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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Bremen
Beschluss verkündet am 19.07.2004
Aktenzeichen: 1 A 69/04
Rechtsgebiete: BauGB, StBO


Vorschriften:

BauGB § 233 Abs. 1
BauGB § 173 Abs. 3
StBO § 8 Abs. 1
StBO § 9 Abs. 1
StBO § 25 Nr. 3
Die nach der Staffelbauordnung für die offene Bauweise vorgesehenen Baubeschränkungen im Bauwich gelten als übergeleitete bauplanungsrechtliche Festsetzungen fort (Bestätigung der Rspr. des OVG, vgl. Urteil vom 25.05.1976 - II BA 58/75).
Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen Beschluss

OVG: 1 A 69/04

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen - 1. Senat - durch die Richter Alexy, Göbel und Dr. Grundmann am 19.07.2004 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Bremen - 1. Kammer - vom 26.11.2003 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren ebenfalls auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung sind nicht erfüllt.

1. Entgegen der Ansicht des Klägers bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils.

Ernstliche Zweifel i. S. von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhalten wird. Ein darauf gestützter Antrag muss sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzen und darlegen, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese ernstlichen Zweifeln begegnen und warum diese Zweifel eine andere Entscheidung wahrscheinlich machen. Dazu reicht es, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (vgl. BVerfG, B. v. 23.06.2000 - 1 BvR 830/00 - NordÖR 2000, S. 453).

Die Richtigkeit des Urteils vom 26.11.2003 begegnet nach diesem Maßstab keinen ernstlichen Zweifeln. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass der Bebauungsplan Nr. 178 vom 13.05.1959 für das Grundstück des Klägers in einer Breite von mindestens drei Metern eine Bebauung des Bauwichs grundsätzlich verbietet. Die Bedenken, die der Kläger gegen die Fortgeltung der entsprechenden Festsetzung erhebt, greifen nicht durch.

Beim Bebauungsplan Nr. 178 handelt es sich um einen vor Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes erlassenen, übergeleiteten Bebauungsplan. Übergeleitete Bebauungspläne gelten gemäß § 233 Abs. 1 BauGB, der auf § 173 Abs. 3 BBauG 1960 Bezug nimmt, fort, "soweit sie verbindliche Regelungen der in § 9 BBauG bezeichneten Art enthalten".

Dass durch den Bebauungsplan Nr. 178 festgesetzte grundsätzliche Verbot der Bauwichbebauung (§ 25 Nr. 3 i. V. m. §8 Abs. 1 und § 9 Abs. 1 StBO) ist eine verbindliche Regelung i. S. des § 9 BBauG 1960, nämlich eine solche über überbaubare und nicht überbaubare Grundstücksflächen, und damit Gegenstand des Bebauungsplans. Das hat das Oberverwaltungsgericht bereits mit Urteil vom 25.05.1976 - II BA 58/75 - zu der gleichlautenden Festsetzung eines ebenfalls übergeleiteten Bebauungsplans entschieden. Auf diese Rechtsprechung hat das Verwaltungsgericht sich bezogen. Der Zulassungsantrag zeigt Gründe, die ein Abweichen von dieser Rechtsprechung rechtfertigen könnten, nicht auf.

Der Kläger berücksichtigt nicht ausreichend, dass Regelungen über die Bebauung des Bauwichs (jetzt: der Abstandsflächen) nicht allein dem Bauordnungsrecht vorbehalten sind. Ein Bebauungsplan kann ebenfalls Festsetzungen über die Bauwichbebauung treffen und - wie hier - etwa im Bereich der offenen Bauweise aus städtebaulichen Gründen die Bebauung des Bauwichs beschränken. Zum Verhältnis von Bauplanungsrecht und Bauordnungsrecht in der Frage der Grenzbebauung und zum Vorrang spezieller bauplanungsrechtlicher Festsetzungen hat das Oberverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 24.01.1992 (1 B 1/91 - NVwZ 1993, S. 592) Stellung genommen, die das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Urteil ebenfalls verwertet hat.

Soweit der Kläger unter Berufung auf die Entstehungsgeschichte der Staffelbauordnung geltend macht, die dort vorgesehenen Bauwichbestimmungen trügen maßgeblich ordnungsrechtlichen Charakter, kann das nicht überzeugen. Zwar enthält die Staffelbauordnung durchaus Bestimmungen, die ordnungsrechtlicher Natur sind (vgl. etwa zu § 11 Abs. 2 StBO: OVG Bremen, B. v. 28.10.2002 - 1 B 339/02), nach ihrer Zielsetzung (§ 1 Abs. 1 und 3) ist sie inhaltlich aber eher dem Bauplanungsrecht zuzurechnen (OVG Bremen, U. v. 25.05.1976 - II BA 58/75). Bei der Festlegung der Zahl der Geschosse (§§ 23 ff.) und der Einreihung der Gewerbeklassen (§§ 33 ff.) etwa ist dies offenkundig. Nichts anderes gilt für die Bestimmungen über den Bauwich, die im Zusammenhang mit der Festsetzung einer offenen Bauweise stehen und diese sichern sollen. Rechtlicher Anknüpfungspunkt für die Baubeschränkung ist jeweils die Festsetzung einer bestimmten Baustaffel (hier Baustaffel 2 a: § 25 Nr. 3 StBO). Der Ansicht des Klägers, die Regelungstechnik der Staffelbauordnung weise auf den ordnungsrechtlichen Charakter der Bauwichbestimmungen hin, kann nicht gefolgt werden.

2. Die Berufung kann auch nicht wegen besonderer rechtlicher Schwierigkeiten nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zugelassen werden.

Solche Schwierigkeiten liegen vor, wenn die angesprochenen Sach- oder Rechtsfragen so komplex sind, dass sich eine Prognose über den wahrscheinlichen Ausgang des Berufungsverfahrens im Zulassungsverfahren nicht treffen lässt.

Das kann hier nicht angenommen werden. Die Frage, ob die Bauwichbestimmungen des Bebauungsplans Nr. 178 fortgelten, lässt sich ohne weiteres im Zulassungsverfahren beantworten.

3. Schließlich hat der Kläger auch nicht dargelegt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Sache dann, wenn er mit ihr eine bisher höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht beantwortete Rechtsfrage oder eine im Bereich der Tatsachenfeststellungen bisher obergerichtlich nicht geklärte Frage von allgemeiner Bedeutung aufgeworfen wird, die sich in dem erstrebten Rechtsmittelverfahren stellen würde und die im Interesse der Fortentwicklung des Rechts einer Klärung durch das Rechtsmittelgericht bedarf. Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung setzt die Formulierung der noch ungeklärten und für die Berufungsentscheidung erheblichen Frage und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll.

Daran fehlt es hier. Die Frage der Fortgeltung der Bauwichbestimmungen der Staffelbauordnung ist in der Rechtsprechung des OVG geklärt. Der Zulassungsantrag legt nicht dar, aus welchen Gründen eine Überprüfung dieser Rechtsprechung in einem Berufungsverfahren angezeigt sein könnte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 1 GKG.

Ende der Entscheidung

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