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Gericht: Oberverwaltungsgericht Bremen
Urteil verkündet am 29.10.2008
Aktenzeichen: 2 A 38/05
Rechtsgebiete: BeamtVG, GKG i.d.F. v. 15.12.1975


Vorschriften:

BeamtVG § 35
GKG i.d.F. v. 15.12.1975 (BGBl. I S. 3047)
1. Eine wesentliche Beschränkung der Erwerbsfähigkeit i. S. des § 35 Abs. 1 BeamtVG setzt eine Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 25 v. H. voraus. Daran ist auch nach der zum 21.12.2007 in Kraft getretenen Neufassung des § 31 BVG festzuhalten.

2. Ob und in welchem Umfang die Voraussetzungen für die Gewährung eines Unfallausgleichs erfüllt sind, ist nach der Sach- und Rechtslage bei Abschluss des Verwaltungsverfahrens zu beurteilen.

3. Für das Vorliegen eines Dienstunfalls ist grundsätzlich der volle Beweis zu erbringen ("mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit"). Das gilt sowohl für das Vorliegen und das Ausmaß des behaupteten Körperschadens als auch für den Kausalzusammenhang mit dem Dienstunfallgeschehen.

4. Als Ursachen im Rechtssinne auf dem Gebiet der beamtenrechtlichen Dienstunfallversorgung sind nur solche für den eingetretenen Schaden ursächlichen Bedingungen im naturwissenschaftlich-philosophischen (natürlich-logischen) Sinne anzuerkennen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg nach natürlicher Betrachtungsweise zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (im Anschluss an BVerwG, Urt. v. 01.03.2007 - 2 A 9/04 - m. w. N.).

5. Bei der Feststellung der nach dem Beamtenversorgungsrecht maßgebenden MdE sind die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz" zu berücksichtigen. Bei ihnen handelt es sich um antizipierte Sachverständigengutachten, deren Beachtlichkeit im konkreten Verwaltungs- und Gerichtsverfahren sich zum einen daraus ergibt, dass eine dem allgemeinen Gleichheitssatz entsprechende Rechtsanwendung nur dann gewährleistet ist, wenn die verschiedenen Behinderungen nach gleichen Maßstäben beurteilt werden; zum anderen stellen die AHP ein geeignetes, auf Erfahrungswerten der Versorgungsverwaltung und Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft beruhendes Beurteilungsgefüge zur Einschätzung der GdB/MdE dar (im Anschluss an: BSG, Urt. v. 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R - BSGE 91, 205-211 m. w. N.).

6. Der Streitwert bei einer Klage auf Unfallausgleich nach § 35 Abs. 1 BeamtVG ist nach dem zweifachen Jahresbetrag des erstrebten Unfallausgleichs zu bemessen.

7. § 14 Abs. 2 Satz 1 GKG a. F., wonach der Streitwert durch den Wert des Streitgegenstandes der ersten Instanz begrenzt ist, findet keine Anwendung bei einer Änderung der Bemessungsvorschriften.


Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen Im Namen des Volkes! Urteil

OVG: 2 A 38/05

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen - 2. Senat - durch Richter Dr. Grundmann, Richter Dr. Lohmann und Richterin Dr. Jörgensen sowie den ehrenamtlichen Richter G. Bleil und die ehrenamtliche Richterin E. Jochmann aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 29.10.2008 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts der Freien Hansestadt Bremen - 2. Kammer - vom 19.06.2003 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der Kostenfestsetzung abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Unfallausgleich.

Der 1946 geborene Kläger war seit 1977 beamteter Lehrer der Beklagten. Seit 1993 war er teilzeitbeschäftigt mit der Hälfte der wöchentlichen Arbeitszeit.

Am 11.01.1999 erlitt der Kläger folgenden Unfall: Bei dem Versuch, im Sammlungsraum seiner Schule einen Umzugskarton mit Biologiearbeitsmaterialien von einem Schrank zu heben, riss die linke Tragelasche des Kartons mit der Folge, dass der Karton dem Kläger aus der Hand rutschte und auf seinen Bauch und linken Oberschenkel schlug. Bei dem Kläger wurde ein Leistenbruch diagnostiziert, der am 19.01.1999 im Kreiskrankenhaus ... operiert wurde. Laut Bericht des Kreiskrankenhauses ... vom 23.01.1999 gestaltete sich der postoperative Verlauf unauffällig.

In seiner Stellungnahme vom 10.06.1999 zum Unfall führte der Amtsarzt der Beklagten Herr Dr. M. aus, dass der ursächliche Zusammenhang zwischen Verletzung und Unfallereignis in ärztlichwissenschaftlicher Hinsicht sehr wahrscheinlich sei. Dazu stellte er fest, dass die ärztliche Behandlung abgeschlossen sei und wesentliche Folgeschäden nicht zurückgeblieben seien. Es gebe lediglich persistierende Sensibilitätsstörungen im Bereich der linken Oberschenkelinnenseite und vermehrte Narbenempfindlichkeit links inguinal. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) für den allgemeinen Arbeitseinsatz bewerte er mit 10 v. H..

Die Beklagte erkannte daraufhin mit Schreiben vom 15.06.1999 den Unfall als Dienstunfall im Sinne des § 31 BeamtVG an.

Mit Schreiben vom 17.09.2001 beantragte der Kläger die Feststellung der Minderung der Erwerbsfähigkeit. Sein Gesundheitszustand habe sich nach einjähriger Behandlung im Schmerzzentrum B. bei Herrn Dr. S. verschlechtert. Seit dem Dienstunfall hätten sich die ständigen Schmerzen und erheblichen Beeinträchtigungen weiter verstärkt. Ambulante Heilkuren hätten nur vorübergehend Linderung gezeigt. Therapien nach Diagnosen verschiedener Ärzte hätten keine Besserung ergeben. Er bitte um Berücksichtigung seiner Teilzeitregelung, die nach der Operation eine große Entlastung bedeutet habe. Sein Gesundheitszustand und die Entwicklungstendenz gäben zu der Besorgnis Anlass, den Schuldienst im bisherigen Umfang nicht mehr leisten zu können.

Mit dem Antrag legte der Kläger einen Bescheid des Versorgungsamtes Verden vom 02.08.2001 vor, nach dem ab dem 29.12.2000 der Grad der Behinderung 20 betrug. Als Funktionsbeeinträchtigung wird im Bescheid ein Schmerzsyndrom nach Leistenbruchoperation links bei degenerativem Wirbelsäulenleiden festgestellt. Zum Befund heißt es in dem Bescheid u. a.: "Zustand nach Hernioplastik bei Leistenhernie links mit Implantation eines Polypropylennetzes. Nachfolgendes hartnäckiges Schmerzsyndrom ohne Nachweis eines Hernienrezidivs, keine erklärende urologische Erkrankung, keine path. Befunde in der Hüftgelenksregion u. im Raum des kleinen Beckens. Medikamentöse Therapien ohne Befundbesserung, ursächlich wird eine seltene Einmauerung des Nervus ileoinguinalis in eine Bindegewebsplatte, die das Kunststoffnetz umgibt, angenommen, die einer operativen Therapie nur schwer zugänglich ist."

Mit Schreiben vom 23.10.2001 bescheinigte Dr. M. nach einer Untersuchung des Klägers und Einsichtnahme in die zwischenzeitlichen Befundberichte, dass eine Verschlimmerung der MdE auf 20 v. H. ab dem 29.12.2000 bestätigt werden könne.

Mit Bescheid vom 08.11.2001 lehnte das Personal- und Organisationsamt der Beklagten die Gewährung von Unfallausgleich ab. Gemäß § 35 BeamtVG erhalte der Verletzte, der infolge des Dienstunfalls in seiner Erwerbsfähigkeit länger als sechs Monate wesentlich beschränkt sei, einen Unfallausgleich. Dabei bedeute wesentlich, dass die MdE mindestens 25 v. H. betrage.

Dagegen legte der Kläger am 03.12.2001 Widerspruch ein. Seit Oktober 2000 sei eine Schmerztherapie mit wenig Besserung durchgeführt worden. Insgesamt habe sich sein Gesundheitszustand deutlich verschlechtert. Aufgrund seiner Beeinträchtigung könne er eine Vollzeitbeschäftigung nicht durchhalten. Die bestehende Teilzeitregelung sei bei der Feststellung der eingeschränkten Erwerbsfähigkeit vom Amtsarzt nicht entsprechend berücksichtigt worden. Die Feststellung der MdE von 20 v. H. sei wegen der fehlenden Berücksichtigung beruflicher Beeinträchtigungen nicht akzeptabel. Den Bescheid des Versorgungsamtes Verden habe er mit einer Klage angefochten. Nach ärztlicher Einschätzung von Herrn Dr. G., Klinik ... Hamburg, sei nach der Operation vor drei Jahren eine 20- bis 30-prozentige chronische Schmerzentwicklung mit steigender Tendenz gegeben und die konservative Behandlung durch Schmerzambulanz und Medikamente ausgeschöpft. Die Schmerztherapie mit Antidepressiva habe er auf ärztlichen Rat abgebrochen, weil diese wegen der geringen Besserung und der erheblichen Nebenwirkungen nicht weiter sinnvoll erschienen sei.

Mit Schreiben vom 04.04.2002 führte Dr. M. aus, dass die Stellungnahme von Herrn Dr. G. keine wesentlichen neuen Beurteilungsgesichtspunkte bezüglich der bisher anerkannten MdE ergebe.

Mit Widerspruchsbescheid vom 13.06.2002 wies das Personal- und Organisationsamt der Beklagten den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Die Feststellung des Versorgungsamtes nach § 4 des Schwerbehindertengesetzes zum Grad der Behinderung könne für die Bemessung des Unfallausgleichs nicht herangezogen werden. Der Grad der Behinderung beinhalte alle Gesundheitsstörungen und nicht wie bei der MdE nur die Folgen eines bestimmten schädigenden Ereignisses. Bei der Festsetzung der MdE komme es auch nicht auf die spezifischen beruflichen Beeinträchtigungen an. Maßgebend sei, ob die Fähigkeit des Beamten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einem wirtschaftlichen Erwerb nachzugehen, durch den Dienstunfall gemindert sei. Die Umstände des Dienstes seien hierbei nicht von Bedeutung. Nach erneuter amtsärztlicher Überprüfung hätten sich keine neuen Beurteilungsgesichtspunkte hinsichtlich der bisher anerkannten MdE von 20 v. H. ergeben. Eine gutachtliche Stellungnahme des behandelnden Arztes sei nicht erforderlich. Die ärztlichen Feststellungen zur Höhe der MdE seien durch das Gutachten eines Amtsarztes zu treffen.

Der Kläger hat am 25.06.2002 beim Verwaltungsgericht Bremen Klage erhoben. Seine Teilzeitbeschäftigung werde bei der Feststellung der MdE ignoriert. Die Fortsetzung der Teilzeitregelung sei aufgrund des Dienstunfalls erfolgt. Er habe weiterhin Schmerzen in der linken Leiste, im Unterbauch, im linken Bein und im Hoden, die sich über den ganzen Tag erstrecken würden. Ein Medikament lindere stundenweise, es träten aber Nebenwirkungen wie Schwindel, Müdigkeit, Vergesslichkeit und Orientierungsstörungen auf. Nach dem Unterricht stellten sich die Schmerzen so stark ein, dass er den Rest des Tages überwiegend liege und sich erholen müsse. Freizeitbeschäftigung sei nicht mehr möglich. Beim Sitzen beginne der Leistenschmerz besonders schnell auszustrahlen. Bisherige Therapien hätten keine Besserung gezeigt. Von einer Nachoperation sehe er nach Beratung mit zwei Neurologen ab.

Zum 31.05.2003 wurde der Kläger wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt. In seiner Stellungnahme vom 30.04.2003 zur Überprüfung der Dienstunfähigkeit führte Dr. M. aus, dass bei dem Kläger ein langjähriges Schmerzsyndrom infolge operativer Maßnahmen nach erlittenem Dienstunfall bestehe. Bisherige umfangreiche medizinische Behandlungsmaßnahmen hätten keine wesentliche Besserung zu erreichen vermocht. Zu einem erneuten operativen Korrekturversuch der bestehenden Nervus ilioinguinales-Neuralgie habe der Kläger sich bisher nicht entschließen können. Mittlerweile sei es bei dem Kläger zur Ausprägung einer langfristig medikamentös behandlungsbedürftigen depressiven Störung gekommen.

Dazu hat der Kläger vorgetragen, dass aufgrund weiterer Erkenntnisse und der amtsärztlichen Stellungnahme von Herrn Dr. M. vom 30.04.2003 zu seiner Versetzung in den Ruhestand die Kausalität des Dienstunfalls für seine gesundheitlichen Beeinträchtigungen bewiesen sei.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte unter entsprechender Abänderung des Bescheids vom 08.11.2001 und Aufhebung des Widerspruchsbescheids vom 13.06.2002 zu verpflichten, eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 30 % anzuerkennen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat sich auf die Feststellungen des Amtsarztes berufen und darauf, dass die Teilzeitregelung bereits seit 1993 bestanden habe.

Das Verwaltungsgericht hat Herrn Dr. M. in der mündlichen Verhandlung vom 19.06.2003 zum Gesundheitszustand des Klägers angehört. Dazu hat Herr Dr. M. ausgeführt, dass von vorneherein nicht klar gewesen sei, was bei der vom Kläger angegebenen Schmerzsymptomatik im Vordergrund gestanden habe. Trotz eingehender Untersuchungen verschiedener Fachdisziplinen sei das Beschwerdebild nicht eindeutig zuzuordnen gewesen. Es gebe aus seiner Sicht eine Diskrepanz zwischen den vorliegenden objektivierbaren Befunden und den subjektiven Schmerzen des Klägers. Der Kläger sei zunehmend reaktiv depressiv erschienen und habe auf ihn zuletzt antriebsarm, schlaff und nahezu vollständig auf sein Beschwerdebild fixiert gewirkt. Es habe auch erhebliche Ausfallzeiten gegeben und er habe von dem psychischen Erscheinungsbild des Klägers her die Auffassung vertreten, dass er als Lehrer nicht mehr eingesetzt werden könne. Ob die depressive Reaktion Folge des Dienstunfalls sei, sei schwierig zu beantworten. Er habe von Anfang an das Gefühl gehabt, dass jener Unfall, der zum Leistenbruch geführt habe, für den Kläger auch ein Mittel zum Zweck gewesen sei. Der Kläger habe sich den Anforderungen in der Schule nicht mehr gewachsen gefühlt und habe einen völlig ausgelaugten Eindruck gemacht. Aus seiner Sicht sei der Tod der ersten Ehefrau des Klägers ein einschneidendes Erlebnis gewesen, das sich auf seine psychische Konstitution ausgewirkt habe.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 19.06.2003 abgewiesen. Der Kläger erfülle nicht die Voraussetzungen für die Gewährung von Unfallausgleich nach § 35 BeamtVG. Unfallausgleich setze eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 25 v. H. voraus. Eine MdE von 30 v. H. könne nicht anerkannt werden. Die von dem Kläger angeführten und vom Amtsarzt festgestellten diversen gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die letztlich zur Versetzung in den Ruhestand geführt hätten, seien nur zum Teil als Folgen des Dienstunfalls anzusehen. Die Annahme einer MdE von 20 v. H. durch den Amtsarzt Dr. M. sei im Ergebnis nicht zu beanstanden. Dabei sei der Amtsarzt entsprechend Nr. 26.11 der "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz - 1996" (im Folgenden: AHP) von erheblichen Einschränkungen der Belastungsfähigkeit bei einem ein- oder beiderseitigem Leistenbruch ausgegangen, die nach den Anhaltspunkten mit einer MdE von 20 v. H. bewertet würden. Sowohl üblicherweise vorhandene Schmerzen als auch erfahrungsgemäß besonders schmerzhafte Zustände seien bei den in den Anhaltspunkten angegebenen Werten bereits berücksichtigt. Zwar könnten in Fällen, in denen eine über das übliche Maß hinausgehende, eine spezielle ärztliche Behandlung erfordernde Schmerzhaftigkeit anzunehmen sei, höhere Werte angesetzt werden (Nr. 18 Abs. 8 AHP). Die das übliche Maß hier wohl übersteigenden andauernden Beschwerden des Klägers könnten jedoch nicht als kausale Folge des Dienstunfalls angesehen werden. Es könne nicht mit Gewissheit festgestellt werden, was genau der Grund für die persistenten Schmerzen des Klägers sei. Die Diagnose, es liege ein Reizsyndrom des Nervus ilioinguinalis und des Ramus genitales des Nervus genitofemorales vor, sei durch objektive Nachweisverfahren nicht eindeutig verifiziert worden. Dies führe zu folgenden alternativen Erwägungen: Auslöser für die Schmerzen des Klägers könne ein ärztlicher Kunstfehler sein. Sei dieser zu bejahen, sei er die wesentliche Ursache für die anhaltenden Beschwerden des Klägers. Sei die Einklemmung der Nerven unvermeidliche Folge der Operation, hätte der Kläger durch eine Schmerzbehandlung oder Nachoperation für Abhilfe der Schmerzen sorgen können. Durch die Ablehnung der Nachoperation habe der Kläger die wesentliche Ursache für die anhaltenden Schmerzen gesetzt. Sei hingegen nicht ein eingeklemmter Nerv die Ursache der Schmerzen, sei die Schmerzreaktion des Klägers nur psychisch erklärbar. In diesem Fall seien die Beschwerden als anlagebedingt anzusehen. In Fällen, in denen das subjektive Schmerzempfinden nicht mit den objektiven Befunden korreliere, sei nicht der Dienstunfall, sondern die auf individuellen Gründen beruhende Schmerzüberempfindlichkeit des Betreffenden wesentliche Ursache. Bei Unterstellung unterschiedlicher Gründe für die besondere Schmerzsymptomatik des Klägers habe das Gericht bei keiner der angenommenen Varianten feststellen können, dass bei ihm als Folge des Dienstunfalls eine höhere MdE als 20 v. H. vorliege. Für die Feststellung einer höheren MdE trage der Kläger die Beweislast. Einer weiteren Sachaufklärung habe es nicht bedurft.

Der Kläger hat gegen das ihm am 02.07.2003 zugestellte Urteil am 21.07.2003 die Zulassung der Berufung beantragt.

Mit Bescheid des Versorgungsamtes Verden vom 19.05.2004 wurde bei dem Kläger aufgrund einer gutachtlichen Stellungnahme von Herrn Dr. D. vom Niedersächsischen Landesamt für Zentrale Soziale Aufgaben - Ärztlicher Dienst - vom 19.02.2004, in der dieser versorgungsärztlich unter Berücksichtigung von Nr. 26.3 AHP (Nervensystem und Psyche) eine GdB von 40 für eine ständig behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit -rezidivierend depressive Episode, somatoformes Schmerzsyndrom - feststellte, ein Grad der Behinderung von 40 ab dem 01.12.2000 anerkannt. Dem war die Erstattung eines Gutachtens an das Sozialgericht Stade durch Herrn Dr. Sch vorausgegangen. In dem Gutachten vom 27.01.2004 führte Dr. Sch. aus, dass eine Schädigung des Nervus ilioinguinales und des Nervus recurrens in Verbindung mit Herniotomie bekannt sei, wobei narbige Verwachsungen die Ursache bildeten. Der Arbeitsunfall mit den Folgen Leistenhernie, Herniotomie und anschließender therapieresistenter Neuralgie des Nervus ilioinlinguinales habe zu einem zweiten Einbruch in das vorher ruhige Leben des Klägers geführt und die Entwicklung einer bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt anhaltenden Depression induziert. Festzustellen seien folgende Gesundheitsstörungen: Chronifizierte depressive Verstimmung und chronifiziertes neuralgieformes Schmerzsyndrom des Nervus ilioinguinales; die Höhe der GdB für jede einzelne Behinderung betrage 30.

Der Senat hat die Berufung mit Beschluss vom 26.01.2005 zugelassen.

Zur Begründung seiner Berufung trägt der Kläger vor: Die Schmerzen seien auf die Leistenbruchoperation zurückzuführen. Auslöser sei eine wie auch immer geartete Irritation des Nervus ilioinguinalis. Diese sei als Komplikation einer Leistenbruchoperation zwar selten, aber andererseits auch typisch. Die Schmerzen stellten ein immanentes Operationsrisiko dar. Andere Schmerzursachen kämen nicht in Betracht. Die Schmerzen stünden in keinem Zusammenhang mit seiner psychischen Disposition. Die dahingehenden Mutmaßungen des Amtsarztes entbehrten jeder Grundlage. Er habe alles ihm Zumutbare zur Linderung seiner Schmerzen getan. Bezüglich der Medikation sei den ärztlichen Therapievorschlägen gefolgt worden. Soweit sich Unverträglichkeiten ergeben hätten, sei auf ärztliches Anraten ein Medikationswechsel vorgenommen worden. Dass er sich keiner Nachoperation unterzogen habe, könne ihm nicht angelastet werden. Eine solche Operation sei nicht risikofrei, ihr Erfolg zudem unter den konsultierten Ärzten umstritten. Zum Beleg eines Zusammenhangs zwischen Leistenbruchoperation und Schmerzsyndrom berufe er sich auf das Gutachten von Herrn Dr. Sch. vom 27.01.2004. Als mittelbare Folge des Unfalls sei es zwischenzeitlich zu einem Abnutzungsprozess der Hüftgelenke gekommen.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Bremen vom 19.06.2003 den Bescheid vom 08.11.2001 und den Widerspruchsbescheid vom 13.06.2002 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger ab dem 29.12.2000 Unfallausgleich auf der Grundlage einer MdE von 30 %,

hilfsweise

von 25% zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Schmerzzustände des Klägers seien nicht ursächlich auf den Dienstunfall zurückzuführen. Die tatsächliche Schmerzursache sei diagnostisch nicht hinreichend geklärt. Art und Ausprägung der Schmerzen passten nicht zu dem Unfallereignis. Die alternativ in Betracht zu ziehenden Ursachen habe das Verwaltungsgericht in seinem Urteil zutreffend aufgezeigt. Der Sachverhalt sei nicht weiter aufklärbar, weil der Kläger zu einer Nachoperation nicht bereit sei. Es lägen genügend ärztliche Stellungnahmen und Gutachten vor, um die Angemessenheit der zugebilligten MdE von 20 v. H. zu bestätigen. Eine weitere ärztliche Stellungnahme sei entbehrlich.

Der Senat hat die Sache erstmals am 22.02.2006 verhandelt. Mit Beschluss vom 22.02.2006 hat der Senat die weitere Aufklärung des Sachverhalts durch Einholung einer schriftlichen Erläuterung von Dr. D. zu seiner gutachtlichen Stellungnahme vom 19.02.2004 sowie Einholung einer Stellungnahme des Amtsarztes zu der Frage, ob zwischen dem Dienstunfall und der Depression des Klägers ein Folgezusammenhang besteht und wie die Gesamt-MdE in Bezug auf das Schmerzsyndrom und die Depression ab dem 29.12.2000 beurteilt wird, angeordnet. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beweisbeschluss verwiesen.

Mit Schreiben vom 05.04.2006 führt Dr. D. aus, dass hinsichtlich der Frage, ob die zu bewertenden Störungen als zusammenhängende Folge des erlittenen Dienstunfalls zu sehen seien, das SGB IX keine ätiologisch final zu würdigende ärztliche Empfehlung nach den Anhaltspunkten zulasse, so dass zur Frage des Dienstunfalls und einer sich daraus ergebenden Dienstunfähigkeit keine Stellungnahme oder Empfehlung ergehen könne. Hinsichtlich der Anteile von Schmerzsyndrom und Depression sei auszuführen, dass seelische Befindlichkeiten hier mit einem rezidivierenden depressiven Prozess und chronifizierter Schmerzhaftigkeit nicht strikt voneinander als gleichwertig eigenständige dauerhafte Krankheiten betrachtet werden könnten, zumal subjektiv schmerzhaftes Empfinden von unterschiedlicher Intensität immer mit seelischer Befindlichkeit und damit auch häufig mit depressiven Empfindungen korrespondiere oder einhergehe.

In seiner Stellungnahme vom 22.08.2006 führt Dr. M. aus, dass er weiter davon ausgehe, dass ein psychogener Hintergrund für die Schmerzen bestehe. Durch die Zuerkennung des Körperschadens als Dienstunfall sei es zu einer Verstärkung vorhandener persönlichkeitsspezifischer regressiver Tendenzen beim Kläger gekommen. Biografisch habe sich alles vor dem Hintergrund eines latenten beruflichen Burn-out-Syndroms ereignet. Eine Verschlimmerung der Beschwerden sei amtsärztlicherseits als vorhanden anzuerkennen, diese Verschlimmerung sei wegen der Mittelbarkeit der Gesamtsymptomatik jedoch nicht ursächlich auf den Dienstunfall zurückzuführen. Wegen der Ergebnisse der Beweisaufnahme im Einzelnen wird auf die Schreiben vom 05.04.2006 und 22.08.2006 verwiesen.

Mit Beschluss vom 04.07.2007 hat der Senat beschlossen, Beweis zu erheben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu folgenden Beweisfragen:

1. Liegt bei dem Kläger eine Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 30% vor?

2. Falls ja: Stellt sich der Unfall am 11.01.1999 als wesentliche Mitursache einer solchen Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 30% dar?

3. Falls ja: Bestand die so verursachte Minderung der Erwerbsfähigkeit um 30% bereits am 29.12.2000?

Falls nein: Wann wurde dieser Wert überschritten? Mit der Erstattung des Gutachtens ist Dr. S., Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie, vom Institut für Forensische Psychiatrie der Universität ... beauftragt worden.

Dr. S. kommt in dem gemeinsam mit Frau Dr. M., Diplom-Psychologin, erstatteten Gutachten vom 01.02.2008 zusammenfassend zu folgender Beurteilung:

"Diagnostisch liegt bei Herrn D. zum jetzigen Zeitpunkt keine klinisch relevante Depression oder ein anderes Störungsbild aus dem psychiatrischen Fachgebiet vor. Darüber hinaus lässt sich auch anamnestisch keine depressive Phase sicher eruieren. Diesbezüglich bleibt zu berücksichtigen, dass Herr D. seit dem Jahr 2001 konstant eine antidepressive Medikation erhält, wobei der Indikationsbereich dieser Medikamente auch chronische Schmerzen umfasst. Bei seiner psychischen Gestimmtheit nach dem Tod der Ehefrau handelte es sich in Übereinstimmung mit der Einschätzung von Dr. Sch. um eine "normale" Trauerreaktion, die sicherlich nicht als Beleg für die amtsärztlicherseits formulierte "psychische Disposition" gewertet werden kann. Hinsichtlich der MdE-Einschätzung des Schmerzsyndroms bedeutet dies, dass sich u. E. aus psychiatrisch-psychologischer Sicht eine Änderung der bisherigen Schweregradsbeurteilung (20%) nicht begründen lässt."

Mit Schreiben vom 30.04.2008 hat Dr. S. sein Gutachten weiter erläutert. Danach sei das mittlerweile ohne Zweifel chronifizierte Schmerzsyndrom das einzige Störungsbild, was er aus psychiatrischer Sicht bei der Begutachtung am 13.12.2007 habe diagnostizieren können. Ein chronisches Schmerzsyndrom führe zu entsprechenden Einschränkungen, die mit einer MdE von 20% treffend eingestuft seien.

Der Senat hat den Amtsarzt Dr. M. um Stellungnahme zu dem Gutachten von Dr. S. und Frau Dr. M. gebeten, insbesondere dazu, ob vor dem Hintergrund, dass die Gutachter eine psychische Disposition des Klägers für die Schmerzempfindlichkeit verneinen, für das Schmerzsyndrom eine Erhöhung der MdE nach Nr. 26.11 i. V. mit Nr. 18 Abs. 3 und 8 AHP vorzunehmen sei. In seiner Stellungnahme vom 07.07.2008 führt Herr Dr. M. dazu aus, dass er eine MdE von 20% weiterhin für angemessen erachte in analoger Anwendung der unter Nr. 26.11 genannten erheblichen Einschränkung der Belastungsfähigkeit, die zweifellos vorhanden sei. Eine über das übliche Maß hinausgehende Schmerzhaftigkeit werde von ihm als nicht zwingend erachtet.

Die Beteiligten haben Gelegenheit erhalten, zum Inhalt des Sachverständigengutachtens Stellung zu nehmen. Der Kläger ist dem Gutachten entgegengetreten. Das Gutachten komme nicht zu einer Feststellung der Gesamt-MdE, sondern betrachte das Schmerzsyndrom allein aus psychiatrischpsychologischer Sicht. In die Gesamt-MdE seien aber die Einschränkung der körperlichen Belastungsfähigkeit aufgrund der Leistenhernie, das lumbosakrale Bandscheibenkompressionssyndrom und die Coxarthrose einzubeziehen. Diese Befunde träten zu der psychiatrisch-psychologischen Bewertung des Schmerzsyndroms hinzu. Zudem sei nach dem Gutachten eine erhöhte MdE zum Zeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens sogar wahrscheinlich.

Nach Auffassung der Beklagten bestätigt das Gutachten die Bewertung der MdE mit 20%.

Das Gericht hat Dr. S. in der mündlichen Verhandlung vom 22.10.2008 zur Erläuterung seines Gutachtens angehört. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf das Sitzungsprotokoll vom 22.10.2008 verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze der Beteiligten sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, soweit ihr Inhalt in diesem Urteil verwertet worden ist.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung von Unfallausgleich auf der Grundlage einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 25% oder 30%.

Nach § 35 Abs. 1 BeamtVG erhält der Beamte, der infolge eines Dienstunfalls in seiner Erwerbsfähigkeit länger als sechs Monate wesentlich beschränkt ist, solange dieser Zustand andauert, einen Unfallausgleich. Wesentlich bedeutet, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit mindestens 25 v. H. beträgt. Dies folgt aus der Verweisung in § 35 Abs. 1 Satz 2 BeamtVG auf § 31 Abs. 1 und 2 BVG in der beim Erlass des Widerspruchsbescheids am 13.06.2002 geltenden Fassung (vgl. auch: BVerwG, Urteil vom 30.06.1965 - VI C 38.63 - BVerwGE 21, 282-286). Daran ist aber auch nach der zum 21.12.2007 in Kraft getretenen Neufassung des § 31 BVG (BGBl. I S. 2904) festzuhalten. Der Regelungsgehalt des § 31 Abs. 2 BVG a. F., nach dem eine bis zu 5% geringere Minderung der Erwerbsfähigkeit vom höheren Zehnergrad mit umfasst ist, ist in § 30 Abs. 1 Satz 2 BVG aufgenommen worden. Zwar verweist § 35 BeamtVG nicht auf § 30 Abs. 1 Satz 2 BVG. Über den Verweis auf § 31 Abs. 1 BVG, der aufgrund von § 30 Abs. 1 Satz 2 BVG auch einen Grad der Schädigungsfolgen von 25% erfasst, behält diese Regelung zugleich auch ihre Bedeutung für den Begriff der wesentlichen Beschränkung der Erwerbsfähigkeit i. S. des § 35 BeamtVG (vgl. auch: Plog/Wiedow/Lemhöfer/Bayer, Kommentar zum Bundesbeamtengesetz, Stand: Oktober 2008, BeamtVG § 35 Rz. 6).

Nach § 35 Abs. 2 Satz 1 BeamtVG ist die Minderung der Erwerbsfähigkeit nach der körperlichen Beeinträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben zu beurteilen. Erwerbsfähigkeit ist die Kompetenz des Verletzten, sich unter Nutzung der Arbeitsgelegenheiten, die sich ihm abstrakt im gesamten Bereich des Erwerbslebens bieten, einen Erwerb zu verschaffen. Auf den bisherigen Beruf oder die bisherige Tätigkeit wird dabei nicht abgestellt (Plog/Wiedow/Lemhöfer/Bayer, a. a. O., BeamtVG § 35 Rz. 5b).

Ob und in welchem Umfang die Voraussetzungen für die Gewährung eines Unfallausgleichs erfüllt sind, ist nach der Sach- und Rechtslage bei Abschluss des Verwaltungsverfahrens - hier des Widerspruchsbescheids vom 13.06.2002 - zu beurteilen. Danach eintretende gesundheitliche Änderungen sind unerheblich. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, den für die Gewährung von Unfallausgleich maßgeblichen, verschiedenen Veränderungen unterworfenen Gesundheitszustand des Beamten während der Dauer des gerichtlichen Verfahrens rechtlich "unter Kontrolle zu halten" (Nds. OVG, Beschl. v. 29.11.2000 - 2 L 3371/00 und Beschl. v. 06.02.2008 - 5 LA 21/07; OVG Münster, Beschl. v. 23.03.1998 - 6 A 54/96 - sämtlich juris).

Für das Vorliegen eines Dienstunfalls ist grundsätzlich der volle Beweis zu erbringen ("mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit"). Das gilt sowohl für das Vorliegen des behaupteten Körperschadens als auch für den Kausalzusammenhang mit dem Dienstunfallgeschehen. Wenn sich die anspruchsbegründenden Voraussetzungen nicht klären lassen, trägt der Beamte die materielle Beweislast (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.10.1981 - 2 C 17/81 - NJW 1982, 1893-1894 sowie Beschl. v. 07.02.1989 - 2 B 179/88 - juris).

Der Unfall des Klägers am 11.01.1999 ist von der Beklagten mit Schreiben vom 15.06.1999 als Dienstunfall i. S. d. § 31 BeamtVG anerkannt worden. Zwar hat die Beklagte in jüngeren Stellungnahmen erwogen, dass womöglich eine Körperanlagekomponente in der Schadensverursachung als wesentliche Teilursache zu werten sei, den Bescheid über die Anerkennung des Unfalls als Dienstunfall hat sie jedoch nicht aufgehoben.

Der Senat hält es für wahrscheinlich, dass die vom Kläger geklagten Schmerzen Folge des anerkannten Dienstunfalls am 11.01.1999 sind. Als Ursachen im Rechtssinne auf dem Gebiet der beamtenrechtlichen Dienstunfallversorgung sind nur solche für den eingetretenen Schaden ursächlichen Bedingungen im naturwissenschaftlich-philosophischen (natürlich-logischen) Sinne anzuerkennen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg nach natürlicher Betrachtungsweise zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Die Theorie der wesentlich mitwirkenden Ursache hat die Funktion, im Sinne einer sachgerechten Risikoverteilung dem Dienstherrn die spezifischen Gefahren der Beamtentätigkeit oder die nach der Lebenserfahrung auf sie zurückführbaren, für den Schaden wesentlichen Risiken aufzubürden, hingegen diejenigen Risiken, die sich aus persönlichen, von der Norm abweichenden Anlagen oder aus anderen als dienstlich gesetzten Gründen ergeben, bei dem Beamten zu belassen. Nach der danach maßgebenden Kausalitätstheorie besteht ein Ursachenzusammenhang zwischen dem schädigenden Ereignis und dem Körperschaden nicht mehr, wenn für diesen eine weitere Bedingung ausschlaggebende Bedeutung hatte. Keine die Anerkennung als Dienstunfall rechtfertigenden Ursachen sind sog. Gelegenheitsursachen, d.h. Ursachen, bei denen zwischen dem eingetretenen Schaden und dem Dienst eine rein zufällige Beziehung besteht, wenn also etwa die krankhafte Veranlagung oder das anlagebedingte Leiden so leicht ansprechbar waren, dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen keiner besonderen, in ihrer Eigenart unersetzlichen Einwirkung bedurfte, sondern auch ein anderes, alltäglich vorkommendes Ereignis zu demselben Erfolg geführt hätte (vgl. BVerwG, Urt. v. 01.03.2007 - 2 A 9/04 - juris).

Die Kausalität erstreckt sich auch auf die Minderung der Erwerbsfähigkeit, d. h. auch das Ausmaß der geklagten Beschwerden muss auf das Unfallereignis zurückzuführen sein.

Entgegen der Auffassung der Beklagten, die sich die Ausführungen ihres Amtsarztes zu Eigen gemacht hat, steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Senats fest, dass das Ausmaß der vom Kläger geklagten Beschwerden nicht in einer psychischen Disposition des Klägers oder einer bei ihm vorliegenden Depression begründet ist. Die Gutachter Dr. S. und Frau Dr. M. kommen in ihrem dem Oberverwaltungsgericht erstatteten Gutachten vom 01.02.2008 zu dem Ergebnis, dass von psychischen Störungen oder Krisen des Klägers vor der jetzigen Beschwerdesymptomatik nichts bekannt sei. Die Entwicklung des Klägers nach dem Tod seiner ersten Ehefrau - Hinwendung zu einer neuen Partnerschaft, Eheschließung und Fortbestehen der Ehe - lasse darauf schließen, dass er seine Trauer tatsächlich bewältigt habe. Zum Untersuchungszeitpunkt hätten sich im psychischen Befund keinerlei Anzeichen für eine Depression bzw. depressive Verstimmung gezeigt. Der Kläger sei den Gutachtern freundlich und kooperativ entgegen getreten und habe ohne sichtbare Konzentrationsstörungen der mehrstündigen Untersuchung aktiv folgen können. Bei der umfangreichen psychologischen Testung hätten sich keinerlei kognitive Defizite i. S. eines beginnenden dementiellen Syndroms ergeben. In der Gesamtbetrachtung der Resultate der Persönlichkeitsfragebögen resultiere ein übereinstimmender unauffälliger Gesamteindruck. Somit lasse sich derzeit weder nach dem klinischen Untersuchungsergebnis noch den testpsychologischen Erkenntnissen die zuvor mehrmalig angeführte Diagnose eines depressiven Störungsbildes bestätigen. Auch nach den Angaben des Klägers ergäben sich keine eindeutigen Hinweise auf eine derartige psychische Störung. Die in ärztlichen Stellungnahmen angemerkte Depression bzw. "psychische Disposition", die sozusagen durch den Tod seiner Ehefrau im Jahr 1992 zum Ausbruch gekommen sein solle, bleibe ernsthaft zu hinterfragen. Nach dem Tode der Ehefrau habe der Kläger allem Anschein nach eine Trauerreaktion entwickelt. Es habe sich um eine normalpsychologische Reaktion gehandelt und nicht um ein krankhaft zu wertendes Phänomen. Dass mit dem Auftreten dieses postoperativen Phänomens beim Betroffenen ein Gefühl der Enttäuschung mit langsam zunehmender Verstimmung auftreten könne, sei ebenfalls gut nachvollziehbar. Entscheidend komme es auf den psychopathologischen Schweregrad einer solchen depressiven Verstimmung an. Betrachte man den Tagesablauf des Klägers, so spreche nichts für ein depressives Syndrom. Auch während seines Arbeitsalltages ab 1999 ließen sich keine eindeutigen Hinweise dafür erkennen. Diagnostisch liege bei dem Kläger zum jetzigen Zeitpunkt keine klinisch relevante Depression oder ein anderes Störungsbild aus dem psychiatrischen Fachgebiet vor. Darüber hinaus lasse sich auch anamnestisch keine depressive Phase sicher eruieren. Bei seiner psychischen Gestimmtheit nach dem Tod der Ehefrau handele es sich um eine "normale" Trauerreaktion, die nicht als Beleg für eine psychische Disposition des Klägers gewertet werden könne. Aus psychiatrisch-psychologischer Sicht lasse sich eine Änderung der bisherigen MdE-Einschätzung von 20% für das Schmerzsyndrom nicht begründen.

Das Gutachten von Dr. S. und Dr. M. ist nachvollziehbar. Es weist keine Mängel oder unlösbare Widersprüche auf, noch gehen die Gutachter von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen aus. Der Senat hat keinen Anlass an der Richtigkeit der gutachtlichen Ausführungen zu zweifeln.

Der Senat hält es aufgrund der Feststellungen der Gutachter für nahe liegend, dass die Schmerzsymptomatik beim Kläger ursächlich auf den Dienstunfall zurückzuführen ist. Die Beschwerden des Klägers haben nach der Leistenbruchoperation begonnen und andere Ereignisse, die die inzwischen chronifizierten Schmerzen beim Kläger hätten hervorrufen können, sind nicht ersichtlich. Der Sachverständige Dr. S. hat in seinem sein Gutachten ergänzenden Schreiben vom 30.04.2008 erklärt, dass seiner Ansicht nach ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Unfallereignis und dem Störungsbild bestehe. In der mündlichen Verhandlung hat er erläuternd hinzugefügt, dass keine Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass andere Gründe gegeben sein könnten. Ursächlich ist wahrscheinlich eine in verschiedenen ärztlichen Stellungnahmen (vgl. Dr. B. vom 14.06.2000; Dr. med. G. vom 01.03.2002; Dr. E. vom 08.10.1999; Dr. Sch. vom 27.01.2004; Bescheid des Versorgungsamtes Verden vom 02.08.2001) angenommene Schädigung bzw. Irritation des Nervus ilioinguinales oder des nervus genitofemorales. Diese Diagnose wird auch von dem Sachverständigen Dr. S. für einleuchtend erachtet und von ihr geht offensichtlich auch der Amtsarzt der Beklagten aus, indem er in seiner Stellungnahme vom 30.04.2003 zur Überprüfung der Dienstfähigkeit ausführt, dass sich der Kläger zu einem operativen Korrekturversuch der bestehenden Nervus ilioinguinales-Neuralgie nicht habe entschließen können.

Einer Nachoperation, mit der eine Schädigung des Nervus ilioinguinales womöglich hätte nachgewiesen werden können, hat sich der Kläger allerdings nicht unterzogen. Insoweit hat der Sachverständige Dr. S. im Gutachten (S. 31 zweiter Absatz) und in seinem erläuternden Schreiben vom 30.04.2008 ausgeführt, dass nach wie vor keine eindeutige Klarheit über die Ursache bestehe, und in der mündlichen Verhandlung ergänzt, dass er von seinem Fachgebiet her nicht erklären könne, was die eigentliche Ursache des Schmerzes sei. Danach kann nicht mit letzter Gewissheit ausgeschlossen werden, dass es durch den Unfall zu einem anderen, die Schmerzen verursachenden, anlagebedingten Leiden beim Kläger gekommen ist, für das sich der Unfall lediglich als eine sog. Gelegenheitsursache darstellt. Festzustellen ist aber auch, dass eine andere Ursache für die Schmerzen als eine Schädigung des Nervus ilioinguinales - mit Ausnahme der sich nunmehr als Nichtvorhanden herausgestellten psychischen Disposition des Klägers - in keiner ärztlichen Stellungnahme konkret benannt worden ist.

Die Frage, ob wegen der nicht eindeutigen Feststellung einer Schädigung des Nervus ilioinguinales von einer Kausalität im Sinne des dienstunfallrechtlichen Ursachenbegriffs des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 01.03.2007, a. a. O.) auszugehen ist, bedarf indes aber auch keiner abschließenden Beantwortung.

Denn nach der umfassenden Begutachtung des Klägers durch die Sachverständigen Dr. S. und Dr. M. steht nach Überzeugung des Senats nicht fest, dass die MdE des Klägers mit mindestens 25% zu bewerten ist und ihm daher nach § 35 BeamtVG ein Unfallausgleich zusteht. Die Feststellung einer dienstunfallbedingten MdE von 20% durch die Beklagte unter Berufung auf die amtsärztlichen Stellungnahmen ist nicht fehlerhaft.

Bei der Feststellung der nach dem Beamtenversorgungsrecht maßgebenden MdE sind die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz - 1996 -" (AHP) zu berücksichtigen. Bei ihnen handelt es sich um antizipierte Sachverständigengutachten, deren Beachtlichkeit im konkreten Verwaltungs- und Gerichtsverfahren sich zum einen daraus ergibt, dass eine dem allgemeinen Gleichheitssatz entsprechende Rechtsanwendung nur dann gewährleistet ist, wenn die verschiedenen Behinderungen nach gleichen Maßstäben beurteilt werden; zum anderen stellen die AHP ein geeignetes, auf Erfahrungswerten der Versorgungsverwaltung und Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft beruhendes Beurteilungsgefüge zur Einschätzung der GdB/MdE dar (BSG, Urt. v. 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R - BSGE 91, 205-211 m. w. N.).

Nach Nr. 26.11 AHP wird ein Leisten- oder Schenkelbruch je nach Größe und Reponierbarkeit ein- oder beidseitig mit einer MdE von 0 - 10 v. H. und bei erheblicher Einschränkung der Belastungsfähigkeit mit 20 v. H. bewertet. Nach Nr. 18 Abs. 8 AHP sind bei der MdE-Beurteilung auch seelische Begleiterscheinungen und Schmerzen zu beachten. Die in der MdE-Tabelle angegebenen Werte schließen die üblicherweise vorhandenen Schmerzen mit ein und berücksichtigen auch erfahrungsgemäß besonders schmerzhafte Zustände. In den Fällen, in denen nach dem Sitz und dem Ausmaß der pathologischen Veränderungen eine über das übliche Maß hinausgehende, eine spezielle ärztliche Behandlung erfordernde Schmerzhaftigkeit anzunehmen ist, können höhere Werte angesetzt werden. Dies gilt insbesondere bei Kausalgien (brennender Dauerschmerz, der nach einer Nervenschädigung auftritt) und bei stark ausgeprägten Stumpfbeschwerden nach Amputationen. Liegt ein solcher Fall vor, kann nach Nr. 18 Abs. 3 AHP (i. V. m. Nr. 26.11 AHP) je nach der besonderen Lage des Einzelfalls von den Tabellenwerten mit einer die besonderen Gegebenheiten darstellenden Begründung abgewichen werden.

Der Amtsarzt der Beklagten hat die Anhaltspunkte seiner Bewertung zu Grunde gelegt und wegen der erheblichen Einschränkung der Belastungsfähigkeit des Klägers die Minderung der Erwerbsfähigkeit mit 20% bewertet (vgl. seine Stellungnahme vom 07.07.2008).

Die Sachverständigen Dr. S. und Dr. M. kommen in ihrem Gutachten vom 01.02.2008 zu dem Ergebnis, dass sich hinsichtlich der MdE-Einschätzung des Schmerzsyndroms aus psychiatrisch-psychologischer Sicht eine Änderung der bisherigen Schweregradsbeurteilung (20%) nicht begründen lasse. In seinem ergänzenden Schreiben vom 30.04.2008 führt Dr. S. aus, dass das mittlerweile chronifizierte Schmerzsyndrom das einzige Störungsbild sei, das er aus psychiatrischer Sicht bei der Begutachtung habe diagnostizieren können. Ein chronisches Schmerzsyndrom führe zu entsprechenden Einschränkungen, die seines Erachtens mit einer MdE von 20% zutreffend eingestuft seien. Über das Befinden des Klägers am 29.12.2000 aus heutiger Sicht eine valide Einschätzung abzugeben, erscheine ihm allenfalls bedingt machbar. Der Schilderung des Klägers zufolge werde die MdE für das Schmerzsyndrom in etwa vergleichbar, also 20% oder möglicherweise auch 30% betragen haben. Bei seiner Befragung durch das Gericht hat der Sachverständige erläutert, dass er davon ausgehe, dass eine MdE von 20% zutreffend sei, er aber nicht ausschließen könne, dass es auch 30% gewesen sein könnten. Die psychiatrischen Begutachtungsmöglichkeiten seien durch den Zeitablauf begrenzt.

Aufgrund der Ausführungen im Gutachten, der das Gutachten ergänzenden Stellungnahme und der mündlichen Erläuterung durch den Sachverständigen kann nicht festgestellt werden, dass das Schmerzsyndrom mit 20% unzutreffend bewertet worden ist. Es ist nicht ersichtlich, dass der Gutachter wesentliche Punkte übersehen hat. Seine Angaben sind schlüssig und widerspruchsfrei. Die Aussage des Gutachters, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit möglicherweise auch 30% betragen habe, reicht für die Gewährung von Unfallausgleich nicht aus. Der Kläger trägt die Beweislast für das Vorliegen einer MdE von 30%. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang sinngemäß rügt, dass ihm durch die "falsche Weichenstellung" des Amtsarztes der Beklagten und der dadurch verursachten Dauer des Verfahrens Beweisnachteile erwachsen sind, ist ihm entgegen zu halten, dass auch in anderen, von dem Kläger zu seinen Gunsten herangezogenen ärztlichen Stellungnahmen vom Vorliegen einer Depression bzw. depressiven Verstimmung beim Kläger ausgegangen worden ist, und diese Annahme in verschiedenen Verfahren zu für den Kläger günstigeren Ergebnissen geführt hat.

Der Senat sieht keine Veranlassung, die gutachtlichen Feststellungen der Sachverständigen Dr. S. und Dr. M. im Hinblick auf das im Verfahren vor dem Sozialgericht Stade erstattete Gutachten von Dr. Sch. vom 27.01.2004 in Zweifel zu ziehen. Die Feststellungen der Sachverständigen beruhen auf einer eingehenden, in dem Gutachten ausführlich dokumentierten psychiatrisch-psychologischen sowie testpsychologischen Untersuchung des Klägers. Das Gutachten von Dr. Sch. vom 27.01.2004, in dem für das chronifizierte Schmerzsyndrom eine MdE von 30% festgestellt wird, rechtfertigt keine andere Beurteilung und höhere Bemessung der MdE. Es beruht nicht auf einer vergleichbar ausführlichen psychiatrisch-psychologischen und testpsychologischen Untersuchung des Klägers. Der Bewertung lag zudem die Annahme einer chronifizierten depressiven Verstimmung zugrunde, die, folgt man den Ausführungen des Sachverständigen Dr. S. in seinem ergänzenden Schreiben vom 30.04.2008, das Schmerzsyndrom beeinflusst. Die von Dr. Sch. diagnostizierte chronifizierte depressive Verstimmung wird von dem Sachverständigen Dr. S. jedoch als "zu weit gegriffen" angesehen, da zu dem damaligen Zeitpunkt der Begutachtung eine lege artis Behandlung noch nicht erfolgt sei und der Kläger längere Fehlzeiten verneint habe. Der Kläger habe sich seiner Arbeit und seinen Freizeitaktivitäten, wenn auch in geringerer Intensität, widmen können. Dies spreche gegen eine klinisch relevante Depression. In der mündlichen Verhandlung hat Dr. S. weiter erläutert, dass zu einer depressiven Verstimmung der klassischen Art auch gehöre, dass hoch dosierte Medikamente verabreicht oder in den Blick genommen würden oder man über einen Klinikaufenthalt nachdenke. All das sei nicht der Fall gewesen. Auch wenn der Sachverständige Dr. S. konzediert, dass sich der Kläger zum Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr. Sch. offensichtlich deutlich weniger mit den chronischen Schmerzen habe arrangieren können und eine das Schmerzsyndrom beeinflussende depressive Verstimmung bestanden habe, überzeugt vor dem Hintergrund, dass der Sachverständige das Vorliegen einer chronifizierten depressiven Verstimmung verneint, die Bewertung des Schmerzsyndroms mit einer MdE von 30% nicht.

Die Feststellung einer MdE von mehr als 20% kann gleichfalls nicht auf der Grundlage der gutachtlichen Stellungnahme von Dr. D. vom ärztlichen Dienst Niedersachsen vom 08.02.2004 getroffen werden. Auch dieser Stellungnahme lag die Annahme einer rezidivierend anhaltenden depressiven Episode zu Grunde, wobei Dr. D. das Schmerzsyndrom und die Depression nicht gesondert bewertet hat. Da aufgrund der Ausführungen der Gutachter Dr. S. und Dr. M. zur Überzeugung des Senats feststeht, dass beim Kläger keine Depression vorgelegen hat, gibt die Bewertung von Dr. D. für die Bemessung einer höheren MdE nichts her.

Die ärztliche Stellungnahme von Dr. R. vom 25.08.2005, mit der eine GdB von 60 festgestellt wird, ist gleichfalls nicht geeignet, das Ergebnis des Sachverständigengutachtens in Frage zu stellen. Es berücksichtigt einen Verschleiß der Hüft- und Kniegelenke sowie der Wirbelsäule, ohne Feststellungen zur Ursache der Leiden zu treffen.

Die gegen das Gutachten von Dr. S. und Dr. M. vom Kläger vorgebrachten Einwände greifen nicht durch.

Soweit der Kläger gegen das Gutachten einwendet, dass die Gutachter nicht zu einer Feststellung der Gesamt-MdE kommen, bei dieser aber die Einschränkung der körperlichen Belastungsfähigkeit aufgrund der Leistenhernie zu berücksichtigen sei, ist dem entgegen zu halten, dass die Gutachter ausgehend von einer MdE-Einschätzung von 20% eine Erhöhung aus psychologisch-psychiatrischer Sicht nicht für begründet erachtet haben. Dazu hat der Gutachter Dr. S. in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass sich aus psychologisch-psychiatrischer Sicht keine Erhöhung einer Einschätzung von 20%, die bereits vorgenommen worden sei, ergebe. Der Einwand des Klägers greift auch deshalb nicht durch, weil nach den Anhaltspunkten Leistenhernie und Schmerzsyndrom nicht unabhängig nebeneinander stehen, denn nach Nr. 18 Abs. 8 AHP berücksichtigen die in der MdE-Tabelle angegebenen Werte auch die erfahrungsgemäß besonders schmerzhaften Zustände. Die von der Beklagten anerkannte erhebliche Einschränkung der Belastungsfähigkeit des Klägers wird durch die Schmerzen verursacht. Über das übliche Maß hinausgehende Schmerzen, bei denen höhere MdE-Werte angesetzt werden können, werden von den Gutachtern nicht festgestellt. Dazu hat der Gutachter Dr. S. mündlich erläutert, dass es zum jetzigen Zeitpunkt nicht gerechtfertigt sei, die MdE von 20% auf 30% zu erhöhen. Die gesamte Symptomatik gebe dafür keine hinreichenden Anhaltspunkte. Er hätte Patienten, bei denen schwerere Folgen vorlägen. Der Kläger habe sich gut arrangiert.

Entgegen der Auffassung des Klägers trifft es auch nicht zu, dass die Gutachter zu Unrecht das Vorliegen eines Bandscheibenkompressionssyndroms nicht berücksichtigt haben. Der Gutachter Dr. S. hat dazu in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass sich auf der Grundlage der ihm damals vorliegenden Unterlagen keine Anhaltspunkte für ein solches Syndrom von nachhaltiger Bedeutung ergeben hätten, weder aus dem Computertomogramm noch aus dem Kernspintomogramm. Andere Untersuchungen, die er gemacht habe, seien klinisch unauffällig gewesen und hätten keinen pathologischen Befund ergeben. Das stimmt mit der Stellungnahme von Dr. H. vom 08.03.1999 überein, nach der sich beim Kläger das typische Befundbild eines in Rückbildung begriffenen Bandscheibenkompressionssyndroms ergab. Die vom Kläger in Bezug genommene gutachtliche Stellungnahme von Dr. G. vom 15.03.2005 überzeugt nicht. Sie erschöpft sich in der Feststellung, dass es durch den Unfall zu einem Schmerzsyndrom der Wirbelsäule gekommen sei, lässt aber nicht schlüssig erkennen, welche anhaltenden Funktionseinbußen insoweit beim Kläger im Hinblick auf die MdE vorliegen. Aus den sonstigen ärztlichen Befundberichten, die ein chronisches LWS-Syndrom beim Kläger diagnostizieren, ergibt sich bereits nicht, dass es auf den Dienstunfall zurückzuführen ist.

Der Einwand des Klägers, dass die bei ihm diagnostizierte Coxarthrose bei der Beurteilung der MdE nicht berücksichtigt worden sei, greift aus rechtlichen Gründen nicht durch. Der Befund einer Hüftathrose ist bei einer röntgenologischen Untersuchung im Zuge einer weiteren Leistenbruchoperation im Oktober 2004 festgestellt worden und ist somit im vorliegenden Verfahren für die Entscheidung über den Antrag auf Gewährung von Unfallausgleich nach § 35 Abs. 1 BeamtVG nicht entscheidungserheblich, da die Sach- und Rechtslage bei Abschluss des Verwaltungsverfahrens - hier bei Erlass des Widerspruchsbescheides am 13.06.2002 - maßgeblich ist. Insoweit hat sich der Gesundheitszustand des Klägers erst nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens verändert.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 127 BRRG, § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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