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Gericht: Oberverwaltungsgericht Bremen
Beschluss verkündet am 09.03.2009
Aktenzeichen: 2 A 206/08
Rechtsgebiete: VwGO
Vorschriften:
VwGO § 86 Abs. 1 | |
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1 |
Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen Beschluss
OVG: 2 A 206/08
In der Verwaltungsrechtssache
hat das Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen - 2. Senat - durch Richterin Meyer, Richter Dr. Grundmann und Richterin Dr. Jörgensen am 09.03.2009 beschlossen:
Tenor:
Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Bremen - Einzelrichterin der 5. Kammer - vom 13.03.2008 wird abgelehnt.
Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen. Dazu gehören nicht die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst zu tragen hat.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Klägerin möchte erreichen, dass ihr die Zustimmung zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit der Beigeladenen erteilt wird.
Die Beigeladene ist bei der Klägerin angestellt und als Assistentin der Geschäftsführung eingesetzt.
Nachdem die Beigeladene schwanger geworden war, sprach die sie behandelnde Gynäkologin unter dem 17.05.2006 ein Beschäftigungsverbot gemäß § 3 Abs. 1 Mutterschutzgesetz aus.
Der Geschäftsführer der Klägerin stellte fest, dass die Beigeladene trotz des Beschäftigungsverbots eine Nebentätigkeit als Übungsleiterin in der ... ausübte.
Am 04.07.2006 beantragte die Klägerin beim Gewerbeaufsichtsamt die Zustimmung zur außerordentlichen fristlosen, hilfsweise fristgerechten Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit der Beigeladenen zum 30.09.2006.
Das Gewerbeaufsichtsamt lehnte den Antrag mit Bescheid vom 08.09.2006 ab. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Widerspruch ein.
Im August 2006 wurde das Kind der Beigeladenen geboren.
Auf ihren Antrag erhielt die Beigeladene (zunächst) vom 14.10.2006 bis zum 17.08.2008 Elternzeit.
Die Klägerin beantragte daraufhin, die Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit der Beigeladenen gemäß § 18 Abs. 1 BErzGG für zulässig zu erklären.
Mit Widerspruchsbescheid vom 02.02.2007 wies der Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales den Widerspruch zurück. Ein besonderer Fall, in dem ausnahmsweise eine Kündigung nach § 18 Abs. 1 S. 2 BErzGG für zulässig erklärt werden könne, liege nicht vor. Daraufhin hat die Klägerin Klage erhoben.
Sie hat beantragt,
die Beklagte zu verpflichten, unter Aufhebung des Bescheides des Gewerbeaufsichtsamtes vom 08.09.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.02.2007 die Zustimmung zur außerordentlichen, fristlosen, hilfsweise fristgerechten Kündigung der Arbeitnehmerin D. zu erteilen;
hilfsweise,
die Beklagte unter Aufhebung der genannten Bescheide zu verpflichten, den Antrag der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Das Verwaltungsgericht - Einzelrichterin der 5. Kammer - hat die Klage durch Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung vom 13.03.2008, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, abgewiesen.
Auf Antrag der Beigeladenen, dem die Klägerin nicht widersprochen hat, wurde die Elternteilzeit der Beigeladenen bis zum 17.08.2009 verlängert.
Gegen das erstinstanzliche Urteil wendet sich die Klägerin und beantragt, die Berufung zuzulassen.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen, was die Klägerin allein geltend macht.
Ernstliche Zweifel i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Bremen einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhalten wird. Ein darauf gestützter Antrag muss sich mit den die Entscheidung tragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzen und im Einzelnen darlegen, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese ernstlichen Zweifeln begegnen und warum diese Zweifel eine andere Entscheidung wahrscheinlich machen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 02.07.2008 - 2 A 111/08, 13.12.2005 - 2 A 115/05 -, 28.02.2002 - 2 A 413/01 -, 12.12.2002 - 2 A 357/02 -, 19.12.2002 - 2 A 362/03 -, 11.02.2004 - 2 A 341/03 - und 26.01.2006 - 2 A 130/05 -; ebenso die Rechtsprechung des 1. Senats des OVG Bremen, vgl. u. a. Beschluss vom 14.12.2000 - 1 A 341/99 -).
Ernstliche Zweifel in diesem Sinne werden in der Zulassungsschrift nicht aufgezeigt.
Nach Auffassung der Klägerin hat das Verwaltungsgericht den entscheidungserheblichen Sachverhalt unzureichend ermittelt. Das Verwaltungsgericht hätte den Sachverhalt insbesondere "im Hinblick auf die Frage der angeblichen Selektivität des Beschäftigungsverbots bereits zum Zeitpunkt des ärztlichen Attests vom 17.05.2006" weiter aufklären müssen. Die Einzelrichterin hätte zumindest eine (weitere) ergänzende Stellungnahme der Gynäkologin B. einholen müssen.
Mit diesem Vorbringen dringt die Klägerin nicht durch.
Den Akten ist zu entnehmen, dass die Einzelrichterin die Klägerin in der Ladung zum Termin zur (weiteren) mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 13.03.2008 ausdrücklich darauf hingewiesen hatte, dass sie nicht beabsichtige, eine ergänzende Stellungnahme von Frau B. einzuholen. Hielt die Klägerin gleichwohl eine ergänzende Stellungnahme von Frau B. für erforderlich, hätte sie dieses durch Stellung eines entsprechenden Beweisantrages (z. B. auf Vernehmung der Gynäkologin) im Termin vom 13.03.2008 zum Ausdruck bringen können. Unterließ sie dies - wie hier -, kann sie grundsätzlich nicht im Nachhinein gegen die gerichtliche Entscheidung einwenden, der Sachverhalt hätte weiter aufgeklärt werden müssen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verletzt ein Gericht seine Pflicht zur erschöpfenden Sachverhaltsaufklärung grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer sich nicht aufdrängenden Beweiserhebung absieht, die ein anwaltlich vertretener Beteiligter nicht ausdrücklich beantragt hat (vgl. BVerwG, B. v. 14.09.2007 -4 B 37/07 -.). Der Beweisantrag ist förmlich spätestens in der mündlichen Verhandlung zu stellen (vgl. BVerwG, B. v. 11.08.1999 - 11 B 61.98 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 19). Die Aufklärungsrüge kann nicht dazu dienen, Beweisanträge zu ersetzen, die ein Beteiligter zumutbarerweise zuvor hätte stellen können (vgl. BVerwG, B. v. 14.09.2007, a. a. O., m.w.N.).
Die Tatsache, dass ein Beweisantrag nicht gestellt wurde, ist - wie erwähnt - nur dann unerheblich, wenn sich dem Gericht auch ohne ausdrücklichen Beweisantrag eine weitere Sachverhaltsermittlung hätte aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, B. v. 14.09.2007, a. a. O.).
Hier hat die Einzelrichterin im angefochtenen Urteil ausgeführt, sie habe keine Zweifel daran, dass das von der Frauenärztin B. ausgesprochene Beschäftigungsverbot vom ersten Geltungstag an selektiv war und die Tätigkeit der Beigeladenen als Übungsleiterin in der ... ausnahm (Seite 6 des Urteils). Zur Begründung hat sie insbesondere auf die "eindeutigen und unmissverständlichen" Stellungnahmen der Frau B. vom 27.08.2006 und 29.12.2007 verwiesen. Für die entgegenstehende Darstellung der Klägerin bestünden keine überzeugenden Hinweise.
Dass diese Würdigung auf einer ersichtlich unzureichenden Tatsachengrundlage beruht und sich der Einzelrichterin eine weitere Sachverhaltsaufklärung hätte aufdrängen müssen, ist auch bei Berücksichtigung des klägerischen Vorbringens in der Zulassungsschrift nicht zu erkennen. Den verschiedenen Stellungnahmen der Frauenärztin B. lässt sich entnehmen, dass das Beschäftigungsverbot von Anfang an nicht für die Tätigkeit der Beigeladenen als Übungsleiterin in der ... gelten sollte (vgl. auch die Bescheinigung der Frauenärztin vom 12.07.2006). Widersprüche zwischen den einzelnen Stellungnahmen der Frauenärztin sind nicht zu erkennen. Die unterschiedliche Behandlung der Tätigkeiten der Beigeladenen bei der Klägerin und in der ... erscheint nach Aktenlage auch nachvollziehbar. So hat die Beigeladene bei der Anhörung am 13.07.2006 vor dem Gewerbeaufsichtsamt Bremen erklärt, sie gäbe sitzend Anleitungen an die Rückenschulgruppe. Die Kurse liefen sehr ruhig ab. Ein aktives körperliches und sportliches Auftreten finde nicht statt. Am Ende der Stunde lese sie eine Entspannungsgeschichte vor. Die Tätigkeit sei für sie stressfrei und stelle keinerlei körperliche und physische Belastung dar. Könne sie die Stunde nicht abhalten, gäbe es auch keine Probleme bezüglich einer Vertretung.
Anhaltspunkte dafür, dass diese Darstellung unzutreffend sein könnte, sind den Akten nicht zu entnehmen.
In der Zulassungsschrift zeigt die Klägerin keine Umstände auf, die die Würdigung der Einzelrichterin ernstlich in Frage stellen und derart gewichtig sind, dass sie der Einzelrichterin Anlass zu weiterer Sachverhaltsaufklärung hätten geben müssen. Selbst wenn man die in der Zulassungsschrift im Einzelnen aufgeführten Umstände (Seite 7 ff.) als Anhaltspunkte dafür ansähe, dass auch eine andere rechtliche Würdigung vertretbar gewesen wäre, lässt sich nicht feststellen, dass die Einzelrichterin den ihr nach § 108 Abs. 1 VwGO zustehenden Entscheidungsspielraum überschritten hat, weil sich ihr eine weitere Sachverhaltsaufklärung hätte aufdrängen müssen.
Der Senat beschränkt sich auf diese Begründung (§ 124a Abs. 5 S. 3 VwGO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Ein Anlass, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen nach § 162 Abs. 3 VwGO aus Billigkeit der Klägerin aufzuerlegen, besteht nicht.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs. 2 GKG.
Ende der Entscheidung
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