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Gericht: Oberverwaltungsgericht Bremen
Beschluss verkündet am 12.07.2006
Aktenzeichen: 1 B 249/06
Rechtsgebiete: BImSchG, GaststG, SprengG
Vorschriften:
BImSchG § 3 Abs. 1 | |
GaststG § 5 Abs. 1 | |
SprengG § 24 | |
SprengG § 32 Abs. 1 |
Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen Beschluss
OVG: 1 B 249/06
In der Verwaltungsrechtssache
hat das Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen - 1. Senat - durch die Richter Stauch, Göbel und Alexy am 12.07.2006 beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts der Freien Hansestadt Bremen - 2. Kammer - vom 12.07.2006 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird für das Verfahren unter entsprechender Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts auf jeweils 5.000,00 Euro für das erstinstanzliche und für das Beschwerdeverfahren festgesetzt.
Gründe:
Der Antragsteller begehrt, zumindest eine der Antragsgegnerinnen im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ein Feuerwerk auf dem Gelände der Galopprennbahn an der Ludwig-Roselius-Alle am 12.07.2006 zu unterbinden, das im Rahmen der Veranstaltung eines dort befindlichen Hotels durchgeführt werden soll. Neben der allgemeinen Ruhestörung in seinem Wohngebiet macht er eine Gefahr für die Sicherheit seiner in der Nachbarschaft der Rennbahn untergebrachten 18 Pferde geltend. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag abgelehnt. Mit der am 12.07.2006 um 16.30 Uhr eingelegten Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Begehren weiter.
Die Beschwerde ist nicht begründet.
1.
Das gilt unabhängig davon, gegen welche Antragsgegnerin das - rechtlich nicht näher spezifizierte - Begehren des Antragstellers zu richten ist. Die Antragsgegnerin zu 2. (Land) ist die richtige Antragsgegnerin, wenn der Antrag auf Einschreiten auf das Sprengstoffgesetz gestützt wird (vgl. §§ 4 und 5 der Verordnung über die nach dem Sprengstoffgesetz zuständigen Behörden vom 17.11.1998, Brem. GBl. S. 333). Gegen die Antragsgegnerin zu 1. (Stadt) ist das Begehren auf Einschreiten hingegen zu richten, wenn es nach den Vorschriften des Gaststätten- und Bundesimmissionsschutzgesetzes erfolgen soll (vgl. § 1 Abs. 2 der Verordnung über die Zuständigkeiten nach dem Gaststättengesetz vom 23.03.1971, Brem. GBl. S. 47). Das Verhältnis der beiden gesetzlichen Regelungen zueinander vermag der Senat in der Kürze der Zeit, die ihm für eine Entscheidung zur Verfügung steht, nicht abschließend zu klären. Einer solchen Klärung bedarf es auch nicht, denn es ist nicht glaubhaft gemacht, dass die Voraussetzungen für ein Einschreiten nach einer der in Betracht kommenden Vorschriften gegeben sind.
2.
Ein Einschreiten nach § 32 Abs. 1 i.V.m. § 24 des Sprengstoffgesetzes (SprengG) ist, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, nur zur Abwehr einer Gefahr für Leben, Gesundheit oder Sachgüter möglich. Ob damit nur solche Gefahren gemeint sind, in denen sich das sprengstoffspezifische Risiko einer Explosion verwirklicht, oder auch solche Gefahren, die nicht von der Explosivkraft als solcher, sondern von dem Lärm ausgehen, den die Knallwirkung einer ansonsten ungefährlichen Explosion in der Umgebung auslöst, kann und braucht im Rahmen dieses Eilverfahrens nicht geklärt werden. Der Antragsteller hat nämlich nicht glaubhaft gemacht, dass von dem beabsichtigten Feuerwerk eine Gefahr für seine Gesundheit oder sein Eigentum ausgehen könnte. Die Möglichkeit, dass das Feuerwerk - bei dem ein Hersteller von Sylvesterfeuerwerk bei einem Kundenempfang seine Produkte für die nächste Saison vorstellen will - zu Schäden an der Gesundheit der Anwohner in benachbarten Straßen führen könnte, ist offenkundig nicht gegeben. Auch die Möglichkeit, dass die Pferde des Antragstellers Schaden leiden könnten, ist nicht glaubhaft gemacht. Zwar hat der Antragsteller eidesstattlich versichert, dass die Pferde bei vorangegangenen Veranstaltungen mit Feuerwerk "erhebliche Panik- und Angstzustände" gehabt hätten und danach "sehr verstört und nervös" gewesen seien. Dieser Vortrag ist aber zu unsubstanttiert, um aus ihm nachvollziehbare Schlussfolgerungen für die Annahme zu ziehen, dass die Pferde Schaden nehmen könnten. Auch eine "erhebliche Verletzungsgefahr" für die Tiere ist nicht glaubhaft. Für eine derartige indirekte Wirkung des Lärms gilt im Übrigen, dass es Sache des Halters ist, die Tiere so unterzubringen und zu betreuen, dass sie bei Reaktionen auf - jedenfalls in einer Großstadt nicht völlig zu vermeidende außergewöhnliche - Lärmereignisse keinen Schaden leiden. Die Beschwerde spricht nur pauschal davon, dass die Tiere "gequält" würden. Das reicht zur Glaubhaftmachung eines Schadens nicht aus. Das Verwaltungsgericht hat die Möglichkeit eines solchen Schadens zudem wegen der geringen Intensität des Feuerwerks und der großen Entfernung zwischen Feuerwerk und Pferdeställen (800 m) verneint. Die Beschwerde gibt keinen Hinweis darauf, dass diese Einschätzung unrichtig sein könnte.
3.
Auch die Voraussetzungen für ein Einschreiten der Ortspolizeibehörde nach Gaststätten- und Immissionsschutzrecht sind nicht glaubhaft gemacht. Wird der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen eines Feuerwerks nicht, jedenfalls nicht abschließend durch das SprengG geregelt, können dem Betreiber des Hotels, dessen Betrieb die Veranstaltung des Feuerwerks zuzurechnen ist, nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 des Gaststättengesetzes (GaststG) jederzeit Auflagen zum Schutze gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) erteilt werden. Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des BImSchG sind Immisissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen (§ 3 Abs. 1 BImSchG). Der Schutz nach dieser Vorschrift, der sich auf Menschen und Tiere bezieht (§ 1 Abs.1 BImSchG), geht also über die Abwehr von - hier nicht glaubhaft gemachten - Gefahren hinaus und umfasst Beeinträchtigungen des Wohlbefindens unterhalb der Beschädigung der Gesundheit sowie bloße Vermögenseinbußen. Zum Schutz vor solchen Nachteilen und Belästigungen kann aber nur eingeschritten werden, wenn sie erheblich im Sinne von unzumutbar sind. Ob eine Immission unterhalb der Gefahrenschwelle unzumutbar ist, hängt nicht nur von ihrer Dauer und ihrem Ausmaß ab, sondern auch von der Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit des betroffenen Gebietes. Eine entsprechende Differenzierung ist insbesondere für den Schutz vor Lärmeinwirkungen von Bedeutung. Sie ist in der Weise vorzunehmen, dass das Schutzniveau maßgeblich durch den bauplanungsrechtlich ausgewiesen Gebietscharakter oder - wenn eine solche Ausweisung fehlt - durch die tatsächlichen Verhältnisse und die daraus resultierende Ortsüblichkeit geprägt wird. Konkrete Tatsachen zum Gebietscharakter, an Hand derer sich das Schutzniveau des Grundstücks des Antragstellers bestimmen ließe, sind hier nicht vorgetragen. Ob planerische Festsetzungen existieren, lässt sich dem Vorbringen des Antragstellers nicht entnehmen. Allein aus der Angabe, es handle sich um ein Wohngebiet, welches ein "traditionell gewachsenes Pferdegebiet" sei, lässt sich ein bestimmtes Schutzniveau nicht ableiten. Das gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier - angesichts Dauer und Entfernung der Veranstaltung von einer eher geringfügigen Lärmeinwirkung auszugehen ist. Ob solche Einwirkungen, wenn sie häufiger auftreten, die Schwelle der Erheblichkeit erreichen können (vgl. in diesem Zusammenhang VG Hannover NVwZ-RR 1993, 474 <475> für die Durchführung von mehr als zehn Feuerwerken pro Jahr, die einen auf eine Beurteilungszeit von zwei Stunden bezogenen Beurteilungspegel von 55 dB(A) und einen Maximalpegel von 75 dB(A) überschreiten), kann und braucht im Rahmen dieses Einzelfalls nicht geklärt zu werden.
4.
Kann nach alledem gegenwärtig nicht angenommen werden, dass die Antragsgegnerinnen überhaupt berechtigt wären, das Feuerwerk zu unterbinden, kommt es auf die weitere Frage, ob sie auch gegenüber dem Antragsteller dazu verpflichtet wären, nicht an. Einen Anspruch auf Einschreiten könnte der Antragsteller nur dann mit Aussicht auf Erfolg geltend machen, wenn das Ermessen, das die Antragsgegnerinnen nach den genannten Vorschriften haben, auf Null reduziert wäre. Tatsachen, aus denen eine solche Redizierung zwingend zu folgern wäre, hat der Antragsteller nicht vorgetragen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 3, 52 Abs. 2, 63 Abs. 3 GKG. Der vom Verwaltungsgericht festgesetzte Wert war zu korrigieren, weil er der Tatsache nicht hinreichend Rechnung trägt, dass mit der vom Antragsteller erstrebten einstweiligen Anordnung die Hauptsache vorweggenommen worden wäre.
Ende der Entscheidung
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