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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Bremen
Beschluss verkündet am 06.09.2007
Aktenzeichen: 1 B 211/07
Rechtsgebiete: BremHG


Vorschriften:

BremHG § 83 Abs. 2
Bei der Bestellung des Rektors der Hochschule nach § 83 Abs. 2 BremHG wirken die Hochschule und der Senator für Bildung und Wissenschaft zusammen. Die Wahl durch den Akademischen Senat führt nicht für sich zur Verpflichtung des Staates, den ausgewählten Bewerber zu bestellen.

Der Akademische Senat ist befugt, vor der Bestellung die Wahl eines Bewerbers aufzuheben, wenn nachträglich Tatsachen bekannt werden, die Zweifel an der getroffenen Entscheidung begründen.


Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen Beschluss

OVG: 1 B 211/07

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen - 1. Senat - durch die Richter Stauch, Göbel und Alexy am 06.09.2007 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Bremen vom 16.5.2007 - 6 V 1005/07 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren ebenfalls auf 15.351,73 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt, der Antragsgegnerin im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bis zur Entscheidung in der Hauptsache zu untersagen, die Stelle eines Rektors/einer Rektorin an der Hochschule Bremen neu auszuschreiben und erneut ein Bewerbungsverfahren durchzuführen. Der Antragsteller war vom Akademischen Senat der Antragsgegnerin am 13.2.2007 gewählt worden (§ 83 Abs. 2 Satz 1 BremHG). Vor der Bestellung durch den Senat wurde durch anonyme Veröffentlichung auf der web-Seite der Antragsgegnerin bekannt, dass der Antragsteller wegen Rechtsbeugung im Rahmen seiner früheren richterlichen Tätigkeit zu einer Freiheitsstrafe von 2 1/2 Jahren verurteilt worden war. Der Akademische Senat der Antragsgegnerin, dem diese Tatsache zuvor nicht bekannt war, hat daraufhin durch Beschluss die vorherige Wahl aufgehoben und den Senator für Bildung und Wissenschaft gebeten, den Antragsteller nicht zu bestellen. Die Antragsgegnerin hält sich an das Ergebnis der früheren Wahl nach § 83 Abs. 2 Satz 1 BremHG nicht gebunden. Sie möchte die Stelle erneut ausschreiben und das Besetzungsverfahren neu durchführen. Dagegen wendet sich der Antragsteller im Eilverfahren.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

1.

Es kann dahinstehen, ob der Antragsteller darauf verwiesen werden könnte, die erneute Ausschreibung und ein neues Besetzungsverfahren abzuwarten und Rechtsschutz erst gegen die anschließende Wahl und Bestellung eines anderen Bewerbers/einer anderen Bewerberin zu beantragen. Dafür spricht, dass jedenfalls für die Stellenbesetzung durch das vorbereitende Verfahren noch keine vollendeten Tatsachen geschaffen werden. In einem späteren Verfahren würden sich aber die gleichen Fragen stellen, wie im vorliegenden. Der Grundsatz der Effektivität des Rechtsschutzes spricht dafür, bereits jetzt zur Sache zu entscheiden. Der Beschwerde des Antragstellers ist schon deshalb der Erfolg zu versagen, weil ihm für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung kein Anordnungsanspruch zur Seite steht (§ 123 VwGO).

2.

Dem Antragsteller steht kein Rechtsanspruch darauf zu, jetzt noch vom Senator für Bildung und Wissenschaft oder vom Senat der Freien Hansestadt Bremen zum Rektor der Hochschule Bremen ernannt zu werden. Deshalb kann er auch nicht beanspruchen, dass eine erneute Ausschreibung und Besetzung der Stelle durch die Antragsgegnerin einstweilen unterlassen wird.

a)

Voraussetzung einer Bestellung durch den Senator für Bildung und Wissenschaft (oder in der bis zum 5.3.2007 geltenden Fassung des § 83 Abs. 2 BremHG: den Senat) ist in beiden Fassungen der gesetzlichen Regelung, dass ein Kandidat für das Amt des Rektors durch den Akademischen Senat der Hochschule Bremen in geheimer Abstimmung mit der Mehrheit der Stimmen gewählt ist. Diese Voraussetzung liegt beim Antragsteller nicht mehr vor. Denn der Akademische Senat der Hochschule hat noch vor einer Entscheidung über die Bestellung die vorherige Wahl des Antragstellers aufgehoben.

Der Akademische Senat der Antragsgegnerin ist nicht an die frühere Wahl des Antragstellers am 13.2.2007 gebunden. Werden bis zur Entscheidung über die Bestellung Tatsachen bekannt, die geeignet sind, einem Kandidaten das Vertrauen des Akademischen Senats, das in der Wahl seinen Ausdruck gefunden hat, wieder zu entziehen, so ist der Akademische Senat der Hochschule nicht gehindert, die Wahl wieder aufzuheben und damit der in Aussicht genommenen Bestellung die Grundlage zu entziehen. § 83 Abs. 2 BremHG schreibt für die Bestellung des Rektors der Hochschule Bremen ein zweistufiges Verwaltungsverfahren vor. Hochschule und Staat wirken dabei zusammen (siehe dazu früher: § 60 Nr. 4, 62 Abs. 3 HRG; Lüthje, in: Denninger, HRG, Rn. 40 zu § 62). Die Wahl durch den Akademischen Senat gewährleistet, dass der vorgeschlagene Kandidat das Vertrauen der Hochschule hat. Der Senator für Bildung und Wissenschaft (früher der Senat) darf keinen Bewerber für das Amt bestellen, der nicht zuvor - wie vorgeschrieben - gewählt wurde. Im Anschluss an die Wahl durch den Akademischen Senat hat der Senator für Bildung und Wissenschaft über die Bestellung zu entscheiden. Die Bestellung ist - entgegen der Auffassung der Beschwerde - nicht eine bloße Ausfertigung der Ernennungsurkunde ohne eigene Entscheidungsbefugnis (Thieme, Deutsches HochschulR, 3. Aufl. 2004, Rn. 1002 m.w.N.). Der Senator für Bildung und Wissenschaft (früher der Senat) wäre auch befugt, zumindest aus allgemeinen beamtenrechtlichen Gründen einem gewählten Kandidaten die Bestellung zu versagen. Der Hochschule bliebe in einem solchen Fall nur die Möglichkeit, einen anderen Bewerber oder eine andere Bewerberin zu wählen und dem Senator zur Bestellung anzutragen. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, steht dem Land als Träger der Personalhoheit die Letztentscheidung über die Auswahl eines Bewerbers zu. Ein rechtlicher Zwang zur Bestellung eines bestimmten durch die Hochschule ausgewählten Bewerbers besteht nicht. Das zweistufige Verwaltungsverfahren gewährleistet sowohl die Autonomie der Hochschule wie auch die Personalhoheit der staatlichen Seite. Die Befugnis zur Einstellung und Anstellung der Landesbeamten, zu denen der Rektor der Hochschule zu rechnen ist, steht nicht der Hochschule allein zu. Aus der Wahl durch den Akademischen Senat ergibt sich daher nicht ohne weiteres ein Anspruch auf Bestellung, auf den sich der Antragsteller stützen könnte.

Unzutreffend ist der Vortrag der Beschwerde, da der Senator für Bildung und Wissenschaft die ihm nach altem Recht eingeräumte Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 83 Abs. 1 Satz 3 BremHG nicht wahrgenommen habe, stünde ihm jetzt kein Entscheidungsspielraum bei der Bestellung des Rektors mehr zu. Die Antragsgegnerin hat dazu zu Recht darauf hingewiesen, dass dieses Argument schon deshalb nicht überzeugt, weil nach altem Recht der Senat über die Bestellung zu entscheiden hatte, und dieser bei seiner Bestellungsentscheidung nicht dadurch festgelegt war, ob und ggf. welche Stellungnahme der Senator für Bildung und Wissenschaft gegenüber dem Akademischen Senat vor dessen Wahl abgegeben hat. Die Stellungnahme des Senators war nicht mehr als eine Empfehlung bzw. eine Meinungsäußerung der staatlichen Seite vor der Entscheidung der Hochschule. Nach neuem Recht ist sie entfallen, weil der Senator für Bildung und Wissenschaft nunmehr die Bestellungsentscheidung selbst trifft. Sowohl nach altem wie nach neuem Recht stand und steht damit der staatlichen Seite im Rahmen der Personalhoheit ein eigener Entscheidungsspielraum zu. Entgegen der Auffassung der Beschwerde ist nicht entscheidungserheblich, ob altes oder neues Recht angewandt wird.

b)

Die Aufhebung der Wahl des Antragstellers am 13.2.2007 durch den Beschluss des Akademischen Senats vom 24.4.2007 ist wirksam. Formelle oder verfahrensrechtliche Einwände dagegen, die mit der Beschwerde vorgetragen werden, greifen nicht durch. Mit der Beschwerde werden keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass zu der Sitzung am 24.4.2007 nicht ordnungsgemäß geladen worden wäre. Auch der bezeichnete Tagesordnungspunkt "Rektorwahl" ließ hinreichend deutlich erkennen, dass die bisherige Wahl durch den Akademischen Senat erneut entschieden werden sollte. Der dann am 24.4.2007 gefasste Beschluss ist klar dahin zu verstehen, dass die vorangegangene Wahl keinen Bestand haben soll. Der Akademische Senat hat beschlossen, an seinem Vorschlag nicht mehr festzuhalten, das auf den Antragsteller bezogene Bestellungsverfahren abzubrechen und die Stelle unverzüglich neu auszuschreiben.

Das Verwaltungsgericht hat überdies zu Recht ausgeführt, dass der Beschluss vom 24.4.2007 der Sache nach auch die Rechtsvoraussetzungen einer Abwahl eines Amtsinhabers der Stelle des Rektors erfülle, denn die frühere Wahl ist mit 20 : 2 Stimmen aufgehoben worden. Wenn der Akademische Senat nach § 83 Abs. 4 BremHG mit 2/3 Mehrheit befugt ist, einen Amtsinhaber abzuwählen, dann steht ihm die Befugnis, eine Wahl aufzuheben, erst Recht zu, wenn der Kandidat noch nicht einmal vom Senat oder vom Senator bestellt worden ist. So ist hier verfahren worden. Der Antragsteller hatte nicht mehr das Vertrauen des Akademischen Senats und der Wahlvorschlag durfte deshalb zurückgezogen werden. Das BremHG lässt in § 83 deutlich erkennen, dass das Amt des Rektors der Hochschule das Vertrauen des Akademischen Senats erfordert und voraussetzt. Die Antragsgegnerin ist nicht gegen den Willen des Gesetzgebers verpflichtet, das Bestellungsverfahren fortzusetzen oder gar den früher gewählten Bewerber bestellen zu lassen, wenn das Vertrauen des Akademischen Senats nach einer Änderung der Kenntnislage durch förmlichen Beschluss entzogen wurde.

c)

Mit der Beschwerde werden keine Einwendungen mehr dagegen erhoben, dass die frühere Verurteilung des Antragstellers im Verfahren berücksichtigt wird. Das Verwaltungsgericht hatte zutreffend darauf hingewiesen, dass nach dem Bundeszentralregistergesetz die Frist für ein Verwertungsverbot dieser Tatsache noch nicht abgelaufen ist. Der Antragsteller konnte auch nicht darauf vertrauen, dass die Verurteilung nicht im Verfahren noch bekannt und berücksichtigt wird. Ihm war bereits angekündigt worden, dass ein unbeschränkter Strafregisterauszug vor der Bestellung noch eingeholt wird. Die Verurteilung wäre in jedem Fall - unabhängig von der anonymen Veröffentlichung - vor der Bestellungsentscheidung bekannt geworden. Diese Gesichtspunkte können aber letztlich dahinstehen, da sich die Beschwerde darauf nicht stützt und das Gericht an das Beschwerdevorbringen gebunden ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 5, 53 Abs. 3 Nr. 1 GKG.

Ende der Entscheidung

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