würdigung derjenigen Bewertungen beschränken, die auch nach der Erläuterung des Gutachtens in der mündlichen Verhandlung noch kontrovers waren.

3.

Bei zwei Fragen kann die Bewertung der gegebenen Antwort nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht aufrechterhalten werden:

Frage 15 ist richtig beantwortet, da nach den Darlegungen des Sachverständigen auch der gleich bleibende Abstand von Hornhaut, Linse und Netzhaut für die Konstanz der Sehfunktion entscheidend ist. Den Darlegungen des Sachverständigen, der sich zur näheren Abklärung seiner Aussage mit einem Fachkollegen aus dem Gebiet der Augenheilkunde ins Benehmen gesetzt hat, ist die Beklagte in der mündlichen Verhandlung nicht entgegen getreten. Der Senat folgt den Ausführungen des Sachverständigen.

Auch Frage 16 ist richtig beantwortet. Die Aussage, dass Kreuzschmerzen und andere Gelenkbeschwerden als Komplikationen der Schuppenflechte auftreten können, ist zwar unstreitig richtig. Es handelt sich aber, wie der Sachverständige nachvollziehbar dargelegt hat, nicht um eine "Aussage zur Bechterewschen Erkrankung", auf die sich die Frage bezog. In dem konkreten Zusammenhang ist die Antwort der Klägerin, die Aussage sei nicht richtig, zutreffend. An dieser eingeschränkten Fragestellung muss sich die Beklagte festhalten lassen. Dem kann nicht, wie die Beklagte meint, entgegengehalten werden, die Fragestellung habe einen differentialdiagnostischen Ansatz verfolgt. Es wäre Sache der Beklagten gewesen, dies durch eine hinreichend präzise Formulierung der Fragestellung zum Ausdruck zu bringen.

4.

Die übrigen Antworten, deren Bewertung die Klägerin auch noch nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kritisiert, sind zu Recht als falsch bewertet worden.

In ihrer Antwort zu Frage 26 hat die Klägerin zu Unrecht erklärt, bei Windpocken könnten der behaarte Kopf und die Mundschleimhäute nicht betroffen werden. Zwar hat sich der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung dieser Auffassung angeschlossen. Er hat das aber auf Befragen und auf Vorhalt seiner anders lautenden schriftlichen Stellungnahme nicht näher erläutern können und erklärt, er müsse dieser Frage noch einmal nachgehen. Der Senat folgt der im schriftlichen Gutachten vertretenen Auffassung. Sie stimmt mit der Darstellung im Klinischen Wörterbuch von Pschyrembel - dem Senat stand die 258. Auflage aus dem Jahre 1998 zur Verfügung - überein. Danach treten die Hautveränderungen bei einer solchen Krankheit im Gesicht, an Kopfhaut und Stamm auf; die Schleimhäute sind regelmäßig beteiligt (S. 1642, Stichwort: Varizellen).

Zu Frage 36 ist der Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten der Auffassung der Beklagten gefolgt, die unter Alternative A dargestellte Aussage, Menschen mit dunkler Hautfarbe besäßen mehr Melanozyten als Menschen mit heller Hautfarbe, sei nicht richtig und deshalb - entsprechend der negativ formulierten Fragestellung - anzukreuzen gewesen. Auch das stimmt mit den Ausführungen in dem Klinischen Wörterbuch von Pschyrembel (a.a.O., S. 1004, Stichwort: Melanozyten) überein. Von dieser Auffassung ist der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung zwar abgerückt. Ob seine nunmehr vertretene Auffassung, alle vorgegebenen Aussagen seien richtig, so dass - entsprechend der negativ formulierten Fragestellung - keine Alternative hätte angekreuzt werden dürfen, den Vorzug vor der schriftlichen Stellungnahme verdient, bedarf hier keiner Entscheidung. Auch wenn nämlich dieser Auffassung gefolgt werden könnte, bliebe es dabei, dass die von der Klägerin angekreuzte Antwort C falsch wäre. Die Antwort der Klägerin, die Aussage, Melanozyten gäben das von ihnen produzierte Pigment in Melanosomen (Pigmentbläschen) an die umgebenden Hautzellen ab, sei nicht richtig, ist in jeden Falle unzutreffend (vgl. auch Pschyrembel, a.a.O.).

Welche der angebotenen Antwortmöglichkeiten zu Frage 50 richtig sind, wird zwar von dem Sachverständigen anders beurteilt als von der Beklagten in der angegriffenen Bewertung; zum Teil hat sich die Beklagte in der mündlichen Verhandlung der Auffassung des Sachverständigen angeschlossen. Das ist jedoch nicht erheblich und bedarf deshalb keiner Vertiefung, denn die von der Klägerin u.a. für richtig gehaltene Aussage 1 (Bandscheibenvorfall mit Wurzeltod) ist in jedem Fall falsch. Diese Antwortmöglichkeit scheidet, wie der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar erläutert hat, "sicher" aus, weil sich der Patient bei einer solchen Diagnose überhaupt nicht mehr rühren, die in der Aufgabenstellung beschriebene Symptomatik mithin nicht mehr auftreten kann. Die Darlegen des Sachverständigen, denen die Klägerin insoweit nicht substantiiert entgegengetreten ist, überzeugen.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme müssen daher 35 von 57 Antworten als richtig und 22 als falsch bewertet werden. Damit hat die Klägerin das erforderliche Quorum von 75% verfehlt.

Hat die letzte Überprüfung ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten ergeben, dass die Ausübung der Heilkunde durch sie eine Gefahr für die Volksgesundheit bedeuten würde, kann die beantragte Erlaubnis nicht erteilt werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.

Beschluss

Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 10.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 1 GKG 1975 i.V.m. § 72 Nr. 1 GKG 2004. Zur näheren Begründung wird auf den Beschluss des Senats über die Beschwerde der Klägerin gegen die Streitwertfestsetzung für die erste Instanz vom 05.06.2003 Bezug genommen.

Ende der Entscheidung

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