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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Bremen
Beschluss verkündet am 24.06.2009
Aktenzeichen: 1 B 193/09
Rechtsgebiete: AufenthVO


Vorschriften:

AufenthVO § 14 Abs. 1
Zur Erteilung eines Notreiseausweises an einem im Bundesgebiet aufgewachsenen, seit seiner Geburt geduldeten Ausländers, um ihm die Teilnahme an einer pädagogisch veranlassten Gruppenreise zu ermöglichen.
Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen Beschluss

OVG: 1 B 193/09

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen - 1. Senat - durch die Richter Prof. Alexy, Dr. Grundmann und Dr. Bauer am 24.06.2009 beschlossen:

Tenor:

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Bremen - 4. Kammer - vom 22.06.2009 wird mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung aufgehoben.

Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, dem Antragsteller einen Notreiseausweis für die Zeit vom 25.06.2009 bis zum 13.07.2009 zu erteilen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren ebenfalls auf 2500,00 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde ist erfolgreich. Der Antragsteller hat Anordnungsanspruch und -grund glaubhaft gemacht (vgl. § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m § 920 Abs. 2 ZPO).

§ 13 Abs. 1 Nr. 2 AufenthVO sieht vor, dass einem Ausländer zur Vermeidung einer unbilligen Härte oder bei Vorliegen eines besonderen öffentlichen Interesses ein Notreiseausweis ausgestellt werden kann, wenn der Ausländer seine Identität glaubhaft gemacht hat und er zum Aufenthalt im oder zur Rückkehr in das Bundesgebiet berechtigt ist.

Im vorliegenden Fall besteht ein besonders öffentliches Interesse daran, dass der am 23.02.1991 in Bremen geborene Antragsteller an der von der Wohngruppe M. vom 26.06. bis 11.07.2009 durchgeführten Reise nach Spanien teilnimmt. Beim Antragsteller besteht ersichtlich ein erheblicher pädagogischer Förderbedarf; deshalb ist er auf Veranlassung der Jugendgerichtshilfe in die genannte Wohngruppe aufgenommen worden. Die Gruppenfahrt nach Spanien gehört zum festen Bestandteil der pädagogischen Arbeit der Gruppe. Der Träger der Einrichtung hat die Teilnahme des Antragstellers im Hinblick auf dessen Entwicklung in und mit der Gruppe als unverzichtbar bezeichnet (Stellungnahme vom 18.06.2009).

Dass der Antragsteller lediglich in Besitz einer Duldung ist, steht in seinem Fall der Anwendung von § 13 Abs. 1 Nr. 2 AufenthVO nicht entgegen. Die Vorschrift ist auf einen Fall wie den des Antragstellers entsprechend anzuwenden. Der Antragsteller ist anscheinend seit seiner Geburt lediglich in Besitz von Duldungen. Worauf dieser langjährige lediglich geduldete Aufenthalt beruht, lässt sich im Rahmen dieses Eilverfahrens nicht übersehen. Dass es sich hierbei um einen kaum den Intentionen des Aufenthaltsgesetzes entsprechenden Zustand handelt, lässt sich indes schwerlich bestreiten. Ob und wann es gegebenenfalls zu einer Aufenthaltsbeendigung kommen wird, ist nach derzeitigem Sachstand nicht absehbar.

Es widerspräche dem Verordnungszweck, einen Fall wie den vorliegenden von der Anwendung der Vorschrift auszunehmen. § 13 Abs. 1 Nr. 3 AufenthVO soll einem Ausländer, der nicht im Besitz eines Reiseausweises ist, eine Ausreise und erneute Einreise ermöglichen, wenn hierfür ein besonderes öffentliches Interesse besteht. Ein solches Interesse besteht hier, wie dargelegt, darin, dass allein auf diese Weise dem Antragsteller die Teilnahme an einer Gruppenreise ermöglicht wird, die für den Erfolg seiner pädagogischen Förderung von wesentlicher Bedeutung ist. Aus diesem Grund ist im Hinblick auf die besonderen Umstände des Falles eine entsprechende Anwendung der Vorschrift geboten.

Der Erlass einer einstweiligen Anordnung ist mithin zur Abwehr wesentlicher Nachteile erforderlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; die Streitwertfestsetzung auf § 53 Abs. 3, 52 Abs. 1 GKG.

Ende der Entscheidung

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