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Gericht: Oberverwaltungsgericht Bremen
Urteil verkündet am 21.02.2007
Aktenzeichen: 2 A 245/05
Rechtsgebiete: BAföG
Vorschriften:
BAföG § 27 Abs. 1 | |
BAföG § 28 Abs. 2 | |
BAföG § 28 Abs. 4 | |
BAföG § 29 Abs. 3 |
2. Auf den Namen des Auszubildenden laufende Konten, über die dieser verfügungsberechtigt ist, sind grundsätzlich als Vermögen des Auszubildenden einzusetzen. Der Einsatz stellt auch dann keine unbillige Härte dar, wenn die Konten eingerichtet wurden, um für den Familienangehörigen steuerliche Vorteile zu erlangen.
3. Wurde aufgrund der Nichtangabe solcher Konten Ausbildungsförderung gezahlt, darf das Amt für Ausbildungsförderung die überzahlten Beträge zurückfordern.
Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen Im Namen des Volkes! Urteil
OVG: 2 A 245/05
Niedergelegt auf der Geschäftsstelle am 06.03.2007
In der Verwaltungsrechtssache
hat das Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen - 2. Senat - durch Richterin Dreger, Richter Nokel und Richter Dr. Grundmann sowie die ehrenamtlichen Richter R. Stindl und C. Weiner aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 21.02.2007 für Recht erkannt:
Tenor:
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Bremen - 1. Kammer - vom 09.02.2005 wird - mit Ausnahme der Verfahrenseinstellung - aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen, soweit sie nicht zurückgenommen worden ist.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe des Vollstreckungsbetrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Rückforderung von Ausbildungsförderung.
Sie ist 1973 geboren. Nach einer Ausbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin nahm sie zum Wintersemester 1999/2000 ein Studium der Sozialpädagogik/Sozialarbeit an der Hochschule Bremen auf. Für dieses Studium bewilligte ihr die Beklagte Ausbildungsförderung, und zwar für den Bewilligungszeitraum 9/1999 - 8/2000 monatlich 834,00 DM (= 426,42 Euro, Bescheid vom 30.11.1999), für den Bewilligungszeitraum 9/2000 - 3/2001 monatlich 1.030,00 DM (= 526,63 Euro, Bescheid vom 31.08.2000), für den Bewilligungszeitraum 4/2001 - 8/2001 monatlich 1.140,00 DM (= 582,87 Euro, Bescheid vom 30.03.2001), für den Bewilligungszeitraum 9/2001 - 8/2002 monatlich 1.140,00 DM (= 582,87 Euro, Bescheid vom 31.08.2001) und für den Bewilligungszeitraum 9/2002 - 2/2003 monatlich 585,00 Euro (Bescheid vom 30.09.2002).
Aufgrund eines Datenabgleichs nach § 45 d Abs. 3 Einkommenssteuergesetz erhielt das Amt für Ausbildungsförderung im April 2002 durch das Bundesamt für Finanzen davon Kenntnis, dass die Klägerin für das Kalenderjahr 2000 Freistellungsbeträge für Kapitalerträge in Höhe von insgesamt 1.006,00 DM in Anspruch genommen hatte.
Daraufhin forderte das Studentenwerk die Klägerin mit Schreiben vom 31.05.2002 auf, mitzuteilen, welche Einkünfte aus Kapitalvermögen sie in den Bewilligungszeiträumen von 9/99 - 8/00, von 9/00 - 8/01 und von 9/01 - 8/02 gehabt habe. Zudem solle die Klägerin angeben, über welche Vermögenswerte sie am 08.09.1999, am 26.06.2000 und am 27.09.2001 verfügt habe.
Die Klägerin antwortete darauf mit Schreiben vom 17.06.2002 und teilte mit, ihr Vermögen auf dem Sparbuch (bei der Sparkasse Bremen) habe am 08.09.1999 4.793,95 DM, am 26.06.2000 10.417,67 DM, am 27.06.2001 11.124,44 DM und am 02.05.2002 3.722,44 Euro betragen. Die Zinsen auf das Sparbuchguthaben hätten sich belaufen für 1998 auf 62,74 DM, für 1999 auf 60,98 DM, für 2000 auf 124,44 DM und für 2001 auf 111,85 DM.
Hinsichtlich der durch Datenabgleich festgestellten Zinseinkünfte für das Jahr 2000 in Höhe von 1.006,00 DM verwies die Klägerin auf eine beigefügte Bescheinigung ihres Vaters vom 17.06.2002. In dieser Bescheinigung führte der Vater aus, die Zinseinkünfte von 1.006,00 DM gehörten zu seinem Vermögen. Die Klägerin hätte damit nichts zu tun. Er habe vor Jahren auf den Namen der Klägerin ein kleines Guthaben angelegt, das zwar für die Klägerin gedacht gewesen sei und das die Klägerin einmal bekommen sollte, wenn sie heirate. Er habe das Guthaben ihr aber nie zukommen lassen, sondern selbstständig darüber verfügt. Im September 2000 habe er das Guthaben für sich in Anspruch genommen, um seine Ausgaben für die zuvor durchgeführte Hausrenovierung zu decken.
In einem späteren Schreiben vom 02.08.2002 teilte der Vater ergänzend mit, er habe im Herbst 1995 bei der Commerzbank Bremen auf den Namen seiner Tochter - aber zu seiner Verfügung - ein Wertpapierdepot eingerichtet, auf das er zu Lasten seines Wertpapierdepots bei der Commerzbank Bremen Bundesschatzbriefe im Nennwert von 10.000,00 DM übertragen habe. Diesen Wertpapierbestand habe er im Laufe der Jahre auf 28.845,81 DM (per 31.12.1999) erhöht. Im Zusammenhang mit der Hausrenovierung habe er den Wertpapierbestand per 28.08.2000 wieder seinem Wertpapierdepot zugeführt.
Parallel zu dem Wertpapierdepot habe er auch noch auf den Namen seiner Tochter K. bei der Commerzbank Bremen ein Sparbuch angelegt. Auf dieses Sparbuch seien die Wertpapiererträge eingegangen, die zum Kauf neuer Wertpapiere verwendet worden seien. Das auf den Namen seiner Tochter stehende Vermögen habe allein ihm zugestanden. Zu einer Übertragung an die Tochter sei es nicht gekommen. Belege zu den Bankkonten und den Kontenbewegungen wurden vorgelegt.
Mit gesonderten Bescheiden vom 30.09.2002 hob die Beklagte die Bewilligungsbescheide vom 30.11.1999, 31.08.2000 und 30.03.2001 auf und stellte fest, dass der Klägerin für die Bewilligungszeiträume von 9/1999 - 8/2000, von 9/2000 - 3/2001 und von 4/2001 bis 8/2001 Ausbildungsförderung nicht zu bewilligen sei, weil der Gesamtbedarf des anzurechnenden Einkommens und Vermögens den Gesamtbedarf decke. Dabei wurden das auf den Namen der Klägerin bei der Commerzbank Bremen eingerichtete Wertpapierdepot und das auf ihren Namen lautende Sparbuch bei der Commerzbank als Vermögen der Klägerin angesehen. Die für den Zeitraum von 9/1999 - 8/2001 gewährte Ausbildungsförderung von insgesamt 11.717,80 Euro wurde zurückgefordert.
Bezüglich des Bewilligungszeitraums 9/2001 - 8/2002 wurde ebenfalls mit Bescheid vom 30.09.2002 eine Neuberechnung durchgeführt, die allerdings zu keiner Leistungsveränderung führte.
Für den Bewilligungszeitraum von 9/2002 - 2/2003 gewährte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 30.09.2002 Ausbildungsförderung in Höhe von 585,00 Euro monatlich. Die Beklagte behielt den Förderungsbetrag für den Monat September 2002 ein, rechnete für die Monate Oktober 2002 bis Februar 2003 mit monatlichen Beträgen in Höhe von 46,60 Euro auf und forderte von der Klägerin einen verbleibenden Restbetrag von 10.899,80 Euro zurück.
Gegen die drei die Bewilligungszeiträume 9/99 - 8/00, 9/00 - 3/01 und 4/01 - 8/01 betreffenden Bescheide vom 30.09.2002 und gegen den den Bewilligungszeitraum 9/02 - 2/03 betreffenden Bescheid vom 30.09.2002 legte die Klägerin Widerspruch ein. Soweit ihr für den Zeitraum von 9/99 - 8/01 Ausbildungsförderung versagt werde, sei dies rechtsfehlerhaft, weil ihr Vermögen ihres Vaters angerechnet worden sei. Hinsichtlich des Bewilligungszeitraums 9/02 - 2/03 sei die Aufrechnung nicht rechtmäßig und könne auch die Rückzahlung eines Betrages in Höhe von 10.899,80 Euro von ihr nicht gefordert werden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28.10.2003 wies der Senator für Bildung und Wissenschaft die Widersprüche als unbegründet zurück. Das Amt für Ausbildungsförderung sei berechtigt gewesen, die Bescheide vom 30.11.1999 (Bewilligungszeitraum 9/99 - 8/00), 31.08.2000 (Bewilligungszeitraum 9/00 - 3/01) und 30.03.2001 (Bewilligungszeitraum 4/01 - 8/01) nach § 45 SGB X zurückzunehmen und die Erstattung der überzahlten Ausbildungsförderung in Höhe von insgesamt 11.717,80 Euro gemäß § 50 Abs. 1 SGB X zu verlangen. Der Wertpapierbestand und das Sparkonto bei der Commerzbank seien als Vermögen der Klägerin anzusehen. Entscheidend sei, dass die Klägerin alleinige Kontoinhaberin und demzufolge Inhaberin der Forderungen gegenüber dem Kreditinstitut sei und eine Verwertung z. B. aus rechtlichen Gründen nicht ausgeschlossen sei. Auf Vertrauensschutz könne sich die Klägerin nicht berufen, da sie zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht habe. Auch die Ermessensprüfung falle zu Lasten der Klägerin aus. Es seien keine Gründe ersichtlich, die es gerechtfertigt erscheinen ließen, der Klägerin die zu Unrecht gezahlte Förderung zu belassen.
Bezüglich des Bewilligungszeitraums 9/02 - 2/03 sei festzustellen, dass die vorgenommene Aufrechnung den gesetzlichen Vorschriften entspreche. Sie sei auch nicht ermessensfehlerhaft erklärt worden. Da die Überzahlung dadurch entstanden sei, dass die Klägerin dem Studentenwerk die Vermögensverhältnisse nicht zutreffend angezeigt habe, überwiege das öffentliche Interesse an einer Aufrechnung das private Interesse der Klägerin an der Auszahlung der ungekürzten Förderungsleistungen.
Am 20.11.2003 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie hat vorgetragen, die auf ihren Namen bei der Commerzbank Bremen angelegten Konten seien Vermögen ihres Vaters. Der Vater habe das Wertpapierkonto 1995 auf ihren Namen bei der Commerzbank Bremen angelegt, um den der Klägerin zustehenden Sparerfreibetrag gemäß § 20 Abs. 4 EStG ausnutzen zu können, im Jahre 2000 seien die Wertpapiere wieder zurück übertragen worden. Sie möge zwar nach außen Inhaberin der Papiere gewesen sein; durch das zum Vater bestehende Treuhandverhältnis sei ihre Rechtsmacht jedoch beschränkt gewesen und seien diese Vermögenswerte sachlich und wirtschaftlich dem Vermögen des Vaters zuzuordnen gewesen.
Selbst wenn man die auf den Namen der Klägerin bei der Commerzbank Bremen stehenden Vermögenswerte als Vermögen der Klägerin ansähe, hätten diese Vermögenswerte jedenfalls nach § 29 Abs. 3 BAföG anrechnungsfrei bleiben müssen. Denn es wäre eine unbillige Härte, wenn von der Tochter verlangt würde, diese Vermögenswerte unter Verletzung der mit ihrem Vater 1995 getroffenen Absprache zu verwerten.
Im Übrigen könne die Beklagte die Rückforderung auch deshalb nicht auf § 45 SGB X stützen, weil die Klägerin weder arglistig getäuscht noch grob fahrlässig gehandelt habe.
Soweit es um die Vermögenswerte auf ihrem Sparbuch bei der Sparkasse Bremen geht, hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht zugestanden, dass sie den den Freibetrag übersteigenden Betrag, den das Verwaltungsgericht mit 2.227,54 Euro ermittelt hat, hätte einsetzen müssen.
Die Klägerin hat - unter Rücknahme der Klage im Übrigen - beantragt,
die die Bewilligungszeiträume September 1999 bis August 2000 und September 2000 bis August 2001 betreffenden Rückforderungsbescheide des Studentenwerks Bremen - Amt für Ausbildungsförderung - vom 30.09.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Senators für Bildung und Wissenschaft vom 28.10.2003 aufzuheben, soweit dadurch ein Betrag von mehr als 2.227,54 Euro zurückgefordert worden ist.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die angefochtenen Bescheide verteidigt. Die Rückforderung sei rechtmäßig. Das Sparguthaben und das Wertpapierdepot bei der Commerzbank Bremen seien zu Recht als Vermögen der Klägerin angesehen worden. Es komme allein darauf an, wer sich nach außen im Rechtsverkehr als Forderungsinhaber zu erkennen gebe. Das sei die Klägerin, auf deren Namen die Konten angelegt worden seien. Rechtliche Verwertungshindernisse (§§ 134 bis 136 BGB) hätten nicht bestanden. Rechtsgeschäftliche Veräußerungsverbote i.S.v. § 137 BGB hinderten eine Verwertung des Vermögens grundsätzlich nicht.
Auf schutzwürdiges Vertrauen nach § 45 Abs. 2 S. 1 und 2 SGB X könne sich die Klägerin nicht berufen, denn sie habe zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtige Angaben über ihr Vermögen gemacht.
Das Verwaltungsgericht hat die Klägerin und ihren Vater zu den Umständen der Errichtung und Führung der auf den Namen der Klägerin lautenden Konten bei der Commerzbank Bremen (Wertpapierdepot und Sparbuch) informatorisch angehört. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf die Sitzungsniederschrift vom 09.02.2005 verwiesen.
Mit Urteil vom 09.02.2005 hat das Verwaltungsgericht das Verfahren eingestellt, soweit die Klage zurückgenommen worden ist. Im Übrigen hat es die die Bewilligungszeiträume September 1999 bis August 2000 und September 2000 bis August 2001 betreffenden Rückforderungsbescheide des Studentenwerks Bremen vom 30.09.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Senators für Bildung und Wissenschaft vom 28.10.2003 aufgehoben, soweit dadurch ein Betrag von mehr als 2.227,54 Euro zurückgefordert worden ist.
Die Klägerin greife die Rückforderungsbescheide nur noch insoweit an, als ein Betrag von mehr als 2.227,54 Euro zurückgefordert werde. Auch seien sich die Beteiligten darüber einig, dass die für den Bewilligungszeitraum 9/2002 - 2/2003 vorgenommenen Aufrechnungen mit dem von der Klägerin selbst als berechtigt angesehenen Rückforderungsbetrag verrechnet würden.
Die hiernach noch streitige Rückforderung in Höhe der verbleibenden 9.460,26 Euro sei rechtswidrig. Die Voraussetzungen für eine entsprechende Rücknahme der Bewilligungsbescheide nach § 45 SGB X seien nicht erfüllt. Allerdings sei die Gewährung von Ausbildungsförderung an die Klägerin in den Bewilligungszeiträumen 9/99 - 8/00 und 9/00 - 8/01 auch hinsichtlich der den anerkannten Rückforderungsbetrag übersteigenden 9.460,26 Euro rechtswidrig gewesen. Die Guthaben auf dem Wertpapierdepot und dem Sparbuch bei der Commerzbank Bremen hätten als Vermögen der Klägerin berücksichtigt werden müssen. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung komme es für die Frage, wer Inhaber eines Kontoguthabens geworden sei, darauf an, wer nach dem erkennbaren Willen der die Kontoeröffnung beantragenden Kunden Gläubiger der Bank werden sollte. Das sei im vorliegenden Fall die Klägerin. Ob zwischen der Klägerin und ihrem Vater ein Treuhandverhältnis bestanden habe, könne offen bleiben, da dieses jedenfalls der Commerzbank nicht bekannt gewesen sei. Darüber hinaus gehe auch der BGH im Urteil vom 19.11.1992 (IX ZR 45/92) davon aus, dass das Treugut rechtlich zum Vermögen des Treuhänders gehöre. Vertragliche Bindungen und Beschränkungen, die eine objektive Zugriffsmöglichkeit unberührt ließen, könnten die Herausnahme aus der Vermögensanrechnung nicht rechtfertigen.
Auf Vertrauen könne sich die Klägerin gemäß § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 SGB X nicht berufen, da sie jedenfalls die Rechtswidrigkeit der Gewährung der Ausbildungsförderung infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt habe. Für die Klägerin habe offensichtlich sein müssen, dass sich das aus Wertpapierdepot und Sparkassenbuch gebildete Vermögen auf die Gewährung der Ausbildungsförderung auswirken würde. Jedenfalls wäre sie vor Abgabe des Antragsformulars gehalten gewesen, bei ihrem Vater nachzufragen, ob die auf ihren Namen eingerichteten Guthaben noch bestünden.
Fehlerhaft sei jedoch die von der Beklagten getroffene Ermessensentscheidung. In die Ermessensentscheidung hätte eingestellt werden müssen, dass die Klägerin nach der mit ihrem Vater getroffenen Abrede wirtschaftlich auf das Vermögen nicht zugreifen sollte und konnte und sie im Zeitpunkt der "Entdeckung" des Vermögens dieses bereits lange an ihren Vater zurück gegeben hatte, so dass sie die noch streitige Rückforderung auch nicht aus dem Vermögen bestreiten könne. Von der Richtigkeit des Vortrags der Klägerin, dass das aus Wertpapier und Sparkassenbuch gebildete Vermögen wirtschaftlich bei ihrem Vater verbleiben sollte, sei das Gericht nach der informatorischen Befragung in der mündlichen Verhandlung überzeugt. Dafür spreche auch die im Dezember 2002 getätigte Selbstanzeige des Vaters wegen Steuerhinterziehung. Denn damit sei ein plausibler Grund für das Auseinanderfallen von rechtlicher und wirtschaftlicher Vermögenszuordnung gegeben. Bei der Rückforderung im Umfang einer vollen Anrechnung des Vermögens handele es sich letztlich um eine nicht angemessene verwaltungsrechtliche Reaktion auf eine Beihilfe zur Steuerhinterziehung eines Angehörigen.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts seien die Rückforderungsbescheide nicht ermessensfehlerhaft. Das Bundesverwaltungsgericht habe im Urteil vom 17.09.1987 (Az. 5 C 26.84 = FamRZ 1988, 328) ausgeführt, dass beim Vorliegen eines Sachverhalts des § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 bis 3 SGB X die Ermessensbetätigung der Behörde im Normalfall zur Rückgängigmachung des Verwaltungsakts führen werde. Nur bei Vorliegen atypischer Umstände, die die Annahme eines Regelfalls in Frage stellen würden, sei von der Rückforderung abzusehen. Atypische Umstände seien im vorliegenden Fall nicht gegeben. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, hinsichtlich der Konten bei der Commerzbank fielen die rechtliche (bei der Klägerin) und die wirtschaftliche (beim Vater) Zuordnung des Vermögens auseinander, teile die Beklagte nicht. Entsprechende Erwägungen hätten deshalb gar nicht in die Ermessensentscheidung einfließen können. Die Beklagte habe im Widerspruchsbescheid davon ausgehen dürfen, dass ein wirtschaftlicher Zugriff der Klägerin auf das Vermögen möglich gewesen sei. Nach den Einlassungen der Klägerin und ihres Vaters im verwaltungsgerichtlichen Verfahren habe der Vater bei der Anlage des Vermögens an eine Nutzung durch die Klägerin gedacht. Die Selbstanzeige des Vaters der Klägerin wegen Steuerhinterziehung sei kein plausibler Grund für ein Auseinanderfallen von rechtlicher und wirtschaftlicher Vermögenszuordnung. Denn sie sei erst erfolgt, nachdem die Konsequenzen aus der Nichtangabe des Vermögens der Klägerin durch die Rückforderungsbescheide vom 30.09.2002 offenbar geworden waren.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Bremen vom 09.02.2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen, soweit sie nicht zurückgenommen worden ist.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das Rückforderungsbegehren der Beklagten sei rechtswidrig, weil die von der Beklagten angesonnene Verwertung der im wirtschaftlichen Eigentum ihres Vaters stehenden Vermögenswerte durch die Klägerin eine unbillige Härte sei. Bei einer Verwertung hätte sich die Klägerin strafbar gemacht und wäre gegenüber ihrem Vater zum Schadensersatz verpflichtet.
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts stehe dem Rückzahlungsbegehren der Beklagten auch der Vertrauensschutz gemäß § 45 Abs. 2 SGB X entgegen. Der Klägerin könne grob fahrlässige Unkenntnis der Rechtswidrigkeit der Ausbildungsförderung nicht vorgehalten werden, denn sie habe sich ganz auf ihren Vater - auch in dessen Eigenschaft als Jurist - verlassen.
Zuzustimmen sei dem Verwaltungsgericht darin, dass die von der Beklagten getroffene Ermessensentscheidung rechtlich fehlerhaft sei. Wenn die Beklagte die Vermögenswerte bei der Commerzbank Bremen nicht schon von der Vermögensanrechnung nach § 29 Abs. 3 BAföG ausgenommen habe, dann habe sie jedenfalls im Rahmen einer interessenabwägenden Einzelfallentscheidung über eine Freistellung befinden müssen. Auch habe die Beklagte bei ihrer Ermessensentscheidung nicht berücksichtigt, dass der Vater der Klägerin die auf ihren Namen bei der Commerzbank Bremen stehenden Vermögenswerte nahezu zwei Jahre vor dem im Frühjahr 2002 erfolgten Datenabgleich und dem Rückerstattungsbegehren der Beklagten seinen eigenen Konten wieder zurückgeführt hatte. Die Klägerin sei deshalb nicht in der Lage, die von der Beklagten zurückgeforderten Beträge aus dem einst auf ihren Namen stehenden Vermögen zu bestreiten. Wegen des Klägervorbringens im Übrigen wird auf die im Berufungsverfahren eingereichten Schriftsätze des Prozessbevollmächtigten der Klägerin Bezug genommen.
Zur weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte verwiesen. Die die Klägerin betreffende Akte des Studentenwerks Bremen - Amt für Ausbildungsförderung - hat dem Senat vorgelegen. Ihr Inhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung, soweit er im Urteil verwertet worden ist.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist begründet.
Das Verwaltungsgericht hätte die Klage abweisen müssen.
1.
Im Streit sind nur noch die drei Aufhebungs- und Rückforderungsbescheide vom 30.09.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.10.2003, die die Zeiträume von 9/99 - 8/00, 9/00 - 3/01 und 4/01 - 8/01 betreffen, und zwar auch nur insoweit, als ein Betrag von mehr als 2.227,54 Euro zurückgefordert wird. Die Klägerin hat zugestanden, dass ihr Guthaben auf dem Sparbuch bei der Sparkasse Bremen für ihre Ausbildung hätte eingesetzt werden müssen, und zwar in Höhe von 2.227,54 Euro.
Hinsichtlich des zunächst auch angegriffenen Bescheides vom 30.09.2002, der sich auf den Bewilligungszeitraum von 9/02 - 2/03 bezieht, hat die Klägerin die Klage vor dem Verwaltungsgericht zurückgenommen.
Streitig ist hiernach noch ein Rückforderungsbetrag von 9.490,26 Euro (11.717,80 Euro minus 2.227,54 Euro). Da für die Entscheidung über die Anfechtungsklage auf den Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides abzustellen ist, müssen Zahlungen auf den Rückforderungsbetrag nach Erlass des Widerspruchsbescheides vom 28.10.2003 in diesem Verfahren unberücksichtigt bleiben.
2.
Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Rückforderung ist von § 50 Abs. 1 S. 1 SGB X auszugehen. Danach sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist.
Die Aufhebung der Bewilligungsbescheide richtet sich hier nach § 45 SGB X. Gemäß § 45 Abs. 1 S. 1 SGB X darf ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 - 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
Nach § 45 Abs. 2 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsakts vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist (Satz 1). Auf Vertrauen kann sich der Begünstigende in den Fällen nicht berufen, die in § 45 Abs. 2 S. 3 SGB X unter den Nummern 1 - 3 aufgeführt sind. Liegt einer dieser Fälle vor, muss die Behörde die Rücknahme innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der die Rücknahme rechtfertigenden Tatsachen erklären (§ 45 Abs. 4 S. 2 SGB X).
a)
Die Gewährung von Ausbildungsförderung an die Klägerin für die Bewilligungszeiträume von 9/99 - 8/00, 9/00 - 3/01 und 4/01 - 8/01 war rechtswidrig, weil das Vermögen bei der Commerzbank Bremen (Wertpapierdepot und Sparbuch) förderungsrechtlich als Vermögen der Klägerin einzustufen war.
Nach § 27 Abs. 1 S. 1 BAföG gelten als Vermögen alle beweglichen und unbeweglichen Sachen sowie Forderungen und sonstige Rechte. Ausgenommen sind nach § 27 Abs. 1 S. 2 BAföG Gegenstände, "soweit der Auszubildende sie aus rechtlichen Gründen nicht verwerten kann". Hierunter fallen ohne Zweifel die Fälle, in denen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) oder ein gesetzliches oder behördliches Veräußerungsverbot (§§ 135, 136 BGB) der Verwertung entgegenstehen.
Zur Frage, ob unter den Begriff des Verwertungshindernisses "aus rechtlichen Gründen" i.S.d. § 27 Abs. 1 S. 2 BAföG auch rechtsgeschäftliche Verfügungsbeschränkungen - hier: das vorgetragene Treuhandverhältnis zwischen der Klägerin und ihrem Vater - fallen können, hat das Bundesverwaltungsgericht im Beschluss vom 16.02.2000 (Az. 5 B 182/99) - unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.01.1991 (Az. 5 C 71.86 = BVerwGE 87,284, 288) Stellung genommen. Es hat ausgeführt, die Beantwortung der Frage, ob und inwieweit einer rechtsgeschäftlichen Verfügungsbeschränkung unterliegende Vermögensgegenstände von dem Vermögensbegriff des Ausbildungsförderungsrechts ausgenommen seien, hänge allein davon ab, ob ein ausbildungsbedingter Verwertungszugriff rechtlich und tatsächlich - ganz oder teilweise - objektiv möglich sei oder nicht. Vertragliche Bindungen und Beschränkungen, die eine objektive Zugriffsmöglichkeit unberührt lassen, könnten somit angesichts des Grundsatzes der Nachrangigkeit staatlicher Ausbildungsförderung, wonach individuelle Ausbildungsförderung nur dann beansprucht werden könne, "wenn dem Auszubildenden die für seinen Lebensunterhalt und seine Ausbildung erforderlichen Mittel anderweitig nicht zur Verfügung stehen" (§ 1 Halbsatz 2 BAföG), die Herausnahme aus der Vermögensanrechnung nicht rechtfertigen.
Hiernach ist das vorgetragene Treuhandverhältnis auf die Zuordnung der Konten bei der Commerzbank Bremen zum Vermögen der Klägerin ohne Einfluss. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend unter Berücksichtigung der einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung (insbesondere BGH, Urt. v. 02.02.1994 - IV ZR 51/93 - = NJW 1994, 931) ausgeführt hat - und worauf zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird (Seite 8 f. des Urteils) - ist die Klägerin Inhaberin des Wertpapierdepots und des (für die Erträge der Wertpapiere eingerichteten) Sparbuchs bei der Commerzbank Bremen geworden. Die Klägerin - und nicht ihr Vater - sollte nach dem erkennbaren Willen der die Kontoeröffnung beantragenden Kunden Gläubiger der Bank werden. Die Klägerin hat objektiv über diese Konten verfügen können und dementsprechend in der Klagebegründung vom 19.11.2003 auch eingeräumt, dass sie der Rückübertragung des Wertpapierbestandes auf das Wertpapierdepot ihres Vaters hat zustimmen müssen. Diese objektive Zugriffsmöglichkeit blieb durch das (möglicherweise) im Innenverhältnis zu ihrem Vater bestehende Treuhandverhältnis unberührt und steht deshalb der Zuordnung dieser Konten zum Vermögen der Klägerin nicht entgegen.
b)
Entgegen der Auffassung der Klägerin greift zu ihren Gunsten auch nicht die Härtevorschrift des § 29 Abs. 3 BAföG ein.
Nach dieser Bestimmung kann zur Vermeidung unbilliger Härten ein weiterer Teil des Vermögens anrechnungsfrei bleiben.
Der Begriff der unbilligen Härte nach § 29 Abs. 3 BAföG ist ein vom Gericht voll überprüfbarer unbestimmter Rechtsbegriff (vgl. OVG Bremen, Urt. v. 20.04.1982 - 2 BA 31/82 - = FamRZ 1982, 1249).
§ 29 Abs. 3 BAföG dient nach Zweck und Stellung im System der Vorschriften über die Vermögensanrechnung dazu, Härten abzufedern, die sich aus den der Vermögensanrechnung zugrundeliegenden Pauschalierungen und Typisierungen ergeben können (grundlegend BVerwG, Urt. v. 13.06.1991 - 5 C 33/87 - = BVerwGE 88, 303 ff.).
Die Minderung des nach § 27 Abs. 1 BAföG einzusetzenden Vermögens zur Finanzierung der Ausbildung ist die typische Folge des gesetzgeberischen Zweckes, nur Vermögen bis zu bestimmten Freigrenzen freizulassen. Ein Härtefall kann daher nicht mit dem Vermögenseinsatz als solchem begründet werden (vgl. OVG Schleswig-Holstein, B. v. 29.11.2005 - 2 LA 89/05).
Ein Härtefall kann allerdings in einem wirtschaftlichen Verwertungshindernis liegen. Das Bundesverwaltungsgericht hat dazu im Urteil vom 13.06.1991 (a. a. O.) entschieden, dass auch nach der Herauslösung rechtlicher Verwertungshindernisse aus dem Anwendungsbereich der Härtevorschrift des § 29 Abs. 3 BAföG und ihrer ausdrücklichen Regelung im Rahmen des förderungsrechtlichen Vermögensbegriffs (§ 27 Abs. 1 S. 2 BAföG) durch das 4. BAföG-Änderungsgesetz daran festzuhalten sei, dass wirtschaftliche Verwertungshindernisse die Annahme einer unbilligen Härte i.S.d. § 29 Abs. 3 BAföG rechtfertigen können. Ein wirtschaftliches Verwertungshindernis - so führt das Bundesverwaltungsgericht aus - beseitige in der Regel nicht die tatsächliche Möglichkeit der Verwertung, sondern lasse lediglich ihre Verwirklichung als mehr oder weniger schwerwiegenden Verstoß gegen die Regeln der wirtschaftlichen Vernunft erscheinen.
Ein solcher Fall liegt hier ersichtlich nicht vor. Der Einsatz der Vermögenswerte auf den Konten der Commerzbank für die Ausbildung der Klägerin verstößt nicht gegen die Regeln wirtschaftlicher Vernunft.
Auch besondere, schützenswerte Lebensumstände der Klägerin, wie z. B. Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Familienangehörigen, die bei einer Vermögensanrechnung nicht erfüllt werden könnten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Soweit die Klägerin geltend macht, sie sei ihrem Vater gegenüber aus dem (mündlich abgeschlossenen) Treuhandverhältnis zur Rückgabe der Vermögenswerte bei der Commerzbank verpflichtet gewesen, handelt sich um keine rechtlich schützenswerte Rechtsposition. Bei der Prüfung der Frage, ob eine unbillige Härte i.S.v. § 29 Abs. 3 BAföG vorliegt, sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Dabei kann im vorliegenden Fall nicht außer Acht bleiben, dass die Begründung des Treuhandverhältnisses nach dem Eingeständnis des Vaters der Klägerin dem Zwecke diente, auf unrechtmäßige Weise (für den Vater) einen weiteren Sparerfreibetrag zu erhalten und rechtswidrig Steuern zu sparen (vgl. S. 4 der Klageschrift). An dem rechtswidrigen Verhalten war die Klägerin, die schon bei der Errichtung des Kontos bei der Commerzbank im Jahre 1995 volljährig war, beteiligt. Die rechtswidrige Zweckbestimmung steht einer Berücksichtigung des Treuhandverhältnisses im Rahmen von § 29 Abs. 3 BAföG entgegen.
Eine unbillige Härte ergibt sich auch nicht daraus, dass die Klägerin zum Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides nicht mehr Inhaberin der Vermögenswerte war, sondern diese zwischenzeitlich auf ihren Vater zurückübertragen worden waren. Für die Vermögensanrechnung ist nach § 28 Abs. 2 BAföG der Wert im Zeitpunkt der Antragstellung maßgebend. Veränderungen zwischen Antragstellung und Ende des Bewilligungszeitraumes bleiben gemäß § 28 Abs. 4 BAföG unberücksichtigt.
Zwar kann ein Vermögensverlust, der ohne Einflussnahme des Auszubildenden nach der Antragstellung eintritt, ein Eingreifen der Härtefallregelung nach § 29 Abs. 3 BAföG rechtfertigen (vgl. Rothe/Blanke, Bundesausbildungsförderungsgesetz, 5. Auflage, § 29 Rn 17.4). Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor. Die Klägerin war - wie sie selbst eingeräumt hat - an der Rückübertragung des Wertpapierbestandes auf ihren Vater, der sie ihre Zustimmung gegeben hat, beteiligt. Zudem steht auch in diesem Zusammenhang einer Anwendung der Härteklausel entgegen, dass das Treuhandverhältnis zwischen den Beteiligten - wie erwähnt - rechtswidrigen Zwecken diente.
c)
Die Klägerin kann sich gemäß § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X nicht auf Vertrauensschutz berufen. Nach dieser Vorschrift kann sich der Begünstigte auf Vertrauen nicht berufen, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.
Die Klägerin hat in ihren Anträgen auf Ausbildungsförderung vom 08.09.1999 und 26.06.2000 die für die Angaben zu ihrem Vermögen vorgesehenen Felder, in denen u. a. ausdrücklich nach Wertpapieren und Guthaben gefragt wird, durchgestrichen. Sie hätte zumindest wissen müssen, dass die Angabe des Vermögens bei der Commerzbank zu einer Anrechnung auf die staatliche Ausbildungsförderung führen konnte. Der Vortrag, dass sie sich auf ihren Vater, der auch noch Jurist sei, verlassen habe, kann die Klägerin nicht entlasten. Legt man den Vortrag der Klägerseite aus der Klageschrift vom 19.11.2003 (Blatt 4 GA) zugrunde, wonach "der Vater der Klägerin, um Einkommenssteuern zu sparen und den Freibetrag der Klägerin auszunutzen", mit der Klägerin mündlich einen Treuhandvertrag geschlossen hatte, der vorsah, dass auf ein "extra zu diesem Zweck auf den Namen der Klägerin eingerichtetes Konto bei der Commerzbank Bremen" Wertpapiere des Vaters übertragen werden sollten, dann mussten sich der erwachsenen Klägerin Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieses Vorgehens aufdrängen. Angesichts der Eindeutigkeit der Fragestellungen auf dem Antragsformular hätte sie sich zumindest beim Studentenwerk erkundigen müssen, ob die auf ihren Namen eingerichteten Konten bei der Commerzbank Bremen anzugeben sind.
d)
Dass die Jahresfrist des § 45 Abs. 4 S. 2 SGB X eingehalten ist, hat das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt und dagegen hat die Klägerin auch nichts eingewandt. Nach den Akten hat die Beklagte am 23.04.2002 von den Freistellungsbeträgen der Klägerin Kenntnis erlangt (vgl. Aktenvermerk vom 23.04.2002) und am 30.09.2002 die Rücknahmebescheide erlassen, so dass die Jahresfrist gewahrt ist.
e)
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts kann die im Widerspruchsbescheid getroffene Ermessensentscheidung der Beklagten auch nicht als ermessensfehlerhaft angesehen werden. Die Beklagte hat gesehen, dass die Entscheidung "in das pflichtgemäße Ermessen des Leistungsträgers gestellt" ist. Ihre Ermessensentscheidung lässt auch die Gesichtspunkte erkennen, von denen sie bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist (§ 35 Abs. 1 S. 3 SGB X). Im Widerspruchsbescheid ist ausgeführt, es seien keine Gründe ersichtlich, die es gerechtfertigt erscheinen ließen; die zu Unrecht gezahlte Förderung zu belassen, denn das würde zu einer offensichtlichen Besserstellung und Ungleichbehandlung gegenüber anderen Studierenden führen, die bei der Antragstellung vollständige Angaben gemacht haben. Ferner sei kein Bearbeitungsfehler oder mitwirkendes Verwaltungsverschulden feststellbar. Auch auf Vertrauensschutz nach § 45 Abs. 2 SGB X könne sich die Klägerin nicht berufen.
Der Argumentation des Verwaltungsgerichts, dass die Beklagte bei ihrer Ermessensentscheidung zusätzlich hätte berücksichtigen müssen, dass die Klägerin nach der mit ihrem Vater getroffenen Abrede wirtschaftlich auf das Vermögen nicht zugreifen sollte und konnte und sie im Zeitpunkt der "Entdeckung" dieses Vermögens dieses bereits lange an ihren Vater zurückgegeben hatte (Seite 11 des Urteils), kann nicht gefolgt werden.
Wie das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 17.09.1987 (Az. 5 C 26/84) ausgeführt hat, wird beim Vorliegen eines der Sachverhalte des § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 - 3 SGB X die Ermessensbetätigung der Behörde "im Normalfall zur Rückgängigmachung des Verwaltungsakt führen". In einem solchen Fall dürfen die Anforderungen an die Begründungspflicht nach § 35 Abs. 1 S. 3 SGB X nicht überspannt werden (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 11.06.2003 - 7 S 1697/02 -).
Selbst wenn man eine Beschränkung der Zugriffsmöglichkeiten der Klägerin im Innenverhältnis gegenüber ihrem Vater durch einen - mündlich geschlossenen - Treuhandvertrag annimmt, hätte die Beklagte dies nicht im Rahmen der Ermessensentscheidung berücksichtigen müssen. Denn der Treuhandvertrag war zu dem Zweck geschlossen worden, die unrechtmäßige Erlangung eines weiteren Sparerfreibetrages abzusichern und Steuern zu hinterziehen. Das hat der Vater der Klägerin selbst eingeräumt (vgl. Klagebegründung vom 19.11.2003 und Schriftsatz des Vaters im Widerspruchsverfahren vom 28.07.2003 nebst Anlagen). Wenn die Behörde solchen Beschränkungen im Innenverhältnis, die der Absicherung rechtswidriger Zwecke dienen, im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung keine besondere Bedeutung beimisst, sondern die rechtliche Stellung als Kontoinhaber entscheidend sein lässt, so handelt sie nicht rechtsfehlerhaft. Eine andere Verfahrensweise wäre für eine Massenverwaltung auch nur sehr schwer zu bewältigen.
Auch den Umstand, dass die Klägerin zum Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides nicht mehr Inhaberin der Vermögenswerte bei der Commerzbank war, musste die Beklagte nicht zwingend bei der Ermessensentscheidung berücksichtigen. Nach den gesetzlichen Regelungen kommt es auf den Wert im Zeitpunkt der Antragstellung an und bleiben Veränderungen zwischen Antragstellung und Ende des Bewilligungszeitraumes unberücksichtigt (§ 28 Abs. 2 und Abs. 4 BAföG). Davon hier ausnahmsweise abzuweichen bestand angesichts der Beteiligung der Klägerin an der Errichtung und Auflösung der Konten zu rechtswidrigen Zwecken kein Anlass.
Unabhängig davon gilt Folgendes:
Wie oben ausgeführt sind die auf den Namen der Klägerin eingerichteten Konten bei der Commerzbank Vermögen der Klägerin i.S.v. § 27 Abs. 1 BAföG und liegt ein Fall unbilliger Härte nach § 29 Abs. 3 BAföG nicht vor. Die in diesen Vorschriften niedergelegten Entscheidungen des Gesetzgebers dürfen nicht dadurch unterlaufen werden, dass darüber hinausgehende Anforderungen an die Ermessensentscheidung im Rahmen von § 45 Abs. 1 SGB X gestellt werden. Vielmehr sind die Entscheidungen des Gesetzgebers in §§ 27 Abs. 1, 28 Abs. 2 u. 4 und 29 Abs. 3 BAföG auch bei der Ermessensentscheidung nach § 45 Abs. 1 SGB X zu beachten. Deshalb können grundsätzlich Umstände, die nach dem in §§ 27 Abs. 1, 28 Abs. 2 u. 4 und 29 Abs. 3 BAföG zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers eine Vermögensanrechnung nicht ausschließen und schon bei der Prüfung dieser Vorschriften berücksichtigt worden sind, nicht die Rechtswidrigkeit der Ermessensentscheidung begründen. Das gilt hier sowohl für die wirtschaftliche Zuordnung der auf den Namen der Klägerin eingerichteten Konten bei der Commerzbank als auch für die Tatsache, dass die Klägerin zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides nicht mehr Inhaberin dieser Konten war. Andere Umstände, die im Rahmen von §§ 27 Abs. 1, 28 Abs. 2 u. 4 und 29 Abs. 3 BAföG noch nicht berücksichtigt worden sind und bei der Ermessensentscheidung nach § 45 Abs. 1 SGB X zwingend hätten berücksichtigt werden müssen, liegen nicht vor.
Dass der Beklagten bei der Anrechnung des Vermögens ein Rechenfehler unterlaufen ist, der sich zu Lasten der Klägerin ausgewirkt hat, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren gemäß § 52 Abs. 3 GKG auf 9.490,26 Euro festgesetzt.
Ende der Entscheidung
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