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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Bremen
Beschluss verkündet am 17.09.2007
Aktenzeichen: 2 A 33/05
Rechtsgebiete: VwGO


Vorschriften:

VwGO § 124
Lehrer im Sinne der Besoldungsgruppe 12a der Bremischen Besoldungsordnung kann nur sein, wer die Zweite Staatsprüfung für das Lehramt an öffentlichen Schulen bestanden hat.
Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen Beschluss

OVG: 2 A 33/05

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen - 2. Senat - durch Richterin Dreger, Richter Dr. Grundmann und Richter Dr. Bauer am 17.09.2007 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Klägerin, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Bremen - 6. Kammer - vom 10.12.2004 zuzulassen, wird abgelehnt.

Die Kosten des Zulassungsverfahrens trägt die Klägerin.

Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 22.916,21 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt die Übertragung eines Amtes der Besoldungsgruppe A 12a der Bremischen Besoldungsordnung.

Sie ist Sozialpädagogin und unterrichtet an der Fachschule für Sozialpädagogik. Im März 1981 wurde sie zur "Fachlehrerin der Besoldungsgruppe 12 der Bremischen Besoldungsordnung A" ernannt. 1987 bestand sie die erste Staatsprüfung für das Lehramt an öffentlichen Schulen und erwarb 2001 den akademischen Grad einer Diplom-Sozialpädagogin.

Mit Bescheid vom 21.11.2002 lehnte der Senator für Bildung und Wissenschaft ihren Antrag auf Beförderung zur Lehrerin der Besoldungsgruppe A 12 a ab. Nach erfolglosen Vorverfahren hat die Klägerin Verpflichtungsklage beim Verwaltungsgericht Bremen erhoben und beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Senators für Bildung und Wissenschaft vom 21.11.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides Senators für Finanzen vom 20.04.2003 zu verpflichten, der Klägerin eine freie oder die nächste frei werdende Stelle der Besoldungsgruppe A 12 a zu übertragen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Einzelrichter der 6. Kammer des Verwaltungsgerichts hat die Klage im schriftlichen Verfahren mit Urteil vom 10.12.2004 abgewiesen. Ein Amt der Besoldungsgruppe 12a könne nur Lehrern übertragen werden. Als Fachlehrerin habe die Klägerin kein solches Amt. Sie erfülle auch nicht dessen Voraussetzungen, da sie das zweite Staatsexamen nicht abgelegt habe. Die Klägerin habe keine 20jährige Dienstzeit als Lehrerin im Sinne der Fußnote 1 zur Besoldungsgruppe 12a der Bremischen Besoldungsordnung (Anlage I zum Bremischen Besoldungsgesetz in der Fassung vom 22.04.1999, BremGBl 55, ber. 152, 179 -BremBesO-) abgeleistet, da sie überwiegend in Unterrichtsfächern des berufsfeldfachrichtungs- und berufsbezogenen Bereichs, und damit nicht als Lehrerin, sondern Fachlehrerin eingesetzt worden sei. Es bedürfe keiner Entscheidung, ob insofern auch eine Tätigkeit als Fachlehrerin ausreiche, weil der Ernennung der Klägerin in jedem Fall ihre fehlende Lehrbefähigung entgegenstehe, die durch eine 20jährige Dienstzeit nicht ersetzt werden könne.

Gegen dieses ihr am 16.12.2004 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 13.01.2005 die Zulassung der Berufung beantragt und diesen Antrag am 16.02.2005 begründet. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts sei fehlerhaft. Ihr stehe nach der Fußnote 1 ein Amt der Besoldungsgruppe 12a BremBesO zu, weil sie zwar nicht die zweite Staatsprüfung für das Lehramt abgelegt, jedoch eine 20jährige Dienstzeit im Sinne dieser Fußnote abgeleistet habe. Insofern könne keine Tätigkeit als Lehrerin gefordert werden. Jedenfalls müsse eine Tätigkeit als Fachlehrerin genügen. Die Klägerin habe zudem faktisch vollwertige Tätigkeiten einer Lehrerin ausgeübt. Das habe das Verwaltungsgericht verkannt. Zudem habe das Verwaltungsgericht seine Aufklärungspflicht vernachlässigt, indem es ihren Vortrag zu ihrer faktischen Tätigkeit als Lehrerin vernachlässigt habe. Das Verfahren weise auch besondere rechtliche Schwierigkeiten auf und habe grundsätzliche Bedeutung.

II.

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg. Er legt keinen der Gründe des § 124 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) dar. Die Berufung ist weder wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), noch wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO), noch wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) oder wegen eines Verfahrensmangels (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) zuzulassen.

1.

Ernstliche Zweifel i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhalten wird. Ein darauf gestützter Antrag muss sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzen und im einzelnen darlegen, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese ernstlichen Zweifel begegnen und warum diese Zweifel eine andere Entscheidung wahrscheinlich machen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 13.12.2005 - 2 A 115/05 -, 28.02.2002 - 2 A 413/01 -, 12.12.2002 - 2 A 357/02 -, 19.12.2002 - 2 A 362/03 - und 11.02.2004 - 2 A 341/03 -; ebenso die Rechtsprechung des 1. Senats des OVG Bremen, vgl. u. a. B. v. 14.12.2000 - 1 A 341/99 -).

Diesen Anforderungen wird der Antrag der Klägerin nicht gerecht, weil sich aus ihm nicht ergibt, dass eine andere Entscheidung wahrscheinlich wäre. Er betrifft ausschließlich die Bewertung der 20jährigen Dienstzeit der Klägerin. Das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung jedoch zu Recht auch darauf gestützt, dass der von der Klägerin erstrebten Ernennung auch bei ausreichender Dienstzeit die fehlende Lehrbefähigung entgegenstünde und dabei auf die Anforderungen des Gesetzes über die Ausbildung für das Lehramt an öffentlichen Schulen im Lande Bremen vom 02.07.1974, BremGBl 279, -Bremisches Lehrerausbildungsgesetz a.F.-) abgestellt. Nach dessen § 2 wird die Befähigung zum Lehramt an öffentlichen Schulen durch das Bestehen der Ersten und der Zweiten Staatsprüfung für dieses Lehramt erworben (S. 5 des Urteils).

Insofern ist die Formulierung der Fußnote 1) zu Besoldungsgruppe 12a BremBesO zwar missverständlich, ihr kann jedoch nicht entnommen werden, dass ein Lehramt nach hinreichender Dienstzeit auch an Bewerber ohne zweite Staatsprüfung übertragen werden könnte. Sie bezieht sich auf "Lehrer", deren Laufbahn generell zwei Staatsexamen voraussetzt. Das verdeutlicht auch die Historie der Fußnote. Sie geht auf eine frühere identische Fußnote zur Besoldungsgruppe 12 BremBesO zurück, die durch ein Gesetz vom 17.12.1968 eingeführt wurde (BremGBl S. 241 f.). Seinerzeit war zunächst vorgesehen, sie wie folgt zu formulieren: "1) Ein Amt dieser Besoldungsgruppe darf nur solchen Beamten verliehen werden, die beide Prüfungen für das Lehramt an Grund-, Haupt- und Realschulen in zwei Wahlfächern abgelegt oder die bis zum 31. Dezember 1971 eine 20jährige hauptberufliche Tätigkeit im Schuldienst nach Ablegung der II. Lehrerprüfung mit Bewährung abgeleistet haben (...)" (Bremische Bürgerschaft, Landtag, Drs.7/38 S. 6)

Daraus wird deutlich, dass das Bestehen der 2. Staatsprüfung nicht durch eine lange Dienstzeit ersetzt werden sollte. Dieses Ergebnis ergibt sich auch nicht daraus, dass schließlich eine andere Formulierung verabschiedet wurde. Diese entstammt einem Änderungsantrag, der in der Bürgerschaft am 11.12.1968 beraten wurde (Landtagsprotokolle der 7. Wahlperiode S.1302 f.). Die ursprüngliche Formulierung wurde als unbefriedigend angesehen, weil sie zu Härten führen könne. Insbesondere sollte den Interessen von älteren Lehrern, die zuvor Soldaten, in Kriegsgefangenschaft oder als Lehrer in der DDR tätig waren, nachgegeben werden, indem diese Zeiten als "Dienstzeiten" berücksichtigt werden. Ihnen sollte nicht zugemutet werden, nach längerer Dienstzeit noch eine Prüfung im zweiten Wahlfach abzulegen. Die Debatte betraf ausschließlich einen Ersatz der Prüfung im zweiten Wahlfach und nicht der zweiten Staatsprüfung. Dazu wäre eine Dienstzeit als Soldat oder in Gefangenschaft offensichtlich auch nicht geeignet gewesen.

2.

Die Klägerin macht auch nicht im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO einen tatsächlich vorliegenden Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens geltend, auf dem das Urteil beruhen kann.

Ihre Aufklärungsrüge ist nicht begründet. Sie rügt insofern, dass das Verwaltungsgericht die Qualität ihres Unterrichtseinsatzes nicht weiter aufgeklärt habe, obwohl sie vorgetragen habe, dass der von ihr erteilte Unterricht sonst tatsächlich nur von Berufsschullehrern und Lehrern der Sekundarstufe II erteilt werde.

Die anwaltlich vertretene Klägerin hat zu diesem Komplex keine Beweisanträge in einer mündlichen Verhandlung gestellt. Vortrag in anderer Form, auch als schriftlich formulierter Beweisantrag, kann als Anregung zur Beweiserhebungen von Amts wegen zu werten sein (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, Komm., 14. Aufl., § 86 Rn. 19). Über Beweisanregungen hat das Gericht im Rahmen des ihm bei der Erforschung des Sachverhalts zustehenden pflichtgemäßen Ermessens zu entscheiden. Die Ermessensfreiheit des Gerichts findet ihre Grenze dort, wo sich die Notwendigkeit einer Beweisaufnahme aufdrängen musste (vgl. OVG Bremen, B. v. 06.07.2006 - 2 A 24/06.A - m. w. N.).

Das legt die Klägerin nicht dar. Das Verwaltungsgericht hatte keinen Anlass, Ermittlungen zur Qualität ihres faktischen Einsatzes anzustellen, weil es zu Recht auch auf die fehlende formale Lehrbefähigung der Klägerin abgestellt hat.

Es kommt nicht darauf an, ob die Klägerin materiell ebenso qualifiziert ist wie eine Lehrerin. Im Besoldungsrecht werden die einzelnen Ansprüche grundsätzlich nach Grund und Höhe durch formelle und zwingende Vorschriften kasuistischen Inhalts festgelegt. Regelungen dieser Art sind nach dem darin erkennbaren Willen des Gesetzgebers einer ausdehnenden Auslegung und Ergänzung nicht zugänglich (BVerwG, B.v. 02.09.1994, 2 B 51/94, juris). Der Gesetzgeber hat die Besoldungsstufe A 12a nur Lehrern mit zwei Staatsexamen zugesprochen, wofür im Übrigen auch deren längere Zeit in der Ausbildung mit entsprechend geringem Einkommen spricht.

3.

Die Berufung ist auch nicht wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen. Dafür ist nach der Rechtsprechung des Senats erforderlich, dass die Rechtssache hinsichtlich der aufgeworfenen tatsächlichen oder rechtlichen Fragen signifikant vom Spektrum der verwaltungsgerichtlichen Verfahren abweicht (vgl. Senatsbeschluss vom 17.03.2005 - 2 A 214/04 - m.w.N.).

Der Vortrag der Klägerin, das Ergebnis eines Berufungsverfahrens sei offen, weil der Sachverhalt bisher nicht hinreichend aufgeklärt worden sei, legt keine Schwierigkeiten in diesem Sinne dar. Da der geltend gemachte Anspruch, wie dargelegt, eindeutig an der fehlenden formalen Lehrbefähigung der Klägerin scheitert, besteht weder Anlass zu weiterer Aufklärung noch weist die Rechtssache besondere Schwierigkeiten auf.

4.

Eine Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) kommt ebenfalls nicht in Betracht. Dafür wäre erforderlich, dass eine konkrete, sich in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht stellende Frage aufgezeigt wird. Zudem wäre darzulegen, dass und inwieweit die Frage klärungsbedürftig ist, d. h. sich bei obergerichtlicher Klärung dazu eignet, - unbeschadet des Grundsatzes der freien richterlichen Beweiswürdigung -die Überzeugungsbildung und Rechtsanwendung in anderen Fällen in dieser konkreten Frage zu vereinheitlichen oder fortzuentwickeln (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. u. a. Senatsbeschlüsse vom 10.09.1997 - 2 B 117/97 -, 31.03.1998 - 2 B 125/97 -, 31.07.1998 - 2 B 207/97 -, 02.11.1998 - 2 BB 392/98 -, 28.02.2002 - 2 A 413/01 -, 17.03.2005 - 2 A 214/04 -und 26.01.2006 - 2 A 130/05 -). Die Grundsatzfrage ist derart aufzuarbeiten, wie dies nach Maßgabe der Begründung in der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts erforderlich ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15.08.1994 - 2 BvR 719/93).

Auch diesen Anforderungen wird die Antragsschrift nicht gerecht. Auf die darin aufgeworfene Frage, "ob die Dienstzeit im Sinne von Fußnote 1 eine Lehrtätigkeit gerade von Beamten voraussetzt oder eine sonstige Tätigkeit im öffentlich- rechtlichen Beschäftigungsverhältnis ausreicht", kommt es nicht an, weil der Anspruch der Klägerin auch dann an der ihr fehlenden formalen Lehrbefähigung scheitert, wenn die von ihr geleistete Dienstzeit den Anforderungen genügen sollte.

5.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 40, 52 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Satz 1 Nr. 1 GKG.

Ende der Entscheidung

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